Protokoll der Sitzung vom 08.11.2007

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Das ist ein erstaunlicher Sicherheitsrekord, speziell für eine neue Technologie. Das Problem ist allerdings, dass die Reichen und Verwöhnten eine Nullrisikogesellschaft wollen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! – Abg. Elke Brunnemer CDU: Genau!)

Aber null Risiko gibt es in der Biologie nicht. Jetzt sagen Sie, Herr Murschel, es seien nur die großen Agrokonzerne, die von der Gentechnik profitierten, weil die Bauern die patentierten Samen immer wieder neu kaufen müssten.

(Abg. Dr. Bernd Murschel GRÜNE: Sie waren doch in Afrika dabei!)

Wir haben es gesehen. Genau. – Wir hätten aber nicht 102 Millionen ha Ackerland mit gentechnisch veränderten Pflanzen auf der Welt, wenn die Bauern keinen Vorteil davon hätten.

(Abg. Dr. Bernd Murschel GRÜNE: Die paar weni- gen!)

Ich mache mir auch Sorgen, dass die Besitzrechte an Pflanzensorten durch eine mögliche Konzentration in die Hände relativ weniger Firmen gelangen könnten.

(Abg. Elke Brunnemer CDU: Warum ist das so?)

Wir brauchen mehr gemeinnützige Forschung, damit dies nicht so kommt.

Die nächste Generation von gentechnisch veränderten Pflanzen wird verbesserte Nährstoffgehalte haben, z. B. weniger Cholesterin, mehr Mineralstoffe und vor allem – was wichtig ist – mehr Vitamine. Diese Pflanzen stehen kurz vor der kommerziellen Anwendung. Oder es gibt Pflanzen, die besser mit klimatischem Stress klarkommen inklusive solchem, der durch globale Erwärmung entstehen könnte. Das heißt konkret übersetzt: Sie vertragen mehr Hitze, Kälte, Salzböden und eventuell auch Dürren.

Diese Funktionen werden dringend gebraucht. Entwicklungsländer benötigen solche verbesserten Sorten, damit der jährliche Ernteertrag verlässlicher wird. Die Bt-Baumwolle z. B. ist ein großer Segen für die Baumwolle produzierenden Länder.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Die wird auch nicht ge- gessen! – Vereinzelt Heiterkeit bei der SPD und den Grünen)

Sie senkt die Kosten, verringert die Umweltbelastung und ist besser für die Gesundheit der Bauern, weil sie weniger Pes tizide einsetzen müssen. Sorten, die trotz agroklimatischer Stressbedingungen die Nährstoffe des Bodens besser aufnehmen, erfordern weniger Dünger.

Die Wissenschaft ist sich einig, dass die grüne Gentechnik zu bedeutenden Fortschritten im 21. Jahrhundert führen wird. Die angesehensten Akademien Nordamerikas und Europas und auch der Vatikan haben erklärt, dass sie die grüne Gentechnik begrüßen, weil dadurch die Verfügbarkeit und Qualität von Nahrungsmitteln verbessert wird. Grüne Gentechnik ist eine fortschrittliche Methode, um die Kräfte der Natur zum Wohle der menschlichen Ernährung zu nutzen.

Reiche Gesellschaften können sich den Luxus leisten, eine Nullrisikomentalität gegenüber dem Fortschritt zu entwickeln, selbst wenn sich dies später als Unsinn herausstellt. Aber die

große Mehrheit der Menschen kann sich das nicht leisten, und mit Sicherheit nicht die hungrigen Opfer von Kriegen, Naturkatastrophen und Wirtschaftskrisen.

(Lachen des Abg. Dr. Bernd Murschel GRÜNE)

Deshalb ist die Debatte über die grüne Gentechnik eine Debatte der Reichen auf Kosten der Armen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut!)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Hauk das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat, das Thema Gentechnik hat uns bereits mehrfach beschäftigt. Aber es scheint, lieber Kollege Dr. Murschel, mittlerweile ein Lieblingsthema der Grünen zu sein.

(Abg. Dr. Bernd Murschel GRÜNE: In diesem Fall war es auch ein anderes Thema!)

Anscheinend wollen Sie dadurch, dass Sie das Thema ständig wiederholen,

(Abg. Dr. Bernd Murschel GRÜNE: Sie machen das auch immer gleich!)

immer wieder darauf hinweisen, dass die Voraussetzungen, weshalb wir überhaupt über die Thematik sprechen, von Frau Künast gelegt wurden.

(Abg. Elke Brunnemer CDU: Genau! – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Das stimmt einfach nicht!)

Genau in der Zeit, in der Frau Künast Bundesministerin war – Frau Kollegin Brunnemer hat vorhin zu Recht darauf hingewiesen –, wurde zum einen die Freisetzungsrichtlinie der Europäischen Union beschlossen und wurde zum anderen das Gentechnikgesetz im Deutschen Bundestag unter der Ägide Ihrer Bundestagsfraktion gemeinsam mit den Sozialdemokraten verabschiedet.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Steter Tropfen höhlt den Stein!)

Ja, steter Tropfen. Der Wasserhahn scheint wohl leck zu sein, wenn jetzt steter Tropfen den Stein höhlen soll.

(Heiterkeit)

Sie hätten ihn vorher schon zuschrauben müssen, wenn Sie ernsthaft an die Sache herangehen wollten. Das haben Sie damals nicht getan.

Ich glaube, es ist wichtig – da will ich der Kollegin Brunnemer ausdrücklich recht geben –, hier keine Geschichtsklitterung zu betreiben. Lieber Kollege Dr. Murschel, Sie und Ihresgleichen in Deutschland sind dafür verantwortlich, dass wir heute darüber sprechen, ob grüne Gentechnik in Deutschland angewendet wird und wie sie angewendet wird.

(Abg. Elke Brunnemer CDU: Genau!)

Wir haben die Freisetzungsrichtlinie nicht erfunden. Wir haben auch kein Gentechnikgesetz auf den Weg gebracht. Diese Voraussetzungen – jetzt unterhalten wir uns gerade über die Novelle des Gentechnikgesetzes – stammen allesamt aus der Zeit der rot-grünen Bundesregierung.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es! Scheinheilig! – Zuruf von der CDU: Hört, hört!)

Tun Sie nicht einfach so, als würden Sie sich jetzt klammheimlich davonschleichen wollen,

(Abg. Dr. Bernd Murschel GRÜNE: Ich habe noch eine Minute!)

wie der Wolf im Schafspelz. Um es einmal klar zu sagen: Sie haben alle Mühe und alle Not, bei Ihrer Klientel überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Das ist doch heute die Tatsache.

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Sehr gut!)

Die einzigen Verfechter der Koexistenz sitzen in den unionsgeführten Regierungen im Süden der Republik. Das sind die wahren Tatsachen. Überall dort, wo Grün mitregiert hat – –

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Sind sie weg!)

Dort sind sie sowieso weg,

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Ja! – Abg. Dr. Fried- rich Bullinger FDP/DVP: Das ist vorbei!)

und das wird auch so bleiben. Und dort, wo Rot oder Rot-Rot regiert, lieber Kollege Winkler, in Mecklenburg-Vorpommern, in Brandenburg,

(Oh-Rufe von der CDU – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Oje!)

haben wir die Anbauflächen von grüner Gentechnik und nicht in Baden-Württemberg. Auf keinem einzigen Ar werden derzeit in Baden-Württemberg gentechnisch veränderte Organismen angebaut.

(Beifall bei der CDU – Abg. Alfred Winkler SPD: Be- dauern Sie das?)

Grüne Gentechnik kommt in den Ländern Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg zum Einsatz.

Ich spreche mit meinem Kollegen Backhaus hin und wieder.