Herr Minister, es mag sein, dass in anderen großen Flächenländern, in denen intensiv Landwirtschaft betrieben wird, die Gentechnik einen anderen Stellenwert hat. Ich frage Sie aber, warum Sie unser Antragsbegehren, die Landesregierung solle sich bei der Weiterentwicklung des Bodenseeleitbilds im Rahmen der Internationalen Bodenseekonferenz dafür einsetzen, dass das Ziel einer gentechnikfreien Landwirtschaft im Bodenseeraum in das Leitbild aufgenommen wird, abgelehnt haben. Nachdem ja Vorarlberg und die Schweiz gentechnikfrei sind, würde es doch mit an Baden-Württemberg liegen, ob man das ins Bodenseeleitbild mit aufnimmt.
(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Frage! Frage! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ist das eine Rede oder eine Zwischenfrage?)
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass in das Bodenseeleitbild das Ziel einer gentechnikfreien Zone am Bodensee mit aufgenommen wird?
(Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: Warum nicht? – Gegenruf des Abg. Werner Raab CDU: Das kann er doch gar nicht!)
Ich werde mich ganz konkret nicht dafür einsetzen, weil die rechtliche Situation eine andere ist. Herr Kollege Lehmann, vielleicht verstehen Sie nach der fünften Gentechnikdebatte irgendwann, wie die Philosophie der Landesregierung von Baden-Württemberg und der Regierungsfraktionen in dieser Frage aussieht.
(Mehrere Abgeordnete unterhalten sich an der Regie- rungsbank mit den Ministern Heribert Rech, Dr. Ul- rich Goll und Willi Stächele. – Glocke des Präsi- denten)
Ich habe eine Bitte: Wenn es die Notwendigkeit von Gesprächen zwischen dem Parlament und der Regierung gibt, sollten diese außerhalb des Plenarsaals geführt werden, vor allem wenn ein Kollege aus der Landesregierung das Wort hat.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielleicht verstehen Sie irgendwann dann die Philosophie der Landesregierung, Herr Kollege Lehmann.
Es geht uns nicht darum, Unternehmen ständig zu bevormunden. Genau das, was Frau Künast in Brüssel mitbeschlossen hat, und das, was der Bund mit dem Gentechnikgesetz beschlossen hat, nämlich die Koexistenz, beinhaltet faktisch die Wahlfreiheit.
Genau das beinhaltet die Wahlfreiheit. Genau das, Herr Kollege Lehmann, sind die rechtlichen Grundlagen. Diese rechtlichen Grundlagen versuchen wir bei uns im Land auch umzusetzen,
Ich bekenne mich ausdrücklich zur Wahlfreiheit, um das einmal klar zu sagen. Wir als Landesregierung hätten übrigens auch gar keine andere Möglichkeit. Ich hätte auch gar nichts dagegen, wenn morgen ein Landwirt käme und zugelassene gentechnisch veränderte Maissorten anbauen wollte. Was stünde dem entgegen?
(Abg. Alfred Winkler SPD: Das haben Sie schon an- ders gesagt! Sie haben schon das Gegenteil behaup tet!)
Er verhält sich so, wie es ihm Recht und Gesetz vorgeben, und zwar das Recht und das Gesetz, die auf Frau Künast und die Sozialdemokraten zurückgehen.
(Beifall bei der CDU – Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Hört, hört! Könnten Sie das wiederholen, Herr Minister!)
Um es noch einmal klar zu sagen: Sie können als Landwirt morgen eine zugelassene gentechnisch veränderte Sorte anbauen. Sie brauchen von niemandem eine Genehmigung. Sie müssen nur eines tun: Sie müssen diesen Standort ins Standortmelderegister einstellen. Damit wird für jedermann öffentlich zugänglich, wo angebaut wird. Das ist alles. Das sind die Restriktionen.
Woran wir jetzt gerade arbeiten, ist die Frage: Wie schaffen wir die Leitplanken dafür? Denn Frau Künast hat es versäumt,
die Frage zu klären, wie denn die gute fachliche Praxis aussehen muss, damit das Nebeneinander von grüner Gentechnik, GVO-freiem Anbau und Bioanbau überhaupt funktionieren kann.
Übrigens, Herr Dr. Murschel: Ich bin durchaus der Meinung, dass es bestimmt Bereiche gibt – vielleicht nicht bei Mais, aber bei anderen Kulturarten –, bei denen ein Nebeneinander in Baden-Württemberg, aber auch anderswo schwierig, wenn nicht sogar unmöglich wird.
Das ist das Stichwort Pollenflug. Das muss man differenziert beurteilen. Mais und Kartoffel sind aber vielleicht nicht ganz die richtigen Kulturarten, die dafür herangezogen werden können.
Ich sage es noch einmal: Die Grundlage dafür haben Sie gelegt. Jetzt geht es darum, das, was Sie verbrochen haben, in ein vernünftiges Maß umzusetzen. Denn, lieber Herr Kollege Dr. Murschel, mir geht es mindestens genauso sehr wie Ihnen darum, dass der Biobauer sein Unternehmensziel, nämlich Bio lebensmittel anzubauen, auch in den nächsten zehn Jahren verfolgen kann. Es ist Aufgabe der Landesregierung, ihm dieses Unternehmensziel nicht zu verbauen. Genau deshalb machen wir Koexistenzversuche, und genau deshalb werden wir auch in den nächsten Jahren weitere Koexistenzversuche machen – um das einmal klarzustellen.
Herr Hauk, Sie haben jetzt mehrfach behauptet, Rot-Grün hätte die Grundlagen dafür gelegt, dass GVO-Anbau möglich ist.