Protokoll der Sitzung vom 28.02.2008

(Abg. Walter Heiler SPD: Woher wissen Sie das? Kennen Sie ihn so gut? – Heiterkeit bei der SPD – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Er war ein engagierter Sozialdemokrat, er ist ein intelligenter Mitbürger, er war ein harter, streitbarer, aber fairer Partner in der Großen Koalition. Ich schätze ihn aus dieser Zeit. Dass er heute bei der Linkspartei ist, hat nichts mit mir, sondern entscheidend mit Ihnen selbst zu tun.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Uli Maurer war ein Scharnier in der Großen Koalition, und die haben wir damals bewusst gewählt. Da hätte man sich auch andere Überlegungen einfallen lassen können. Die Republikaner saßen hier. Dass sie heute nicht mehr hier sitzen, hat entscheidend mit der Gemeinsamkeit von Demokraten zu tun,

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

mit Ihnen, und hat entscheidend damit zu tun, dass ab dem Wahlabend im Jahr 1992 die SPD, die Grünen, die FDP/DVP und die CDU gesagt haben: Die bekommen zwar Hausrecht, man sagt grüß Gott, ist formal fair, aber in der Sache wird keinerlei Gemeinsamkeit gemacht: keine Kooperation und schon gar keine Koalition.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Hel- mut Walter Rüeck und Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: So ist es!)

Indem sie mit ihren durchsichtigen Initiativen, ihrem Populismus, ihrem Radikalismus und ihrer Dummheit ins Leere liefen, wurden wir sie los, haben wir Wähler zurückgewonnen und hat die Politik in Baden-Württemberg Autorität erreicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie des Abg. Norbert Zeller SPD)

Uli Maurer war in diesem Prozess wichtig. Die Große Koalition war nicht leicht, aber es war gar keine schlechte Zeit. Baden-Württemberg hat unter Erwin Teufel, Dieter Spöri, Uli Maurer, auch mir und anderen diese vier schwierigen Jahre, den Strukturwandel in der Wirtschaft, im Maschinenbau und in der Textilindustrie, mit anderen großen Aufgaben ordentlich gemeistert.

Was danach kam, kann ich nicht so beurteilen wie Sie: Uli Maurer und die SPD, Uli Maurer und Puchta, Uli Maurer in der Partei, in der Fraktion. Mir fällt nur auf, dass dieser Spalt in Ihrer Partei in Baden-Württemberg bis heute anhält. Das ist Ihr Problem. Dass Uli Maurer bei den Linken ist, ist seine Entscheidung, aber die Grundlage steckt nicht bei uns. Wenn sie irgendwo steckt, dann in Ihrer Partei, in der SPD BadenWürttemberg.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Die Linke in Deutschland hat drei Säulen, wenn man überhaupt von Säulen sprechen will.

Die eine Säule sind unverbesserliche, alte Westkommunisten: KPD/ML, DKP, egal, woher.

Die zweite Säule sind enttäuschte, frustrierte Sozialdemokraten. Dass es viele frustrierte Sozialdemokraten gibt, wissen Sie besser als wir.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU – Abg. Ursula Haußmann SPD: Es gibt auch viele enttäuschte CDU- ler!)

Die sind aber nicht bei den Linken, Kollegin Haußmann.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Wo gehen die hin?)

Nur keine Sorge. Wir haben derzeit kein Problem mit Republikanern, NPD oder DVU, sondern ihr habt ein Problem, dass ein weiteres Mal links von euch parlamentarisch etwas Dauerhaftes entsteht, weil ihr geschichtlich versagt.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ur- sula Haußmann SPD: Das sagt ausgerechnet der große Historiker Oettinger! – Zuruf des Abg. Rein- hold Gall SPD)

Enttäuschte Sozialdemokraten und Gewerkschaftsmitglieder von ver.di und IG Metall machen die zweite Säule aus.

Aber die dritte bleibt die entscheidende. Die dritte Säule heißt Honecker, Ulbricht, Gysi, Bisky – die alte SED. Die Partei „DIE LINKE“ ist die Nachfolgepartei einer kommunistischen, diktatorischen, unmenschlichen Partei,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Bautzen!)

die mehr als 40 Jahre unsere Mitbürger in der ehemaligen DDR drangsaliert und unmöglich behandelt hat.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Deswegen bin ich, lieber Kollege Kretschmann, in Wahrheit weniger auf Schmiedel und Ypsilanti gespannt, sondern mehr auf euch.

(Abg. Dr. Ulrich Noll und Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: So ist es!)

Ihr seid noch im Abstand, aber ihr gehört in den Mittelpunkt. Denn eure Partei „Bündnis 90“ ist noch stärker als wir geprägt von Menschen, die 1988 und 1989 aufrecht standen, die in die Kirchen und auf die Marktplätze gingen und dafür gesorgt haben, dass die DDR als System nicht mehr haltbar war.

(Abg. Gustav-Adolf Haas SPD: Und die Ostverträ- ge? – Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist doch lächer- lich!)

Ihr seid in Wahrheit dort für die Geschichte verdienstvoll tätig gewesen.

(Unruhe bei der SPD)

Deswegen bin ich gespannt, ob es – da frage ich den früheren Spitzenbeamten in Wiesbaden, Herrn Kretschmann – vorstellbar ist,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Der große Historiker Oettinger!)

dass demokratische Mandatsträger der Grünen in geheimer Wahl einen Beitrag leisten, wohl wissend, dass andernfalls möglicherweise die Linken dafür sorgen, dass eine Regierung gewählt wird.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Dass nicht re- giert wird! – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das ist die entscheidende Frage!)

In Wahrheit seid ihr mehr als jede andere Partei auf dem Prüfstand.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: So ist es! – Zuruf des Abg. Peter Hofelich SPD)

Die deutsche Wiedervereinigung war für Europa, für uns und unsere Kinder ein großes Glück. 18 Jahre ist es her. Seit 18 Jahren bezahlt der Steuerzahler aus Baden-Württemberg mit, damit der wirtschaftliche, kulturelle und soziale Aufbau in den neuen Ländern gelingt.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Von der FDP hat er noch gar nichts gesagt! – Gegenruf der Abg. Heide- rose Berroth FDP/DVP)

Ich sage zu Recht: Wir hatten über 40 Jahre früher eine Chance bekommen, und unsere Großeltern und Eltern haben sie genutzt.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Ihr habt doch die über- nommen!)

Die Vorfahren in den Ländern der alten DDR haben diese Chance nicht gehabt. Ihnen diese Chance jetzt zu geben ist unsere Pflicht; darauf sind wir auch ein bisschen stolz. Aber dass wir jährlich Milliarden in die neuen Länder bezahlen und umgekehrt die Nachfolger der alten SED glauben, Politik in Westdeutschland bestimmen zu müssen, ist ungehörig,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

und Sie helfen dabei als Steigbügelhalter. Das finde ich falsch und im Grunde genommen irreführend. Lieber Kollege Schmie del, Sie haben in den ersten hundert Tagen gezeigt, dass Sie in der falschen Aufgabe sind.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Reinhold Gall SPD: Aber Sie zeigen es seit drei Jahren! – Glocke des Präsidenten)

Herr Ministerpräsident, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Prewo?

Im Augenblick nicht, nein.

Ich erinnere mich gut: Als Bundeskanzler Schröder die Agenda 2010 entworfen hat, war der Abgeordnete Schmiedel der größte Befürworter.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: So ist es! – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Damals stand der Wirtschaftsexperte Schmiedel in der ersten Reihe und hat geklatscht.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Da war er noch nicht Fraktionsvorsitzender!)