Protokoll der Sitzung vom 28.02.2008

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Die Inhalte! – Gegenruf der Abg. Katrin Altpeter SPD: Welche In- halte, Frau Berroth?)

Weshalb wählen Menschen die Linke?

(Zuruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

Eine Antwort auf die Frage, weshalb die Linken an Zuspruch gewinnen, gibt Ihr Parteifreund Bäumler. Er sagt, nach den Wahlerfolgen der Linken müsse Ministerpräsident Günther Oettinger nach Ansicht der CDU-Sozialausschüsse sein soziales Profil schärfen. Die Wahlerfolge der Linken in Hessen, Niedersachsen und Hamburg seien ein Warnsignal. Und dann kommt es: Bäumler fordert Oettinger auf, seinen Kreuzzug gegen Mindestlöhne zu überdenken.

Herr Bäumler hat recht. Die Ursache für den Zuwachs der Linken liegt doch in sozialer Ungerechtigkeit, gegen die es anzugehen gilt, z. B. unanständig niedrige Löhne. Das spricht für Mindestlöhne, gegen die Sie sich permanent aussprechen.

(Beifall bei der SPD)

Was soll denn jemand sagen, der als Leiharbeiter bei Daimler seinen Beitrag dazu leistet, dass die Gewinne explodieren, dass die Vorstandsgehälter explodieren und dass die Stammbelegschaft 3 700 € Bonus bekommt, während er als Leiharbeiter leer ausgeht?

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Was tun Sie denn?)

Machen Sie doch mit bei der Begrenzung der Leiharbeit, Herr Oettinger! Das sind wirksame Schritte zur Bekämpfung der Linken.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/ DVP: Und was tun Sie?)

Bei den Minijobs ufern unsichere Arbeitsverhältnisse aus. Lassen Sie uns dagegen angehen! Das sind wirksame Schritte zur Bekämpfung der Linken, wenn man sie aus dem Landtag heraushalten will. Dafür stehen wir. Aber da stehen Sie auf der anderen Seite. Ihre unsoziale Politik bringt die Linke nach vorne. Sie sind die Hefe, die die Linke stark macht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Heidero- se Berroth FDP/DVP: Sie sind doch in der Bundes- regierung!)

Deshalb ist unser Kampf gegen Ihre unsoziale Politik der bes te Kampf gegen das Emporkommen der Linken in BadenWürttemberg.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Was die Frage „Wie geht es weiter in Hessen?“ anbelangt, bitte ich um mehr Gelassenheit und um etwas mehr Rationalität in der Auseinandersetzung. In Hessen besteht die Situation, dass die CDU vor der Wahl erklärt hat: „Mit der SPD nie!“ Die FDP hat vor der Wahl erklärt: „Mit Grünen und SPD nie!“

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Und dabei bleibt es auch!)

Die SPD hat erklärt: „Mit Herrn Koch und der CDU nie! Mit der Linken nie!“

(Zurufe der Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE und Ha- gen Kluck FDP/DVP)

Auch die Grünen haben erklärt: „Mit der CDU nie!“ Jetzt haben wir ein Ergebnis, bei dem nichts geht. Deshalb stimme ich Herrn Biedenkopf, dem langjährigen sächsischen Minis terpräsidenten zu, der die Situation gestern im SWR so beschrieb:

Wir haben ein Votum, und dieses Votum in Hessen ist undeutlich. Das heißt, alle Annahmen, die man vorher hätte machen können, sind im Grunde außer Kraft gesetzt. Jetzt überlegt man, wie man mit diesem Votum fertig wird.

Was gibt es für Möglichkeiten? Neuwahl wäre eine Möglichkeit. Aber was machen wir, wenn dabei das Gleiche herauskommt?

Herr Biedenkopf sagt:

Sagt man der Bevölkerung, wir sind unfähig, eine Regierung zu bilden, oder überlegt man Alternativen, auch wenn sie anders geartet sind als das, was man vorher gesagt hat?

Welche Alternativen gibt es? Wenn alle bei dem bleiben, was sie vor der Wahl gesagt haben, dann gibt es eigentlich nur zwei Alternativen – beide sind Minderheitenregierungen –: Entweder bleibt Herr Koch ohne Mehrheit mit einer Minderheit an der Regierung, oder Frau Ypsilanti bildet eine Minderheitenregierung mit den Grünen. Diese beiden Alternativen gibt es. Wenn ich mir diese beiden Alternativen vor Augen halte, dann muss ich für meine Person sagen, dass mir eine Minderheitenregierung von Frau Ypsilanti lieber ist.

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD)

Denn dann besteht die Möglichkeit, Dinge, die man im Wahlkampf angegangen ist, zu machen, Dinge, die man sich für die nächste Legislaturperiode vorgenommen hat, umzusetzen, z. B. die Abschaffung der Studiengebühren, die Einführung von Gemeinschaftsschulen, den Ausstieg aus der Atomenergie. Dann kann man das machen, dann kann man mit wechselnden Mehrheiten im Parlament arbeiten.

Es gibt natürlich auch andere Meinungen – ganz logisch, auch in meiner Partei –, die bezweifeln, dass das der richtige Weg ist. Minderheitenregierungen sind ja kein übliches Muster für Regierungsbildungen in Deutschland. In Hessen hatten wir schon einmal eine zweijährige Minderheitenregierung von Herrn Börner. Deswegen muss man nicht den Untergang des Abendlands an die Wand malen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Schmiedel, ich darf Sie bitten, zum Ende zu kommen.

Der letzte Satz, Herr Präsident.

Deshalb kommt Herr Biedenkopf zu der Meinung, dass der Begriff „Lüge“ hier nicht passt.

(Zuruf von der FDP/DVP: Was dann?)

Wenn ich mir gerade vor dem Hintergrund der Diskussion, die wir beim ersten Tagesordnungspunkt geführt haben, den Wahlkampf anschaue, den Herr Koch geführt hat, einen Wahlkampf, in dem er die ausländische Bevölkerung pauschal an den Pranger gestellt hat,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Oh ja!)

dann sage ich: Es ist allerhöchste Zeit, dass Herr Koch das Amt des Ministerpräsidenten in Hessen verliert.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Bitte schön, Herr Abg. Theurer.

Herr Kollege Schmiedel, wenn Sie schon die Geschichte bemühen, sind Sie bereit, künftig darauf hinzuweisen, dass in der Endphase der Weimarer Republik das Problem war, dass sowohl auf der extremen Linken als auch auf der extremen Rechten Parteien gewählt wurden, die das freiheitlich-demokratische System der Weimarer Republik abgelehnt haben?

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist klar! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Da haben Sie völlig recht. Nur, was wollen Sie damit sagen? Dass Herr Maurer das freiheitlich-demokratische System ablehnt? Da hat selbst der Herr Ministerpräsident den Kopf geschüttelt. Bei allen Personen, zu denen ich ihn gefragt habe, hat er immer den Kopf geschüttelt. Er kann da keine Kommunisten erkennen. Deshalb finde ich, dass hier ein Popanz aufgebaut wird.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Ich kann Ihnen, Herr Ministerpräsident, auch sagen, warum. Sie sind seit drei Jahren Ministerpräsident, und Sie machen nicht die glücklichste Figur. Der Fettnapf ist das Markenzeichen Ihrer Politik geworden. Deshalb bauen Sie jetzt einen Popanz auf, um irgendwie eine neue Schlacht zu führen, aber Sie haben gar keinen Gegner.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Ist das der neue Stil?)

Wir stehen drei Jahre vor der Landtagswahl. Worum es jetzt geht, Herr Ministerpräsident, ist das, was Herr Bäumler anspricht, nämlich die sozialen Ungerechtigkeiten zu beseitigen, die die Leute spüren, wirksame Schritte einzuleiten gegen Löhne, von denen man nicht leben kann, gegen unsichere Arbeitsplätze und gegen Leiharbeit und für Tariflöhne, für Tariftreue. Das sind die richtigen Antworten.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Wenn wir das machen, dann halten wir die Linken – das ist unser Ziel – aus dem Landtag von Baden-Württemberg fern.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich dem Herrn Ministerpräsidenten.

(Die CDU-Abgeordneten betreten wieder den Sit- zungssaal. – Abg. Ursula Haußmann SPD: Jetzt drän- gen sie wieder herein!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Um es klar zu sagen: Uli Maurer ist kein Kommunist.

(Abg. Walter Heiler SPD: Woher wissen Sie das? Kennen Sie ihn so gut? – Heiterkeit bei der SPD – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)