Niemand kann gezwungen werden, ein lukratives Angebot aus der Wirtschaft zugunsten des Lehrerberufs auszuschlagen.
Jetzt weiß ich schon – Sie haben es vorhin auch wieder angedeutet –, dass Sie an dieser Stelle gebetsmühlenhaft verbesserte Vergütungen einfordern.
Aber auch hier fiel vorhin in einem anderen Zusammenhang schon das Stichwort Tarifautonomie. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass dies Sache der Tarifvertragsparteien ist. Wenden Sie sich dazu also bitte getrost und vertrauensvoll an die Gewerkschaften.
Noch ein Weiteres: Falls Ihre Initiativen auch dazu dienen sollten, erneut die bestehende Schulstruktur in Baden-Würt temberg zu kritisieren, dann, meine Damen und Herren der SPD, hätten Sie sich einen Bärendienst erwiesen. Denn die Antwort der Landesregierung belegt gerade einmal mehr die Durchlässigkeit dieses Systems.
Denn tatsächlich findet jeder vierte Realschüler mit mittlerer Reife Zugang zum Erwerb der Hochschulreife an einem beruflichen Gymnasium.
Auch den viel zu oft schlechtgeredeten Hauptschülern ist über das berufliche Schulwesen der Zugang zum Abitur eröffnet.
Allein an den Technischen Gymnasien stellen originäre Hauptschulabsolventen mit einem mittleren Bildungsabschluss bereits 5 % des Schülerjahrgangs 2006/2007 – neben Berufsfachschülern, Berufsschülern, Berufsaufbauschülern und anderen –,
Das dient allen, daran arbeiten wir. Aber Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, sollten endlich damit aufhören, die Bildungslandschaft in Baden-Württemberg schlechtzureden.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Hervorragende Rede! – Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Sehr gut! – Abg. Al- fred Winkler SPD: Machen Sie jetzt eine Gesundbet- stunde?)
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben es hier mit zwei Initiativen zu tun, die die SPD eingereicht hat. Zum einen geht es um die Unterrichtsversorgung, zum anderen um Problematiken verschiedener Bereiche an beruflichen Schulen.
Zunächst zu der Situation der Unterrichtsversorgung: Man kann hier getrost – auch nach dem, was in den Haushaltsansätzen schon vermerkt wurde – davon ausgehen, dass es die Zielsetzung der Landesregierung ist, keine volle Unterrichtsversorgung an den beruflichen Schulen zu gewährleisten.
Im Doppelhaushalt – da können Sie es auch nachlesen – ist als Ziel für 2007/2008 eine Unterrichtsversorgung an den beruflichen Schulen von 96 % formuliert. Mit dieser Botschaft müssten Sie einmal an ein allgemeinbildendes Gymnasium gehen.
Überlegen Sie einmal, welches Echo Sie mit einer solchen Botschaft bei den Eltern in der Öffentlichkeit erzeugen würden, wenn Sie sagen würden: „Auch an den allgemeinbildenden Gymnasien gehen wir auf 96 % Unterrichtsversorgung.“ Diese Versorgungsquote ist bei den beruflichen Schulen Ihr erklärtes Ziel.
Jetzt sagen Sie: „Wir arbeiten daran.“ Ich nehme sehr wohl auch wahr, dass sich z. B. im Bereich der gewerblichen Schulen die Unterrichtsversorgung in den letzten Jahren verbessert hat. Aber wir hatten bei den gewerblichen Schulen im letzten Schuljahr nach Ihren eigenen Aussagen immer noch ein Defizit von 5,5 %. Das ist zu viel. Wenn wir von Facharbeitermangel reden, wenn wir von den höheren Anforderungen reden, die die duale und die berufliche Ausbildung mit sich bringen, können Sie doch nicht sagen: Unser erklärtes Ziel ist es eigentlich, hier keine volle Unterrichtsversorgung zu gewährleisten.
Frau Krueger, da hilft es nicht weiter, wenn Sie sagen, Sie arbeiteten daran. Wir erwarten eigentlich von Ihnen – das müssen wir hier auch sagen –, dass Sie in den nächsten Doppelhaushalt ein Versorgungsziel von 100 % hineinschreiben. Sie können dieses Thema nicht weiter so ignorieren.
Mir ist auch klar, dass es Schwierigkeiten gibt, die berufsspezifische Lehrerversorgung sicherzustellen. Das ist ein Problem. Aber wir müssen, denke ich, in diesem Bereich über Grenzen springen, die wir uns vielleicht selbst aufgebaut haben.
Herr Kaufmann hat es angesprochen: Wir brauchen größere Anreize, um wirklich qualifizierte Seiten- und Quereinsteiger aus der Industrie zu bekommen. Das ist der eine Punkt. Wir müssen aufgrund der neuen Bildungspläne aber auch gewährleisten, dass wir im Bereich der Technischen Lehre – z. B. Lernfeldeinführung, wo sowieso die Vermischung von Theorie- und Praxisunterricht gegeben ist – auch qualifizierten Technischen Lehrern die Möglichkeit geben, durch Aufstiegsqualifizierung entsprechend ins Lehramt zu kommen. Das ist wichtig, denke ich. Es nützt nichts, lediglich zu postulieren, der Meister solle auch an der Universität studieren können, wenn man dem Technischen Lehrer an einer beruflichen Schule, der im Prinzip eine gute Arbeit leistet, nicht diese Perspektive bietet. Dort haben wir wirklich noch Ressourcen, die wir meines Erachtens abrufen sollten.
Auch sollten wir über die Hürde springen und – wie dies früher schon einmal praktiziert wurde – für Absolventen der Fachhochschulen wieder Korridore öffnen, um gerade in spezifischen Mangelfächern diesen Mangel auszugleichen. Dazu bedarf es nur des politischen Willens und eines entsprechenden Konzepts; dann können wir das machen.
Aber ich halte es für unerträglich, dass einfach gesagt wird: „Wir bekommen die nicht. Das ist halt so. Wir haben hier einen freien Markt. In der Industrie bekommt der Hochschulabsolvent mehr Geld, und damit müssen wir leben.“ Das ist meines Erachtens zu wenig und zu billig. Damit werden wir der Sache nicht gerecht.
Überhaupt kein Verständnis habe ich dafür, dass auch – dies geht auch aus der Antwort der Landesregierung hervor – Deutsch und Englisch zu den Fächern gehören, in denen es Unterrichtsausfall gibt. Der Stellungnahme zu der Initiative der SPD entnehme ich dann auch noch die etwas zynisch klingende Bemerkung, dass das G 8 Vorrang habe, dass das allgemeinbildende Gymnasium Vorrang habe und deswegen Deutsch- und Englischlehrer dort bevorzugt eingesetzt würden, um die Versorgungsquote von 100 %, die man sich als Ziel gesetzt hat, zu erfüllen. Damit hat das Land ein großes Problem, und hier sollte dringend etwas getan werden.
Ein weiterer Punkt, der mir sehr wichtig ist: Die beruflichen Schulen und die Lehrer, die in diesem Bereich tätig sind, unterliegen einem ständigen Veränderungsdruck, auch aufgrund von technischen Veränderungen, aufgrund von neuen Bildungsplänen, Ausbildungsplänen usw.
Erforderlich ist hier, dass das Land endlich die Fort- und Weiterbildung in den beruflichen Schulen ernst nimmt und nicht, wie geschehen, die Mittel für Lehrerfortbildung von 2002 bis 2006 um 12 % reduziert. Das entspricht nicht dem, was eigentlich Realität ist. Das entspricht nicht der Problemlage. Da haben wir auch die Erwartung, dass Sie im nächsten Doppelhaushalt endlich auch den beruflichen Schulen den Stellenwert beimessen, der dem Industriestandort Baden-Württemberg zukommt.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte gleich auf eine Aussage meines Vorredners eingehen. Herr Kollege Lehmann, wenn Sie von „Veränderungsdruck“ sprechen, dann sage ich „Veränderungsgestaltung“. Es gibt ja nichts Schlimmeres, als hier keine Veränderungen vorzunehmen. „Ecclesia semper reformanda est“ – das gilt für die Kirche, das gilt aber auch für die Schulen. Es wäre ja Blödsinn, wenn man den neuen Herausforderungen nicht mit entsprechenden Veränderungen begegnen würde.
Herr Kollege Kaufmann, Sie haben recht, dass die Technischen Lehrer als Seiteneinsteiger oft sehr schlecht bezahlt