Protokoll der Sitzung vom 03.04.2008

Wir haben die Landesregierung aufgefordert, im Rahmen des Wegfalls der Exklusivlizenz und der Neufassung der PostUniversaldienstleistungsverordnung zu versuchen, auf das Bundeswirtschaftsministerium dahin gehend Einfluss zu nehmen, dass die Mindeststandards hinsichtlich der Qualität und der Anzahl der Filialen gerade für den ländlichen Raum nicht ausgedünnt werden. Die Aussage in der Stellungnahme war typisch Wirtschaftsministerium; so geht man dort damit um. Ich zitiere aus der Stellungnahme:

Die Frage, aus welchem Leistungskatalog der Postuniversaldienst zukünftig bestehen soll, ist noch nicht geklärt – und wird sich erst im Meinungsbildungsprozess beantworten.

Super, sage ich da nur. Mit einer solchen Aussage müssen Sie einmal zu den Bürgern gehen. Die Bürger verstehen überhaupt nicht, warum es dem Land anscheinend egal ist, was hier passiert.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

In der zweiten Runde möchte ich noch ein paar Dinge ansprechen, die in diesem Zusammenhang noch laufen. Ich erwarte eigentlich, dass vonseiten des Ministeriums eine etwas bessere Klärung in dieser Frage kommt, auf deren Grundlage man vielleicht noch einmal darüber diskutieren kann.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erhält Herr Abg. Teufel für die Fraktion der CDU.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Jetzt wird zur Sache gesprochen! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Guter Mann, der Stefan Teufel! Der kennt sich auch im Detail aus!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Fraktion hat großes Interesse an einer hochwertigen und flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Richtig!)

Die CDU-Fraktion spricht sich deshalb für die Übernahme der freiwilligen Selbstverpflichtung der Deutschen Post AG in die zu überarbeitende Post-Universaldienstleistungsverordnung aus.

Wesentliche in der Selbstverpflichtung enthaltene Punkte wie die Mindestanzahl der Briefkästen – 108 000 – oder der Erhalt von Filialen in zusammenhängend bebauten Wohngebieten mit mehr als 2 000 Einwohnern sowie die Erreichbarkeit einer Filiale müssen zeitnah in eine überarbeitete gesetzliche Regelung übernommen werden.

Die CDU-Fraktion hält es in diesem Zusammenhang für sinnvoll und auch für erforderlich, dass die PUDLV möglichst nachfragegerecht ausgestaltet wird. Einschreibesendungen – also Einlieferungen bei der Post – sind für Privatkunden weiterhin unverzichtbar. Diese müssen deshalb auch weiterhin in der PUDLV als Verpflichtung enthalten sein.

Dagegen werden Wert- und Nachnahmesendungen – also auch Einlieferungen bei der Post – von privaten Postkunden nur in so geringem Umfang nachgefragt, dass kritisch hinterfragt werden muss, ob solche Sendungen als Pflichtprogramm in den Leistungskatalog aufgenommen werden müssen. Die Beibehaltung von Wertsendungen und Nachnahmesendungen, die Firmenkunden an Private versenden, und ihre Zustellung durch die Post ist dagegen unstrittig. Der zukünftige Leis tungskatalog des Postuniversaldienstes muss sich an den Bedürfnissen der Privat- und Geschäftskunden orientieren.

Es ist unser erklärtes Ziel, gleichwertige Lebensbedingungen sowohl in Ballungsgebieten als auch in ländlichen Gebieten zu schaffen. Hierzu gehört die Versorgung des ganzen Landes mit einer modernen und leistungsfähigen Infrastruktur auf dem Postmarkt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Gute Rede!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Buschle für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich in den Saal schaue, drängt sich mir der Eindruck auf, dass es eine Verbindung gibt zwischen der Postversorgung im ländlichen Raum und der Anwesenheit der Abgeordneten.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Der war gut!)

Ähnlich haben sich die Postdienstleistungen im ländlichen Raum gelichtet.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ausgedünnt! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Aber Sie wollen den Landtag nicht privatisieren?)

Aber ich stelle auch fest, lieber Kollege Teufel und Kollege Lehmann, dass wir doch eine große Übereinstimmung in dem Ziel haben, die ländliche Versorgung durch die Post zu gewährleisten.

Heute Morgen kam schon zu früher Stunde im Südwestrundfunk die Nachricht: „Post heute nur in Stuttgart“. Wenn man das im Halbschlaf gehört hat, hat man gedacht: Es ist schon so weit, es gibt sie sonst nirgends mehr.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Guter Gag!)

Das ist nicht ganz so. Die Post-Universaldienstleistungsverordnung soll dafür sorgen, dass es so bleibt. Helfen wir dabei mit. Wenn man diese Post-Universaldienstleistungsverordnung, abgekürzt PUDLV, sieht, dann fragt man sich: Wo steckt des Pudels Kern? Des Pudels Kern steckt in der Privatisierung. Die Privatisierung, die uns von der EU vorgegeben wurde, haben wir im Vergleich zu anderen Ländern schon weitgehend umgesetzt, meiner Meinung nach zu schnell und zu weit.

Übrigens möchte ich in diesem Zusammenhang sagen: Alle Jubler für die Privatisierung haben ja über Ostern erlebt, was die Privatisierung des Fernsehens gebracht hat:

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja! – Abg. Alfred Winkler SPD: So ist es! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Genau!)

Schmuddelfernsehen in größtem Umfang. Alle haben dann auch Krokodilstränen über diese Entwicklung geweint, die sie hätten kommen sehen müssen. Das befürchten wir auch in Bezug auf die Post.

Über 40 % der Menschen – Sie wissen es – leben im ländlichen Raum, der 60 % der Fläche einnimmt. Die Gemeinderäte, die Ortschaftsräte und die Bürgerversammlungen können es nicht mehr hören. Sie haben resigniert. Sie sind es leid, um jeden Briefkasten und jede Telefonzelle zu kämpfen – ganz zu schweigen vom Kampf um eine Poststelle.

Die Landesregierung sagt nun in der Antwort auf die Große Anfrage Drucksache 14/2111, es sei alles in bester Ordnung;

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Diese Landesregierung ist ja unmöglich!)

die flächendeckende Versorgung sei gewährleistet und sei angemessen.

Wir wissen, dass das nicht so ist. Fakt ist: Wenn heute eine Oma im ländlichen Raum einen Brief schreibt, dann braucht sie einen Enkel, der ihr diesen Brief zum Briefkasten fährt – sofern sie überhaupt noch einen Enkel in der Nähe hat. Auch das wird ja immer seltener. Einer älteren Person gelingt es nur noch selten, den fliegenden Boten, der am Haus vorbeizischt, zu erreichen, um ihm einen Brief mitzugeben. Oft ist der Adressat des Briefes näher beim Absender als der nächste Briefkasten.

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD – Abg. Karl-Wil- helm Röhm CDU: Der war gut!)

Aber wir wissen ja – das sagt die Landesregierung –: Die ländliche Versorgung ist angeblich flächendeckend gegeben. Tatsächlich ist sie es nicht, und sie wird es auch nicht sein. Mehrfach hat auch die SPD im Bund das Bundeswirtschaftsminis terium, lieber Herr Teufel, und Herrn Glos aufgefordert, diese Dienstleistungsrichtlinie rechtzeitig umzusetzen,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Genau!)

um klare Verhältnisse zu schaffen. Das ist nicht passiert, und deshalb haben wir die Entwicklung jetzt zum 1. Januar 2008 so hinnehmen müssen.

Wir fordern also wie Sie auch die flächendeckende Versorgung in den ländlichen Bereichen. Dazu gehört auch, dass die Öffnungszeiten eine umfangreiche Angebotspalette ermöglichen und dass Abholmöglichkeiten bestehen, damit nicht zugestellte Sendungen abgeholt werden können. Auch Nachnahme- und Einschreibesendungen sind durchaus wichtig. Da reicht es eben nicht, wenn ein Geschäft, in dem ein Postdienst besteht, den ganzen Tag geöffnet hat, der Postdienst selbst aber nur zwei Stunden. Dann ist damit zwar die Fläche abgedeckt, aber die Öffnungszeiten sind nicht ausreichend.

Die Politik muss hier steuern. Wir wissen das. Deshalb unterstützen wir auch den Antrag der Grünen, zumal er unter streicht, was wir im Bund schon lange gefordert haben. Im Beschlussteil schlagen Sie vor, den Umfang nicht zu reduzieren, die Kennzahlen nicht abzusenken und die Gewährleis tungsfestlegungen zu übernehmen. Wer kann dagegen sein? Ich glaube, da sind wir uns einig.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ich hätte schon noch ein paar Fragen. Herr Lehmann, Sie haben gerade die Gewinne der Post angesprochen; das ist jedoch nur der eine Aspekt. Wir haben im Dezember hier über den Mindestlohn debattiert, und Sie und Ihre Kollegin Sitzmann haben wieder einmal entschieden die Mehrwertsteuerbefreiung für die Post AG angeprangert.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist unmöglich!)

Auch diese Mehrwertsteuerbefreiung ist etwas, was dazu beiträgt, dass die Post ihren Verpflichtungen nachkommen und ihre Leistungen im ländlichen Raum erbringen kann.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Siegfried Leh- mann GRÜNE)

Zu einer ernsthaften Antragstellung gehört schon, dass man auch zu allen Konsequenzen steht. Ich frage mich übrigens auch, wenn die antragstellende Fraktion mit nur noch zwei

Leuten hier vertreten ist, wie sehr die Fraktion überhaupt hinter diesem Antrag steht.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Drei!)

Drei, Entschuldigung. Herr Schlachter ist auch noch da.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

In diesem Sinne arbeiten wir gemeinsam dafür