Protokoll der Sitzung vom 03.04.2008

Damit bin ich bei den Polizeiposten. Wir hatten vorher 2 300 Mann auf den Polizeiposten, und wir haben nachher 2 300 Mann. Aber sie werden optimal eingesetzt, und das bringt den Präsenzgewinn.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Aber in Stuttgart haben Sie 150 weniger! Da haben Sie nicht gleich viel durch die Optimierung!)

Dazu komme ich gleich, Herr Schmiedel. Gemach, gemach! Es ist natürlich klar, dass solche strukturellen Veränderungen immer als Chance für die Opposition begriffen werden, da einen Keil hineinzutreiben. Aber dazu sage ich nachher noch dezidiert etwas.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD – Abg. Wolf- gang Drexler SPD: Herr Schuster ist schon Opposi- tion?)

Er wird auch zu dem Ergebnis, das erarbeitet wird, stehen.

Lassen Sie mich zur Stellensituation im Nichtvollzugsdienst wenige Sätze sagen: Auch dort ist zumindest ein Teil der Einsparverpflichtungen durch ein Aufgabenabbaukonzept kompensiert worden, nämlich in den Bereichen der polizeilichen Kfz-Werkstätten – hier vielfach schon vergessen –, bei der Lebensmittelüberwachung, bei der Reisekostenabrechnung und natürlich durch die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit, die dort selbstverständlich genauso zu Buche schlägt.

Im Hinblick auf den anderen Komplex des Stellenabbaus im Nichtvollzugsdienst, nämlich bei der sogenannten Effizienzrendite, haben wir zwischenzeitlich eine deutliche Reduzierung der Abbauverpflichtung erreicht.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aber sehr unterschied- lich!)

Kollege Blenke hat das, ebenso wie alle anderen Redner auch, gesagt. Insgesamt bleiben uns 364 Stellen mehr erhalten als in anderen Verwaltungsbereichen, die ihre 20 % Einsparquote abliefern müssen; das will ich vielleicht auch einmal dazusagen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Die sind doch aber eingegliedert worden!)

Überhaupt: Wenn Sie die echten 610 Stellen nehmen, die wir bei der Polizei abbauen, dann sind das 2,5 % des Personaltableaus – 2,5 %! Dem steht der Gewinn durch die Verlängerung der Arbeitszeit gegenüber – nur damit wir wissen, worüber wir reden, meine Damen und Herren.

Es gibt eine aktuelle Zahl, die auch richtigerweise bereits genannt wurde, ich glaube, auch von Ihnen, Herr Sckerl: Es verbleibt noch eine Einsparverpflichtung aus der Effizienzrendite und der Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit von 134 Stellen. Im Nichtvollzugsdienst haben wir etwa viereinhalbtausend Stellen; auch das sage ich nur, damit Sie wissen, worüber wir reden.

Aber im Einzelfall macht dies durchaus Schwierigkeiten, etwa wenn eine Dienststelle im Nichtvollzug nur eine oder zwei Stellen hat. Wenn ein Abgang nicht ersetzt werden kann, kann dies schon einmal zu Schwierigkeiten führen. Darüber reden wir auch.

Fazit: Die von der SPD geforderten neuen Stellen im Bereich des Nichtvollzugsdiensts sind unter Berücksichtigung unserer Gesamtverantwortung für den Haushalt grundsätzlich nicht vertretbar. Die Landesregierung hat mit den Einstellungskorridoren und der Reduzierung der Einsparverpflichtung im Nichtvollzug unter hohem finanziellem Aufwand die Weichen für eine positive und nachhaltige Personalentwicklung bei der Polizei gestellt. Der Einstellungskorridor – dieser Satz muss noch einmal gesagt werden, damit es jedem hier klar wird – kostet in dieser Legislaturperiode schon 30 Millionen €, und er wird bis zum Jahr 2022 insgesamt rund 330 Millionen € kosten. Ich denke, das ist eine beachtliche Summe.

Zum Schluss will ich meiner inneren Befindlichkeit Ausdruck geben und, damit der Kollege Schmiedel klar sieht und nicht friert, noch einmal deutlich sagen:

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wieso soll ich frieren? – Gegenruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Die Ei- seskälte auf dem Gewerkschaftstag!)

Neue Herausforderungen verlangen nach neuen Rezepten und nicht nach Rezepten von gestern und vorgestern.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Deswegen blaue Uni- formen! Kein Mensch versteht das! – Zuruf der Abg. Ute Vogt SPD)

Oh, wenn das Ihr Lieblingsthema ist, gehe ich gern auch noch einmal darauf ein. Gut, dass Sie mich daran erinnert haben. Ihre Sorgen möchte ich haben, Herr Drexler.

(Zurufe von der SPD)

Rezepte von vorgestern taugen nichts, um die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft zu bewältigen. Jede

Woche nach mehr Personal und mehr Geld zu rufen, ist einfallslos, unverantwortlich und führt ein Land auf kürzestem Weg dorthin, wo wir vielleicht fast schon einmal standen, nämlich an den Rand des Abgrunds. Sie überfordern den Bürger, und Sie überfordern den Staat.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was?)

Jede Personalstelle muss erwirtschaftet werden, und zwar in allererster Linie nicht vom Staat, sondern von den Bürgern selbst, durch Gebühren und Abgaben, durch Steuererhöhungen. Das ist die Frage, vor der wir stehen. Nicht die Frage, wo ein Revier steht, ist entscheidend für den Ausgang der Schlacht, sondern wie nahe die Beamten beim Bürger sind und wie oft sie dort sind. Das ist entscheidend.

(Beifall bei der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Ge- nau! – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Herr Kollege Schmiedel, Sie haben vorhin nach einem positiven Signal für die Polizei gerufen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ja!)

Diesem Wunsch kann entsprochen werden. Dazu werden Sie Gelegenheit haben. Wir werden in wenigen Wochen

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Es ist Zeit für eine Par- lamentsreform, kann ich nur sagen!)

die Novellierung des Polizeigesetzes hier miteinander diskutieren. Dies wird Ihnen Gelegenheit geben, nicht über mehr Köpfe, sondern über mehr Rechte für unsere Polizei zu reden – über mehr Rechte im Umgang mit unseren Bürgern.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl Zimmermann CDU: So ist es! Sehr gut! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Mehr Rechte? Mehr Aufgaben werden es sein!)

Meine Damen und Herren, Sie werden Gelegenheit haben, Ihren Forderungen Glaubwürdigkeit zu verleihen. Ich bin gespannt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Mehr Rechte? Mehr Aufgaben bei weniger Personal! – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Eiseskälte!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Gall.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen, werte Kollegen! Natürlich war damit zu rechnen und ist eigentlich klar, dass die Redner der Regierungsfraktionen und die Landesregierung in Person des Innenminis ters in der heutigen Debatte versuchen würden, mit – ich bleibe dabei – Zahlenspielen die Situation wiederum gutzureden. Diese Rechenaufgaben, meine Damen und Herren, spiegeln aber nicht die Situation vor Ort wider.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Sie werden Ihnen im Übrigen auch nichts nützen. Diese Rechenbeispiele werden Ihnen nichts nützen, denn die Polizei

im Land – Vollzugsbeamte, Revierleiter bis hin zu Leitern von Polizeidirektionen – und die Bürgerinnen und Bürger im Land wissen zwischenzeitlich, dass bei Ihnen Worte und Taten diesbezüglich nicht im Einklang stehen

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

und dass Sie, meine Damen und Herren, mit Ihrer Politik der zurückliegenden Jahre und so, wie Sie sie im Moment fortsetzen, auf dem besten Weg sind, die Grundsätze einer Bürgerpolizei in Baden-Württemberg zu verspielen.

(Beifall bei der SPD)

Bürgerpolizei heißt u. a., dass die Bürger polizeiliche Entscheidungen, die getroffen werden, auch noch nachvollziehen können. Wenn aber aufgrund von Personalmangel – der besteht unstrittig vor Ort auf den Revieren – Einsatzprioritäten gebildet werden müssen, dann ist diese Transparenz eben nicht mehr gewährleistet, weil der eine oder andere Einsatz später auch abgewiegelt wird, der Bürger jedoch gar nicht weiß, warum.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das war früher auch schon so, Herr Kollege!)

Bürgerpolizei heißt auch, dass die Bürger in Notlagen durch die Polizei schnelle Hilfe erfahren.

Dies jedoch wird zunehmend schwieriger zu gewährleisten sein – das wird uns vor Ort letztendlich bestätigt –, wenn sich die Polizei aus der Fläche zurückzieht – das Wort haben Sie, Herr Minister, gerade selbst in den Mund genommen –, da die Zentralisierungen, die im Moment stattfinden, ja nicht aufgrund von organisatorischer Sinnhaftigkeit, sondern aufgrund von Personalmangel durchgeführt werden.

(Beifall bei der SPD)

Bürgerpolizei beinhaltet auch, dass die Polizei präsent ist. Das ist sie vielfach aber nicht mehr, da Beamtinnen und Beamte bis hin in hohe Dienstgrade zunehmend Verwaltungsarbeit im Innendienst zu leisten haben.

(Abg. Ute Vogt SPD: Ja!)

Dem könnte man schon jetzt und unmittelbar entgegenwirken.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Meine Damen und Herren, Sie setzen mit Ihrer Sparpolitik, die bei der Polizei trotz der angekündigten Maßnahmen weitergeht – das sollte man nicht verschweigen –, das Ziel einer bürgernahen Polizei aufs Spiel.