(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Thomas Blenke CDU: Da sollten Sie sich ein- mal die SPD-regierten Länder anschauen!)
Was wir kritisieren, Herr Ministerpräsident, geht in die Richtung, die auch Herr Noll vorgetragen hat, nämlich dass nach solchen Entscheidungen auch die Strukturen geändert werden müssen
und dass es natürlich Sinn machen würde, z. B. ein Infrastrukturministerium oder ein Bildungsministerium zu schaffen und dann die Zahl der Minister anzupassen. Das haben Sie nicht in Angriff genommen. Das zeigt, dass das Ziel, das Sie verfolgen, wirklich mehr als bescheiden ist.
(Vereinzelt Heiterkeit – Unruhe bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Ach so! Sie haben nur so getan! – Zuruf: Simulant!)
Sie machen einen entscheidenden Fehler, Herr Ministerpräsident, wenn Sie glauben, dass Sie auf Bundesebene in der Föderalismusdiskussion erfolgreich sein können, indem Sie die Länder nach Schwarz und Rot trennen.
Der Vorteil, den Ihr Finanzminister Stratthaus hat, ist, dass er hohen Respekt und großes Ansehen quer durch alle Regierungskonstellationen im Bundesgebiet genießt. Da geht es nicht um Schwarz oder Rot, sondern um die Länder und den Bund. Da hat er eine hohe Reputation. Wir werfen Ihnen die Strukturentscheidung vor – da kritisiere ich gar nicht die Qualifikation von Herrn Stächele; das habe ich nicht gemacht, ich weiß gar nicht, wie Sie darauf kommen; aber es ist doch völlig klar, dass Herr Stächele diese Reputation natürlich noch nicht haben kann –,
(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Dann helfen Sie doch mit, dass er sie bekommt! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: So machen Sie den Rest Ihrer eigenen Repu- tation kaputt!)
in dieser entscheidenden Phase jetzt Herrn Stratthaus herausnehmen. Das beklage doch nicht nur ich. Das beklagen doch auch CDU-Finanzminister aus anderen Bundesländern. Ich habe ja extra auch die Bundesbildungsministerin angeführt, die auch Bundestagsabgeordnete aus Baden-Württemberg ist. Das ist eine falsche Strukturentscheidung. Wenn ich zudem sehe, dass Herr Reinhart jetzt einen Schreibtisch in Stuttgart hat, einen Schreibtisch in Brüssel und einen Schreibtisch in Berlin – man könnte ja noch darauf kommen, dass man ihm auch noch einen Schreibtisch zur UNO in New York stellen kann; das kann er alles miteinander machen –,
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Aber nur, wenn der Dollarkurs so gut ist!)
Das ist der Punkt. Das ist etwas, was bundesweit für Kopfschütteln sorgt, und zwar nicht nur bei uns, sondern insbesondere auch bei der CDU.
Tun Sie doch jetzt nicht so, als sei alles Friede, Freude, Eierkuchen und als sei das alles auf Wohlgefallen gestoßen! Vielmehr hat das auch für erheblichen Unmut in Ihren eigenen Reihen gesorgt.
(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Bei Ihnen ist gerade nur noch Eierkuchen! – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/ DVP: Wie die Wahl eines neuen Fraktionsvorsitzen- den bei Ihnen!)
Jetzt komme ich zu Herrn Stratthaus. Wir haben Respekt vor Herrn Stratthaus. Wir kritisieren seine Finanzpolitik da, wo wir Anlass zu Kritik haben, z. B. bei diesem völlig missratenen Projekt NSI, wo Hunderte von Millionen versenkt wurden.
Tun Sie doch nicht so, als hätten Sie hier nur Wohlgefallen ausgelöst! Es gab gravierende Fehler. Ich glaube, auch er sieht heute selbst, dass das ein gravierender Fehler war. Aber trotzdem bleibt doch der Respekt vor der Person. Und trotzdem gibt es etwas, was ins Überparteiliche geht, nämlich dass man sagt: Da macht einer seinen Job anständig.
Und dann kommt vor allem eines dazu – das ist nicht nur eine Wertung von uns –: Wenn man sich das Kabinett anschaut und fragt, wer denn da die nötige Ausstrahlung hat, dann sieht man: Er gehört zu denjenigen, die diese Ausstrahlung haben. Es ist doch eine Frage an Sie, weshalb Sie jetzt ausgerechnet den, der die höchste Ausstrahlung hat, wegnehmen. Man hat ja den Eindruck, er stört Sie mit seiner guten Ausstrahlung.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zurufe von der CDU, u. a. der Abg. Jörg Döpper, Michael Föll und Dr. Dietrich Birk)
Deshalb bleibt der Vorwurf: Eine Person aus dem Kabinett zu schicken, das war eine Operation auf niedrigstem Niveau. Es fehlt der Anspruch, zu fragen: Was braucht das Land? Welche Aufstellung braucht die Regierung, und zwar strukturell? Da haben Sie nichts geboten und haben auch nichts vor.
Es bleibt natürlich die Erwartung – dazu habe ich überhaupt nichts gesagt und werde auch keine Vorbehalte äußern – an die Kollegen, die jetzt die neuen Ämter antreten, dass sie sich anstrengen. Das erwarte ich. Aber das strukturelle Defizit, das Sie mit dieser Kabinettsumbildung geschaffen haben, werden sie auch durch ihre persönliche Anstrengung nicht beheben können. Da sind Sie gefordert, und da fehlt Ihnen leider der Mut.
Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP/DVP! Es gibt bei Kritik eine schöne Figur: Ist das Glas halb leer oder halb voll?
Richtig, Herr Kollege Föll. – Es ist nicht unsere Aufgabe, Sie zu loben. Jetzt haben wir einmal gesagt: Das Glas ist halb voll. Wenn Sie es nicht ertragen können,
(Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zurufe der Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP und Dr. Dietrich Birk CDU)
Ich meine, wir hatten mit dem Finanzminister Ihres Kabinetts die geringsten Differenzen. Minister Stratthaus war überhaupt der erste erfolgreiche Finanzminister, Herr Ministerpräsident Oettinger. Die Vorgänger haben in diesem Land Schulden bis zum Gehtnichtmehr angehäuft.
Ministerpräsident Teufel ging mit 20 Milliarden Schulden rein, mit 20 Milliarden raus, nur rein mit Mark, raus mit Euro.
(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Als die FDP/DVP den Finanzminister gestellt hat, war der Haushalt schuldenfrei!)
Das heißt, die CDU kann ganz im Gegensatz zu ihrem weitverbreiteten Image überhaupt nicht auf eine erfolgreiche Finanzpolitik zurückschauen.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Ingo Rust SPD: So ist es! – Zuruf des Abg. Helmut Wal- ter Rüeck CDU)
Der Kronzeuge dafür ist der scheidende Finanzminister. Ich lese jetzt einmal aus seinem Interview vor. Frage:
Sie haben die Konjunktur genutzt und Rückstellungen ge bildet für Eventualitäten. Trotzdem hinterlassen Sie ge waltige Deckungslücken. Wie kann Ihr Nachfolger die schließen?
Wenn man anfängt, einen Haushalt aufzustellen, gibt es immer Deckungslücken. Wir werden sicher in der Grö ßenordnung von etwa 400 Millionen noch mal die Res sorts heranziehen müssen.