Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Ers ten Beratung dieses Gesetzentwurfs, Frau Kollegin Berroth, hat auf Bitte des Abgeordneten Oelmayer von den Grünen keine Aussprache stattgefunden. Wir sind also heute in der Zweiten und abschließenden Beratung.
Der Vollzug ist ja Landesangelegenheit; es müsste also korrekterweise heißen: Landesjustizvollzugsmobilfunkverhinderungsgesetz.
In diesem Landesjustizvollzugsmobilfunkverhinderungsgesetz ist die Begründung länger als der Gesetzestext mit seinen drei Paragrafen. In den §§ 1 und 2 steht das Wesentliche. We
sentlich ist, dass wir auf dem Gelände unserer Haftanstalten sogenannte Störsender benötigen. Weshalb benötigen wir die se Störsender? Wir benötigen sie, weil wir wissen, dass Leute, die in Haftanstalten einsitzen, häufig unerlaubterweise – dies ist nicht erlaubt – mit dem Handy telefonieren, dass sie jemanden außerhalb der Anstalt anrufen oder von außerhalb angerufen werden.
Das heißt aber gleichzeitig, dass wir, wenn wir so ein Landesjustizvollzugsmobilfunkverhinderungsgesetz benötigen, die Durchsuchungen – Untersuchungen können wir nicht machen – der Besucher so gestalten müssen, dass keine Handys hineingeschmuggelt werden können.
Andererseits wissen wir, dass es sogenannte Mauerwürfe gibt. Ein jüngster Fall: Schön im Grasnetz verpackt wurde ein Handy zu einer bestimmten Zeit über die Mauer geworfen. Dann gibt es ja einen Freigang innerhalb des Geländes. Man gibt dem Häftling eine bestimmte Uhrzeit an, zu der es klingelt. Dann holt der schnell das Handy, und so ist er in den Besitz eines Handys gekommen.
Wir können mit den uns momentan zur Verfügung stehenden Mitteln – IMSI-Catcher und Feststellungen, wann telefoniert wird – nur dann Erfolg haben, wenn wir tatsächlich die Kontrolle dann machen, wenn er telefoniert.
Langer Rede kurzer Sinn: Wir wissen, es wird nicht nur Rauschgift geschmuggelt, es werden auch Handys geschmuggelt, und mit deren Hilfe werden natürlich auch Verbrechen oder sonstige illegale Straftaten vereinbart und durchgeführt.
Ob wir das mit diesem Gesetz zukünftig wirklich verhindern, weiß ich nicht. Technisch sind solche Störsender mit Sicherheit möglich, aber es ist sehr teuer. Es kostet Geld, dies einzuführen. Ich bin dafür, die CDU-Fraktion ist dafür. Diese Rechtsgrundlage kostet uns außer einer zweiten Lesung, einer Verabschiedung und dem Papier, auf dem sie gedruckt wird, nichts. Die Einrichtung soll jetzt zunächst in der neuen JVA Offenburg – Herr Sakellariou, da sind wir uns fraktionsübergreifend einig – gemacht werden. Allein die Einrichtung der Störsender für diese Haftanstalt wird nach Mitteilung des Justizministeriums über 1 Million € kosten, weitere Einrichtungen ca. 200 000 bis 300 000 €. Vielleicht wird es auch billiger. Aber wir sind in Baden-Württemberg wieder bundesweit der Pilot. Wir machen es; nahezu zeitgleich zieht Hessen nach.
Ich erkläre mich persönlich bereit, dieses Gesetz wirklich in vollem Umfang zu unterstützen und auch die erste technische Installation in einer Einrichtung zu machen, möchte aber – das erlaube ich mir hier und heute – –
Das wird natürlich schon – die Frage ist völlig berechtigt – im Rahmen der Sicherheitseinrichtungen, die wir sowieso für Jus tizvollzugsanstalten benötigen, bezahlt.
Ich möchte aber darauf hinweisen, dass damit natürlich dem Straftatbestand des Verabredens bzw. des Vereinbarens von
Verbrechen oder sonstigen Straftaten nicht unbedingt Einhalt geboten ist oder sie damit verhindert werden.
Wie Sie wissen oder vielleicht nicht wissen – diejenigen, die schon in einer Haftanstalt waren, wissen es vielleicht; ich schaue niemanden an;
ich schaue auch nicht zu jemand anderen hin –: Nach dem Freigang, also nach der Arbeitszeit – es gibt ja eine Arbeitspflicht –, in der Regel zwischen 17 und 18 Uhr, darf jeder Gefangene telefonieren. Wir haben erst vor Kurzem Verträge mit den Telekommunikationsfirmen gemacht. Vor einem Telefonat muss der Häftling dem Vollzugsbeamten die anzuwählende Telefonnummer angeben, und dann darf er – zeitlich relativ unbeschränkt – telefonieren. Das geschieht in einem Raum, in dem ein Justizvollzugsbeamter sitzt. Die Aufsicht erfolgt nicht so wie etwa die Aufsicht in einem Museum durch das entsprechende Personal. Der Justizvollzugsbeamte achtet schon darauf, was telefoniert wird. Das Telefonat soll bzw. sollte in deutscher Sprache erfolgen. Aber es besteht die Gefahr, dass der Häftling die angegebene Rufnummer anwählt, von dort aus jedoch eine Weiterschaltung erfolgt und er dann dort landet, wo er eigentlich nicht landen sollte. Womöglich redet er auch nicht alles in deutscher Sprache und verständlich. Ich sage Ihnen ernsthaft: Wir können schlicht nicht alle diese Telefonate überprüfen.
Ich stimme der Schaffung der vorliegenden Rechtsgrundlage, Herr Minister, sehr gern zu, ebenso wie meine Fraktion und, so hoffe ich, auch die anderen Fraktionen. Ich möchte auch darum bitten, dass die Überwachung der Telefonate, die bislang schon gemacht werden kann, noch restriktiver und strikter erfolgt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann für die SPD-Fraktion schon jetzt ankündigen, dass wir diesem Gesetz zustimmen werden.
Meine Damen und Herren, wir werden diesem Gesetz zustimmen. Aber wir müssen kritisieren, dass durch die Pressearbeit,
wie sie vom Justizminister betrieben wurde, in der Öffentlichkeit zunächst einmal der Eindruck entstanden ist, als ob in unseren „fidelen“ Justizvollzugsanstalten neben dem Fernseher ein Handy läge und als ob da frei mit dem Handy kommuniziert werden könnte.
Das war ein riesiger Trugschluss. Dadurch ist ein riesiger Irrtum in der Bevölkerung entstanden. Das hätte man sich ersparen können.
Schon bisher war unüberwachtes Telefonieren mit dem Handy selbstverständlich verboten. Aber – dem mussten wir uns stellen; dem muss sich jeder Verantwortliche stellen – es werden in den Justizvollzugsanstalten immer mehr Handys eingezogen. Im Jahr 2006 wurden 171 Handys in den Justizvollzugsanstalten entdeckt. Im Jahr 2007 sind 153 Handys in den Haftanstalten aufgespürt worden. Das ist eine Menge. Man muss ferner wissen, dass diejenigen, die die Möglichkeit haben, an solche Geräte heranzukommen,
diese in der Regel nicht deswegen vorrätig haben, um rechtzeitig zum Muttertag Glückwünsche aussprechen zu können. Das Problem besteht also nicht nur darin, dass diese Geräte Häftlingen in den Vollzugsanstalten zur Verfügung stehen, sondern insbesondere darin, dass sie Tag für Tag zur Begehung einer Vielzahl von Straftaten genutzt werden. Deswegen war es auch bitter notwendig, diese Rechtsgrundlage zu schaffen.
Nicht nur die Verabredung zu weiteren Straftaten ist ein Risiko, sondern auch die Verabredung, um seine eigene Strafbarkeit zu verschleiern; das kann man alles mit dem Handy machen. Das ist natürlich äußerst gefährlich, letztlich auch für die Bediensteten selbst, für die wir eine große Verantwortung tragen.
Die Probleme, die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens aufgetaucht sind, sind rechtlich nicht von der Hand zu weisen. Aber sie sind in der Abwägung geringerwertig. Es kann im Umfeld der Strafvollzugsanstalten Probleme geben, etwa das Problem, dass ein Rechtsanwalt auf dem Parkplatz der Anstalt nicht mehr in der gewohnten Qualität mit dem Handy telefonieren kann. Aber es gibt auch andere Gelegenheiten, wo einem das passieren kann, z. B. kann man überall im Land immer wieder einmal in ein Funkloch geraten. Derartige Probleme sind in der Abwägung geringerwertig.
Es wurde auch beklagt, dass nunmehr keine illegalen Handyanrufe aus den Justizvollzugsanstalten mehr abgehört werden könnten. Dagegen spricht natürlich, dass dort jetzt überhaupt nicht mehr mobil telefoniert und im Gegensatz zur bisherigen Regelung auch keine SMS mehr verschickt werden kann. Früher – bei dem bestehenden Warnsystem – konnte man SMS verschicken. Wenn man jedoch weiß, dass inzwischen sogar Regierungshandeln aufgrund von Mitteilungen über SMS abgewickelt wird,
dann kann man nur sagen: Dass in den Justizvollzugsanstalten jetzt keine SMS mehr verschickt werden können, ist ein Fortschritt, den wir unterstützen.
Wenn es um die Kosten geht, werden wir uns noch einmal unterhalten. Für die Schaffung der Rechtsgrundlage haben Sie unsere Unterstützung.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir brauchen heute nicht darüber zu reden, dass der Name dieses Gesetzes gute Chancen hat, in die engere Auswahl beim Wettbewerb „Wortungetüm des Jahres 2008“ zu kommen – das nur einmal nebenbei bemerkt. Wir finden immer wieder Anlass, über die Wortschöpfungen unserer Behörden- und Gesetzessprache nachzudenken.