Nikolaos Sakellariou

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Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Stellen Sie sich einmal dieses Bild vor: Der Bericht des Vorsitzenden des Petitionsausschusses wird nicht als Tagesordnungspunkt 10, sondern als Tagesord nungspunkt 1 behandelt, und die zwei CDU-Abgeordneten, die hier geredet haben, haben den vollen Applaus des gesam ten Hauses bekommen. Welchen Eindruck hätte dies zur bes ten Sendezeit auf die Menschen gemacht! Wir haben eine Chance vergeben, indem wir das nicht so gemacht haben. Ich rege aber an, das zukünftig so zu tun.
Meine Damen und Herren, ich will mit einem Bild beginnen. Wir haben kürzlich in den Stuttgarter Zeitungen vom Bild des Abgeordneten als dem Maschinisten der Demokratie gelesen. Da ist viel dran. Ich will ein Bild für die Mitglieder des Peti tionsausschusses hinzufügen und sagen: Wir sind die Hyänen des Rechtsstaats.
Da wird jeder fragen: Was ist denn das? Aber so, wie die Hy änen dort hingehen, wo es wehtut, so gehen die Mitglieder des Petitionsausschusses genau dorthin, wo der Rechtsstaat ver sagt hat, wo wir hier Fehler gemacht oder etwas übersehen haben. So, wie die Hyänen im Ökosystem eine wichtige Auf gabe haben, damit es insgesamt stimmig ist, so wichtig ist es, dass die Mitglieder des Petitionsausschusses hingehen, wo et was schiefgelaufen ist, und das dort wieder in Ordnung brin gen.
Wir haben dafür ein interessantes Instrumentarium. Wir ha ben nicht nur die Möglichkeit, Gesetze und Verordnungen zu ändern oder – wie das in einem konkreten Fall geschehen ist – zur Nichtanwendung zu bringen, sondern auch die Möglich keit, den Behördenvertretern einmal auf die Finger zu klop fen und sie zu einem anderen Umgang mit den Bürgern anzu halten. Wir haben sogar die Möglichkeit, der Regierung die Aufgabe zu geben, bestimmte Regeln aufzuheben oder zu ver ändern, wenn wir festgestellt haben, dass wir mit unserem ur sprünglichen Anliegen nicht weitergekommen sind.
Es gibt tatsächlich unterschiedliche Schwerpunkte in den ver schiedenen Lagern. Wenn es gegen Steuern ging, ist die FDP/
DVP sehr weit vorn gewesen. Wenn es um Hecken und Käfer ging, waren die Grünen immer sehr sensibel.
Bei Windkrafträdern ist bei der CDU der eine oder andere schnell hellhörig geworden. Bei der SPD war große Sensibi lität festzustellen, wenn Familien abgeschoben werden muss ten.
Aber das Faszinierende an der Arbeit des Petitionsausschus ses beginnt dann, wenn sich etwa ein CDU-Mann gegen die Abschiebung eines Petenten wehrt oder ein Grüner gegen ei ne Finanzverwaltung vorgeht oder ein Sozi gegen ein Wind kraftrad wettert.
Denn daran merkt man, dass die Uhren im Petitionsausschuss eben anders ticken.
Ich will an dieser Stelle – gerade weil auch gesagt wurde, wie interessant die Arbeit des Petitionsausschusses sei – drei Fäl le dokumentieren, mit denen ich mich in der letzten Legisla turperiode befasst habe – die sind alle bei mir gelandet und wurden unterschiedlich behandelt –:
Den ersten Fall haben wir schon einmal hier im Plenum be sprochen. Dabei ging es um eine Familie mit acht Kindern. Da wurde der Mutter, einer Kurdin, die acht Kinder großge zogen hat, vorgeworfen, dass sie nicht gut genug Deutsch spreche. Dieser Alleinerziehenden mit acht Kindern wurde auch vorgeworfen, sich nicht selbst ernähren zu können. Wir haben versucht, die Abschiebung dieser acht Kinder zu ver meiden. Das ist uns nicht gelungen. Aber das war ein Fall, der auch in den Lagern der anderen Parteien sehr viel Aufmerk samkeit erregt hat.
Das war ein Fall im Petitionsausschuss, der keine Mehrheit gefunden hat.
Bei dem zweiten Fall, den ich anführen möchte, ging es um eine deutsche Frau, die zwischen 1943 und 1945 17 Monate im KZ verbracht hat, die Zwangsarbeit verrichten musste und an der medizinische Experimente ausgeführt worden sind. Diese Frau kam völlig krank und entkräftet aus dem KZ und hat dann nie mehr Anschluss gefunden. Diese Frau ist mit ih rer Tochter von Behörde zu Behörde gegangen, hat aber nie mals erreichen können, dass wenigstens ein Gericht einmal über ihren Haftentschädigungsantrag befand.
50 Jahre lang hat die Tochter um die Haftentschädigung die ser Frau gekämpft, nur um symbolisch etwas zu erreichen. 50 Jahre lang ist dies nicht gelungen. Erst im Petitionsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg, der hierzu einen ein stimmigen Beschluss gefasst hat – es war ein harter Kampf, den wir dort geführt haben, auch mit dem Finanzministerium –, ist es gelungen, dieser Frau eine symbolische Entschädi gung zu überreichen, um klarzumachen: Hier hat der Staat
versagt, weil diese Frau – also die Tochter dieses KZ-Opfers – nie die Gelegenheit hatte, diesen Fall einmal vor ein Gericht zu bringen. Ich bin allen Kollegen dankbar, dass das geklappt hat.
Der dritte Fall, der bei mir gelandet ist, den ich Ihnen schil dern möchte, ist folgender: Ein junger Familienvater, der sich einer Totaloperation wegen Prostatakrebs unterziehen muss te, sollte aus medizinischen Gründen zwölf Monate lang Via gra verschrieben bekommen, um die Erektionsfähigkeit wie derherzustellen.
Für diese Maßnahme bei diesem relativ jungen Mann von et was über 40 Jahren lag also ein medizinischer Grund vor. Ihm wurde dies aber hartnäckig verweigert. Da hat bei uns allen – zum Glück einstimmig –
das Gefühl vorgeherrscht: Hier muss eine vernünftige Lösung her. Ich kann Ihnen sagen: Diesem Familienvater ist dies in zwischen erstattet worden.
Auch da muss ich sagen: Es war eine sehr wichtige Erfahrung, dass wir uns da zusammengefunden haben.
Zum Schluss – ich sehe schon, meine Sprechzeit ist zu Ende; das ist sehr schade – möchte ich noch an die Ausschussreise erinnern. Sie hat uns wirklich an neue Formen des Strafvoll zugs geführt. Sie hat uns an die Grenzen im Umgang mit Flüchtlingen, die ihr Land verlassen wollen, geführt.
Weil meine Sprechzeit zu Ende ist, muss ich mich leider kurz fassen.
Wir müssen in Zukunft – das als Ausblick – zwei Dinge än dern. Erstens: Wir müssen uns angewöhnen, in den Pressemit teilungen zu erwähnen, wenn eine Entscheidung im Petitions ausschuss strittig war. Dann muss aus der Pressemitteilung auch hervorgehen, dass die Entscheidung nicht einstimmig getroffen wurde, sondern strittig bzw. mehrheitlich entschie den wurde, damit es nicht einfach nur heißt: „Der Petitions ausschuss hat entschieden“,
ohne dass der Mitteilung zu entnehmen ist, dass der Fall strit tig war.
Der zweite Punkt: Wir müssen eine Veränderung insofern er reichen, als man nicht nur eine Onlinepetition einreichen kann, sondern auch eine E-Petition wie auf Bundesebene. Das be deutet: Wenn mehr als 50 000 Leute elektronisch ein Anlie gen einreichen, dann sollen diese den Anspruch haben, mit ih rem Anliegen eine öffentliche Anhörung im Parlament durch
führen zu können. Das ist eine fortschrittliche Fortschreibung dieses Verfahrens.
Ganz zum Schluss – ich möchte nicht, dass man mir wegen des Endes meiner Redezeit die Möglichkeit dazu nimmt – möchte ich Jörg Döpper danken. Es ist mir als stellvertreten dem Vorsitzenden eine freudige Pflicht, ihm für seine Arbeit zu danken. Ich weiß, er ist bekannt für manche rustikalen Ein würfe und Zwischenrufe in den Plenardebatten.
Wenn man ihn im Petitionsausschuss kennengelernt hat, dann weiß man: Im Grunde ist er ein wirklich ausgleichender und freundlicher Mensch. Er kann mit der Gewissheit, dass er ein sehr guter Vorsitzender des Petitionsausschusses war, in den Ruhestand gehen. Man kann sagen: Bei ihm sind Person und Funktion zusammengewachsen.
Er hat es vermocht – das muss ich wirklich sagen –, bei uns allen, die wir ganz unterschiedlichen Lagern angehören, eine Atmosphäre zu erzeugen, dass jeder stolz war, Mitglied in die sem Ausschuss zu sein, und dies als etwas Besonderes emp funden hat. Das, lieber Jörg, ist dein Verdienst. Herzlichen Dank, dass du uns das mitgegeben hast. Dir einen schönen Ruhestand.
Danke schön.
Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung:
a) Wie beurteilt die Landesregierung – –
Ich habe mich auch nicht angesprochen gefühlt –
so, wie er meinen Namen ausgesprochen hat.
Ich frage die Landesregie rung:
a) Wie beurteilt die Landesregierung die Umgestaltung der
hausinternen Bewegungsmöglichkeiten für die Insassen in der Justizvollzugsanstalt Adelsheim mit Blick auf die Kon sequenzen für die Insassen, die Bediensteten und die Kon zeption des Strafvollzugs in dieser Justizvollzugsanstalt?
b) Wie beurteilt die Landesregierung die Unterbringungssitu
ation der jungen Gefangenen vor dem Hintergrund, dass nunmehr in den Zellen keine Sanitäreinrichtung mehr vor handen ist und die jungen Gefangenen ein Durchgehverbot bei geöffneter Tür einzuhalten haben?
Herr Ministerialdirektor, ist es nicht so, dass sich in diesem intern gelockerten Vollzug 30 Jahre lang keine Nachtaufsicht bewegt hat und dass dies eine neue Regelung ist?
Es ist also doch eine Ände rung.
Ist es auch zukünftig so, dass sich die Menschen, die eine of fene Tür haben, dann, wenn sie auf die Toilette gehen müs sen, bei dem, der auf dem Flur Wache hat, anzumelden haben, wenn eine Wache in dem Haus ist?
Aber es ist für die Bediens teten eine offensichtlich ohnehin belastende Situation, eine zusätzliche Belastung. Denn sie haben sich an uns gewandt mit der Bitte, diesen Zustand zu ändern.
Dieser Zustand wird nicht geändert, er wird beibehalten.
Nein, das ist sie nicht. Aber gut, damit ist das Ganze für heute erledigt.
Danke schön.
Herr Minister, unstreitig gab es bei der Bewährungshilfe einen Reformbedarf.
Es gab den Bedarf, vom bisherigen System zu einem neuen System zu kommen. Da sind wir absolut d’accord. Wie erklä ren Sie sich aber, dass alle anderen Bundesländer die Verän derungen, die erforderlich waren, im öffentlich-rechtlichen System belassen haben
und jetzt nicht diese Mehrkosten haben, die wir hier in Ba den-Württemberg zu beklagen haben? Sie dagegen haben ei nen Systemwechsel vollzogen, der von Anfang an gewollt war, einen Wechsel hin zum Privaten nach dem Motto: Egal, was es kostet.
Die zweite Frage: Herr Minister, können Sie mir sagen, wie viele Richter, die Bewährungshilfe anordnen, in ihren Urtei len Wert darauf legen, dass der Bewährungshelfer, der dem Probanden zugewiesen wird, ein beamteter Bewährungshel fer sein soll, und Wert darauf legen, dass das niemand aus dem privaten Bereich ist? Können Sie dazu Auskünfte geben?
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Es ist schon viel Richtiges gesagt worden.
Der Antrag ist wichtig. Die Gesellschaft, die von der Zuwan derung profitiert, muss als Aufnahmegesellschaft die Weichen entsprechend ausrichten. Eine dieser Weichen ist eben die In tegration auch durch Vorbilder in der Gesellschaft und im öf fentlichen Dienst. Darum geht es schwerpunktmäßig.
Es ist schön, dass der Antrag der Grünen wieder einmal die Gelegenheit bietet, an Frieder Birzele zu erinnern, der es in revolutionärer Weise fertiggebracht hat, in Baden-Württem berg durchzusetzen, dass Nichtdeutsche als Polizisten Dienst tun können.
In der Großen Koalition; sehr richtig, sehr gut. – Es ist wun derbar, dass wir heute nach Jahren feststellen können, dass die in der Stellungnahme zu dem Antrag genannten 137 Nicht deutschen im Polizeidienst dazu beigetragen haben, dass sich die Aufklärungsarbeit, die Konfliktlösungen und die Zeugen bereitschaft verbessert haben. Das heißt, allein dieser Schritt in diesem einzelnen Bereich, in dem wir das bislang durchge setzt haben, führt zu mehr Opferschutz. Es war eine gute, klu ge Entscheidung, und sie geht in die richtige Richtung. In dem vorliegenden Antrag geht es nun darum, das auf weitere Be reiche auszuweiten.
Herr Pauli, Sie haben gesagt – das ist löblich –, dass Sie bei Einbürgerungsfeiern dafür sorgen, dass die Migranten auch Vorbilder erhalten und diese zu diesem Anlass auch präsen tiert bekommen. Aber genau darum geht es nicht. Viel wich tiger wäre es, dass die Migranten in ihrem Alltag Menschen begegnen, die es als Migranten in Behörden, als Lehrer, als Beschäftigte im Landratsamt zu etwas gebracht haben, und in dieser Interaktion feststellen: Wir sind gleichberechtigte Teil haber in dieser Gesellschaft.
Wir beobachten leider bundesweit – mir liegen jetzt keine Zahlen für Baden-Württemberg vor –, dass der Anteil von Mi granten im öffentlichen Dienst zurückgeht. Im Jahr 2001 be trug er nach einer Studie 2,2 %, und im Jahr 2005 waren es 1,7 %. Die Entwicklung geht also in die falsche Richtung. Der Anteil dort sinkt, während ihr Anteil in den übrigen Bereichen steigt.
Andere Länder sind da besser aufgestellt. Deswegen sind wir der Meinung, dass der Antrag der Grünen – jedenfalls in gro ßen Teilen – unterstützt werden muss.
Ich bin froh, dass Sie keine Quote gefordert haben. Hätten Sie in Ihrem Antrag eine Quote gefordert, hätten wir dem nicht zustimmen können. Eine Quote hielte ich auch für falsch.
Obwohl Herr Pauli es anders dargestellt hat, ist eine Quote auch nicht gefordert worden.
Die Ziffern 1 bis 3 von Abschnitt II, in denen u. a. begehrt wird, Kampagnen zu entwickeln, um gerade solche Vorbilder, wie ich sie eben beschrieben habe, zu implementieren und den jungen Menschen dadurch Mut zu machen, sich zu bewerben, anstatt sie zu entmutigen, unterstützen wir. Wir halten es auch für richtig, solche Vorbilder in Schulen einzusetzen, und wir halten es für richtig, Kampagnen durchzuführen.
Ziffer 4 von Abschnitt II werden wir uns allerdings nicht an schließen. Darin fordern die Grünen, „Interkulturalität als Qualitätskriterium“ einzusetzen und sie als eine zusätzliche Einstellungsvoraussetzung einzuführen. Da muss ich sagen, bei aller Liebe: Diese interkulturelle Kompetenz zu erwerben bedeutet, von Geburt an in einer Familie außerhalb des gast gebenden Landes groß geworden zu sein. Eine solche Kom petenz kann nur jemand erwerben, der selbst in einer solchen Situation aufgewachsen ist. Ich möchte aber niemanden des halb benachteiligen, weil er nicht in dieser Lebenssituation groß geworden ist. Vielmehr möchte ich, dass die interkultu relle Kompetenz kein eigenes Kriterium wird, sondern dass sie im Rahmen der Gesamtbewertung einer Bewerbung ein fließt. Es darf nicht so sein, dass dies ein anderes Kriterium quasi „herausschießen“ kann.
Deswegen werden wir den Antrag der Grünen in den Ziffern 1 bis 3 von Abschnitt II unterstützen, während wir der Ziffer 4 nicht zustimmen können. Ich bitte daher um Einzelabstim mung.
Danke schön.
Herr Präsident, meine Da men und Herren! In meiner Restredezeit habe ich nur noch zwei kurze Anmerkungen. Genau um das Stichwort Anstren gung geht es. Der Grund, warum die Grünen diesen Antrag gestellt haben, war nämlich, dass wir beobachten können – das ist das Drama –, dass jemand mit Migrationshintergrund trotz gleicher Qualifikation wie jemand ohne Migrationshin tergrund oft genug hinten herunterfällt. Das zeigen auch die aktuellen Zahlen.
Es kommt noch ein zusätzlicher Gesichtspunkt hinzu: Wir können feststellen, dass die Studierbereitschaft von Menschen mit Migrationshintergrund erheblich höher ist als die Studier bereitschaft von Menschen ohne Migrationshintergrund. Das heißt, es kommt noch hinzu, dass wir dort ein zusätzliches Po tenzial haben, das es auszuschöpfen gilt.
Frau Rastätter, noch einmal dazu, warum wir Abschnitt II Zif fer 4 Ihres Antrags nicht zustimmen können. Das will ich be gründen. Sie haben zu Recht gesagt: zusätzliche Kompeten zen, interkulturelle Fähigkeiten berücksichtigen. Das ist alles in Ordnung. Aber in Ihrem Antrag steht: Sie sollen nicht nur als „zusätzliche Kompetenz anerkannt werden“, sondern auch – jetzt kommt die entscheidende Aussage – „anstelle anderer Voraussetzungen treten können“. Diese Aussage kann ich nicht mittragen, weil ich das Problem sehe, dass wir dadurch genau dahin kämen, dass jemand, der diese Qualifikationen gar nicht erwerben kann, benachteiligt würde. Das möchte ich vermeiden.
Im Grunde gebe ich Ihnen recht: Man sollte zusätzliche Kom petenzen in das Bewerbungsverfahren einfließen lassen. Das unterstützen wir. Wir unterstützen es aber nicht, dafür andere Voraussetzungen zu opfern.
Das ist der Grund, warum wir Abschnitt II Ziffer 4 nicht zu stimmen können.
Herr Staatssekretär, noch eine Nachfrage. Teilen Sie meine Auffassung, dass die Murrtalbahn nicht nur bezüglich des Wagenmaterials ins Hintertreffen geraten ist, sondern wahrscheinlich die einzige Strecke ist, an deren Haltestellen im Landkreis Schwäbisch Hall
sich keine funktionsfähige Bahnhofstoilette mehr befindet, während in anderen Regionen in diesem Bereich keine Mangelerscheinungen zu verzeichnen sind?
Teilen Sie meine Auffassung, dass dies auch die einzige Strecke ist, die in den vergangenen Jahren vom Stundentakt abgekommen ist, und dass die Abfahrtszeitenregelung, die wir nach dem Fahrplanwechsel inzwischen haben, nämlich 40er-, 58er- oder 03er-Abfahrtszeiten, nicht mehr übersichtlich ist?
Und teilen Sie meine Auffassung – –
Es geht darum, dass es noch weitere Punkte gibt, die neben dem Wagenmaterial zu betrachten sind.
Dritte Teilfrage: Trifft es zu, dass das eine der ganz wenigen, wahrscheinlich die einzige Strecke ist, bei der die Schnellverbindung sowohl am Morgen als auch am Abend eingestellt worden ist?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kluck, in Sachen Religionsfreiheit haben Sie alles Notwendige gesagt. Ich will zu Beginn ein Wort von Frau Staatsrätin Dr. Hübner aufgreifen und umformulieren. Die Aussage der Frau Staatsrätin aufgreifend formuliere ich: „Wie wir mit Menschen mit Migrationshintergrund umgehen, das ist der Lackmustest für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft.“ Genau darum geht es heute. Ein Teil davon ist die Religionsfreiheit. Ich möchte gerade vor dem Hintergrund dessen – auch wenn jetzt eine Delegation aus der Schweiz hier ist – einmal sagen: Wir waren schon einmal weiter.
Ich möchte ein Bild der Stadt Zamość bringen, die im Jahr 1580 – heute ist sie Partnerstadt von Schwäbisch Hall – als ideale Stadt, als der Lebensraum der Zukunft aus damaliger Sicht auf der grünen Wiese geplant wurde. Dort waren von Anfang an für sämtliche Religionen und Religionsgemeinschaften ihre eigenen Tempel vorgesehen. Das war damals das Ziel, weil man genau wusste: Um zu wirtschaftlicher Blüte zu kommen, braucht man maximale Toleranz, und man braucht ein maximales Interesse der Menschen, in diese Stadt zu ziehen.
Friedrich der Große, den ich jetzt einmal zitieren möchte, hat 1740 einen Satz gesagt, der wunderbar zu dem heutigen Thema passt. Ich zitiere Friedrich den Großen:
Alle Religionen sind gleich und gut, wenn die Leute, so sie professionieren, ehrlich Leute sind. Und wenn Türken und Heiden kämen und wollten das Land peuplieren, so wollen wir ihnen Moscheen und Kirchen bauen.
Punktum. Das war der Alte Fritz.
Natürlich nicht im Fernsehen.
Das ist jedenfalls der Stand, den wir wieder erreichen müssen. Wenn wir uns die heutigen Umfragen anschauen, lesen wir, dass 78 % der Bevölkerung Ängste haben, also weit hinter diese Zeit zurückgefallen sind. Dann ist die Politik gefor
dert, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit diese Haltung keine Mehrheit mehr bekommt.
Wir müssen das aber auch im eigenen Interesse tun. Heute ist viel über Demografie gesprochen worden. Nur stichwortartig: Wir wissen, dass die Menschen in Deutschland ohne Migrationshintergrund einen Altersdurchschnitt von 44,2 Jahren und diejenigen mit Migrationshintergrund einen Altersdurchschnitt von 35,2 Jahren haben. Das sind neun Jahre Unterschied, die die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft sichern.
Schon heute haben mehr als die Hälfte der Beschäftigten im Krankenhauswesen in Baden-Württemberg einen Migrationshintergrund – mehr als 50 % der Beschäftigten! Das heißt, wenn wir zukunftsfähig sein wollen, müssen wir die roten Teppiche ausbreiten und müssen die Ersten sein, die die Menschen hierher holen, gerade auch vor dem Hintergrund der Globalisierung und der Klimaflüchtlinge, die wir zu erwarten haben.
Es wird damit gerechnet, dass wir allein in der Bundesrepublik Deutschland mittelfristig weitere sechs Millionen Menschen aufnehmen müssen, die aus Klimagründen ihre Heimat verlassen müssen und die hier ihre Aufnahme werden finden müssen.
Jetzt stellt sich die Frage: Tun wir in diesem Bereich genug? Jetzt kommen wir zu der Verantwortlichkeit der Landespolitik, zu den Baustellen der Integrationsarbeit.
25 % aller Menschen in Baden-Württemberg haben einen ausländischen Pass, sind zugewandert oder haben einen Migrationshintergrund. Bundesweit sind es 19 %. Das heißt, wir haben hier eine Vorreiterrolle. Wir haben bei den Menschen unter 30 Jahren sogar ein Drittel mit Migrationshintergrund bzw. mit ausländischem Pass – ein Drittel aller Menschen! Wir haben die besten Voraussetzungen, das Musterländle für Integration zu werden. Wir sind es aber nicht, und zwar aus mehreren Gründen:
Wir versagen uns die Unterstützung der doppelten Staatsangehörigkeit. Ich bin selbst als Grieche auf die Welt gekommen, bin in Griechenland geboren.
Ich bin assimiliert, würde ich einmal sagen. Warum? Weil man mir im Alter von zwölf Jahren die doppelte Staatsangehörigkeit angeboten hat. Damals unter Willy Brandt gab es das Angebot der Bundesregierung, allen Kindern von deutschen Müttern, unabhängig von der Staatsangehörigkeit dieser Kinder, dieses Recht zusätzlich zu geben. Ich weiß nicht, wie viel dieses Entgegenkommen dazu beigetragen hat, dass ich heute hier stehe und mich als assimiliert bezeichnen kann. Dieses Entgegenkommen des Staates hat wahrscheinlich dazu geführt, dass ich mich in diesem Umfang dazu bekannt habe.
Die habe ich noch immer.
Die doppelte Staatsangehörigkeit war überhaupt kein Problem, Herr Zimmermann. Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun. Aber die Frage des Umgangs mit Menschen mit Migrationshintergrund ist die Frage des Angebots der doppelten Staatsangehörigkeit. Baue ich Hürden auf, oder mache ich es leicht?
Dies ist eine Frage der Abschiebepraxis. Erlaube ich weiterhin, dass Menschen, die hier integriert sind, Kinder und Jugendliche, die hier groß geworden sind, abgeschoben werden, und dies in einer Form, die nicht mehr schön ist? Erlaube ich, dass Familien, die hier geduldet werden, auch in den nächsten zwei Jahren wieder im Dreimonatsrhythmus gesagt bekommen können: „Ihr müsst wieder ausreisen“?
All diese Dinge spielen eine Rolle bei der Frage, ob sich Menschen hier wohlfühlen, wie sie integriert werden, wie sie hier aufgenommen werden. Diesbezüglich machen wir hier einiges falsch.
Auf die Bildung komme ich in der zweiten Runde zu sprechen. Dann werde ich mich vertieft mit ihr befassen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe vorhin etwas zum Umgang mit Menschen mit Migrationshintergrund und mit Ausländern gesagt und möchte noch eine Personengruppe ergänzen, weil wir hier auch über universelle Werte reden. Es handelt sich um die Personengruppe der ausländischen Frauen, die deutsche Männer heiraten und erst ab Vollendung des zweiten Ehejahrs ein eigenständiges Aufenthaltsrecht bekommen. Das führt zu der verheerenden Situation, dass viele deutsche Männer genau wissen, unter was für einem Druck die Frauen stehen, dass sie kurz vor Ablauf dieser Aufenthaltszeit zum Landratsamt gehen und mitteilen, dass die Ehe aufgelöst werden soll, und dass dann automatisch ein Abschiebebescheid erlassen wird.
Jetzt kommt das Ungeheuerliche – das sage ich jetzt auch in Richtung Justizminister –: Solche Frauen bekommen dann nicht einmal Beratungshilfe. Das heißt, sie sind darauf angewiesen, anwaltlichen Schutz von jemandem zu finden, der sie kostenlos vertritt.
Diese Personengruppe gehört auch zu dem Teil, bei dem etwas geändert werden muss, jedenfalls dann, wenn man universelle Werte auch in diesem Land, auch auf Frauen bezogen und auch im Umgang mit Menschen anderer Herkunft ernst meint. Das ist ein Handlungsauftrag.
Zweitens: Auch ich möchte mich beim Kollegen Palm für die Formulierung bedanken, dass wir – auch im eigenen Interesse – ein Einwanderungsland sind. Es ist für die CDU eine wichtige Erkenntnis, dass das auch mit einer Bereicherung verbunden ist
und dass in der Vergangenheit auch Fehler gemacht worden sind. Wenn das jetzt auf dem Tisch liegt, dann können wir anfangen, darüber zu diskutieren. Denn im Grunde ist alles gesagt worden. Wenn nämlich die Erkenntnis lautet, dass wir Einwanderer brauchen, und wenn man aufgrund dieser Erkenntnis integrieren will, dann muss man an der richtigen Stelle ansetzen, nämlich bei der Bildungspolitik. Die Bildungspolitik ist nun wirklich ein Bereich der Politik, für den wir als Land originäre Zuständigkeiten haben.
Punkt 1: Anteil von ausländischen Kindern an Sonderschulen. In Baden-Württemberg haben 25 % aller Kinder an Sonderschulen einen ausländischen Pass. Das ist die allerhöchste Quote in der ganzen Republik. Dieser Anteil hat sich seit 25 Jahren nicht geändert. Er ist weder in Berlin so hoch noch in Rheinland-Pfalz, noch in anderen vergleichbaren Ländern. Dies darf nicht sein.
Dann haben wir bei den ausländischen Schülern die niedrigste Quote von Abiturienten. Nur 3,7 % der ausländischen Schüler schaffen in Baden-Württemberg überhaupt das Abitur. Das ist die rote Laterne. Hier besteht ein Handlungsbedarf, der einer Lösung zugeführt werden muss.
Bei den Jugendlichen insgesamt liegt der Anteil derer, die keinen Hauptschulabschluss haben – die Zahlen sind vorhin schon genannt worden –, zwischen 5 und 6 %. Aber bei den Jugendlichen mit Migrationshintergrund, das heißt bei den Jugendlichen mit Potenzialen, die wir noch heben können, beträgt der Anteil 17 %. Dieser Anteil ist bei dieser Personengruppe viel zu hoch. Über Bildung könnten wir diese Personengruppe wieder erreichen.
Meine Damen und Herren, eines möchte ich noch ansprechen, weil diese 78 %, die mit Ängsten an dieses Thema herangehen, leider oft durch politische Schaukämpfe in diese Situation gekommen sind. Herr Professor Pfeiffer hat eine Analyse darüber gemacht, wie Gewalt, Bildung und soziale Integration zusammenhängen, und zwar anhand der Personengruppe der jungen Türken in den Städten München, Hamburg und Schwäbisch Gmünd. Bei dieser Personengruppe liegt der Anteil derer, die Hartz IV beziehen, in München bei 8,1 %, in Hamburg bei 24 % und bei uns in Schwäbisch Gmünd bei 20 %. Der Anteil derjenigen aus dieser Personengruppe, die das Gymnasium besuchen, liegt in München bei 15 %, in Hamburg bei 8,4 % und – jetzt kommt Baden-Württemberg – in Schwäbisch Gmünd bei 4,1 %. Das ist die niedrigste Quote in diesem Vergleichszeitraum.
Jetzt zur Gewaltbereitschaft und zur Gewalttätigkeit innerhalb dieser Personengruppe. Dort, wo der Gymnasialanteil am höchsten ist, in München, liegt die Gewaltbereitschaft bei 24,1 %, in Hamburg liegt sie bei 33,1 % und in Baden-Würt temberg, in Schwäbisch Gmünd
bei 40,3 %.
Das alles sind Daten des Statistischen Landesamts.
Das alles sind Daten des Statistischen Landesamts. Dieser Zusammenhang müsste Ihnen zu denken geben. Denn damit steht leider fest, dass es bei uns keine gleichen Startchancen für alle gibt. Die Möglichkeiten für diese Personengruppe, zu partizipieren, sind hier am schlechtesten.
Wir haben leider keine gleichen Startchancen für Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund, so wünschenswert das wäre.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der Grünen – das kann ich vorweg sagen – hat sich nicht erledigt. Wir werden ihn unterstützen, auch was den Beschlussteil angeht.
Ich will aber nicht außen vor lassen, dass das Problem erkannt ist und dass auch gehandelt wurde. Nichtsdestotrotz ist der Antrag wichtig gewesen. Es geht um ein wichtiges Thema. Auch die Zahlen, die wir bekommen haben, sind interessant.
Frau Netzhammer, Sie haben es gesagt: Zunächst einmal muss man anerkennen, dass es einen Fachkräftemangel gibt. In ferner Zukunft wird dieser Fachkräftemangel noch gravierender
werden. Das heißt, alles, was kommt, wird schwieriger. Wir müssen also schon jetzt die Weichen richtig stellen.
Wenn wir uns die Zahlen anschauen, die sich auch aus der Stellungnahme zu diesem Antrag ergeben haben, dann stellen wir in der Summe fest, dass 2,8 Millionen Menschen mit einem Berufsabschluss nach Deutschland eingereist sind und sich hier aufhalten. Das sind 2,8 Millionen Menschen, die von anderen Menschen ausgebildet wurden. Davon sind bundesweit 800 000 Menschen Akademiker, und unter ihnen sind 500 000 Akademiker, deren Abschlüsse nicht anerkannt werden. Wir haben 1,8 Millionen Personen, die im Ausland eine Berufsqualifizierung erworben haben. Das sind keine Akademiker, sondern sie haben eine hochwertige Berufsausbildung abgeschlossen. Wir haben nur 200 000 Personen ohne jegliche Qualifikation.
In Prozentzahlen ausgedrückt: 28,6 % dieser Menschen bringen einen im Ausland erworbenen akademischen Grad mit, 64 % haben außerhalb Deutschlands eine berufliche Qualifikation erworben, und nur 7 % sind ohne Qualifikation. Das bedeutet, dass wir ein riesiges Potenzial an Menschen haben, die vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels akquiriert werden könnten und deren Potenzial genutzt werden könnte und auch sollte. Diese Personen wollen arbeiten. Derzeit arbeiten allerdings mehr als die Hälfte dieser Menschen unter ihrem Qualifikationsniveau, während gleichzeitig baden-würt tembergische Unternehmer nach Fachkräften rufen. Da haben wir Potenzial; daran können wir arbeiten.
Nur 20 % dieser Menschen arbeiten in ihrem erlernten Beruf. Daran sieht man, wie viel wir machen können. Tatsächlich ist bei Akademikern, die ihr Studium im Ausland absolviert haben und in Deutschland leben, eine Arbeitslosenquote von über 8 % zu verzeichnen, während bei Akademikern, die ihren Abschluss in Deutschland gemacht haben, die Arbeitslosenquote nur 4 % beträgt. Das Reservoir, das da noch liegt, können wir heben und sollten es auch heben.
Wir sollten dies auch unter der Perspektive betrachten, dass es dabei um Menschen geht und dass die Menschen, die solche Qualifikationen erworben haben, möglicherweise auch Familienangehörige haben. Sie haben einen Anspruch darauf, idealerweise entsprechend ihrer Qualifikation eingesetzt zu werden. Das sind also humanitäre Gründe. Es gibt aber auch wirtschaftspolitische Gründe; es geht darum, dem Fachkräftemangel abzuhelfen. Auch finanzpolitisch ist es sinnvoll, dieses Reservoir zu heben. Denn nicht zu handeln ist in diesem Fall teurer als nachzuqualifizieren und das Anerkennungsverfahren in die richtige Richtung zu lenken.
Bei all dem, was hier an Richtigem gesagt wurde, bleiben noch ein paar Forderungen zu nennen.
Erstens muss der Rechtsanspruch auf die Durchführung eines Verfahrens kommen, zweitens brauchen wir bundeseinheitliche verbindliche Anerkennungskriterien. Es kann nicht so sein, dass, wie ich es hier gelesen habe, z. B. ein Friseur aus Russland in Bremen anerkannt wird, in Stuttgart aber nicht
anerkannt wird. Es wäre nun wirklich grober Unfug, wenn sich Leute mehrfach mit demselben Sachverhalt befassen und dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.
Es ist Unfug, dass nach Personengruppen differenziert wird. Folgende Personengruppen werden unterschieden: Spätaussiedler, Zuwanderer aus EU-Staaten und Drittstaatler. Das ist schon ein absolut kompliziertes System. Dann wird aber auch noch nach der Berufsqualifikation unterschieden. Wenn jemand, aus welchem Grund auch immer, mit einer beruflichen Qualifikation nach Deutschland einreist
und erreichen möchte – was die Unternehmen auch wollen –, dass dieser Einsatz in eine Anstellung mündet, dann muss er je nach Herkunft zu den unterschiedlichsten Behörden mit unterschiedlichen Zuständigkeiten gehen. Das Verfahren wird dadurch so erschwert, dass das gewünschte Ergebnis letztlich nicht erreicht wird.
Wie sich das Ergebnis real darstellt, steht in der Stellungnahme zu diesem Antrag. Lassen Sie sich das einmal auf der Zunge zergehen: Pro Jahr werden bei den Industrie- und Handelskammern durchschnittlich 307 und bei den Handwerkskammern durchschnittlich 355 Anerkennungsverfahren durchgeführt.
Frau Netzhammer, Sie haben gesagt: Wir hätten gern bessere Zahlen. Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Machen Sie ein Verfahren, das es erleichtert, in diese Antragsberatungen überhaupt einmal hineinzukommen. Dann haben Sie auch die Zahlen von denjenigen, die ihre Abschlüsse hier anerkannt haben wollen. Es muss allerdings so formuliert sein, dass es auch für einen Zugewanderten möglich, verständlich und zumutbar ist. Dann haben Sie die Zahlen und können den Menschen viel effektiver helfen. Sie können dem Mittelstand helfen, aber auch den Betroffenen, die hier ihre Qualifikation anerkannt haben wollen. Machen Sie weiter so, nur mit mehr Druck – im Interesse der Menschen und der baden-württembergischen Wirtschaft.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Zimmermann, Sie haben gesagt, es handle sich um ein „schönes“ Gesetz, weil es „schön“ in Ringbuchform eingebunden wurde.
Herr Kollege, es wäre schön, wenn auch der Inhalt schön wäre
und wir eine durchgehende Paragrafenfolge hätten. Aber daran fehlt es.
Meine Damen und Herren, ich will noch einmal kurz zusammenfassen – wir befinden uns schon in Zweiter Beratung –: Es geht letztlich um die Umsetzung der Föderalismusreform. Sämtliche Gesetze im Bereich des Strafvollzugs werden zu einem einheitlichen Landesgesetz zusammengefasst. Es umfasst inzwischen – in Zweiter Beratung – auch die Regelungen zur elektronischen Fußfessel. Sie war in der Ersten Beratung noch nicht Gegenstand des Verfahrens.
Es ist sinnvoll, dass wir jetzt zu einem einheitlichen Landesgesetz in Form eines durchgängigen Gesetzbuchs aus vier Gesetzbüchern kommen.
Die fehlende Paragrafenfolge ist problematisch, weil man immer auf unterschiedliche Bücher Bezug nehmen muss. Das hat sich nun nicht ändern lassen. Wir Juristen werden damit leben können.
Es ist gut, dass der Jugendstrafvollzug in freien Formen festgeschrieben wird. Es ist noch besser, dass der Strafvollzugsbeauftragte nunmehr im Gesetz selbst geregelt ist. Das ist letztlich zu begrüßen.
Aber die Probleme bleiben. Ich will zunächst einmal sagen, warum wir das Gesetz letztlich ablehnen. Wir haben auch schon die Einzelgesetze abgelehnt.
Der Privatisierung wird durch § 12 des ersten Buches des Gesetzes Tür und Tor geöffnet. Die ersten Erfahrungen aus Offenburg machen mir wirklich Sorgen. Ich will das an vier Punkten deutlich machen.
Erstens: Wir stellen fest, dass im ersten teilprivatisierten Gefängnis in Baden-Württemberg in Offenburg eine extrem hohe Fluktuation bei den Beschäftigten zu verzeichnen ist.
Wir stellen zweitens fest, dass durch diese hohe Fluktuation die Personen, die mit Strafgefangenen arbeiten, praktisch nicht mehr eingearbeitet werden. Während sie früher noch vier Wochen eingearbeitet werden konnten, bevor sie mit den Gefangenen arbeiteten, erfolgt jetzt gar keine Einarbeitung mehr. Jetzt heißt es im privatisierten Strafvollzug in Baden-Würt temberg: Learning by Doing. Da kann man doch nur sagen: Die Richtung stimmt nicht. Deswegen können wir da nicht mitgehen.
Der dritte Punkt, der wirklich hoch problematisch ist: Wir stellen fest, dass in der teilprivatisierten Anstalt, für die wir vertraglich festgeschrieben haben, dass die Strafgefangenen einer Arbeit nachgehen sollen – idealerweise natürlich einer sinnvollen Arbeit –, dies nicht der Fall ist. Was sieht man, wenn man dort hinkommt? Die basteln nur noch. Die machen keine Arbeit mehr.
Das ist doch aus Heimsheim. Die JVA Heimsheim ist doch nicht privatisiert, sondern öffentlicher Strafvollzug. Ich rede von Offenburg. Jetzt bringen Sie gerade etwas durcheinander.
In Offenburg werden die Leute mit Bastelarbeiten beschäftigt, anstatt dass sie einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen. Warum? Weil natürlich in dem Vertrag steht, dass die „Firma Kötting“ eine Strafe zahlen muss, wenn sie die Leute nicht anständig beschäftigt. Aber Basteln ist keine sinnvolle Beschäftigung der Gefangenen im Strafvollzug.
Der vierte Punkt ist, dass nunmehr 21 schwarze Sheriffs, also private Aufseher, dort tätig sind – 21 an der Zahl, aber in Wirklichkeit fehlen fünf Beamte für hoheitliche Tätigkeiten. Wenn man sich diese Relation anschaut, dann erkennt man, dass die Privatisierung auf dem falschen Weg ist.
Das brauchen wir gar nicht abzuwarten. Das sind schon die ersten Ergebnisse, die wir hier haben.
Jetzt kommen wir zu dem zweiten Punkt, der mich wirklich ärgert. Herr Zimmermann, Sie haben die Vorschrift nicht vollständig zitiert. Deswegen will ich es tun und will es auf der Zunge zergehen lassen. Es geht um das vierte Buch, § 2 Abs. 2. Wir haben in den Ausschussberatungen gemeinsam mit den Grünen – es war damals ein Antrag von uns – schon einmal dafür gestimmt, diese Vorschrift wegzulassen, allerdings mit einer anderen Begründung als die Grünen. Ich zitiere die Vorschrift, die jetzt im Gesetzbuch steht:
Die jungen Gefangenen sind in der Ehrfurcht vor Gott, im Geiste der christlichen Nächstenliebe, zur Brüderlichkeit aller Menschen und zur Friedensliebe, in der Liebe zu Volk und Heimat, zu sittlicher und politischer Verantwortlichkeit, zu beruflicher und sozialer Bewährung und zu freiheitlicher demokratischer Gesinnung zu erziehen.
Das ist gut. Aber es kommt zu spät. Meine Damen und Herren, wenn dieselbe Landesregierung, die die Verantwortung für Schüler und Jugendliche hat, die die Verantwortung für Polizei und Jugendsozialarbeit hat, diese Grundsätze überall missachtet und erst dann, wenn die jungen Menschen im Strafvollzug sind, kommt und den großen Zeigefinger heraushält, dann kann ich nur sagen: Das ist zu spät; und das ärgert mich.
Es bestreitet doch niemand, dass diese Grundsätze wichtig und richtig sind. Aber schauen Sie sich doch den Personenkreis an, den es dort zu behandeln gilt. Da hätte man früher tätig werden müssen. Der Kollege Stickelberger hat es schon gesagt: Es kann nicht sein, dass man bei der Schulsozialarbeit einspart und das Ergebnis mit solchen hohen Zielen konfrontiert.
Das ist zynisch.
Wir lehnen das Gesetz ab.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist richtig, dass es um eine technische Umsetzung der Föderalismusreform geht. Insofern könnte man meinen, es gehe um etwas völlig Unproblematisches, wie sich der Minister auszudrücken pflegte.
Aber ganz so ist es, mit Verlaub, nicht.
Mit diesem Gesetz wird all das Inhalt, über das wir schon im Vorfeld diskutiert haben, wobei wir an vielen Stellen gesagt haben, dass wir dies letztlich nicht mittragen können.
Worum genau geht es? Im Grunde geht es um etwas Positives, nämlich um die Zusammenführung sämtlicher Gesetze zum Justizvollzug in einem Gesetzbuch, um eine übersichtliche Zusammenfassung von Landesgesetzen, Bundesgesetzen, Verwaltungsvorschriften und von Rechtsprechung in einem Landesjustizvollzugsgesetzbuch und, bedingt durch die neue Zuständigkeit, um das Zusammenfassen von Landes- und Bundesrecht. Das ist zunächst einmal begrüßenswert, unabhängig davon, wie man zur Zuständigkeit des Landes steht.
Es ist deswegen begrüßenswert, weil es auf der einen Seite übersichtlich wird, weil es transparent wird, was für alle Beteiligten im Strafvollzug, für die Justiz, für die Bediensteten, aber auch für die Strafgefangenen und alle, die damit zu tun haben, eine Erleichterung ist.
Ich möchte auch sagen, was vom Inhalt her begrüßenswert ist. Wir haben das Vollzugsziel in dieser Form belassen, wie es ist, nämlich als Resozialisierungsziel. Ich muss ausdrücklich lobend erwähnen, dass man darauf verzichtet hat, die Sicherheit in die Klammer oder vor die Klammer zu ziehen, sondern es beim alleinigen Resozialisierungsziel gelassen hat. Das war nicht vorhersehbar. Es gab auch schon andere Diskussionen, bei denen es in die andere Richtung gelaufen ist. Darauf hat man jetzt verzichtet.
Ich finde es ausdrücklich gut, das mit diesem Gesetzestext der Strafvollzug in freien Formen jetzt auf diesem Weg zementiert wird. Ich finde es auch gut, dass die Funktion der Strafvollzugsbeauftragten jeder der vier Fraktionen endlich im Gesetzestext festgeschrieben wird. Das ist eine ganz wichtige Verbesserung.
Ein redaktionelles Problem gibt es noch; da möchte ich den Kollegen Zimmermann ergänzen. Wenn man es mit vier Büchern zu tun und keine durchgehende Paragrafenfolge hat, dann tut man sich ein wenig schwer, auch beim Zitieren, weil man dann immer das jeweilige Gesetzbuch dazu zitieren
müsste. Da wäre es mir lieber gewesen, ein Justizvollzugsgesetzbuch zu haben, das alle Lebensbereiche umfasst, das aber von § 1 bis § 250 durchgängig zitierbar wäre. Da würde man sich im Ergebnis leichter tun.
Danke für diesen überzeugenden Applaus.
Das wird beim Minister ankommen und ihn davon überzeugen, auch in diesem Bereich zu einer Änderung zu kommen.
Jetzt kommen wir aber zu den kritikwürdigen Punkten.
Nein, noch lange nicht. Ihre Zeitüberschreitung kommt bei mir noch obendrauf, weil Sie so ins Detail gegangen sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt auch kritische Punkte. Das ist auch der Grund, warum wir im Ergebnis nicht zustimmen können.
Zum einen: Das Jugendstrafvollzugsgesetz haben wir schon abgelehnt. Wir haben das u. a. damit begründet, dass der Alleinunterbringungsanspruch hier nicht als gesetzlicher Rechtsanspruch formuliert ist.
Da haben Sie meine Gedanken richtig interpretiert. Aber die Situation ist derzeit so, dass die Haftanstalten nicht so überbelegt sind, dass wir nicht die Möglichkeit hätten, auf Antrag relativ schnell eine Einzelzelle zur Verfügung zu stellen. Die Problematik wird sich allerdings durch das Rauchverbot in den Zellen noch verschärfen. Denn durch das neue Gesetz ist das Rauchen in der Zelle verboten, wenn nicht alle Mitinsassen einverstanden sind. Das kann natürlich bei einem süchtigen Strafgefangenen zu verheerenden Konsequenzen führen. Ich weiß, wie das ist.
Fragen Sie einmal eine Leiterin im Frauenstrafvollzug, wie sich eine Strafgefangene, die Raucherin ist und in den ersten zwei, drei Stunden keinen Zugang zu Zigaretten hat, in der Einweisung aufführt. Da muss dann die Anstaltsleitung mit Zigaretten aushelfen. Hier braucht man natürlich eine Lösung für Raucher, die zwangsweise mit einem Nichtraucher in einem Zimmer untergebracht sind; das ist unter humanitären Gesichtspunkten sicher nachvollziehbar.
Wir haben ein zweites Problem, nämlich die Mitwirkungspflicht bei jungen Gefangenen. Das war etwas, was wir schon beim Jugendstrafvollzug abgelehnt haben, was jetzt aber wieder in das Gesetz hineingenommen wurde. Die Mitwirkungspflicht wurde beim Erwachsenenstrafvollzug ausdrücklich he
rausgenommen mit der Begründung, dass man keine zusätzliche Sanktionsmöglichkeit für diesen Fall schaffen will. Beim Jugendstrafvollzug lässt man es trotz Warnung der Fachwelt aber drin. Nein, wir sind dagegen. Wir sind auch, was die Erziehungsziele angeht – wie schon damals gesagt –, gegen die ursprüngliche Fassung.
Meine Damen und Herren, unser Hauptproblem ist jedoch, dass in § 12 von Buch 1 die Möglichkeit der Übertragung von Aufgaben aus dem Strafvollzug an freie Träger und Private enthalten ist.
Herr Minister, meine Damen und Herren, dafür bekommen Sie von der SPD keine einzige Stimme. Wer die Privatisierung im Strafvollzug ausweiten und ergänzen will, kann nie und nimmer mit unserer Zustimmung rechnen.
Offenburg hat angefangen. Den ersten Vorfall hatten wir dort schon zu verzeichnen.
Kürzlich konnten wir auch lesen, dass Flüchtlinge aus BadenWürttemberg nicht durch die Polizei, sondern durch private Sicherheitsdienste außer Landes gebracht werden. Das ist nur der Gipfel dessen, was wir ablehnen. Deswegen werden wir hier nicht mitmachen.
Absolut. Das ist der Zusammenbruch des Rechtsstaats. Das kommt noch ins Protokoll.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Fußfessel, die Dritte. Wir schließen uns natürlich nicht an.
Bei den Beratungen im Ausschuss hat der Justizminister zur Begründung dieser Einführung des elektronisch überwachten Hausarrests angeführt, er diene der Kriminalitätsvermeidung. Wer wollte da dagegen sein? Natürlich sind auch wir für Kriminalitätsvermeidung. Nur: Schauen wir uns doch einmal den Personenkreis an, um den es geht. Es geht zum einen um die Personen, die ihre Ersatzfreiheitsstrafe antreten müssen, weil sie eine Geldstrafe nicht bezahlen können. Für diese Menschen haben wir bereits ein System zur Haftvermeidung, und zwar ein funktionierendes System zur Haftvermeidung, das es zu stärken gilt.
Die zweite Gruppe sind diejenigen, die zur vorzeitigen Haftentlassung anstehen. Diese Menschen haben doch schon die ganze Hafterfahrung hinter sich, haben doch schon all die negativen Erfahrungen hinter sich. Genau dieser Personenkreis soll dann ein halbes Jahr vorher nach Hause gehen. Dadurch wird keine Kriminalität vermieden; da besteht sogar die Gefahr – und die sehe ich wirklich, weil z. B. die Ehefrau zuvor zustimmen muss, dass der Mann ein halbes Jahr früher nach
Hause kommt und dieses halbe Jahr zu Hause verbringt –, dass es innerhalb der Familien zu erheblichen Problemen kommt.
Wir glauben Ihnen nicht, dass es Ihnen um Kriminalitätsvermeidung geht. Wir wissen, worum es Ihnen geht: Es geht Ihnen um eine weitere Teilprivatisierung im System des Justizvollzugs.
Um nichts anderes geht es. Schauen wir uns einmal die Sys tematik an: Bis jetzt ist unser deutsches Strafrecht auf zwei Sanktionsformen beschränkt.
Wenn sich jemand strafbar gemacht hat, bekommt er entweder eine Geldstrafe oder eine Haftstrafe. Wenn er eine positive Prognose hat, bekommt er die Haftstrafe zur Bewährung, wenn er eine negative Prognose hat, ohne Bewährung.
Das, was Sie jetzt einführen, dieses zusätzliche Instrument, dieser Hausarrest, ist eine neue Form der Sanktion. Diese neue Form der Sanktion entzieht sich aus meiner Sicht auch unserer Zuständigkeit. Vor allem aber ist es eine neue Form der Sanktion, die sich völlig unterschiedlich auf die einzelnen Straftäter auswirkt, je nachdem, wie sie sozial situiert sind. Deswegen lehnen wir dieses System ab.
Die „Süddeutsche Zeitung“ hat schon im Vorgriff auf die heutige Debatte Bezug genommen. Da schreibt der Autor in der Überschrift: „Nicht ganz Recht, aber billig“. Er meint damit Ihren elektronisch überwachten Hausarrest.
Dieser Hausarrest hat nämlich nichts anderes zum Ziel, als dass private Firmen mit der Überwachung von Arrestierten auch noch Geld verdienen sollen. Ja, wo kommen wir denn da hin?
Was ist denn das für ein bizarres Denken, dass Leute damit auch noch Geld verdienen sollen?
Wenn es um Haftvermeidung und Resozialisierung geht, möchte ich in diesem Zusammenhang einmal den Kollegen Oelmayer aus der letzten Debatte zitieren.
Da hat er absolut richtig gesagt: „Menschen können den Gang in die Freiheit besser begleiten als Fußfesseln, als jedes technische Gerät.“ Da hat er absolut recht.
Menschen brauchen wir, wenn wir Leute wieder aus der Kriminalität herausholen und resozialisieren wollen.
Technische Geräte bringen gar nichts.
Aus diesem Grund lehnen alle Justizsenatoren bzw. -minister außerhalb Baden-Württembergs, also alle, die Hochdeutsch sprechen, das ab. Die sagen: Wir belohnen doch nicht Leute, die bei „Schwitzen statt Sitzen“ nicht mitmachen, indem wir denen dann erlauben, zu Hause in ihrer Wohnung zu sitzen und die Zeit dort abzusitzen.
Bayern lehnt es ab, Berlin lehnt es ab. Nur in Baden-Würt temberg wird auf dieses Projekt gesetzt.
Ich möchte ein weiteres Zitat bringen, das heute von der dpa zum Thema Fußfessel aus dem Ticker gekommen ist. Da hat sich die Deutsche Polizeigewerkschaft zu Wort gemeldet; auch Konrad Freiberg hat sich also das baden-württembergische System angeschaut. Ich zitiere:
Als Einfallstor zur Privatisierung des Strafvollzugs hat die Gewerkschaft der Polizei die Einführung einer elektronischen Fußfessel in Baden-Württemberg bezeichnet.
Recht hat er. Er weiß genau, wovon er redet. Die Polizei ist hier auf der richtigen Spur.
Meine Damen und Herren, wir haben zwei Änderungsanträge vorliegen. Der eine stammt von den Regierungsfraktionen; mit diesem Antrag wird versucht, dem Anliegen des Datenschutzbeauftragten Rechnung zu tragen. Er kommt aber nicht in vollem Umfang dem Wunsch des Datenschutzbeauftragten nach. Wir lehnen diesen Änderungsantrag ab.
Bei dem Antrag der Fraktion GRÜNE, sicherzustellen, dass, wie es der Datenschutzbeauftragte gefordert hat, die für die elektronische Aufsicht zuständige Stelle eine Dienststelle der zuständigen Justizvollzugsanstalt zu sein hat, enthalten wir uns. Wir könnten natürlich zustimmen, wenn wir das Gesetz insgesamt für schlüssig halten würden. Aber da wir das nicht tun, können wir uns nur enthalten.
Ich bedanke mich.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal: Die SPD-Fraktion wird diesem Modellversuch nicht zustimmen,
und zwar aus guten Gründen.
Meine Damen und Herren, es ist aufgeführt worden, dass es in anderen Ländern üblich sei oder inzwischen weit verbreitet sei, die elektronische Fußfessel zu verwenden. Da muss ich aber sagen, dass sie stellenweise auch völlig andere Vollzugsziele haben. Bei uns geht es um einen humanen Strafvoll
zug, um Resozialisierung und um Haftvermeidung in dem bestehenden System.
Wir haben andere Instrumente, zu denen ich gleich etwas sagen möchte.
Es geht um die Regelungsbereiche Ersatzfreiheitsstrafe und Bewährung zur Entlassungsvorbereitung. Ob da die elektronische Fußfessel das geeignete Mittel ist, bezweifle ich. Die elektronische Fußfessel ist ein reines Sicherungsinstrument, ein reines Überwachungsinstrument. Es ist mit keinerlei erzieherischer Maßnahme verbunden, sondern führt im Gegenteil zu einer personalaufwendigen Kontrolle. Dies ist auch noch eine Kontrolle, meine Damen und Herren – in der Begründung steht es drin –, die von Privaten durchgeführt werden soll.
Da wird deutlich: Dieser Privatisierungswahn der jetzigen Landesregierung ist noch immer nicht zu Ende. Dies passiert wiederum beim Strafvollzug. Das muss man sich einmal vorstellen.
Wir sind jetzt gerade dabei. Wir haben eine Anfrage gestellt, weil kürzlich 298 Zustellungsaufträge von Amtsgerichten und Staatsanwaltschaften im Müll aufgetaucht sind und nicht bei den Gerichten, weil diese Sachen einem privaten Postunternehmen übergeben wurden.
Jetzt wollen wir wieder in diesem Bereich Private ranlassen. Mit Verlaub, meine Damen und Herren, das geht schon gar nicht. Diesen Privatisierungswahn werden wir stoppen.