Protokoll der Sitzung vom 26.06.2008

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung:

a) In welchem Planungsstand befindet sich die Querspange zwischen B 3 und B 36 als Verlängerung der sogenannten NATO-Straße (L 78 b) im Süden der Stadt Rastatt?

b) Mit welchen Maßnahmen in welchem zeitlichen Rahmen

will die Landesregierung den nach der Freigabe des neuen Autobahnanschlusses Rastatt-Süd entstandenen Verkehrsmehrbelastungen für die Anwohner im Rastatter Süden entgegenwirken?

Das Wort für die Beantwortung erteile ich Herrn Staatssekretär Köberle.

Liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ihre Mündliche Anfrage, Herr Kollege Kaufmann, beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Die sogenannte NATO-Querspange ist im aktuellen Generalverkehrsplan des Landes enthalten. Damit sind uns die Planungsmöglichkeit und auch die Baumöglichkeit gegeben. Die Maßnahme ist im Vordringlichen Bedarf eingestuft, was eine Voraussetzung für die Planung und Realisierung ist.

Wir haben vor, noch im Laufe des Jahres 2008 mit der Planung des Projekts zu beginnen. Der erste Schritt besteht in der Festlegung möglicher Linienführungen, für die in einem öffentlichen Termin, bei dem die Träger öffentlicher Belange beteiligt sind, der erforderliche umweltrelevante Untersuchungsrahmen festgelegt wird.

Wir haben im vergangenen Jahr Vorarbeit geleistet. Es wurde für den Bereich südlich von Rastatt ein Verkehrsgutachten mit umfangreichen Untersuchungen und Verkehrszählungen erstellt. Dieses Gutachten liegt jetzt vor und wird momentan vom Regierungspräsidium Karlsruhe ausgewertet. Auf der Grundlage dieses Verkehrsgutachtens werden dann auch die weiteren grundlegenden planerischen Entscheidungen getroffen. Das sind Entscheidungen hinsichtlich der Linienführung, der Gestaltung von Knotenpunkten und des Straßenquerschnitts.

Zu b: Die Anschlussstelle Rastatt-Süd wurde im Zuge des Neubaus der im April dieses Jahres fertiggestellten B 3 (neu) – Umgehung von Sandweier – realisiert. Im Planfeststellungsverfahren für die Umgehung Sandweier hat das Regierungspräsidium Karlsruhe eine schalltechnische Untersuchung zur Ermittlung der künftigen Lärmsituation durchführen lassen, um zu prüfen, ob die gesetzlich vorgegebenen Lärmgrenzwerte eingehalten werden. Für den Bereich Rastatt-Münchfeldsiedlung wurde aufgrund der damals prognostizierten Verkehrsmenge und der großen Entfernung zur B 3 (neu) – Umgehung Sandweier – keine Überschreitung der Lärmgrenzwerte festgestellt.

Deshalb sind momentan keine weiteren Maßnahmen notwendig und keine weiteren Maßnahmen möglich, zumindest nicht in der Zuständigkeit des Bundes oder des Landes. Was die Kommune im Bereich Lärmschutz tut, ist ihr völlig selbst überlassen. Sie muss es dann eben auch finanzieren.

Außerdem können wir erwarten, dass dann, wenn die NATOQuerspange realisiert wird, eine deutliche Verkehrsentlastung und auch Lärmreduzierung eintritt.

Eine Nachfrage, Herr Abg. Kaufmann.

Herr Staatssekretär, Sie haben darauf hingewiesen, dass sich die Verlängerung der sogenannten NATO-Straße seit 1995 als Vordringlicher Bedarf im Generalverkehrsplan befindet. Seit zehn Jahren ist der Autobahnanschluss planfestgestellt. Insofern stellt sich die Frage, warum erst jetzt das Gutachten für die Bedarfsanalyse, von dem Sie gerade gesprochen haben, auf den Weg gebracht wurde.

Ganz einfach – das können Sie auf dieses Projekt wie auf viele andere auch beziehen –: Eine Planung im Generalverkehrsplan oder im Bundesverkehrswegeplan will ja nicht alle angestrebten Maßnahmen in einem Jahr oder zu Beginn der Gültigkeit des Plans umsetzen, sondern da gibt es Planungszeiträume von in der Regel zehn bis 15 Jahren. Der jetzt aktuelle Generalverkehrsplan ist nicht auf das Jahr 1996 angelegt, als er beschlossen wurde, sondern gilt bis zum Jahr 2012. Er wird momentan aktualisiert und überarbeitet.

Damit ist die Antwort eigentlich gegeben: Wir können nicht jede im Generalverkehrsplan angestrebte Maßnahme des Vordringlichen Bedarfs sofort beplanen und umsetzen, sondern das muss Schritt für Schritt geschehen.

Eine letzte Nachfrage, Herr Abg. Kaufmann.

Herr Staatssekretär, können Sie einen ungefähren zeitlichen Rahmen für die jetzt angefangenen Planungen angeben? Denn Sie haben gesagt, die Bedarfsanalyse sei jetzt erfolgt. Jetzt kommt der Scopingtermin, dann kommt die Umweltverträglichkeitsprüfung. Bis wann kann man dann mit einem definitiven Planfeststellungsbeschluss rechnen?

Zeitliche Festlegungen sind eigentlich nicht möglich. Aber Sie können davon ausgehen, dass wir, wenn wir in eine Planung einsteigen – das ist ja immer mit Geld und mit Personalbindung verbunden –, dann auch konsequent zu einem erfolgreichen Ende einer Planung kommen wollen, das Voraussetzung ist, um das Projekt dann in den Haushalt einplanen zu können. Das ist also keine Alibiplanung, die gemacht wird, damit die Leute beruhigt sind, weil da irgendetwas läuft, sondern wir sind daran interessiert, dass wir unsere knappen Planungsmittel so effektiv wie möglich einsetzen. Aber um jetzt eine Prognose abzugeben, gibt es zu viele Fragezeichen, wie sie mit jeder Planung verbunden sind: Wie viele Gutachten brauchen wir? Gibt es irgendwelche Schwierigkeiten, die schwierige öffentliche Debatten auslösen? Gibt es irgendwelche Widerstände, die eventuell gerichtlich zu überwinden sind? Das alles hat natürlich etwas mit der Realisierungschance zu tun.

Jetzt befinden wir uns in den Vorarbeiten. Diese können sich ziemlich lang hinziehen, je nachdem, mit welchem Aufwand geplant werden muss. Wenn wir dann zum Planfeststellungsverfahren kommen können, müssen wir mindestens mit einem Jahr bis eineinhalb Jahren Dauer rechnen. Das sind schon knapp bemessene Zeiten für eine Planfeststellung. Nach dem Planfeststellungsbeschluss kommt dann die Wartezeit, bis wir das Projekt in den Haushalt einplanen können.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 2 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e r A b g. H a n s M a r t i n H a l l e r u n d R i t a H a l l e r - H a i d S P D – F i n a n z i e r u n g d e s B u n d e s s t r a ß e n b a u s 2 0 0 9 a m B e i s p i e l d e r B 2 7

Bitte sehr, Frau Abg. Haller-Haid.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung:

a) Welche neuen Erkenntnisse der Landesregierung begründen die von Herrn Staatssekretär Köberle gegenüber der Presse geäußerte Ansicht, es gebe im Bundesstraßenbau 2009 „so gut wie nichts“ zu verteilen, weshalb nicht damit gerechnet werden könne, dass 2009 mit dem Bau des Tunnels in Dußlingen im Zuge des Ausbaus der B 27 begonnen werde?

b) Mit welchen Mitteln des Bundes für Bundesstraßenbaumaßnahmen in Baden-Württemberg rechnet die Landesregierung derzeit für das Jahr 2009, und welchen Maßnahmenvorschlag unterbreitet sie dem Bund dafür?

Ich erteile Herrn Staatssekretär Köberle zur Beantwortung der Mündlichen Anfrage das Wort.

Liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ihre Anfrage, liebe Frau Kollegin Haller-Haid – Herr Haller hat die Anfrage mit eingebracht, sehe ich gerade; Sie beide sitzen auch traut nebeneinander –,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Wir sind immer auf dem aktuellen Stand der Erkenntnisse. Es gibt keine neuen Fakten, die zur Folge hätten, dass wir die Frage, welche Neubaumaßnahmen der Bund im Jahr 2009 beginnen kann oder nicht beginnen kann, anders bewerten als bisher.

Ich hatte in der letzten Woche ein Pressegespräch in Tübingen. Darüber ist in der Presse auch berichtet worden. Ich hatte die Absicht, einmal darzustellen: Wie sieht eigentlich die Mittelausstattung des Bundes für den Straßenbau im Land Baden-Württemberg aus? Das geschah nicht mit der Absicht, den Bund vorzuführen oder zu kritisieren. Ich wollte vielmehr ganz sachlich darstellen: Mit welchen Mitteln können wir rechnen, und was bedeutet das dann – auch konkret auf das Jahr 2009 bezogen – mit Blick auf die vielen Erwartungen der Bürger, der Wirtschaft, von Städten und Gemeinden in unserem Land?

Wenn wir einmal die Zahlen nur zur Kenntnis nehmen, ohne sie zu bewerten, dann kommen wir ganz schnell zu Erkenntnissen darüber, welche Chancen auf Realisierung die einzelnen, dringend notwendigen Maßnahmen haben. Wir müssen von dem ausgehen, was der Bund in seine mittelfristige Finanzplanung für den Straßenbau einstellt. Für das Jahr 2009 sind 135 Millionen € für Neubaumaßnahmen angekündigt. Wir brauchen aber im Jahr 2009, wenn alle begonnenen Maßnahmen weitergeführt und zu Ende geführt werden sollen, vom Bund mindestens 275 Millionen €. Noch einmal: Wir bekommen 135 Millionen €, würden aber 140 Millionen € mehr verbauen, als wir bekommen.

Was tut man in dieser Situation? Die erste Möglichkeit ist – wenn wir sie ergreifen, bricht sicher überall große Freude aus –: Wir stellen die Hälfte der Baumaßnahmen ein, schicken die Bauarbeiter nach Hause und sagen: „Kommt bitte wieder,

wenn der Bund vielleicht 2010 oder 2011 Geld hat.“ Das funktioniert sicher nicht.

Die zweite Möglichkeit – das ist unsere tagtägliche Bitte; ich bitte alle, uns dabei zu unterstützen –: Wir müssen dem Bund sagen: „Das Geld reicht nicht aus. Wir brauchen mehr.“

Nun hat der Bund ja entschieden, die Lkw-Maut zu erhöhen – das muss noch in trockene Tücher gebracht werden, wäre aber zumindest für diejenigen, die eine neue Straße wollen, erfreulich –, um so mehr Geld in die Kasse zu bekommen. Brechen wir das auf das Land herunter, ergibt sich, dass wir 2009 etwa 70 Millionen € mehr bekommen. Damit reduziert sich das Finanzierungsdelta für laufende Maßnahmen – nicht für neue Maßnahmen – um die Hälfte, also von 140 Millionen €, die uns jetzt fehlen, auf 70 Millionen €, die dann noch fehlen.

Wie können wir diese 70 Millionen € abdecken, um die Durchführung laufender Maßnahmen nicht unterbrechen zu müssen? Wir können eigentlich nur das tun, was wir seit Jahren tun und was uns irgendwann einmal einholen und viel Geld erfordern wird: Wir können wiederum aus dem Erhaltungsetat in den Neubauetat umschichten.

Das Problem ist, dass wir dann im kommenden Jahr weniger als 100 Millionen € im Erhaltungsetat haben. Wir bräuchten aber 200 Millionen €. Wenn die zu erwartenden 70 Millionen € Mehreinnahmen aus der Erhöhung der Lkw-Maut kommen, reduzieren sich die notwendigen Umschichtungen von 140 Millionen € auf etwa die Hälfte. Dann bleibt mehr, aber immer noch zu wenig im Erhaltungsetat.

So stellt sich die Lage im Jahr 2009 dar. Vor diesem Hintergrund können wir zwar das ganze Land einladen, darüber zu diskutieren, wer 2009 eine Chance hat. Jede Neubaumaßnahme, die hinzukommt – neben Dußlingen könnte ich zehn andere aufzählen, z. B. Mühlhausen; ich sehe gerade den Kollegen Karl Klein –,

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Hier! – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

löst zwar das Problem am einzelnen Ort, vergrößert aber die Finanzierungslücke weiter. Das war meine Botschaft.

Jetzt fragen Sie und andere: „Wann kommt der Tunnel in Dußlingen?“ Da dürfen Sie nicht mich fragen. Das Geld kommt hundertprozentig nicht aus der Landeskasse. Das ist eine Bundesmaßnahme, und auf die gestellte Frage muss der Bund antworten.

Zum zweiten Teil Ihrer Frage: „Und wie stimmt ihr das mit dem Bund ab?“ Wir machen das natürlich nicht in Konfrontation mit dem Bund – das würde uns nicht weiterhelfen –, sondern gehen möglichst im Konsens vor. Die Gespräche mit dem Bund können aber erst dann geführt werden, wenn klar ist, ob die Mauterhöhung kommt, wie viel sie einbringt und wie der Haushalt im Jahr 2009 konkret aussieht. Schon jetzt die Beute zu verteilen, bevor das Tier erlegt ist, erfolgte zur Unzeit.

Wir haben aber immer gesagt, welche Maßnahmen für uns sehr hohe Priorität haben. Da werden Sie niemanden finden, der nicht Dußlingen erwähnt und sagt: „Eigentlich wäre es

sinnvoll,“ – übrigens genauso wie an der B 10 und vielen anderen Straßenzügen – „konsequent immer wieder einen neuen Abschnitt anzugehen, wenn ein anderer Abschnitt fertig ist.“

In der Sache stehen wir also überhaupt nicht gegeneinander, sondern können, Frau Kollegin Haller-Haid und Herr Kollege Haller, gemeinsam marschieren und dem Bund sagen, dass wir mehr Geld brauchen, damit die Maßnahme in Dußlingen und auch die eine oder andere neue Maßnahme, die im Land dringend notwendig ist, begonnen werden können – so zeitnah, wie es haushaltstechnisch mit Blick auf die Mittel vom Bund verantwortbar ist.

Frau Abg. HallerHaid, Sie erhalten das Wort für eine Zusatzfrage.

Herr Staatssekretär Köberle, sind Sie mit mir einig, dass es sich hierbei eigentlich nicht um eine neue Maßnahme, sondern um eine laufende Maßnahme handelt? Bisher war man sich im Bund und im Land einig, dass es in Dußlingen auf jeden Fall nicht zu einem Baustopp kommen darf. Die Gemeinde wurde aufgefordert, alle Vorarbeiten zu leisten, und sie hat diese auch geleistet. Die Vorarbeiten sind so gut wie abgeschlossen.

Deshalb noch einmal die Frage: Handelt es sich jetzt um einen Baustopp, oder ist das aus Ihrer Sicht eine gänzlich neue Maßnahme?