Wie geht es nun weiter? Spannender als diese Regelung im jetzigen Staatsvertrag – Herr Minister, Sie haben auch darauf hingewiesen – ist natürlich die künftige Entwicklung im Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Wohin geht die Reise? Was soll Rundfunk leisten im digitalen Zeitalter? Wir plädieren einmütig dafür, den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Entwicklungsmöglichkeiten zu geben, Onlineangebote zu erweitern, zu entwickeln und im Internet über den klassischen Bereich des Rundfunks und Fernsehens hinaus präsent zu sein.
Ich weiß, das ist sehr umstritten. Wir haben in den letzten Monaten geradezu ein Kesseltreiben gegen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erlebt.
Wenn das so war, dann deshalb, weil sie sich zu Recht angegriffen fühlen, Herr Kollege Kluck. Ich darf – weil Sie sich
ja auf diese Zeugen berufen – aus der Münchner Erklärung der Verleger von vor einigen Tagen zitieren, wo es heißt – da sehen Sie, welch ein Kampfgetümmel dies ist –:
Die freie und unabhängige Presse in Deutschland ist in Bestand und Entwicklung durch die ständige Expansion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bedroht.
Meine Damen und Herren, davon sind wir weit entfernt. Im Gegenteil, wir sind überzeugt: Wir müssen den öffentlichrechtlichen Rundfunk stärken.
Vielleicht sollten all die Kritiker und insbesondere auch die Verleger bedenken, dass Presse einerseits und Rundfunk und Fernsehen andererseits eigentlich in einem Boot sitzen, weil wir es mit weltweit operierenden Großmedienangeboten und -investoren zu tun haben. Da kann ein solidarisches Handeln der Presse- und der Rundfunklandschaft in Baden-Württemberg und in Deutschland nur gut sein, um diesen Strömungen weltweit entgegenzuwirken.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal bin ich sehr dankbar, dass die Landesregierung in manchen Fragen doch lernfähig ist, speziell in der Frage des Umgangs mit einem KEF-Vorschlag. Ich erinnere mich noch an den letzten KEF-Vorschlag, bei dem auch diese Landesregierung den Aufstand geprobt hat, obwohl es, Herr Minister, schon zuvor ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts gab, das im Grunde genau dasselbe gesagt hat wie jetzt auch wieder. Ich hoffe, euer Gedächtnis trägt dieses Mal länger als beim letzten Mal.
Die Erhöhung um 95 Cent wurde schon erwähnt. Das ist in der Tat ein sehr geringer Aufschlag angesichts dessen, dass wir – bei aller Kritik, die natürlich auch ich am öffentlichrechtlichen Rundfunk habe – immer noch ein sehr gutes Programm bekommen.
Sehr wichtig ist uns, dass die Arbeit von jugendschutz.net weitergeführt wird. Sie wird in den nächsten Jahren wichtiger denn je werden; denn logischerweise entwickelt sich das Internet weiter und wird immer mehr zum Leitmedium in unserer Gesellschaft. Es wird nur noch darüber gestritten, wann das Internet das Leitmedium sein wird, und nicht mehr darüber, ob es das einmal sein wird. Da dort aber auch viel Missbrauch möglich ist, ist es notwendig, dass hier der Jugendschutz greift, dass wir einen effektiven Jugendschutz haben, dass wir die entsprechenden Gelder hierfür einsetzen.
Kollege Kößler hat darauf hingewiesen, was mit denjenigen passiert, die solche fragwürdigen Inhalte vertreiben. Wir hatten im Ausschuss vor einigen Monaten eine Diskussion über
dieses wachsende Problem. Auch die JIM-Studie hat Entsprechendes ergeben und gezeigt, dass es auch hinsichtlich der Verbreitung von Gewaltinhalten und pornografischen Inhalten auf Handys eine Zunahme gibt. Auch da stellt sich die Frage, wie wir zukünftig damit umgehen, insbesondere auch an unseren Schulen. Wir hatten wie auch die CDU-Fraktion den Eindruck, dass das Kultusministerium in dieser Frage noch einen großen Nachholbedarf hat.
Ich möchte noch etwas zur Werbung sagen. Auch da bin ich dem Kollegen Kößler dankbar. Herr Kollege Stickelberger, da müssen Sie nicht verlegen werden.
Kollege Kößler hat hier sehr gute Ausführungen gemacht, die ich nur unterstützen kann. Es ist in der Tat so: Im Verhältnis zum ganzen zu verteilenden Kuchen ist der Umsatz, den die Werbeindustrie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk macht, recht klein. Würden wir ihm diese Einnahmequelle jedoch wegnehmen, dann müssten wir gleichzeitig um 1,40 bis 1,50 € höhere Gebühren pro Monat akzeptieren. Das ist die eine Frage, die wir beantworten müssen und bei der wir sagen müssen, ob wir das wollen.
Die andere Frage ist natürlich, dass die Werbebranche sagt: Mit bestimmten Produkten kann man sich nur an das Publikum wenden, das öffentlich-rechtliche Sender schaut. Deswegen sind wir darauf angewiesen, Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu platzieren.
Zum Thema Schleichwerbung: Ich halte es für einen Fehler und bedauere es, dass die EU dies zugelassen hat. Denn man kann nicht einerseits sagen, das Fernsehen sei ein Kulturgut, und andererseits eine immer stärkere Kommerzialisierung zulassen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland – sowohl die ARD als auch das ZDF – hat jedoch sofort erklärt – das begrüßen wir sehr –: Wir machen da nicht mit; in unseren Sendungen wird es auch zukünftig keine Schleichwerbung geben. Wir werden sicherlich auch darauf achten, dass dies eingehalten wird.
Spannender als der Zehnte und jetzt auch der Elfte Rundfunk änderungsstaatsvertrag ist natürlich die Frage: Wie geht es weiter mit den Onlineangeboten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Auch das wurde von meinen Vorrednern bereits angesprochen. Ich habe schon im Ausschuss darauf hingewiesen, dass es ein Interview mit dem Chefredakteur von „Zeit online“ gab. Alle Verleger, die jetzt den großen Aufstand proben, sollten sich das, was er dort sagt, hinter die Ohren schreiben. Herr Blau sagt nämlich: „Der wichtigste Konkurrent der Verlage im Netz sind nicht die öffentlich-rechtlichen Sender, sondern das Netz selbst.“ Hier wird also eine Diskussion geführt, die längst obsolet ist; denn das Netz hat sich mittlerweile erheblich weiterentwickelt. Es gibt ganz andere Konkurrenten, sei es Google, Yahoo oder wer auch immer; aber es ist nicht der öffentlich-rechtliche Rundfunk.
Die im Entwurf des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags vorgesehene Regelung, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Sendungen ihrer Programme nicht länger
als sieben Tage nach deren Ausstrahlung in ihrem Onlineangebot zur Verfügung stellen dürfen, ist völlig willkürlich. Es ist nicht nachvollziehbar, warum man bestimmte Sendungen, warum man bestimmte Inhalte nicht länger als sieben Tage nachlesen können sollte. Deswegen bin dafür dankbar, dass Sie das auch im Ausschuss angesprochen haben, Herr Kollege, und ich hoffe, dass Ihre Worte mittlerweile im Staatsministerium angekommen sind.
Wir haben – das noch als Schlussbemerkung, Herr Präsident, nachdem Sie das Ende meiner Redezeit signalisiert haben – gestern intensiv über Bildung gesprochen. Wir sind uns aber sicherlich alle einig: Bildung findet doch nicht nur im Kindergarten, im Kinderhort, in der Schule oder in der Universität statt, sondern natürlich auch in der Freizeit und außerhalb dieser Institutionen.
Meine Damen und Herren, wir sagen, dass Bildung immer wichtiger wird. Ich gebe Ihnen nur ein einziges Beispiel. Schauen Sie sich einmal den Videotext – das ist mittlerweile gegenüber anderen Medien schon etwas Altertümliches – des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und den des privaten Fernsehens an. Schon allein daran können Sie sehen, was mehr bildet und was mehr Qualität hat. Wenn wir das wirklich ernst nehmen, meine Damen und Herren, müssen wir, wie Herr Kollege Stickelberger zu Recht gesagt hat, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stärken, damit wir in dieser Gesellschaft auch weiterhin Bildung im Fernsehen mit allem, was es an zusätzlichen Angeboten gibt, haben werden.
Mein letzter Satz, Herr Präsident. – Deswegen bitte ich alle, die hier sitzen, darauf hinzuwirken, dass im Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag die Onlineangebote nicht beschränkt werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Stickelberger hat sich schnell in seine heutige Rolle eingefunden; von Herrn Walter kennen wir das schon. Beide haben das öffentlich-rechtliche Klagelied gesungen,
ARD und ZDF liegen in der Gunst der Zuschauer deutlich vor RTL, Sat.1 und Pro 7; im Radiobereich dominiert in BadenWürttemberg unangefochten der SWR. Sie tun aber trotzdem so, als ob irgendjemand – böse Zeitungsverleger oder wer auch immer; ich weiß es nicht – den öffentlich-rechtlichen Rundfunk strangulieren wolle.
Ich muss diesem rot-grünen Duo ein Kirchenlied entgegenhalten. Ich will es nicht singen, weil meine Gesangskünste nicht so gut sind. Der Text lautet so:
Oh komm du Geist der Wahrheit und kehre bei uns ein, verbreite Licht und Klarheit, verbanne Trug und Schein.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: Bravo! – Abg. Gunter Kaufmann SPD: Schön!)
Daran sollten wir uns halten. Unterstützt werde ich in dieser Haltung von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, von der KEF. Diese hat nämlich festgestellt, dass die Gebührenwünsche der Öffentlich-Rechtlichen wieder einmal ziemlich maßlos waren. Die KEF hat aus den 1,96 €, die sie haben wollten, 95 Cent gemacht. Das können wir mittragen. Bei manchem wird das zwar hart ankommen, und manche werden sich fragen, ob das Preis-Leis tungs-Verhältnis noch stimmt.
(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das stimmt doch gar nicht! Wo steht denn das mit den 1,96 €? Da stehen doch ganz andere Zahlen!)
Der KEF-Bericht macht deutlich, Herr Kollege Walter – wenn Sie ihn gelesen hätten, dann hätten Sie das gesehen –,
Die Kommission sieht weitere Einsparmöglichkeiten in der Verbesserung der organisatorischen Gestaltung der Leistungsprozesse.