Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Es handelt sich um einen Berichtsantrag, der mit der heutigen Aussprache erledigt ist. – Sie stimmen zu.
(Abg. Alfred Winkler SPD zur FDP/DVP: Es handel- te sich um einen Beitrag vom Hamburger Fischmarkt! – Gegenruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Alfred Winkler SPD zu Abg. Dietmar Bach- mann FDP/DVP: So laut schreie ich nicht einmal mit Megaphon!)
Aktuelle Debatte – Unfairen Wettbewerb zulasten von Mittelstand und Handwerk in Baden-Württemberg verhindern! – beantragt von der Fraktion der SPD
Es gelten die üblichen Redezeiten: fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Faire Wettbewerbsbedingungen gehören zu den wichtigsten Grundlagen einer Marktwirtschaft. Denn nur dann, wenn sich niemand über unsaubere, unlaute re Methoden einen Wettbewerbsvorteil verschafft, sorgt der Markt dafür, dass sich das bessere Angebot, die bessere Qualität, Innovation und Kundennähe durchsetzen und dass sich die Wirtschaft und die Gesellschaft damit positiv weiterentwickeln.
Deshalb ist Lohndumping als unsaubere Methode im Wettbewerb sozial verwerflich und ökonomisch kontraproduktiv.
Wer sich über unanständig niedrige Löhne im Wettbewerb einen Vorteil verschafft, der stört andere und zwingt andere, sich auf diesen unsauberen Wettbewerb einzulassen. Er nimmt den Blick weg vom Besseren hin zum Billigeren. Er beschädigt die Grundlagen einer nachhaltigen ökonomischen Entwicklung. Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten in der Republik auch deshalb an Weltmarktstärke gewonnen, weil es über die gebundenen Tariflöhne im Prinzip nicht möglich war, sich über Lohndumping einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, und alle Unternehmen gezwungen waren, den Wett
bewerb über das bessere Angebot, über die bessere Qualität, über mehr Service und Kundennähe zu gewinnen.
In der Zwischenzeit aber sind in der Bundesrepublik 30 % der Arbeitsplätze im Westen und bereits 45 % der Arbeitsplätze im Osten der Republik nicht mehr tarifgebunden, und das mit steigender Tendenz.
Deshalb war es eine richtige Entscheidung unserer Bundesregierung, über die Fortentwicklung des Entsendegesetzes und über das Mindestarbeitsbedingungengesetz gegenzuhalten und zu versuchen, wieder in mehr Wirtschaftsbereichen in der Republik, auch in Baden-Württemberg, faire Wettbewerbsbedingungen herzustellen und die Zunahme von Lohndumping zu verhindern.
(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Durch staatlichen Dirigismus! – Abg. Ha- gen Kluck FDP/DVP: Wirtschaftsfeindlich!)
Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz, wie es jetzt durch Kabinettsbeschluss weiterentwickelt ist, sieht vor, dass 50 % der Arbeitnehmer in den Geltungsbereich dieser Tarifverträge fallen. Es sieht ferner vor, dass es einen einvernehmlichen Antrag von Arbeitgebern und Gewerkschaften geben muss. Es sieht vor, dass ein Tarifausschuss diese Dinge berät und dann der Bundesarbeitsminister den Mindesttariflohn für allgemein verbindlich erklären kann.
Dieses sehr solide, aufwendige Verfahren ist notwendig, weil sich Unternehmen zunehmend den Tarifverträgen entziehen und mit unsauberem Wettbewerb das gute Handwerk und den guten Mittelstand in Baden-Württemberg unter Druck setzen und damit gute Arbeitsplätze gefährden.
Wir halten es für außerordentlich bedauerlich, dass sich ausgerechnet die Landesregierung von Baden-Württemberg in dieser entscheidenden ordnungspolitischen Frage unserer sozialen Marktwirtschaft an der Seite von Lohndumpingunternehmen befindet und diese befördert, aber nicht an der Seite des anständigen Handwerks und Mittelstands in Baden-Würt temberg, der Tariflöhne bezahlt und weiter bezahlen will.
(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Das ist grober Unfug! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)
Es gibt bereits Anträge aus zahlreichen Branchen – auch in Baden-Württemberg –, aus der Zeitarbeitsbranche, aus der Sicherheitsbranche, aus der Pflegebranche, die feststellen, dass sie zunehmend unter Druck kommen durch Arbeitskräfte, die zu Löhnen arbeiten, von denen man nicht leben kann, bei denen die Würde der Arbeit verletzt wird, weil die Entlohnung den Grundsatz „Guter Lohn für gute Arbeit“ nicht widerspiegelt. Auf diesem Wege werden gute mittelständische Unternehmen so unter Druck gesetzt, dass sie entweder ihre Arbeits
plätze aufgeben müssen oder ihre Arbeitnehmer zwingen müssen, auch zu diesen Tiefstlöhnen zu arbeiten.
Weshalb eine Landesregierung von Baden-Württemberg ausgerechnet solche Unternehmen unterstützt, die als Lohndrücker unterwegs sind, die gute Arbeitsplätze gefährden, die guten Mittelstand unter Druck setzen,
aber nicht unser Handwerk und unseren Mittelstand dabei unterstützt, dass sie dem standhalten können, diese Frage wollen wir jetzt von Ihnen beantwortet haben.
(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Jetzt wird wieder zur Sache gesprochen! – Abg. Alfred Winkler SPD: Jetzt wird es schwierig! – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Gib’s ihm!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema der von der SPD beantragten Aktuellen Debatte ist ja so schlecht gar nicht gewählt: „Unfairen Wettbewerb zulasten von Mittelstand und Handwerk in Baden-Württemberg verhindern!“ Das, lieber Herr Schmiedel, eint uns in der Zielsetzung.
Weit auseinander sind wir allerdings in der Einschätzung dessen, was notwendig ist, um dieses Ziel zu erreichen.
Einmal mehr, lieber Herr Schmiedel, müssen wir feststellen, dass die SPD auf der krampfhaften Suche nach einem Thema ist, wobei sie immer wieder unter Beweis stellt, dass sie „populär“ mit „populistisch“ verwechselt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Ste- fan Scheffold und Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo! – Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD)
Sie führen eine pseudosoziale Diskussion. Wissen Sie: Bei den Belastungen für den Mittelstand verhält es sich wie beim Schafescheren: Man muss aufhören, wenn die Haut kommt.
Worum geht es? Erstens: Vorrang für die Tarifautonomie. Es kann nicht sein, dass wir staatlich verordnete Löhne voraussetzen
und die bewährte Tarifautonomie aufs Spiel setzen. Das wird es mit der CDU nicht geben, meine Damen und Herren.