Protokoll der Sitzung vom 01.10.2008

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wo ist denn das Geld? – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Im Län derfinanzausgleich! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist der blödeste Zwischenruf! – Zu- ruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Das ist ganz minimal; dieser Betrag ist in etwa gleich geblieben. Den Rest haben Sie vergraben. Sie haben ihn auf die Seite gelegt und gesagt: Da kommt ja noch ein Wahlkampf 2011; da brauchen wir eine Kriegskasse. Das schlummert jetzt.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Sie hätten aber natürlich auch etwas machen können, z. B. im Bereich der Landesstraßen, nachdem Sie so für Infrastruktur sind. Da muss ich Ihnen entgegenhalten, dass Sie sich an der eigenen Nase packen müssen. Denn wir haben nachgeforscht, wie es um den Zustand der Landesstraßen bestellt ist. Gunter Kaufmann hat z. B. eine Kleine Anfrage zum Zustand der Landesstraßen im Landkreis Rastatt, Drucksache 14/2793, gestellt. Und siehe da, die amtliche Antwort der Landesregierung lautet: Im Landkreis Rastatt und im Stadtkreis BadenBaden gibt es rund 210 km Landesstraßen.

(Zuruf des Abg. Stefan Mappus CDU)

68 % davon seien in schlechtem oder sehr schlechtem Zustand.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist überall so! Das ist auch bei mir so! – Unruhe bei der SPD)

Dann fragt der Kollege Kaufmann weiter:

Wie viele Streckenkilometer sind mit dem Hinweisschild „Vorsicht Straßenschäden“ ausgeschildert?

Amtliche Antwort: ein Drittel. So ist es im ganzen Land. Im ganzen Land verkommt das Landesstraßennetz, weil Sie nicht bereit sind, die notwendigen Mittel in die Hand zu nehmen, um das in Ordnung zu bringen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Beispiel Sicherheit: Sie sagen, Sicherheit sei Ihnen ein hohes Gut. Wenn Sie in die Polizeireviere hinausgehen, dann merken Sie, dass überall 20 % der Stellen nicht besetzt sind.

(Abg. Ingo Rust und Abg. Martin Rivoir SPD: So ist es!)

Und Sie kürzen noch obendrauf. Dann sagen Sie, Sie wollten auf neue Herausforderungen schnell reagieren und nichts zulassen. Eine neue Herausforderung ist die Computer- und Internetkriminalität. Sie haben 100 EDV-Spezialisten angekündigt. Wo sind sie? Kein einziger ist da.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE – Abg. Wolf- gang Drexler SPD: Das Geld ist alles vergraben!)

Sie haben in der Regierungserklärung am 27. April 2005 zu den Studiengebühren wortwörtlich angekündigt:

Die Landesregierung wird die Erhebung von Studiengebühren nicht zum Anlass nehmen, die Förderbeträge für die Hochschulen zu senken.

Jetzt hören wir, dass der Wissenschaftsminister sagt, er wolle 300 Professorenstellen daraus finanzieren. Das Versprechen war aber doch: Da kommt etwas zum Pflichtanteil obendrauf, damit die Studienabbrecherquote kleiner wird.

(Zuruf des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU)

Jetzt nehmen Sie die Professorenstellen aus dem Haushalt heraus und greifen in die Taschen der Studenten und sagen, die se sollten das bezahlen. Das ist doch unmöglich!

(Beifall bei der SPD – Abg. Ingo Rust SPD: Das ist unglaublich!)

Beim „Kinderland“ haben Sie versprochen: „Das letzte Kindergartenjahr gebührenfrei; Mittagessen in der Kita.“ Nichts ist passiert.

Sie sagen: „Die Verwaltung soll bürgernah sein.“ Wissen Sie, wohin ein Bürger aus Mannheim nach Ihrer Konzeption muss, wenn er sein Grundbuch einsehen will? Der fährt 100 km östlich nach Heilbronn, dann fährt er 100 km nördlich, und kurz vor Würzburg, in Tauberbischofsheim, findet er das Amt, das für sein Grundbuch zuständig ist. Das ist doch gaga!

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wie oft muss er denn da hin? – Abg. Stefan Mappus CDU: Schon einmal et- was vom elektronischen Grundbuch gehört? – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Der kriegt in jedem Rat- haus Auskunft!)

Das ist das Kernproblem Ihrer Regierungstätigkeit, Herr Ministerpräsident. Sie formulieren Ziele – die sind abstrakt richtig; dagegen kann man nichts haben –: bürgernahe Verwaltung, Sicherheit. Aber wenn man genau hinschaut und in die Realität eintaucht, dann sieht man, dass vieles nicht stimmt.

Das wirkt sich folgendermaßen aus – damit komme ich zum Schluss, Herr Präsident –:

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, ist Zeit! – Abg. Elke Brunnemer CDU: Wird auch Zeit!)

Baden-Württemberg ist ein starkes Land. Baden-Württemberg ist ein wirtschaftsstarkes Land, das deutlich über dem Durchschnitt liegt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen von einer deutlich höheren Position. Wir waren bei der Wirtschaftsleistung in der Bundesrepublik einmal einsame Spitze.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Also!)

Zuerst hat uns Hessen überholt, dann Bayern. Wir lagen bei der Wirtschaftsleistung um 80 % über dem EU-Durchschnitt.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Das hat sich halbiert. Wir liegen nur noch um 40 Punkte vorn.

Wir waren unter den Vier Motoren in Europa einsame Spitze. In der Zwischenzeit hat uns die Region Mailand überholt, und die anderen haben aufgeholt.

Das sind nicht unsere Zahlen. Es ist Carmina Brenner, Ihre frühere Kollegin, die uns diese Zahlen ins Haus schickt und die uns alarmiert.

(Beifall bei der SPD – Abg. Stefan Mappus CDU: Dass Sie jetzt schon Berlusconi loben! – Glocke des Präsidenten)

Ich komme zum Schluss. – Deshalb, Herr Ministerpräsident: Wir sind zuversichtlich, und wir werden auch in den nächsten zweieinhalb Jahren intensiv mit Ihnen diskutieren und streiten, weil wir wissen, dass wir den besseren Entwurf für die Herausforderungen der Zukunft haben. Wir gehen ganz zuversichtlich in die große Wahlauseinandersetzung 2011. Denn wir werden die entscheidende Frage stellen, die dann die Bürgerinnen und Bürger zu beantworten haben: Soll das starke Land Baden-Württemberg mit der CDU von der gehobenen Position weiter Richtung Durchschnitt auf der Rutschbahn nach unten gehen,

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

oder soll mit der SPD eine Trendwende eingeleitet werden, damit Baden-Württemberg dort landet, wo es hingehört,

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU)

an die Spitze der Spitze, an die Spitze der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, an die Spitze der sozialen Gerechtigkeit und der Solidarität,

(Abg. Stefan Mappus CDU: So wie Bayern!)

an die Spitze von Freiheit und Gerechtigkeit?

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Mappus.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Rück alles einmal wie- der zurecht!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Halbzeitbilanz der Landesregierung und der Koalition stimmt. Wir geben mit unserer Politik die richtigen Antworten auf die entscheidenden Gestal

tungsfragen für unser Land. Die erste Hälfte der laufenden Legislaturperiode war eine gute und erfolgreiche Zeit für BadenWürttemberg, was übrigens die bekanntermaßen nicht von uns in Auftrag gegebenen Umfragen der letzten Woche ja auch klar und deutlich belegen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wenn Sie es mit der Fußballersprache halten wollen, so können wir zur Halbzeit sagen: Regierung und Koalition spielen schnell nach vorn und haben für das Land wichtige politische Treffer erzielt. Wir werden auch in der zweiten Hälfte