Protokoll der Sitzung vom 05.11.2008

Aber Tatsache ist, dass die Kreishandwerkerschaft Ostalb hier schreibt: „Das Handwerk im Ostalbkreis unterstützt Sie in Ihrem Antrag, das Ausschreibungsverfahren zu stoppen

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Hört, hört!)

und in einem neuen Verfahren mittelstandsfreundlich zu gestalten.“

(Beifall bei der SPD)

Ich könnte Ihnen jetzt noch elf solcher Schreiben vorlesen.

(Zurufe von der CDU und der FDP/DVP: Oh ja! – Abg. Reinhold Gall SPD: Und von jeder Menge Kreis handwerkerschaften dazu!)

Ich verzichte darauf.

(Unruhe)

Nun, meine sehr verehrten Damen, meine Herren, was heißt „Mittelstand“ im Baubereich? Ich habe mein Leben lang in meiner dienstlichen Verantwortung auf dem Bau verbracht.

(Zuruf von der CDU: Ah ja!)

Als vereidigter Sachverständiger der Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein habe ich auch vor Gericht manche Dinge erlebt, wenn es um Mittelstandsrichtlinien und Vergabeangelegenheiten ging oder um die Einhaltung der Verdingungsordnung für Bauleistungen.

Aber unbestritten ist, meine sehr verehrten Damen, meine Herren, was im Zwischenbericht und im Antrag der Enquetekommission Mittelstand zu dem Beschluss des Landtags vom 24. März 1999 nachzulesen ist. Unter der Überschrift „Mittelstandsfreundliche Vergabepraxis“ heißt es zum Thema „Teilung der Aufträge in Fach- und Teillose“:

Mittelständische Interessen sind nach GWB § 97 Abs. 3 vornehmlich durch Teilung der Aufträge in Fach- und Teillose angemessen zu berücksichtigen.

Jetzt komme ich noch zu einem weiteren Punkt. Der Herr Staatssekretär hat erklärt, dass ein Leistungsverzeichnis, wel ches der Generalunternehmer in die Welt schickt, aufgrund der funktionellen Ausschreibung erstellt wird. Tatsache ist – das sage ich aus meiner beruflichen Erfahrung heraus –:

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Lang ist’s her!)

Wenn ein Auftraggeber ein ausgefeiltes Leistungsverzeichnis in Teillosen erstellt und dem Generalunternehmer zuschickt, damit der einen GU-Vertrag mit ihm abschließen möge, dann ist es die Regel, dass der Generalunternehmer das Angebot überhaupt nicht abgibt, weil die fein spezifizierten Leistungen, die erforderlich sind, meistens und im Regelfall gar nicht beschrieben werden können. Er gibt das Angebot also nicht ab. Wenn der Staatssekretär jetzt hier sagt, das seien ja nur drei oder fünf Projekte, die vom Land Baden-Württemberg in dieser Richtung ausgeschrieben werden,

(Abg. Thomas Knapp SPD: 300 sind das!)

dann habe ich die Sorge, dass dies die gängige Praxis der Zukunft sein wird.

Neulich hatten wir ein Seminar – hier sitzt der Herr Wirtschaftsminister –, bei dem es um PPP ging, aber auch unter Einschaltung des Generalunternehmers. Bei dem Seminar wurde die Frage gestellt: Wer kommt denn dann zum Zuge, und nach welchen Kriterien werden die Ausschreibungen dann vorgenommen?

Im Zwischenbericht der Enquetekommission hieß es damals:

Fazit: Um die mittelstandsgerechte Ausschreibung zu gewährleisten, ist die in GWB, Vergabevorschriften und Mittelstandsförderungsgesetz vorgeschriebene Vergabe durch die Teilung der Aufträge in Fach- und Teillose konsequent zu handhaben.

Das steht über der Überschrift „Mittelstandsgerechte Ge staltung der Sicherheitenstellung“ – die natürlich auch, Herr Staatssekretär, einer gesonderten Ausschreibung bedarf, auch wenn man dies in Teillosen macht. Das ist überhaupt keine Frage und völlig unstrittig.

Nun zum Ausschreibungstext. Ich habe Ihnen gesagt, dass mein Fraktionsvorsitzender am 17. Oktober den Herrn Minis terpräsidenten angeschrieben hat. Hier ist die Anzeige aus dem „Staatsanzeiger“ – Donnerstag, 2. Oktober 2008, Nummer 39. Da wird durch den Landesbetrieb Vermögen und Bau BadenWürttemberg im nicht offenen Verfahren nach VOB der Neubau eines Ministeriumsgebäudes in Stuttgart, Willy-BrandtStraße, ausgeschrieben: „Generalunternehmerleistung, Planung und schlüsselfertige Erstellung der Maßnahme“. Die Bewerbungsfrist sollte bis zum 27. Oktober 2008 laufen. Weiter heißt es: „Angebote werden erwartet bis zum 12. Januar 2009.“

Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, es ist also ausreichend Zeit, die ganze Sache noch zu kassieren. Auch die Handwerkskammern sagen: „Lasst das Ding! Macht das nicht! Schreibt mittelstandsfreundlich aus!“ Das alles wäre auch noch fristgemäß zu erledigen.

Ich unterstelle allerdings, Herr Staatssekretär, dass die Planung steht und dass man nicht auch noch Teile der Planung dem Generalunternehmer überlassen will, denn das wäre fatal. Dann hätte man nachher überhaupt keinen Kostenvergleich mehr, den man heranziehen könnte.

(Beifall des Abg. Gunter Kaufmann SPD)

Das Credo der SPD-Landtagsfraktion lautet also: Bei einer Vergabe an Generalunternehmer hat das Handwerk keinen direkten Zugang zum Wettbewerb. Ich denke jetzt an den mittelständischen Unternehmer – an den Unternehmer, der wirklich mittelständisch ist, und nicht an solche mit 150, 180 oder 250 Leuten. Ich denke an diejenigen, die sich nach der Vergabeordnung für Bauleistungen zu einer Gemeinschaft zusammenschließen können, um eine Maßnahme durchzuführen, wenn nach Gewerken ausgeschrieben wird.

So sollte es sein: Wettbewerb und Ausschreibung in Teillosen. Der Antrag der SPD steht. Wir fühlen uns durch die Handwerkskammern bestärkt.

(Abg. Gunter Kaufmann SPD: Jawohl!)

Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, unsere Bitte ist, dass Sie hier jetzt wirklich das wahrmachen, was Sie draußen in Sonntagsreden sagen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD – Abg. Heiderose Berroth FDP/ DVP: Aber Ihre Fraktion interessiert das nicht so sehr! Es sind nur 14 Kollegen anwesend!)

War das eine Zwischenfrage?

(Vereinzelt Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, bevor wir nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD kommen, erteile ich Herrn Abg. Schmiedel nach § 88 der Geschäftsordnung das Wort zu einer persönlichen Erklärung.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Herrmann hat hier berichtet, dass ich dem Mittelstandsförderungsgesetz nicht zugestimmt habe, und das als Beleg dafür verwendet, dass es mir nicht ernst sei mit der Förderung des Mittelstands.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Richtig! – Abg. Klaus Herrmann CDU: Ja!)

Dazu ist zu sagen, dass ich und meine Fraktion tatsächlich das Mittelstandsförderungsgesetz abgelehnt haben –

(Oh-Rufe von der CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Das wissen wir doch!)

mit der Begründung, dass wir eine Enquete zur Mittelstandsförderung haben und erst die Ergebnisse dieser Enquetekommission abwarten wollen. Das Ziel war also nicht weniger Mittelstandsförderung, sondern mehr Mittelstandsförderung.

(Beifall bei der SPD)

Er hat zweitens behauptet, meine Politik, die Politik der SPD, sei mittelstands- und handwerksfeindlich.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Jawohl! – Abg. Heide- rose Berroth FDP/DVP: In Berlin schon!)

Dazu stelle ich einfach einmal fest, was das Handwerk sagt. In einer E-Mail vom Dienstag hieß es: „Ich persönlich würde

eine starke SPD sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene sehr begrüßen.

(Unruhe bei der CDU – Zurufe von der CDU – Abg. Fritz Buschle SPD: Guter Mann!)

Ihnen deshalb viel Erfolg bei Ihren Bemühungen für Mittelstand und Handwerk. Mit freundlichen Grüßen, Ihr Jürgen Schmid, Kreishandwerksmeister aus Göppingen.“

(Abg. Fritz Buschle SPD: Es gibt noch gute Leute! – Zuruf von der CDU: Das war wahrscheinlich ein SPD-Mitglied! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Was haben die anderen 43 Handwerksmeister ge- schrieben? – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Ähnlich!)

Meine Damen und Herren, wir müssen nun noch über den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 14/3391, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung angelangt.

Die nächste Sitzung findet morgen, 6. November 2008, um 9:30 Uhr statt.