Protokoll der Sitzung vom 03.12.2008

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Da haben wir al- les!)

Nun stelle ich Ihnen einmal eine Frage, Herr Kollege Röhm. Schimpfen Sie bitte nicht, wenn ich den Kollegen Locherer als Kronzeugen benenne. Das, was der Kollege Locherer in seinem Ort gemacht hat, wollten 100 Rektoren im ländlichen Raum ebenfalls tun. Was haben Sie gemacht? Sie haben die ideologischen Grabenkämpfe wieder aufgenommen und haben die Rektoren einbestellt. Ruhe ist die erste Bürger- und Rektorenpflicht. Das war die Botschaft. Sie kümmern sich also nicht um die Bildung im ländlichen Raum, nein, Sie lassen sie verkümmern.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Ein weiteres Beispiel für die Vernachlässigung des ländlichen Raums, meine Damen und Herren: Sie hätten die Chance gehabt, gemeinsam mit dem Bund und den anderen Ländern in den Verhandlungen über die EU-Agrarreform dafür zu sorgen, dass mehr Gelder in den ländlichen Raum fließen. Aber was machen Sie? Sie schauen, dass die Großbauern möglichst noch mehr Geld bekommen, und das Geld, das im ländlichen Raum, sprich aus der zweiten Säule – –

(Zurufe von der CDU, u. a.: Keine Ahnung! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das Gegenteil ist der Fall!)

Wenn man die Wahrheit sagt, heißt es bei euch: keine Ahnung.

Fakt ist: Genau so wurde von der Bundesregierung mit dem Segen der Landesregierung verhandelt. Frau Merkel hat schon im Jahr 2005 dafür gesorgt, dass jedes Jahr über die zweite Säule 60 Millionen € weniger in den ländlichen Raum fließen. Sie sagen, wir hätten keine Ahnung. Nein, Frau Merkel hat die Bauern in Baden-Württemberg verraten, und Sie haben mitgemacht.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Verraten und verkauft!)

Nehmen wir das Beispiel Milch: Sie nehmen doch nicht die Position derer ein, die im ländlichen Raum Milch produzie

ren. Da brennt Ihnen doch der landwirtschaftspolitische Kittel. Zusammen mit dem Bauernverband nehmen Sie eine Position ein, die sich gegen die Interessen der Milchbauern in Baden-Württemberg wendet. Die vereinbarten Milchfonds sind nicht im Interesse unserer Milchbauern. Auch hier zeigt sich: Sie machen keine Politik für unseren ländlichen Raum.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Neues Provinzialdenken, was? Ihr seid doch im ländlichen Raum gar nicht vertreten!)

Euch wählen sie zukünftig auf jeden Fall nicht mehr.

Noch ein anderes Thema, meine Damen und Herren – es wurde schon genannt –: der ÖPNV. Beim ÖPNV ist der ländliche Raum doch auch größtenteils abgehängt. Ihr steckt die Regionalisierungsmittel lieber in Stuttgart 21. Da haltet ihr große Reden auf den ländlichen Raum, und das Geld, das der ländliche Raum braucht, wird in einem großen Loch vergraben. Das ist doch die Wahrheit, meine Damen und Herren!

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Elke Brunnemer CDU: Das ist furchtbar! – Zuruf von der CDU: Was? Das ist Polemik!)

Herr Kollege Winkler hat auf das „Triple-A“ hingewiesen. Ich bin froh, dass man auch im Hohenlohischen so gut Englisch sprechen kann.

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Nicht so wie in As- perg!)

Dieses „Triple-A“ ist in der Tat ein ernsthaftes Problem. Was macht nun das MLR? Alle sechs bis acht Wochen bekomme ich eine schöne Broschüre

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Alle drei Wochen!)

und eine Einladung zu einer Veranstaltung. Einmal geht es um das Breitbandkabel und ein anderes Mal um die Versorgung im ländlichen Raum. Das sind alles schöne Veranstaltungen. Die Probleme sind also im MLR angekommen. Nur, was folgt daraus?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Eine Veranstaltung! – Abg. Alfred Winkler SPD: Arbeitskreise!)

Anschließend fahren Sie wieder nach Hause und wissen gar nicht, was letztendlich zu geschehen hat.

Lassen Sie mich jetzt noch einen letzten Satz zu meinem eigentlichen Thema, dem Breitband, sagen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Zum Fußball!)

Nein, ich rede nicht nur über Fußball, Herr Kollege. Das ist bekannt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Aber da sind Sie kompetent!)

Nicht nur da. – Es ist schön, dass Sie das Programm aufgelegt haben. Ich habe mich einmal mit Bürgermeistern aus dem ländlichen Raum darüber unterhalten, warum das eigentlich nicht angenommen wird.

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Mit mir nicht!)

Mit dir habe ich mich nicht unterhalten.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Da hätten Sie et- was lernen können, Herr Kollege!)

Mir hat ein Bürgermeister Folgendes gesagt: Er bekommt einen Zuschuss für ein Leerrohr. Das muss er ausschreiben. Anschließend kommt die Telekom, aber es kommt auch der Funk anbieter. Er müsse den Funkanbieter wählen, weil dieser billiger sei. Die anderen seien aber eigentlich schneller. Nähme er den Funkanbieter, hieße das, dass er zuvor das Geld der Landesregierung genommen und Leerrohre, die dann ihren Namen wirklich verdienten, verbuddelt hätte. Wo führt das letztendlich hin?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist unser aller Geld!)

Das heißt, dieses Problem haben Sie nicht gelöst, Herr Kollege Röhm. Darum müssen Sie sich kümmern.

Lassen Sie mich noch einen letzten Punkt nennen, der wirklich auch sehr ernst gemeint ist. Vor Kurzem kam in SWR 2 eine interessante Sendung

(Glocke des Präsidenten)

ich komme zum Schluss, Herr Präsident –

(Vereinzelt Heiterkeit)

über Landflucht am Beispiel des Schwarzwald-Baar-Kreises. Da wurden die Menschen in einer Untersuchung gefragt, weshalb sie in die Stadt gingen. Vor allem junge Menschen ziehen bekanntlich in die Stadt. Das Ergebnis der Untersuchung müssen wir ernst nehmen. Beispiel Kinosterben: Der Hauptgrund, den die Befragten angegeben haben, war, dass im ländlichen Raum zu wenig Freizeitangebote vorhanden sind und die Angebote in der Stadt natürlich wesentlich besser sind. Stadt und Kultur gehören eben einmal zusammen.

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Das war schon immer so! Das wird auch in 100 Jahren noch so sein!)

Ja, aber dieser Trend scheint sich nun zu verschärfen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Im ländlichen Raum gibt es andere Angebote!)

Deswegen müssen wir es ernst nehmen, Kollege Röhm.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir nehmen es bei- de ernst! – Zuruf des Abg. Winfried Scheuermann CDU)

Deshalb sollte man in dieser Frage, Kollege Scheuermann, nicht nur ein Prospektle verschicken und hierzu eine Tagung machen, sondern sich ernsthaft mit dem Problem auseinandersetzen und nach Lösungen suchen.

(Beifall bei den Grünen)

Für die Landesregierung erhält der Herr Landwirtschaftsminister das Wort.

Ich will nur darauf hinweisen, Herr Minister: Wenn Ihr Redebeitrag länger wird, dann müsste ich den Fraktionen weitere Redezeiten zuweisen.

(Abg. Elke Brunnemer CDU: Das gilt erst ab nächs tem Jahr!)

Nach der Geschäftsordnung kann man das schon jetzt machen.

Nachdem offensichtlich die Zwischenbemerkungen vorhin auch schon gegolten haben, möchte ich nur kurz noch auf einige Dinge eingehen.

Herr Kollege Walter, Thema Milch: Wenn wir all das machen würden, was Bürgergruppen etc. aktuell gerade fordern, aber nicht vorausschauen würden, was in fünf, acht, zehn Jahren passieren wird, würden wir auch keine vorausschauende Politik machen.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Meinen Sie die Rek- toren der Hauptschulen?)