Nun stelle ich Ihnen einmal eine Frage, Herr Kollege Röhm. Schimpfen Sie bitte nicht, wenn ich den Kollegen Locherer als Kronzeugen benenne. Das, was der Kollege Locherer in seinem Ort gemacht hat, wollten 100 Rektoren im ländlichen Raum ebenfalls tun. Was haben Sie gemacht? Sie haben die ideologischen Grabenkämpfe wieder aufgenommen und haben die Rektoren einbestellt. Ruhe ist die erste Bürger- und Rektorenpflicht. Das war die Botschaft. Sie kümmern sich also nicht um die Bildung im ländlichen Raum, nein, Sie lassen sie verkümmern.
Ein weiteres Beispiel für die Vernachlässigung des ländlichen Raums, meine Damen und Herren: Sie hätten die Chance gehabt, gemeinsam mit dem Bund und den anderen Ländern in den Verhandlungen über die EU-Agrarreform dafür zu sorgen, dass mehr Gelder in den ländlichen Raum fließen. Aber was machen Sie? Sie schauen, dass die Großbauern möglichst noch mehr Geld bekommen, und das Geld, das im ländlichen Raum, sprich aus der zweiten Säule – –
(Zurufe von der CDU, u. a.: Keine Ahnung! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das Gegenteil ist der Fall!)
Fakt ist: Genau so wurde von der Bundesregierung mit dem Segen der Landesregierung verhandelt. Frau Merkel hat schon im Jahr 2005 dafür gesorgt, dass jedes Jahr über die zweite Säule 60 Millionen € weniger in den ländlichen Raum fließen. Sie sagen, wir hätten keine Ahnung. Nein, Frau Merkel hat die Bauern in Baden-Württemberg verraten, und Sie haben mitgemacht.
Nehmen wir das Beispiel Milch: Sie nehmen doch nicht die Position derer ein, die im ländlichen Raum Milch produzie
ren. Da brennt Ihnen doch der landwirtschaftspolitische Kittel. Zusammen mit dem Bauernverband nehmen Sie eine Position ein, die sich gegen die Interessen der Milchbauern in Baden-Württemberg wendet. Die vereinbarten Milchfonds sind nicht im Interesse unserer Milchbauern. Auch hier zeigt sich: Sie machen keine Politik für unseren ländlichen Raum.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Neues Provinzialdenken, was? Ihr seid doch im ländlichen Raum gar nicht vertreten!)
Noch ein anderes Thema, meine Damen und Herren – es wurde schon genannt –: der ÖPNV. Beim ÖPNV ist der ländliche Raum doch auch größtenteils abgehängt. Ihr steckt die Regionalisierungsmittel lieber in Stuttgart 21. Da haltet ihr große Reden auf den ländlichen Raum, und das Geld, das der ländliche Raum braucht, wird in einem großen Loch vergraben. Das ist doch die Wahrheit, meine Damen und Herren!
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Elke Brunnemer CDU: Das ist furchtbar! – Zuruf von der CDU: Was? Das ist Polemik!)
Herr Kollege Winkler hat auf das „Triple-A“ hingewiesen. Ich bin froh, dass man auch im Hohenlohischen so gut Englisch sprechen kann.
Dieses „Triple-A“ ist in der Tat ein ernsthaftes Problem. Was macht nun das MLR? Alle sechs bis acht Wochen bekomme ich eine schöne Broschüre
und eine Einladung zu einer Veranstaltung. Einmal geht es um das Breitbandkabel und ein anderes Mal um die Versorgung im ländlichen Raum. Das sind alles schöne Veranstaltungen. Die Probleme sind also im MLR angekommen. Nur, was folgt daraus?
Nicht nur da. – Es ist schön, dass Sie das Programm aufgelegt haben. Ich habe mich einmal mit Bürgermeistern aus dem ländlichen Raum darüber unterhalten, warum das eigentlich nicht angenommen wird.
Mir hat ein Bürgermeister Folgendes gesagt: Er bekommt einen Zuschuss für ein Leerrohr. Das muss er ausschreiben. Anschließend kommt die Telekom, aber es kommt auch der Funk anbieter. Er müsse den Funkanbieter wählen, weil dieser billiger sei. Die anderen seien aber eigentlich schneller. Nähme er den Funkanbieter, hieße das, dass er zuvor das Geld der Landesregierung genommen und Leerrohre, die dann ihren Namen wirklich verdienten, verbuddelt hätte. Wo führt das letztendlich hin?
Lassen Sie mich noch einen letzten Punkt nennen, der wirklich auch sehr ernst gemeint ist. Vor Kurzem kam in SWR 2 eine interessante Sendung
über Landflucht am Beispiel des Schwarzwald-Baar-Kreises. Da wurden die Menschen in einer Untersuchung gefragt, weshalb sie in die Stadt gingen. Vor allem junge Menschen ziehen bekanntlich in die Stadt. Das Ergebnis der Untersuchung müssen wir ernst nehmen. Beispiel Kinosterben: Der Hauptgrund, den die Befragten angegeben haben, war, dass im ländlichen Raum zu wenig Freizeitangebote vorhanden sind und die Angebote in der Stadt natürlich wesentlich besser sind. Stadt und Kultur gehören eben einmal zusammen.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir nehmen es bei- de ernst! – Zuruf des Abg. Winfried Scheuermann CDU)
Deshalb sollte man in dieser Frage, Kollege Scheuermann, nicht nur ein Prospektle verschicken und hierzu eine Tagung machen, sondern sich ernsthaft mit dem Problem auseinandersetzen und nach Lösungen suchen.
Ich will nur darauf hinweisen, Herr Minister: Wenn Ihr Redebeitrag länger wird, dann müsste ich den Fraktionen weitere Redezeiten zuweisen.
Nachdem offensichtlich die Zwischenbemerkungen vorhin auch schon gegolten haben, möchte ich nur kurz noch auf einige Dinge eingehen.
Herr Kollege Walter, Thema Milch: Wenn wir all das machen würden, was Bürgergruppen etc. aktuell gerade fordern, aber nicht vorausschauen würden, was in fünf, acht, zehn Jahren passieren wird, würden wir auch keine vorausschauende Politik machen.