Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die FDP/DVP-Landtagsfraktion ist der Meinung, dass wir den Kommunen vertrauen sollten, dass sie die Angelegenheiten der Kindergärten selbst am besten regeln können, nämlich deshalb, weil sie vor Ort und damit auch am nächsten dran sind. Auch was die soziale Ausgewogenheit angeht – da greife ich auf, was Sie, Frau Kollegin Lösch, gerade angesprochen haben –, sind wir überzeugt, dass die Kommunen hier eigenständig den jeweils besten Weg finden werden. Es ist wünschenswert, dass sie Gebühren nach Einkommen und Kinderzahl staffeln und kinderreiche und einkommensschwache Familien deutlich entlasten bzw. teilweise sogar völlig von den Gebühren befreien.
Doch Vorschriften des Landes, meine Damen und Herren, und seien sie noch so gut gemeint – das unterstellen wir hier oh
Dass die Kommunen und die freien Träger der Kindergärten sehr wohl in der Lage sind, die Kinderbetreuung selbstständig und effektiv zu organisieren, zeigt die Quote der Bildungsbeteiligung von Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren. Sie beträgt laut nationalem Bildungsbericht in Baden-Würt temberg 95,8 % im ersten Kindergartenjahr und geht, wie erwähnt, hoch bis über 97 % im dritten Kindergartenjahr, und sie ist damit, meine Damen und Herren von der SPD, im Bundesvergleich die höchste Quote überhaupt.
Dieser erfreuliche Befund ist auch ein Zeichen dafür, dass die Eltern in unserem Land Baden-Württemberg eine frühe Bildung ihrer Kinder zu schätzen wissen. Deshalb glaube ich, dass das Land vor allem den qualitativen Ausbau der Kinderbetreuung als Erstes voranbringen sollte. Dass quantitative Investitionen allein schon Qualität erzeugen, ist, meine ich, ein naiver Irrtum. Worauf die Hoffnung einer qualitativen Verbesserung gründet, dazu macht der Gesetzentwurf indes keinerlei Angaben.
Lassen Sie mich noch einmal kurz darlegen, was die Landesregierung im Bereich der Kinderbetreuung auf den Weg gebracht hat. Zu nennen ist hier an erster Stelle die Sprachförderung. Mit der flächendeckenden Einführung von Sprachstandsuntersuchungen, deren Kosten sich auf 10,4 Millionen € belaufen, schaffen wir eine wichtige Voraussetzung für das frühe Erkennen von sprachlichen Defiziten und haben somit die Möglichkeit, durch gezielte Förderung gegenzusteuern. Meine Damen und Herren, dies ist zugleich eine wichtige Integrationsmaßnahme für Kinder mit Migrationshintergrund.
Für die FDP/DVP-Landtagsfraktion ist klar, dass die Finanzierung der Sprachförderung über die Landesstiftung nur eine Übergangslösung sein kann. Das scheint mir auch allen anderen Beteiligten bewusst zu sein.
Auch die Orientierungspläne, die im kommenden Jahr verbindlich werden, tragen in erheblichem Maße zur Weiterentwicklung der Qualität in der frühkindlichen Bildung und Betreuung bei. Gleiches gilt für die Bildungshäuser, mit deren Förderung wir bundesweit eine Vorreiterrolle einnehmen. Zudem haben wir das Projekt „Schulreifes Kind“, das unter Einbeziehung von 592 Kindergärten und 265 Grundschulen an 245 Standorten derzeit im Land läuft.
Erwähnen möchte ich schließlich die Betreuung der Kinder unter drei Jahren. Das Land wird hier im Einvernehmen mit den Kommunen einen bis 2014 Jahr für Jahr ansteigenden Betrag zur Förderung des Ausbaus der Kleinkindbetreuung zur Verfügung stellen, der ab dem Jahr 2014 eine Höhe von insgesamt 165 Millionen € pro Jahr ausmachen wird. Zusammen mit dem Betrag, der dem Land über die Neuverteilung des Umsatzsteueraufkommens zur Verfügung steht, ergibt sich dann ab 2014 immerhin eine Förderung im Umfang von 264 Millionen € pro Jahr.
Am Ausbau der Betreuungsquote der Kinder unter drei Jahren werden wir auch in Zukunft weiterhin arbeiten. Ziel muss
sein, bis 2010 die Zahl der Plätze in der Tagesbetreuung um mindestens ein Drittel gegenüber 2007 auszubauen. Vor allem sollte die Kinderbetreuung in den Betrieben stärker gefördert werden. Hier sollte man auch die Mittel ausschöpfen, die über den Europäischen Sozialfonds bereitgestellt werden.
Ich habe einmal grob überschlagen, meine Damen und Herren, welche Kosten durch drei Jahre beitragsfreien Kindergarten auf das Land zukommen würden. Bei einer Jahrgangsstärke von 95 000 Kindern
und bei einem Betrag von 120 € bzw. von 160 € bei einer Betreuungszeit von mehr als 40 Stunden – das sind im Übrigen Zahlen aus Niedersachsen, wo das letzte Kindergartenjahr bekanntlich beitragsfrei ist – würden sich die Kosten für drei Kindergartenjahre auf mindestens 300 Millionen € belaufen.
Bei einem so hohen Kostenaufwand sind wir es den Bürgerinnen und Bürgern, die mit ihren Steuern dafür aufkommen müssen, schuldig, das Geld sinnvoll und zielgerichtet zur Qualitätsverbesserung einzusetzen. Auch hierzu sagt der Gesetzesvorschlag leider überhaupt gar nichts.
Wir sollten daher den eingeschlagenen Weg einer Förderung der Qualität in der Kinderbetreuung im Land fortsetzen und den Kommunen die Regelung überlassen. Haben wir den Mut und das Vertrauen, zu sagen: Sie sind vor Ort näher dran. Sie können das besser.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD fordert zum einen ein beitragsfreies Kindergartenjahr. Zum anderen, Herr Mentrup, fordern Sie mehr Mittel für die Qualitätsentwicklung. Ich sage ganz deutlich: Aus Sicht der Landesregierung geht beides gemeinsam nicht.
Denn wir wollen unsere Maßnahmen schlicht und einfach seriös finanzieren, und das wäre in der gegenwärtigen Haushaltslage einfach nicht möglich. Das als Vorbemerkung.
Als zweite Bemerkung, meine Damen und Herren: Im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung gehen die Kommunen sehr verantwortungsbewusst mit der Gebührenerhebung für den Kindergartenbesuch um. Wir haben diesbezüglich viele fundierte Belege dafür, dass dies seit vielen Jahren auch auf einer guten Vertrauensbasis vor Ort zwischen den Kommunen und den Eltern geschieht. Landeseinheitliche Bedingungen sind deshalb gewährleistet. Ich erinnere daran, dass die Kinder im dritten Kindergartenjahr jeweils zu 97 % diese
Angebote in der gesamten Fläche des Landes Baden-Würt temberg wahrnehmen. Wenn man hierzu Vergleiche – Frau Kollegin Lösch hat zu Recht darauf hingewiesen – zwischen den Ballungsräumen und den ländlichen Räumen sowie zwischen den sozial unterschiedlich strukturierten Gebieten vornimmt, stellt man fest, dass es hier kein Gefälle gibt. Wir haben eine sehr hohe Besuchsquote in allen Regionen des Lan des Baden-Württemberg. Das ist ein Beleg dafür: Der Kindergartenbesuch ist für die betroffenen Eltern in der Regel finanzierbar und leistbar, und die Kommunen handeln im Rahmen der Bedarfsplanung auch sehr verantwortungsbewusst. Deswegen sehen wir seitens der Landesregierung keine Veranlassung, hier gesetzgeberisch eine Veränderung vorzunehmen.
Meine Damen und Herren, wir sind uns ja darüber einig, dass wir die Kinder im Elementarbereich bestens fördern wollen. Das ist, glaube ich, ein wichtiger Konsens hier im Haus. In diesem Zusammenhang stellt sich für uns aber ganz eindeutig die Frage: Wollen wir die finanziellen Förderungen nach dem Gießkannenprinzip vornehmen, oder wollen wir die Förderung so strukturieren, dass die finanziellen Mittel direkt bei den Kindern ankommen?
Meine Damen und Herren, um es ganz klar zu sagen: Wir setzen auf die Förderung der Qualität und damit auf die entsprechenden Maßnahmen, weil wir davon ausgehen, dass diese Maßnahmen die Kinder dann letztlich auch erreichen.
Wir haben im Zuge der Pro-Kopf-Bezuschussung für die Erzieherinnen ja verschiedene Veränderungen vorgenommen. Ich erinnere an das Zuschusswesen, das zum einen sehr kompliziert ist, aber zum anderen klar belegt, dass wir seitens des Landes etwa ein Drittel der Personalkostenzuschüsse leisten. Aufgrund der rückläufigen Kinderzahlen haben die Kommunen auch verstärkt die Möglichkeit, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln, auch im Zuge dieser Landesbezuschussung, Qualitätsentwicklungsprozesse in die Wege zu leiten.
Das möchte ich mit Rücksicht auf die noch ausstehenden Tagesordnungspunkte jetzt nicht gestatten. Ich möchte in wenigen Sätzen zum Ende kommen, weil ich glaube, dass wir dieses Thema in diesem Hohen Haus bereits sehr umfassend diskutiert haben.
Es ließen sich viele Beispiele der Qualitätsentwicklung aufführen. Kollege Kleinmann hat dies detailliert getan. Ich kann das von dieser Stelle aus gar nicht besser erledigen.
Orientierungsplan, Erzieherinnenausbildung, Ausbildungskapazitäten für die Fachkräfte für die Betreuung der Kinder bis zum Alter von drei Jahren, Sprachförderung, Projekt „Schul
reifes Kind“, Bildungshaus für die Drei- bis Zehnjährigen und die Betriebskostenförderung unserer Kindertageseinrichtun gen für die Kinder bis zum Alter von drei Jahren: Das sind Maßnahmen, mit denen wir, auch quantitativ gesehen, sehr viel für die Qualitätsentwicklung tun. Damit sind wir auf gutem Kurs für die Zukunft unserer Kinder.
Meine Damen und Her ren, in der Allgemeinen Aussprache liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen deshalb in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 14/3150.
Abstimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, Drucksache 14/3628. Der Finanzausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte, damit einverstanden zu sein, dass ich den Gesetzentwurf im Ganzen zur Abstimmung stelle.
Wer dem Gesetzentwurf Drucksache 14/3150 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit mehrheitlich abgelehnt.
Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Errichtung der Südwürttembergischen Zentren für Psychiatrie und zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung der Zentren für Psychiatrie – Drucksache 14/3323