Protokoll der Sitzung vom 18.12.2008

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ja!)

möchte ich behaupten, dass unsere vorgezogenen 70 Millionen € abfließen und den Kommunen helfen werden, damit Krankenhäuser schon 2009 und nicht erst 2013 neu gebaut oder saniert werden können.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

Die Investition auf kommunaler Ebene zusammen mit dem Partner Land kommt dann zur richtigen Zeit.

Meine Damen und Herren, natürlich kann man jetzt die Frage stellen, ob dieses Programm nicht eine Gefährdung für die Haushaltsentwicklung darstellt. Natürlich könnte man diese tausend Millionen Euro auch sparen, statt sie zu investieren. Aber ich meine, dass unsere Aufgabe aus beidem besteht.

(Unruhe bei der SPD)

Den Haushalt und seine Struktur zu beachten und weiter Schulden zu umgehen ist die eine Verantwortung. Die andere besteht darin, dass das Land dort, wo es Impulse für die Wirtschaft setzen kann, diese auch setzen sollte.

Im Januar kommt ein Programm des Bundes. Dabei wollen wir mitgestalten. Deswegen biete ich der Bundesregierung ausdrücklich unsere Mitwirkung gegen das Recht auf Mitgestaltung an. Auch hier gilt, dass wir zusammen mit dem Bund entscheiden wollen, wo es eine Koförderung gibt und wo sich das Programm des Bundes mit dem vernetzt, was in BadenWürttemberg geschieht.

Ein Unterschied ist schon jetzt erkennbar. Der Bund wird sein zweites Programm wie sein erstes Programm zu 100 % nur aus Schulden finanzieren. Das heißt, im Unterschied zur Bundespolitik, zum Bundeshaushalt sind wir auf die Krise vorbereitet und handeln aus eigener Kraft.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: So ist es!)

Da Baden-Württemberg das Zwischenziel – ein Haushalt ohne neue Schulden – erreicht hat, Rücklagen hat und die Altschuldentilgung vorgesehen hat, finanzieren wir jeden Euro, ohne dass der Weg zur Bank notwendig wird. Während beim Bund jeder Euro von der Bank kommt, kommt bei uns jeder Euro vom Steuerzahler aus Einnahmen, aus solidem Haushalt finanziert. Deswegen muss klar sein: Die Landesregierung gibt den Kurs einer stringenten Haushaltspolitik nicht auf.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Man wird in diesen Tagen oft gefragt, ob man denn für 2009 und für 2010 Haushalte ohne neue Schulden garantieren kann. Ich sage Ihnen: Wer in dieser Zeit etwas garantiert, der ist entweder arrogant oder dumm.

(Abg. Dr. Frank Mentrup SPD: Hört, hört!)

Wir fahren auf Sicht. Aber eines muss auch klar sein: Wenn es neben Baden-Württemberg ein zweites Land gibt, das keine neuen Schulden macht, will und wird Baden-Württemberg dabei sein. Wir halten am Kurs solider Haushaltspolitik fest. Wir rücken davon nicht ab und werden auch in schwieriger Zeit alles tun, damit keine oder weniger Schulden die Spielräume für die Zukunft erhöhen.

Umso dringlicher wird das Ergebnis der Föderalismuskommission II. Ich richte an alle einen Appell. Ich weiß, dass dies in diesem Hohen Haus von allen Fraktionen mitgetragen wird. Ich stelle mit Erschrecken fest, wie mancher in diesen Tagen die wirtschaftliche Krise, die Finanzmarktkrise und die absehbare Haushaltskrise für sich nutzen will, indem er sich sagt, dass das große Wasser die kleinen Begehrlichkeiten und Wässer mitnehmen kann. Nicht alles, was an Ausgaben und an Maßnahmen in diesen Tagen vorgeschlagen wird, ist zielgenau und dient der Konjunktur. Mancher hofft, dass er auf dem kleinen Dienstweg wieder zur alten Schuldenpolitik zurückkommen kann, weil man derzeit die Haushaltskonsolidierung nicht abschließen wird.

Deswegen brauchen wir jetzt eine stringente Schuldengrenze. Mir ist fast egal, wann sie von jedem Land umgesetzt wird. Wir sollten erreichen, dass jetzt eine stringente Schuldenregel festgesetzt wird, wonach die Ausgaben in normalen Haushaltsjahren aus Einnahmen und ohne neue Schulden zu finanzieren sind und derjenige, der neue Schulden macht, die Tilgung gleichzeitig mitbeschließen und verbindlich einhalten muss. Dies sollten wir jetzt formulieren und dann den finanzschwachen Ländern das Angebot machen, dass sie spätestens im nächsten Jahrzehnt und vor Auslaufen der Solidarpakte und der Förderung Ost daran gebunden sind, das zu erreichen, was jetzt beschlossen wird.

Selbst wenn eine Schuldenregel erst im Jahr 2018 in Kraft tritt, weiß nach ihrer Verabschiedung jeder Bundestag und jeder Landtag, dass er in der Steuerpolitik und in der Ausgabepolitik, bei der Einnahme- und Ausgabeseite auf dieses Ziel hinarbeiten muss und dass ihn diese Daumenschraube auch früher oder später erreicht.

Ich danke für Ihre Mitwirkung. Ich bitte um Zustimmung zu diesem Paket. Ich schließe weitere Maßnahmen im neuen Jahr bewusst nicht aus. Aber ich glaube, dass das Land – in unserer Verantwortung – zum jetzigen Zeitpunkt zielgenau, maßvoll, in wirtschaftlicher, sozialer und in Haushaltsverantwortung das Richtige tut.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo! – Anhal- tender Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, die Fraktionen haben sich für die Aussprache auf eine Redezeit von 30 Minuten je Fraktion geeinigt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schmiedel.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer so tut, als wisse er genau, wie die Wirtschaft im nächsten Jahr läuft, ist ein Scharlatan. Was man sagen kann, ist, dass es schwierig wird. Der Herr Ministerpräsident hat auf den unglaublich rapiden Einbruch der Zahl der Auftragseingänge hingewiesen. Das sind ja schon konkrete Vorzeichen für die wirtschaftliche Entwicklung im nächsten Jahr.

Deshalb ist es gut, dass sich die Bundesregierung vorbereitet hat und weiter vorbereitet, konjunkturell gegenzusteuern. Deshalb ist es auch gut, Herr Ministerpräsident, dass die Landesregierung in den letzten 14 Tagen nachgearbeitet hat und heute ein Konjunkturpaket vorlegt.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU – Abg. Stefan Mappus CDU: Nachgearbeitet? – Zurufe von der CDU: Vorgearbeitet!)

Herr Mappus, bei allem Respekt:

(Abg. Stefan Mappus CDU: Nennen Sie mir einmal ein SPD-geführtes Land, das ein Konjunkturpro- gramm aufgelegt hat!)

Vor 14 Tagen hat man uns hier den Haushaltsentwurf vorgelegt.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Ja, klar!)

Darin stand diese Milliarde noch nicht. In der Haushaltsrede, die der Finanzminister gehalten hat, war noch nicht einmal von ein paar Milliönchen etwas zu spüren.

(Zuruf von der SPD: Kein Ton! – Abg. Stefan Map- pus CDU: Das ist im Bund genauso, bei Steinbrück! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wir sind hier in Baden-Württemberg!)

Wir haben das gefordert, Sie haben gearbeitet – ist doch okay.

(Beifall bei der SPD)

Nur, Herr Ministerpräsident, eines sage ich schon zu Beginn ganz deutlich: Ausreichend ist das, was Sie uns heute vorgestellt haben, nicht.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/ DVP: Diese Aussage überrascht uns jetzt nicht!)

Zunächst einmal zur Quantität Ihrer Vorschläge,

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Viel hilft viel, gell?)

mit denen Sie konjunkturell gegensteuern wollen. Sie legen ein Paket mit einem Volumen von 1 Milliarde € für einen Zeitraum von 18 Monaten vor. Das heißt, dieser Betrag schnurrt für das nächste Jahr schon einmal auf 70 % zusammen. Wenn man das ins Verhältnis setzt zu dem, was andere Länder tun – in Hessen z. B. beträgt der Umfang 1,7 Milliarden €, in NRW 3 Milliarden € –, sieht man, dass wir in einem Bereich sind, der noch relativ überschaubar ist.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Herr Schmiedel wirbt für Koch! Das ist etwas ganz Neues! Dass ich das noch erleben darf! Das finde ich gut! – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Jetzt zur Qualität des Programms: Sie erwecken den Eindruck, als würde man Investitionen, die für die Zukunft vorgesehen waren, vorziehen.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Das ist ja so!)

Was Sie aber faktisch machen, ist, einen Teil des dringendst Notwendigen nachzuholen, etwas, was Sie in der Vergangenheit zu tun versäumt haben.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Winfried Kretsch- mann GRÜNE – Abg. Norbert Zeller SPD: So ist es!)

Der Rechnungshof hat an unseren Hochschulen einen Sanierungsbedarf in Höhe von 3 Milliarden € ermittelt. Jetzt werden 150 Millionen € für den Hochbau bereitgestellt. Nehmen wir einmal an, davon gehen einige Dutzend Millionen Euro in den Hochschulbau zum Zweck der Sanierung.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Ich lade Sie ein, Herr Ministerpräsident: Gehen wir einmal zusammen zur Uni Stuttgart hinüber! Gehen wir einmal in die Gebäude hinein! Dagegen, wie es dort aussieht, ist der Hauptbahnhof ein aufgeräumtes Wohnzimmer.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU)

An der Hochschule Heilbronn sind im Hauptgebäude seit dem Sommer alle Toiletten dicht, weil die Fäkalien die Wände herunterrasen, weil man über Jahre hinweg nichts gemacht hat. So sieht es im Land aus.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CDU – Abg. Ursula Haußmann SPD: Das ist die Wahr- heit!)

Im Krankenhausbereich gibt es – Sie haben es ja selbst erwähnt – einen Antragstau in Höhe von 1,3 Milliarden €. Jetzt werden 70 Millionen € für diesen Bereich bereitgestellt. Weil Sie sich dafür auf die Schulter klopfen, möchte ich Sie nur darauf aufmerksam machen, dass wir Reserven haben. Die Kehrseite dieser rigiden Sparpolitik ist, dass wir von der Substanz leben, und zwar seit Jahren.

(Abg. Gundolf Fleischer CDU: „Rigide Sparpolitik“! Das ist bemerkenswert!)