Protokoll der Sitzung vom 29.06.2006

Ich rufe uns alle auf, die Autorität und die Souveränität dieses Finanzministers wirklich aufrechtzuerhalten.

(Unruhe bei der SPD – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Sieht das Herr Theurer auch so? – Abg. Nor- bert Zeller SPD: Herr Noll, was müssen Sie noch werden? – Weitere Zurufe – Glocke des Präsiden- ten)

Ich will mich um gar nichts drücken. Wir hatten auch in unserem Regierungsprogramm darüber nachgedacht, ob man möglicherweise ein großes Bildungsministerium einrichtet: Bildung – richtig verstanden – beginnend im Kindergarten. Da haben wir übrigens einmal eine Geschäftsbereichsabgrenzung während der Legislaturperiode gemacht, die sehr gut war – man sieht daran, man kann auch während einer Legislaturperiode Geschäftsbereichsabgrenzungen neu ordnen –,

(Zurufe von der SPD)

bei der wir den Bereich Kindergarten als Bildungseinrichtung ins Kultusministerium eingegliedert haben. Jetzt kann man logischerweise fragen: Warum nicht auch Universitäten? Das ist mit Sicherheit mittel- und langfristig weiterhin eine Option – das sehe ich so; das sieht meine Fraktion so –, nur muss man einmal sachliche Argumente zur Kenntnis nehmen.

Es ist in der Tat so, dass wir in dem Bereich Schule mehr Eigenständigkeit, mehr Eigenentwicklung, mehr Autonomie zulassen wollen und im Bereich Universitäten bei dem Thema Autonomie schon sehr weit sind. Aber in beiden Bereichen entwickelt sich zurzeit so viel, dass man durchaus sagen kann: Im Moment macht es noch Sinn, dieses durch die beiden Häuser begleiten zu lassen, insbesondere beim Wissenschaftsministerium, Frau Vogt. Wir haben gestern in der Aussprache zur Regierungserklärung sehr ausführlich über die wegen der steigenden Hochschulzugänge notwendigen organisatorischen Maßnahmen geredet. Derzeit ist es meiner Meinung nach aus sachlichen Gründen zu früh für eine Zusammenlegung, aber das Thema wird auf der Agenda bleiben.

Was mir schon ein bisschen weh getan hat, weil auch wir darüber nachgedacht haben: Landwirtschaft und die Änderung des Berufsbildes. Sie haben den Landwirt als Energiewirt und die Landwirtschaft als Teil der Tourismuslandschaft genannt. Für viele Landwirte im Schwarzwald ist das ein wesentliches Standbein ihrer Arbeit. Von daher kann man auch darüber nachdenken.

Eines muss man sehen. Wenn wir schon sagen, es habe alles ein Stück weit Symbolkraft, dann müssen auch wir zur Kenntnis nehmen, dass das Signal, das Sie gestern gegeben

haben hinsichtlich einer Aufteilung des MLR, das nicht nur Landwirtschaft, sondern auch die Entwicklung des ländlichen Raums umfasst, von den Betroffenen dahin gehend hätte verstanden werden können –

(Zurufe von der SPD und den Grünen)

das muss man in der Politik auch wahrnehmen –, als ob der ländliche Raum uns nicht mehr so wichtig wäre. Uns ist auf dem Landfrauentag deutlich ins Stammbuch geschrieben worden, dass man bei allen sachlichen Argumenten nicht gegen die ganz große Mehrzahl derer, die dann betroffen sind, solche Entscheidungen übers Knie brechen sollte.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Deswegen ist es unserer Meinung nach unter Abwägung richtig, dass wir dabei geblieben sind, obwohl man selbstverständlich – –

(Abg. Reinhold Gall SPD: Da wäre ich nicht si- cher, dass der ländliche Raum dagegen wäre!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, alles hängt immer mit allem zusammen. Dann könnte man zum Schluss sagen: „Wir brauchen eigentlich gar keine Minister mehr; das macht alles der Ministerpräsident, denn es hängt sowieso alles miteinander zusammen.“ Ganz wichtig ist das Thema Kabinettsausschüsse. Dort wird genau diese Schnittstellenproblematik in drei Bereichen angegangen. Das steht natürlich nicht in der Geschäftsbereichsabgrenzung; das ist völlig klar.

Wenn ich mit einem positiven Aspekt schließen darf, dann ist es der, dass wir über die Bündelung der Energie außer der Geothermie beim Wirtschaftsministerium reden können. Wenn man schon Energiepolitik als ein zutiefst wirtschaftspolitisches Thema ansieht, dann macht es doch Sinn, diese künftig beim Wirtschaftsministerium zu bündeln. Das haben wir erreicht. Da wollen wir gemeinsam mit Ihnen die wirtschaftlichen Potenziale, die einerseits Grundlage des Wirtschaftens für den Privatmann sind und andererseits für die Wirtschaft insgesamt von Bedeutung sind, was das Thema Energiekosten anbetrifft, aber auch die Chancen zur Schaffung von Arbeitsplätzen in dem Bereich der regenerativen Energien nutzen. Deswegen macht es gerade unter diesem Aspekt großen Sinn.

Fazit: Selbstverständlich kann und muss man über weitere Neuabgrenzungen diskutieren. Wir haben es zu Beginn dieser Legislaturperiode getan. In Kenntnis all der denkbaren Veränderungen sind wir zu, wie ich meine, vernünftigen neuen Geschäftsabgrenzungen gekommen. Dass man im Laufe einer Legislaturperiode zu anderen Überlegungen kommt, ist niemals auszuschließen, aber für den Start haben wir, glaube ich, eine gute Mannschaft und eine gute Geschäftsabgrenzung für diese Mannschaft gewonnen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Das Wort hat Herr Minister Stächele.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Der soll lieber frei re- den, als hier vorzulesen! – Heiterkeit und Unruhe)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Über den Zuschnitt einer Landesregierung kann man diskutieren, und es gibt dabei unterschiedliche Standpunkte.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: So ist es!)

Das sieht man auch daran, dass in allen Bundesländern aus der jeweiligen Situation heraus und entsprechend der jeweiligen Sicht Landesregierungen gebildet worden sind. Da gibt es also kein Tabu, und da gibt es auch keine allein selig machende Wahrheit. Das einmal vorneweg.

FDP/DVP und CDU haben ja hier im Land eine gewisse Erfahrung, was Regierungsbildungen anbelangt.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Das kann man wohl sagen!)

Auch wenn man es vielleicht nicht so gerne hört: Erstens haben wir auch in der letzten Legislaturperiode mit gutem Händchen eine Regierung zusammengebaut.

(Heiterkeit bei den Grünen)

Sie war sehr erfolgreich und ist – hören Sie gut zu, denn das ist immer wieder wichtig – überaus deutlich von der Bevölkerung bestätigt worden.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: So ist es! Sehr gut! Endlich sagt es mal einer!)

Sie, lieber Kollege Oelmayer und lieber Kollege Stickelberger, können natürlich behaupten, wir hätten kein Konzept. Unser Konzept ist anders, als Sie es sich vielleicht vorstellen.

(Zuruf des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE)

Deshalb kann man aber noch nicht sagen, wir hätten kein Konzept. Ihnen wird doch in der vorliegenden Drucksache ganz präzise dargestellt, wie wir uns die Landesregierung von Baden-Württemberg künftig vorstellen. Punkt. Das ist unsere Meinung, und diese wird nachher für die nächsten fünf Jahre bestätigt. In fünf Jahren wird dann wieder abgestimmt, und dann werden wir sehen, ob wir wiederum so erfolgreich sein werden, wie wir es bei der letzten Landtagswahl gewesen sind.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Erfolgreicher!)

Was die Zahl der Mitarbeiter angeht, so bitte ich Sie, mit den Angaben ein bisschen vorsichtig umzugehen. Ich habe die Statistik hier vorliegen. Baden-Württemberg kann sich sehen lassen, insbesondere wenn es um einen sparsamen Personaleinsatz geht. Baden-Württemberg liegt im Vergleich aller Bundesländer, bezogen auf 1 Million Einwohner, an zweiter Stelle, was die Sparsamkeit anbelangt.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Aber nicht bei den Staatssekretären!)

Das ist ein Kompliment an alle Mitarbeiter – weil vorhin angesprochen worden ist, der Beamtenapparat produziere

angeblich Bürokratisches und vielleicht auch Unsinniges. Vorsicht, gemach, gemach!

Übrigens, Kollege Mack – um auch einmal in diese Richtung zu sprechen –:

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Was hat denn der Mack gesagt?)

Wenn es eine Bundesratsentscheidung gibt, die sich hinterher möglicherweise nicht gerade als der Weisheit letzter Schluss erweist, dann waren es nicht die Beamten, die das entschieden haben. Da sind wir als Bundesratsmitglieder verantwortlich.

(Abg. Reinhold Gall SPD zu Abg. Rainer Stickel- berger SPD: Das war vermutlich eine Nachtsit- zung! Da hat jemand nicht aufgepasst!)

Es kann sein, dass die, die abgestimmt haben, nicht immer die Auswirkungen dessen erkannt haben, was entschieden worden ist.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Selbstkritik! – Hei- terkeit bei den Grünen)

Diese Selbstkritik ist richtig, weil die Fürsorgepflicht auch gebietet, sich vor die Beamtinnen und Beamten zu stellen.

Aber nun zur Zusammensetzung der Regierung. Ich will gern noch einmal etwas von dem aufgreifen, was hier angesprochen wurde. Es lag ein gutes Konzept zugrunde, das fortentwickelt wird.

(Zuruf des Abg. Oswald Metzger GRÜNE)

Aber es gab überhaupt keinen Grund, einen ganz neuen Ansatz zu finden. Wenn man einerseits rügt, dass nicht verschlankt worden sei, andererseits jedoch gleichzeitig rügt, dass in zwei Jahren eine Verschlankung eintritt, dann ist das widersprüchlich.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: So ist es!)

Darüber, wie man verschlankt, kann man unterschiedlicher Auffassung sein.

(Zuruf des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Was man verschlankt!)

Aber Tatsache ist, dass der Ansatz da ist,