Protokoll der Sitzung vom 23.04.2009

… uns geht es darum, ihnen

den landwirtschaftlichen Unternehmen –

wieder mehr Freiheiten in Bezug auf die unternehmerische Zielsetzung zu verschaffen.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Richtig!)

Das gilt für den, der gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen will.

Das hört sich anders an. April 2007:

Es geht darum, dass wir heute nicht den Weg und die Chance für baden-württembergische Landwirte versperren, sich im Wettbewerb zu behaupten.

November 2007:

Ich bekenne mich ausdrücklich zur Wahlfreiheit, um das einmal klar zu sagen. … Ich hätte auch gar nichts dage

gen, wenn morgen ein Landwirt käme und zugelassene gentechnisch veränderte Maissorten anbauen wollte. Was stünde dem entgegen?

(Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: Das hört sich ja noch ganz anders an!)

Dem stehen Ihre anderen Aussagen, dem steht die Wirklichkeit, dem steht die Gesellschaft entgegen. Dem steht eine gewisse politische Logik, die vorhin angesprochen worden ist, eine Zielsetzung, entgegen.

Baden-Württemberg ist dabei, Qualitätslabels aufzubauen. Sind wir eigentlich Mecklenburg-Vorpommern, das größte Flächenland in Deutschland, das gentechnisch veränderte Pflanzen anbaut?

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Vergleichen wir uns jetzt mit Mecklenburg-Vorpommern, oder orientieren wir uns auch in Baden-Württemberg an Frau Aig ner?

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Wer regiert denn in Mecklenburg-Vorpommern?)

Zur FDP komme ich auch noch. Haben Sie noch ein bisschen Geduld.

Wir sind das sechste EU-Land, das den Anbau von GVO verbietet. Es wurde gesagt, wo der Anbau von GVO verboten worden ist. In Deutschland werden bisher auf 3 300 ha GVO angebaut, und die meisten Flächen liegen in den neuen Bundesländern. Aber es gibt noch immer genügend Menschen, die an ihre eigene betriebswirtschaftliche Situation glauben, die nur nach dieser entscheiden und nicht aus gesellschaftlichem Anspruch oder aufgrund gesellschaftlicher Risiken oder Zugeständnisse.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ist das schlimm?)

Das ist dann schlimm, wenn damit ein Risiko auf die Gesellschaft verlagert wird und das Risiko für den Naturschutz nicht im Betrieb bleibt, sondern sozialisiert wird.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das ist eine ge- wagte Aussage!)

Die Möglichkeit, Arbeitsplätze zu schaffen, sagt Ministerin Schavan, und die glänzende Zukunftstechnologie sind durch dieses Verbot verbaut. Und dann sagt sie:

Es muss Entscheidungen geben, künftige Arbeitsplätze und Wohlstand zu generieren.

Das ist die Ebene der Diskussion in der CDU, überhaupt nicht auf die Problematik dieser Gentechnik in Bezug auf Menschen, Natur und Gesundheit einzugehen.

Übrigens: In Bayern hat der Agrarminister beschlossen, dort definitiv keine Freilandversuche mehr zuzulassen – nicht nur keinen Anbau, sondern auch keine Freilandversuche, sondern nur noch Unterglasversuche. Sie könnten sich daran ein bisschen orientieren.

Jetzt zur FDP. Die hat ja vor zwei Jahren in Esslingen einen großartigen Parteitag zur Gentechnik gemacht und hat damals

gesagt: „Man sieht hier nur Risiken und verwechselt sie mit Gefahren.“

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Richtig!)

Bravo! Das ist durch nichts zu ergänzen. Diese Einsicht ist unübertroffen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der Grü- nen)

Wenn man Risiken mit Gefahren verwechselt oder nicht verwechselt, dann ist das eine Einsicht, die bei der FDP gut aufgehoben ist. Bleiben Sie dabei! Das nimmt Ihnen niemand weg.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und den Grü- nen)

Meine Damen und Herren, im Land ist Umdenken angesagt. Wir meinen, es ist vor allem umzudenken.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Wir brauchen Klarheit in der Landwirtschaftspolitik – auch das hat Herr Kretschmann angesprochen –, und zwar nicht erst nach verlorenen Wahlen, Herr Minister.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die verlorenen Wahlen kommen sowieso! – Gegenruf des Ministers Ernst Pfister: Haben Sie Hoffnung? – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Wir sind sicher!)

Wir brauchen Klarheit in der Verbraucherpolitik, nämlich keine GVO, wir brauchen Klarheit in der Umweltpolitik. Wir brauchen die Aufklärung der Gesellschaft über die Fragen und die Problematik der Gentechnik. Wir brauchen in BadenWürttemberg ein Qualitätszeichen „Ohne GVO“. Sie schreiben: „Wir müssen das diskutieren.“ Welch ein Fortschritt! Darüber gibt es nichts zu diskutieren, sondern da ist zu handeln: GVO-freie Qualität in Baden-Württemberg.

Noch einen Satz, auf den ich später in der zweiten Runde noch eingehen möchte: Die Voraussetzungen für das Erteilen von Patenten auf gentechnisch veränderte Pflanzen und Tiere sind gesetzlich eindeutig formuliert. Trotzdem gibt es von dieser Landesregierung hierzu keine definitive Aussage. Schade.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich Herrn Abg. Kleinmann das Wort.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich voranstellen: Es ist Aufgabe der Politik, Sorgen und Ängste der Bevölkerung aufzunehmen, sie gewissenhaft zu prüfen und Schaden von der Bevölkerung abzuwenden.

(Beifall des Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP – Abg. Christine Rudolf SPD: Bravo!)

Die FDP/DVP-Landtagsfraktion versteht auch die Problematik der unter Rot-Grün getroffenen Beschlüsse zur Koexistenz

von konventioneller Landwirtschaft und Gentechnik. Gerade in der kleinstrukturierten Landwirtschaft – –

(Zurufe, u. a. Abg. Jürgen Walter GRÜNE: So ein Blödsinn! Red doch nicht so ein dummes Zeug!)

Dadurch, dass Sie es hier leugnen, wird es nicht besser. Dass Sie es beschlossen haben, ist Tatsache und in Protokollen des Deutschen Bundestags nachzulesen.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Aber wenn man dum mes Zeug daherredet, wird es auch nicht besser! – Unruhe)

Gerade in der kleinstrukturierten Landwirtschaft in BadenWürttemberg ist nachvollziehbar,

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Der hat wirklich kei- ne Ahnung!)

dass Nachbarschaft auf kleinster Fläche oftmals nicht möglich ist.