Protokoll der Sitzung vom 13.05.2009

Diese Standesbeamten sind dafür ausgebildet. Sie machen – so will ich es einmal ausdrücken – die „Partnerschaftssachen“ so nebenher zu ihrem normalen Geschäft, während die Landratsämter dies mit zusätzlichem Aufwand erledigen müssen. Ich halte das nicht für sachgerecht. Wir haben volles Vertrauen in die Standesbeamten, dass sie auch diesen Gesetzesvollzug ordnungsgemäß und souverän bewältigen werden.

Im Übrigen wäre es, glaube ich, auch ein Signal der Landesregierung, hier diesen alten Zopf abzuschneiden. Das wäre ein kleines, bescheidenes Signal. Andere Bundesländer sind da viel weiter,

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Aber die moralische Wirkung ist ungeheuerlich! – Gegenruf der Abg. Ur- sula Haußmann SPD: Das sagt der Richtige! – Abg. Ute Vogt SPD: Wo ist das Problem, Herr Zimmer- mann?)

etwa wenn wir die Gleichstellung von Lebenspartnerschaften und Ehe im Beamtenrecht, aber auch bei Adoptionen betrachten. Da gibt es ganz andere Felder, die für das Thema Gleichstellung relevant sind. Ich meine, es wäre an der Zeit, dass Sie von dieser wirklich überkommenen Regelung für BadenWürttemberg Abstand nehmen.

Ich möchte noch zwei Punkte aufgreifen, die Frau Kollegin Bormann dankenswerterweise ebenfalls angesprochen hat. Auch wir halten die Ungleichheit in Bezug auf die Gebührenregelung zwischen den Landratsämtern und den Standes ämtern nicht für sachgerecht, und ich kann mich dem Appell von Ihnen, Frau Bormann, nur anschließen, dass die Landesregierung in geeigneter Form auf die Kommunen einwirkt,

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Das geht doch gar nicht!)

selbstverständlich ohne deren Selbstverwaltungsrecht in den Grundfesten zu erschüttern.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Das Zweite ist das Thema Partnerschaftsregister. Das dient natürlich schon der Rechtssicherung und Rechtsklarheit, auch für Folgeurkunden. Im Jahr 2013 müssen die Standesämter ja das elektronische Register einführen, und im Vorfeld wäre es da schon gut, wenn wir eine einheitliche Regelung hätten.

Kurzes Fazit: Das Gesetz ist überflüssig. Wir werden es deshalb ablehnen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Frau Abg. Lösch das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 1. Januar 2009 ist das Gesetz zur Reform des Personenstandsrechts in Kraft getreten. Darin hat der Bund die Zuständigkeit für die Begründung und Beurkundung von eingetragenen Lebenspartnerschaften dem Standesamt als Regelzuständigkeit übertragen.

Dieses Gesetz hätte nun der Landesregierung die Chance gegeben, das Thema „Gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften“ auch in Baden-Württemberg in Ordnung zu bringen und endlich mit dem diskriminierenden Zustand Schluss zu machen, der die Eintragung der Lebenspartnerschaften in den Trauzimmern verbietet und die homosexuellen Paare in die Abstellkammern der Landratsämter verbannt.

(Beifall bei den Grünen – Oh-Rufe von der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ha no, ha no! – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Besenkammern! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So ist es! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Doch nicht in der Besen- kammer!)

Abstellkammer, nicht Besenkammer.

Statt diese Chance zu ergreifen, liebe Kolleginnen und Kollegen, legen Sie nun einen Gesetzentwurf vor, der die Diskriminierung der Lebenspartnerschaften in Baden-Württemberg für die Zukunft fortschreibt. Ich frage Sie: Warum?

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Besonderheit, kei- ne Diskriminierung!)

Außer Baden-Württemberg hat nur noch Thüringen von der sogenannten Länderöffnungsklausel im Lebenspartnerschaftsgesetz Gebrauch gemacht und seine abweichenden Regelungen beibehalten. Die anderen Bundesländer, auch alle anderen CDU-regierten Bundesländer,

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Auch das CSU-re- gierte Bayern! Hört, hört!)

haben für Lebenspartnerschaften das neue Personenstandsrecht vor allem aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung übernommen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Na ja!)

Sie brauchen keine doppelten Meldewege zu installieren, und sie brauchen die Beamten, die keine Standesbeamten sind, nicht zusätzlich zu schulen.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE zu Abg. Karl Zim- mermann CDU: Selbst Bayern, Herr Kollege! – Ge- genruf des Abg. Karl Zimmermann CDU: Ja, deshalb hat die CSU in Bayern auch 17 % verloren! – Heiter- keit bei Abgeordneten der CDU)

Außerdem ist die neue Regelung bürgerfreundlicher, Kollege Zimmermann. Wenn Bürger eine Personenstandsurkunde benötigen, brauchen sie sich nur noch an ihr Wohnsitzstandesamt zu wenden. Wenn sie dagegen die Lebenspartnerschaftsurkunde eines Paares brauchen, das die Lebenspartnerschaft in Baden-Württemberg begründet hat, müssen sie zusätzlich das Amt ausfindig machen, bei dem die Lebenspartnerschaft eingegangen worden ist, und dort die Urkunde anfordern.

Zudem können in den übrigen Bundesländern alle Paare frei wählen, bei welchem Standesamt sie die Lebenspartnerschaft eingehen wollen, nur nicht in Baden-Württemberg. Während sich heterosexuelle Paare den Ort der Eheschließung aussuchen dürfen, kann eine Lebensgemeinschaft gleichgeschlechtlicher Paare nur am Hauptwohnsitz eines der Partner eingegangen werden.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Warum eigentlich?)

Ich frage Sie: Warum sollen nicht auch schwule und lesbische Paare aus Stuttgart in Heidelberg oder in Karlsruhe eine Lebenspartnerschaft eingehen dürfen? Auch gleichgeschlechtliche Paare sollen sich ihr Standesamt frei aussuchen dürfen. Zu Recht empfinden viele Betroffene die Sonderregelungen in Baden-Württemberg als Schikane.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Kolleginnen und Kollegen, ich möchte um Ruhe bitten. Verlegen Sie die Gespräche nach außerhalb des Plenarsaals, wenn sie schon notwendig sind. – Bitte schön.

Auch der Landkreistag und der Fachverband der Standesbeamten Baden-Württembergs sprechen sich für eine Regelzuständigkeit bei den Standesämtern aus. Ich zitiere aus der Stellungnahme des Landkreistags:

Diese Regelung wird aus unserer Sicht dem Gesetzeszweck des Lebenspartnerschaftsgesetzes, gleichgeschlechtliche Paare nicht zu diskriminieren, nicht gerecht. Die Erfahrungen der Landratsämter zeigen, dass es der Wunsch aller Lebenspartner … ist, nicht anders wie Eheleute behandelt zu werden.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Es sind aber keine! – Gegenruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Bei der Begründung und Beurkundung einer Lebenspartnerschaft handelt es sich um typische Aufgaben des Standesamts. Die Prüfung, ob eine Lebenspartnerschaft geschlossen werden kann, unterscheidet sich nicht von der Prüfung bei einer Eheschließung.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Ich frage mich: Was spricht eigentlich dagegen, die Standes ämter als Orte für die eingetragenen Lebenspartnerschaften zu bestimmen? Sachliche, fachliche Gründe und bürokratische Hindernisse können es nicht sein, im Gegenteil, da die anderen Bundesländer die Regelung vor allem aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Bürgerfreundlichkeit übernommen haben. Personenstandsaufgaben sind Aufgaben der Standesämter und nicht Aufgaben der Landkreisverwaltung oder von Behörden der Landesverwaltung. Die Standesbeamten kennen sich aus und sind dafür ausgebildet.

Am Sonntag, dem 3. Mai, tagte der Bundesverband der Eltern von homosexuellen Kindern in Stuttgart und lud zu einer Podiumsdiskussion zur Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften ein. Vertreter aller Parteien waren da: Frau Vogt von der SPD, Herr Noll von der FDP und Herr Kotz, seines Zeichens CDU-Gemeinderat von Stuttgart. Alle Parteien auf dem Podium waren sich einig, dass man auf der einen Seite gesellschaftspolitische Bewusstseinsbildung braucht, aber auf der anderen Seite auch gesetzliche Bestimmungen verändern muss, um die Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zu verbessern.

In diesem Zusammenhang frage ich mich schon: Wo bleibt jetzt der Aufschrei der liberalen FDP,

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Kommt gleich!)

die sich doch auch für die Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften einsetzt? Kollege Kluck, ich wollte sagen: wenigstens auf Bundesebene. Ich hoffe, dass Sie sich auch in Baden-Württemberg nicht nur gegen das Alkoholverkaufsverbot oder für Personalien einsetzen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Doch!)

Nehmen Sie sich einmal ein Beispiel an Bayern. Selbst in Bay ern ist es der FDP gelungen, die CSU dazu zu bewegen, dieses Personenstandsgesetz umzusetzen.

(Zuruf von der SPD: Aber erst nach der Wahl!)

Daher würde ich mich freuen, in Baden-Württemberg die gleiche Initiative vonseiten der FDP zu erleben. Sonst hört man immer nur auf Podien etwas vom Kollegen Noll, aber das bleibt dann ohne Konsequenzen.

Abschließend: Gleiche Rechte und gleiche Pflichten, das ist ein faires Prinzip. Da lassen wir auch nicht locker. Unser Ziel heißt: Volle Gleichberechtigung für eingetragene Lebenspartnerschaften.

(Beifall bei den Grünen)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich Herrn Abg. Kluck das Wort.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die Ohnmacht der FDP!)

Geduld, Herr Schmiedel, Geduld.