Protokoll der Sitzung vom 13.05.2009

Wir halten es für skandalös, dass Oettinger sich vor die Manager stellt.

Was haben Sie denn in den letzten Tagen getan?

(Zuruf des Abg. Ingo Rust SPD)

Sie haben doch exakt das Gegenteil erzählt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Das ist ja lächerlich! – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Zuerst haben Sie sich empört über die Entscheidung der Trägerversammlung, und danach haben Sie kritisiert, dass sich der Herr Ministerpräsident vor die Mitarbeiter stellt. Sie erzählen im Moment genau das Gegenteil dessen, was Sie noch vor zwei Monaten gesagt haben. Deshalb ist Ihre Empörung unehrlich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Claus Schmiedel: Sie wollen jetzt wieder mehr bezahlen! – Unruhe)

Sie wollten heute den Nachweis erbringen, dass die Koalition, wie Sie sagen, nicht handlungsfähig sei. In Wahrheit haben Sie nur Ihre trostlose eigene Situation in gerade fünf Minuten vorgeführt, Herr Schmiedel. Das ist die Tatsache, die wir heute wieder einmal erkennen konnten.

(Oh-Rufe von der SPD – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das ist schon zum Jammern! Das stimmt! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Ablenkungsmanö- ver!)

Sie haben mit Ihrem heutigen Auftritt wieder einmal gezeigt: Sie haben weder die Konzepte noch die Köpfe, um BadenWürttemberg aus irgendeiner Krise zu führen.

Jetzt schauen wir uns einmal an, was die SPD in verschiedenen Punkten vorschlägt.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Wer hat Ihnen das denn aufgeschrieben?)

Sie sagen verschiedentlich, dass wir mehr Geld für die Mittelständler brauchen, dass wir Staatsbeteiligungen brauchen,

dass wir als Staat in die Unternehmen hinein müssen. Ich kann nur fragen: Wie wollen Sie das machen? Gibt das Land einfach nur freimütig Geld nach dem Gießkannenprinzip, oder sitzt in Zukunft bei jedem Mittelständler ein Staatskommissar am Tisch? Wie wollen Sie auf Basis der Politik, die Sie machen, Wettbewerbsverzerrungen verhindern? Ich kann Ihnen nur sagen: Ich empfehle in diesem Fall etwas mehr Steinbrück und etwas weniger Schmiedel.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Sehr originell!)

Als kleine Orientierungshilfe: In Ihrem selbst produzierten politischen Nebel, Herr Schmiedel, darf ich vielleicht Ihren stellvertretenden Parteivorsitzenden zitieren, den Bundesfinanzminister. Er hat vor Kurzem gesagt:

Wir sollten abwarten, welche Kraft unsere bereits beschlossenen Maßnahmen entfalten, und nicht schon wieder zappelig werden.

Herr Schmiedel, ich fordere Sie auf: Hören Sie endlich auf, den Zappelphilipp der Landespolitik zu geben! Unterstützen Sie unsere Politik!

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Oh-Rufe von der SPD – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Schwache Verteidigung! – Zurufe: Bärlauch!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ich möchte hören, was die Grünen vom Bärlauch wissen!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, am letzten Freitag lief um 8:30 Uhr die Meldung über den Ticker: „Oettinger stärkt LBBW-Chef erneut den Rücken.“ Grundlage – das sagten Sie vor über tausend Mitarbeitern der LBBW –: „Herr Jaschinski hat mein Vertrauen.“ Am selben Tag um 12:00 Uhr lautete die Meldung: „Oettinger: LBBW-Chef Jaschinski wird abgelöst.“ Dies geschah mit Ihrer Zustimmung.

Herr Ministerpräsident, ich frage Sie: Wenn Sie in Zukunft vor Belegschaften auftreten und ihnen Unterstützung zusichern – dazu werden in der Krise Anlässe bestehen –, können Sie dann noch Vertrauen erwarten?

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Jeder weiß, dass sich Wirtschaftskrisen dieses Ausmaßes sofort zu Vertrauenskrisen entwickeln: Vertrauenskrisen zwischen den Banken, Vertrauenskrisen der Unternehmer. Jeder will wissen: Wie geht es weiter? Das hemmt ihre Investitionsentscheidungen. Es gibt auch eine Vertrauenskrise der Menschen in die Politik.

Vertrauen ist die Grundlage, um aus der Krise herauszukommen. Vertrauen kann man nur schaffen, wenn man die Dinge in der Sache genauer durchdenkt und gründlicher berät und dann besonnen und kraftvoll handelt.

Was macht die Landesregierung? Sie führt eine öffentliche Debatte über die Ablösung des Chefs der Landesbank Baden

Württemberg. Es ist an sich schon unprofessionell, solch eine Debatte öffentlich zu führen. Solche Debatten führen Koalitionsfraktionen, wenn sie der Meinung sind, dass sich etwas ändern muss, in der Regel hinter verschlossenen Türen und fällen dann schnell eine klare Entscheidung. Sie haben aber eine Entscheidung getroffen, die einen Keil zwischen die Träger getrieben hat. Die Stadt und die Sparkassen waren der Meinung, dass man an Jaschinski festhalten solle. Auch Sie haben dies öffentlich verkündet. Oberbürgermeister Schuster – er ist nun kein Mann, der nicht besonnen redet – spricht sogar von politischer Erpressung.

Jetzt kommt das Entscheidende: Sie führen die Debatte ohne Begründung. Sie sagen öffentlich gar nicht, was eigentlich die Gründe für diese Entscheidung sind. Das ist die eigentliche Katastrophe.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wenn wir als Opposition dies gefordert hätten, wäre uns gar nichts anderes übrig geblieben, als dies öffentlich zu machen. Dann hätten wir die Argumente vorgetragen, warum wir das geändert haben wollen. Aber wenn man dies argumentationslos mit allgemeinen Floskeln macht, dann muss der Eindruck entstehen, dass weitere Leichen im Keller liegen, die hier nicht benannt werden. Wenn nicht, könnten öffentlich die Gründe angeführt werden, warum man den einen will und den anderen nicht.

Aber vor allem haben Sie in der Vergangenheit hier Jubelarien über die Bank und ihren Chef gesungen. Dort, wo es um die Sache ging – im Ausschuss –, haben wir Herrn Dr. Jaschins ki Fragenkataloge vorgelegt. Von Ihnen hat man weder Kritik noch Vorschläge gehört.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ein solches Verhalten untergräbt Vertrauen, anstatt dass es Vertrauen aufbaut. Deshalb ist mir nicht nach Witzen zumute.

Man hat bei der politischen Profilierung – Biedenkopf, Seehofer, Rüttgers – schon gesehen, zu welchem gigantischen Schaden das für das Ansehen der Landesbanken geführt hat. Das, was Sie hier geboten haben, solche Entscheidungen aus politischer Ranküne und nicht aufgrund sachlicher Erwägungen zu treffen, kann sich auf das Rating dieser Bank nur negativ auswirken.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ich muss Sie, Herr Kollege Mappus, etwas fragen. Der Konflikt zwischen Ihnen und Oettinger ist ja nun bekannt.

(Lachen des Abg. Stefan Mappus CDU)

Aber dass Sie in einer Wirtschaftskrise hintenherum die Strippen ziehen – die FDP/DVP wird vorgeschickt, sie macht öffentlich den „machtpolitischen Kasper“ –

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen)

und Ihrem Ministerpräsidenten genau an diesem Punkt, bei dem ihm seine Kernkompetenz zugeschrieben wird und bei dem er sie zweifellos auch hat, nämlich in Fragen, um die es

hier geht, in den Rücken fallen, müssen Sie der Öffentlichkeit einmal erklären.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Jetzt kommt aber noch das Entscheidende: Sie und Herr Goll sitzen im Verwaltungsrat der LBBW. Was wird im Verwaltungsrat einer Bank eigentlich entschieden? Aufsicht und Strategie. Sie, die Sie im Verwaltungsrat sitzen, tragen also mit die Verantwortung für Fehlentwicklungen der Landesbank.

Jetzt haben Sie eigentlich nichts anderes gemacht, als sich aus dieser Verantwortung zu verabschieden, indem Sie hier eine öffentliche Ranküne vorgeführt haben. Das ist die Summe dessen, was Sie hier im Sieb haben. Das ist jämmerlich.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Kein einziges kritisches Wort haben wir dazu gehört. Das zeigt, in welch katastrophalem Zustand diese Koalition ist.

Nun kommt es zum nächsten Vertrauensverlust. Der Landtag hat einstimmig beschlossen – alle vier Fraktionen –, dass das Gehalt des Vorstandsvorsitzenden der LBBW gedeckelt wird. Jetzt verkünden Sie, das gehe nicht, Herr Vetter würde das Amt zu diesen Bedingungen nicht antreten, mit dieser Gehaltsobergrenze hätten Sie sich gar nicht erst auf die Suche nach einem Nachfolger für Herrn Dr. Jaschinski zu begeben brauchen.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Das ist aber der entscheidende Punkt für die Bevölkerung. Die Bevölkerung wird sagen: „Endlich zieht das Parlament hier einmal die Zügel an. Es deckelt die Bezüge der Vorstandsvorsitzenden.“ Dann gibt es hier ein Ränkespiel, und sofort wird die Deckelung wieder aufgehoben. Wie soll die Bevölkerung Vertrauen in die Politik fassen, wenn einstimmige Beschlüsse einfach mit einem Federstrich übergangen und ignoriert werden? Das kann nicht sein.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)