Protokoll der Sitzung vom 17.06.2009

Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich versuche auch, jede Frage nach Möglichkeit nur einmal zu stellen.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Das ist gut! – Abg. Volker Schebesta CDU: Wenn die Frage beantwortet ist, dann ist es ja auch gut!)

Ich frage im Namen der SPD-Fraktion die Landesregierung zum Fall Friedl:

(Abg. Stefan Mappus CDU: Schon wieder?)

Herr Minister Frankenberg, zum Thema Friedl hat sich ja eine neue Situation ergeben, nachdem seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis nunmehr vollzogen ist. Vor diesem Hintergrund stellen sich im Wesentlichen zwei Fragen.

Erster Teil: Wir haben in der letzten Plenarsitzung beschlossen und Sie aufgefordert, die Rechte des Landes Baden-Würt temberg gegen den Chirurgen sicherzustellen, insbesondere im Hinblick auf Schadensersatzansprüche oder andere Ansprüche des Landes, die sich gegen den nunmehr entlassenen Chirurgen richten können.

Meine erste Frage ist: Was haben Sie bisher zur Sicherung dieser Ansprüche des Landes unternommen? Nachdem die Entlassung vollzogen und das Disziplinarverfahren beendet ist, besteht ja die Gefahr, dass bestimmte Vorgänge überhaupt nicht mehr aufgeklärt werden, die in dem Disziplinarverfah

ren, wenn es weitergeführt worden wäre, hätten aufgeklärt werden können. Zahlreiche Dinge sind noch nicht ermittelt und aufgeklärt. Wie stellen Sie sich also die Sicherung weiterer Ansprüche vor, und was haben Sie bisher dazu unternommen?

Der zweite Punkt: Entgegen dem Eindruck, den Sie erweckt haben, ist der Fall Friedl mit dessen Entlassung ja keineswegs abgeschlossen. Es ist nun damit zu rechnen, dass Friedl seine Forderungen aus dem mit Ihnen abgeschlossenen Vergleich einklagen wird. Sie haben sich bisher auf die Auffassung versteift, dass dieser Vergleich mit der Entscheidung des VGH hinfällig geworden sei und deshalb nicht bezahlt werden müsse. Wenn das so wäre, wäre es ja gut. Woher nehmen Sie aber eigentlich die Erkenntnis, dass dieser Vergleich hinfällig ist? Das ist Ihre einseitige Wertung. Ein Vergleich ist ein Vertrag. Er wird nicht einfach dadurch hinfällig oder ungültig, dass ihn eine Seite nicht mehr erfüllt, erfüllen will oder nicht mehr erfüllen zu müssen glaubt.

Damit stellt sich mit anderen Worten die Frage: Haben Sie diesen Vergleich wirksam angefochten? Halten Sie diesen Vergleich für nichtig? Glauben Sie, dass die Geschäftsgrundlage weggefallen ist? Das wären rechtliche Ansatzpunkte, wie Sie vielleicht um diesen Vergleich herumkommen. Entschieden wird das letztlich von einem Gericht, das diesen Vergleich für ungültig oder für nicht mehr erfüllbar erklären müsste. Auf diese Entscheidung müssen wir gegebenenfalls warten.

Nachdem Sie in der Vergangenheit alles unternommen haben, um diesen Vergleich zu rechtfertigen, ihn für rechtens zu erachten, frage ich Sie, wie Sie Ihre Position begründen. Sie haben früher erklärt, Sie hätten sich dazu rechtlich beraten lassen. Wie sieht dieses Rechtsgutachten aus? Mit welchen Erwartungen gehen Sie in die weiteren Auseinandersetzungen mit Friedl? Aus unserer Sicht kann es nicht so sein, dass die Sache jetzt geräuschlos beerdigt wird und sozusagen mit einer „Schwamm-drüber-Politik“ weitere Ermittlungen unterbleiben. Dazu hätten wir gern eine Antwort.

(Beifall bei der SPD)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Wissenschaftsminister Dr. Frankenberg das Wort.

Herr Präsident, Herr Stickelberger, meine Damen und Herren! Zunächst einmal zu der Entlassung von Herrn Friedl. Es gab drei gute Gründe dafür:

Erstens: Es gibt überhaupt keinen Grund, ihn nicht zu entlassen.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Das hätten Sie schon vorher machen können! – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Ihn ohne vorherigen Vergleich zu entlassen!)

Zweitens: Ein Beamter, der einen Antrag auf Entlassung stellt, muss entlassen werden. Es gibt gar keine rechtliche Alternative. Er hat jetzt noch eine Frist, während der er Einspruch

einlegen kann. Aber er muss dann triftige Gründe gegen seine Entlassung vorbringen. Die Möglichkeit solcher triftigen Gründe sehe ich persönlich nicht.

Drittens: Die Inanspruchnahme von Ansprüchen ihm gegenüber ist unabhängig davon, ob er noch Beamter ist oder nicht.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Beweise gehen ver- loren!)

Wir haben Ansprüche. Wenn wir sie haben, können wir sie ihm gegenüber durchsetzen, egal, ob er jetzt noch verbeamtet ist oder nicht.

Es gibt Ansprüche des Klinikums in Höhe von 150 000 €. Wir haben uns wegen bestimmter Dinge an das LBV gewandt, um eventuelle Ansprüche, was Gehaltszahlungen betrifft, noch geltend zu machen. Da aber die Tatsache, dass er entlassen werden musste, bedeutete, dass auf keinen Fall das Disziplinarverfahren weitergeführt werden konnte, hatten wir gar keine Wahl zwischen Entlassung und Weiterführung des Disziplinarverfahrens. Das ist uns rechtlich gar nicht möglich. Insofern konnten wir den Schritt, den Sie jetzt erwägen, nämlich uns durch die Weiterführung des Disziplinarverfahrens und die Nichtentlassung alle Ansprüche ihm gegenüber offenzuhalten, rechtlich gar nicht gehen.

Wir haben mit der Entlassung eigentlich alle Punkte, die man mit einem Disziplinarverfahren hätte erreichen können, erreicht: die Entlassung aus dem Dienst, die Einstellung der Zahlung der monatlichen Bezüge, den Verlust der Pensionsansprüche und lediglich die Abgeltung einer Mindestversicherung im Angestelltenverhältnis, die er erhält. Insofern gab es zu dem Vorgehen gar keine Alternative. Ich glaube auch, dass das Vorgehen gerechtfertigt ist und dass es wesentlich rascher und sicherer zu seiner endgültigen Entfernung aus dem Dienst geführt hat, als ein Disziplinarverfahren das hätte erreichen können.

Was den Vergleich betrifft, haben wir ihm mitgeteilt, dass die Entlassung aus dem Dienst unserer Ansicht nach nicht im Zusammenhang mit dem Vergleichsvertrag steht, sondern davon unabhängig ist und unsere Einstellung zu dem Vergleichsvertrag – dass wir ihn als unerfüllbar betrachten – nicht tangiert. Er war also in Kenntnis dieser unserer Haltung, als er seinen Antrag auf Entlassung nicht zurückzog, sondern uns seine Entlassung aussprechen ließ. Das heißt, er ist jetzt bewusst das Risiko eingegangen – er oder sein Anwalt –, entlassen zu sein und, wenn unsere Rechtsposition trägt – davon bin ich überzeugt –, keine Abfindung zu erhalten.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Worauf gründet sie sich?)

Wir halten den Vergleich aufgrund des Urteils des VGH Mannheim für nicht erfüllbar, weil ein wesentlicher Bestandteil des Vertrags, nämlich die Erledigterklärung gegenüber dem VGH Mannheim, dadurch, dass ein Urteil ergangen ist, nicht mehr erfüllt werden kann.

Weitere prozesstaktische Details, wie wir jetzt verfahren, wenn wir ein Verfahren erwarten, kann ich hier nicht öffentlich machen. Wir haben erklärt: Wir erfüllen den Vergleich nicht. Jetzt muss man auf Erfüllung klagen. Nicht wir klagen gegen den Vergleich. Prozesstaktische Details, die wir jetzt

anführen können, um unseren Standpunkt, nämlich den Vergleich nicht zu erfüllen, durchzusetzen, möchte ich nach Möglichkeit nicht öffentlich thematisieren.

Eine weitere Frage, Frau Abg. Sitzmann.

Herr Minister, wir begrüßen es, nachdem wir Grünen seit 2004 auf eine Entlassung von Herrn Friedl hinarbeiten, dass diese Entlassung nun in sehr greifbare Nähe gerückt ist. Die Entlassungsurkunde ist ausgehändigt. Wir gehen davon aus, dass die Entlassung auch tatsächlich vollzogen wird.

Allerdings ist es natürlich schon so, wie der Kollege Stickelberger gesagt hat, dass es eine Vielzahl von offenen Fragen gibt, was die Aufarbeitung der Vergangenheit betrifft, z. B. die Frage, wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass dieser Vergleich abgeschlossen wurde. Das wird uns, denke ich, sicherlich noch beschäftigen müssen, auch was Konsequenzen betrifft.

Konkret zum Hintergrund dieses Falls möchte ich Sie fragen, welche Rolle denn der Aufsichtsrat des Freiburger Uniklinikums in Bezug auf diese Entscheidung zum Vergleich gespielt hat. Dazu gab es in der Presse unterschiedliche Ausführungen. Z. B. hat es geheißen, dass sich der Aufsichtsrat des Klinikums Freiburg im Januar 2008 gegen eine Fortführung des Disziplinarverfahrens ausgesprochen habe. Das klingt so, als hätten Sie sich diesem Votum oder dieser Beschlusslage des Aufsichtsrats gefügt. In einer anderen Zeitung, und zwar in „Der Sonntag in Freiburg“, heißt es, der Aufsichtsrat solle – so Frankenberg – die Interessen der Uniklinik im Disziplinarverfahren nicht mehr gewahrt gesehen haben. Dort wird die Frage gestellt, ob Herr Heribert Knorr, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Uniklinik und zugleich Ministerialdirigent, für diesen Vergleich mit Friedl plädiert hat.

Der Aufsichtsrat, Frau Sitzmann, hatte in dieser Zeit mehrere Vorsitzende. Der Aufsichtsrat hat relativ früh in seiner Erkenntnis, dass das Disziplinarverfahren nicht zu einem erfolgreichen Ende – das heißt, mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst – geführt werden konnte, den Beschluss gefasst, einen Vergleich mit Professor Friedl zu suchen.

Ich habe, wie Sie wissen, dennoch das Disziplinarverfahren bis zum Zwischenbericht des ermittelnden Richters in der Vorermittlung fortgeführt und dann erst mein Plazet zu diesem Vergleich gegeben. Der Aufsichtsrat hat dann diese Vergleichsbeschlüsse, die er vorher schon gefällt hatte, wieder aufgegriffen.

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abg. Stickelberger.

Herr Minister, zur Entlassung folgende Frage: Sie haben in der letzten Plenarsitzung erklärt, das Disziplinarverfahren würde fortgeführt, obwohl der Antrag auf Entlassung zu diesem Zeitpunkt schon vorlag. Haben Sie sich also in Ihrer rechtlichen Bewertung vor wenigen Wochen geirrt, oder wie erklären Sie sich diese unterschiedliche Bewertung?

Die zweite Frage: Die Anwälte Friedls haben oder er selbst hat angekündigt, er würde durch einen namhaften Verfassungsrechtler eine Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf die Entscheidung des VGH wegen der Privatliquidation einlegen. Ist Ihnen bekannt, ob diese Verfassungsbeschwerde erhoben wurde?

Herr Minister.

Zu der ersten Frage: Herr Stickelberger, es ist klar, dass wir, wenn er in Kenntnis der Tatsache, dass wir den Vergleich nicht erfüllen würden, nicht hätte entlassen werden wollen, dann das Disziplinarverfahren fortgesetzt hätten. Da aber ein Beamter entlassen werden muss, wenn er den Antrag darauf gestellt hat, war die Alternative von vornherein klar: Wenn er auf der Entlassung besteht, dann ist das Disziplinarverfahren gar nicht fortführbar. Das musste aber damals auch jedem klar sein. Ich persönlich war davon ausgegangen, dass er auf seiner Entlassung nicht bestehen würde.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Und die zweite Fra- ge?)

Meiner Erkenntnis nach ja. Das zeigt auch, für wie erheblich die Gegenseite das Urteil von Mannheim hält.

Keine weiteren Zusatzfragen, weil eine Stunde vorbei ist. Ich kann deshalb keine weiteren Fragen zulassen.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Man kann es ja probieren!)

Vielen Dank, Herr Minister.

Punkt 6 der Tagesordnung ist damit abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Mit nachhaltigen Investitionen in Wissenschaft und Forschung Zukunftschancen sichern – beantragt von der Fraktion der CDU

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat für die Aktuelle Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Redner in der zweiten Runde gilt jeweils eine Redezeit von fünf Minuten.

Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an die vorgegebenen Redezeiten zu halten.

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Schüle das Wort.