Protokoll der Sitzung vom 18.06.2009

Ist es nicht richtiger, dass die Patienten per Fuß in Richtung Fachärzte laufen und das Fachärztesystem dadurch gestärkt und gefördert haben, dass sie direkt hingegangen sind, und die Frau Gesundheitsministerin das durch die Praxisgebühr eigentlich etwas einschränken wollte, indem die Praxisgebühr – –

(Zuruf von der CDU: Die Redezeit ist um! – Abg. Thomas Blenke CDU: Können Sie das nochmals zu- sammenfassen, Herr Winkler? – Unruhe)

Die konnten ja direkt zu den Fachärzten gehen. Bezahlen müssen sie es, wenn sie über die Hausärzte gehen, nicht.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Alfred, jetzt re- dest du dich um Kopf und Kragen! – Heiterkeit)

Durch die Gesundheitsministerin wird also das Gegenteil gemacht, eine Linie eingezogen: nicht um die Fachärzte zu schützen, sondern um die Hausärzte und Landärzte zu schützen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei der CDU)

Kollege Winkler, vielen Dank für dieses Koreferat. Das gibt mir auch gleich das Stichwort:

(Abg. Stefan Mappus CDU: Können Sie die Frage wiederholen? – Heiterkeit)

Eigentlich ist hier auch die Selbstverwaltung gefragt. Wenn wir die Einkommensskala der Ärzte anschauen, stellen wir fest: Unter den gut verdienenden finden sich in erster Linie die Fachärzte; die Hausärzte und Allgemeinärzte befinden sich gerade einmal an vorletzter Stelle. Deshalb erwarte ich auch von der Selbstverwaltung, dass der Arbeit von Haus- und Allgemeinärzten hier endlich einmal angemessen Rechnung getragen wird und sie auch besser entlohnt werden.

(Beifall bei der SPD – Abg. Norbert Zeller SPD: So ist es!)

Ich komme zurück zum Vertragsarztrechtsänderungsgesetz. Das Bundesgesundheitsministerium hat schon im Jahr 2007 reagiert – im Gegensatz zur Landesregierung, die gerade in diesem Jahr 2009 einmal anfängt, gemeinsam mit dem Sozialministerium und dem Ministerium Ländlicher Raum regionale Gesundheitskonzepte zu erstellen.

Dieses Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, das der Bund auf den Weg gebracht hat, besagt, dass Ärzte zukünftig nicht mehr am Ort der Praxis wohnen müssen. Es sind Teilniederlassungen möglich, und beim Honorarsystem können ab 2010 regionale Zuschläge für Ärzte im ländlichen Raum gezahlt werden.

Ich habe bisher von der Landesregierung, der Sie zum Teil angehören, noch nichts Ähnliches gehört, Herr Kollege.

(Zuruf des Abg. Andreas Hoffmann CDU)

Es wird nur gejammert und auf Ulla Schmidt gezeigt. Das ist klar. Demnächst ist Bundestagswahl. Aber den Blick darauf, wie Ihre Gesundheitsversorgung aussieht – mit der Kopfpauschale, die ja sehr unsozial gehandhabt wird –, will ich mir nicht „gönnen“.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Aber das von der SPD ist sozial? 3,5 Mil- liarden! Ein Moloch!)

Die Altersgrenze wurde mittlerweile aufgehoben. Das ist Ihnen vielleicht nicht bekannt, Herr Kollege Hoffmann. Sie lag bisher bei 55 Jahren; zukünftig wird sie aufgehoben sein.

In den Honorarstreit hat sich auch der Ministerpräsident dieses Landes eingemischt. Diese Honorarreform – ich sage es noch einmal ganz deutlich –, die Umstellung, war auf Euro und Cent von den Ärzten so gewünscht. Er hat sich in den Honorarstreit eingemischt. Die Selbstverwaltung war sehr, sehr ru

hig. Ich habe bis heute noch keine konkreten Vorschläge gehört, wie die Ärztehonorierung zukünftig bewerkstelligt werden soll. Er hat mit der Kanzlerin – ich weiß nicht, wann er das gemacht hat; vielleicht haben sie abends einmal bei einem Gläsle zusammengesessen – 140 Millionen € auf den Weg gebracht.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sagt er!)

Sagt er. – Aber aus welchem Topf diese 140 Millionen € kommen – – Jetzt ist er gerade nicht da. Vielleicht telefoniert er mit Angela Merkel, um weitere Millionen für das Land locker zu machen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Aber die kommen doch gar nicht an! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wo sind sie denn?)

Ich würde heute schon gern eine Antwort haben, aus welchem Topf diese 140 Millionen € kommen. Vielleicht kann mich da jemand aufklären.

(Zuruf des Abg. Andreas Hoffmann CDU)

Aber Sie wissen das auch nicht, Kollege Hoffmann.

(Zuruf des Abg. Andreas Hoffmann CDU)

Ach je; das tut mir aber leid.

Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie sich ein mischt, dass sie die Selbstverwaltung dazu auffordert, regionale Konzepte zu erstellen. Wir brauchen im ländlichen Raum eine ordentliche Versorgung. Das ist kein Thema.

Ich will nicht nur über Telemedizin zwischen Arzt und Patient verhandeln, sondern ich will, dass die Leute vor Ort, auch im ländlichen Raum, gut versorgt sind. Auch da ist die Landesregierung in der Pflicht. Bisher habe ich leider noch keine konkreten Ergebnisse von dieser Landesregierung gehört. Die Weichen in Berlin sind zum Teil gestellt, aber ich wünschte mir natürlich auch hier Aktivitäten. Uli Noll stellt wahrscheinlich schon seine nächste Anfrage, aber in Baden-Württemberg geschieht leider nichts.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Uli macht das!)

Sie sind über die Rechtsaufsicht im Sozialministerium dafür verantwortlich, dass hier eine ordentliche Versorgung stattfindet.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Mielich.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Da hilft der Landarzt auch nichts!)

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich über die Debatte „Der Landarzt – ein Auslaufmodell?“, die die FDP/DVP beantragt hat, sehr gefreut. Es ist eine sehr aktuelle Debatte, wie ich finde.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Sie ist in der Auswirkung sehr aktuell und konkret, vor allem wenn es darum geht, die Konsequenzen aus der Einführung des Gesundheitsfonds und auch aus der Einführung der Honorarreform zu benennen. Wir haben nun das Pech, in diesem Jahr beides bekommen zu haben: zum 1. Januar 2009 die Gesundheitsreform und damit verbunden auch die Honorarreform, an der seit Jahren gearbeitet worden ist und die letztendlich ein Ergebnis der Verhandlungen der Selbstverwaltungsorgane war.

(Unruhe)

Jetzt warte ich ein bisschen, bis wieder Ruhe ist.

(Abg. Ute Vogt SPD: Der Präsident muss noch Ge- spräche führen und kann nicht für Ruhe sorgen!)

Die Honorarreform ist ja ein Ergebnis der Verhandlungen der Selbstverwaltungsorgane, der Kassenvertreter mit der Kassenärztlichen Vereinigung auf Bundesebene gewesen. Das, was letztendlich dabei herausgekommen ist, war genau das, was die Ärzteschaft insgesamt wollte, nämlich weg von dem Punktesystem, hin zu einem System, das anscheinend deutlich transparenter ist.

Aber die Mängel, die zu beklagen sind, sind sehr deutlich. Das ist auch immer wieder gesagt worden. Ich finde, die Ärzteproteste sind sehr berechtigt. Denn es ist von der Kassenärztlichen Vereinigung aus nicht gelungen, mit der Honorarreform eine vernünftige Steuerung hinzubekommen und die Ärztegruppen, die für die Basisversorgung zuständig sind, auch für die Basisversorgung im ländlichen Raum, die Landärzte, deutlich zu stärken.

Das ist auch eine Frage an die FDP. Sie stärken immer das Selbstverwaltungsorgan Kassenärztliche Vereinigung. So, wie sich die Kassenärztliche Vereinigung verhalten hat, die einerseits verantwortlich für die Honorarreform war und sich auf der anderen Seite hinterher, als die Proteste kamen, an die Spitze des Protestes gesetzt und eine entsprechende Anzeigenkampagne gestartet hat, war das wirklich ziemlich daneben.

(Beifall bei den Grünen)

Es hat gezeigt, dass man die Frage stellen muss, ob diese Form der Selbstverwaltung tatsächlich noch zeitgemäß ist, wenn letztendlich solche schrägen Ergebnisse dabei herauskommen.

Dennoch ist die Analyse, die von allen meinen Vorrednerinnen und Vorrednern aufgestellt worden ist, richtig. Wir haben zunehmend Schwierigkeiten, die medizinische Versorgung im ländlichen Raum sicherzustellen. Wir haben vor allem Probleme, wenn es darum geht, die Hausarztversorgung sicherzustellen. Wir haben – auch das ist schon gesagt worden – einen ziemlich hohen Anteil älterer Ärzte. 20 % der Hausärzte in Baden-Württemberg sind mittlerweile 60 Jahre und älter. Das heißt, die Frage, wer die Praxen übernimmt, ist aktuell. Genau da liegt die Schwierigkeit, denn die Praxen sind vielfach so unattraktiv, dass sie eben nicht übernommen werden. Das heißt, sie stehen leer, oder die Ärzte müssen eben entsprechend länger arbeiten. In der Konsequenz wird dies bedeuten, dass es vor allem im ländlichen Raum immer schwieriger wird, die medizinische Basisversorgung sicherzustellen.

Das Ergebnis dieser Analyse ist klar; da sind wir uns auch überfraktionell einig. Nun kommt es darauf an, zu schauen, was wir tun können. Es macht überhaupt keinen Sinn, zu sagen: Das kommt von Ulla Schmidt. Das kann man natürlich sagen. Aber daran sind auch Sie von der CDU beteiligt. Sie können sich nicht reinwaschen und sagen: Das ist die SPD. Sie sind genauso daran beteiligt.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Ich nicht! – Gegen- ruf der Abg. Ute Vogt SPD: Das stimmt!)

Es gibt nun einmal die Große Koalition. Sie tragen die Ergebnisse mit. Frau Merkel ist eine der entschiedendsten Befürworterinnen der Einführung des Gesundheitsfonds gewesen. Erinnern Sie sich bitte einmal daran.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Ich habe wirklich großes Verständnis für die Proteste der Ärzte. Ich habe aber kein Verständnis für das, was Sie von der FDP im Rahmen der MEDI-Proteste gemacht haben. Wenn Sie sich hinstellen und den Leuten ohne Realitätsbezug das Blaue vom Himmel versprechen,