Meine Damen und Herren, unter den Gästen auf der Zuhörertribüne begrüße ich besonders den Präsidenten des Staatsgerichtshofs, Herrn Eberhard Stilz.
Durch Ablauf der Amtszeit sind am 20. Juli 2006 folgende Mitglieder des Staatsgerichtshofs ausgeschieden: aus der Gruppe der Berufsrichter: Hans Georgii, Präsident des Landgerichts a. D. und ständiger Stellvertreter des Vorsitzenden des Staatsgerichtshofs; aus der Gruppe der stellvertretenden Berufsrichter: Michael Hund, Richter am Bundesverwaltungsgericht; aus der Gruppe der Mitglieder mit der Befähigung zum Richteramt: Professor Dr. Joachim von Bargen, Präsident des Verwaltungsgerichts a. D.; aus der Gruppe der stellvertretenden Mitglieder mit der Befähigung zum Richteramt: Dr. Manfred Oechsle, Oberbürgermeister a. D.; aus der Gruppe der Mitglieder ohne Befähigung zum Richteramt: Professor Dr. Wolfgang Jäger; aus der Gruppe der stellvertretenden Mitglieder ohne Befähigung zum Richteramt: Professor Dr. Eberhard Jüngel.
Wir haben heute die in Artikel 68 Abs. 3 der Landesverfassung vorgeschriebenen Ergänzungswahlen und die Wahl des ständigen Stellvertreters des Vorsitzenden des Staatsgerichtshofs durchzuführen.
Zudem ist eine Nachwahl für die restliche Amtszeit des bis zum 20. Juli 2012 gewählten stellvertretenden berufsrichterlichen Mitglieds Dr. Franz-Christian Mattes notwendig, der jetzt als Nachfolger für Herrn Hans Georgii zum berufsrichterlichen Mitglied und ständigen Stellvertreter des Vorsitzenden des Staatsgerichtshofs bestellt werden soll.
Nach § 2 Abs. 2 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof ist bei den Ergänzungswahlen für jede Gruppe gesondert zu wählen. Es wurden deshalb für jede der drei Richtergruppen verschiedenfarbige Stimmzettel vorbereitet und auf Ihre Tische gelegt.
Der blaue Stimmzettel ist für die Wahl des Berufsrichters und ständigen Stellvertreters des Vorsitzenden des Staatsgerichtshofs sowie für die Wahl des stellvertretenden Berufsrichters und die Nachwahl eines stellvertretenden Berufsrichters vorgesehen.
Der gelbe Stimmzettel ist für die Wahl des Mitglieds mit der Befähigung zum Richteramt und des stellvertretenden Mitglieds mit der Befähigung zum Richteramt bestimmt.
Der rote Stimmzettel schließlich ist für die Wahl des Mitglieds ohne Befähigung zum Richteramt und des stellvertretenden Mitglieds ohne Befähigung zum Richteramt gedacht.
Sie finden auf Ihren Tischen einen gemeinsamen Wahlvorschlag der Fraktion der CDU und der Fraktion der SPD (Anlage 2). Die Wahlvorschläge sind auf den Stimmzetteln vermerkt. Bitte kreuzen Sie auf den Stimmzetteln an, wen Sie wählen wollen. Sie sind an die Vorschläge der Fraktionen nicht gebunden. Sie können Namen streichen und durch andere ersetzen.
Meine Damen und Herren, die Mitglieder des Staatsgerichtshofs und der ständige Stellvertreter des Vorsitzenden des Staatsgerichtshofs werden gemäß § 97 a Abs. 3 der Geschäftsordnung ohne Aussprache in geheimer Abstimmung gewählt. Füllen Sie daher bitte die drei Stimmzettel aus, und legen Sie diese dann in die Wahlurnen.
Ist noch jemand im Saal, der abzustimmen wünscht? – Das ist nicht der Fall. Damit schließe ich die Wahlhandlung und bitte die beiden Schriftführer, das Ergebnis festzustellen. Ich werde das Wahlergebnis nach dem nächsten Tagesordnungspunkt bekannt geben.
Aktuelle Debatte – Verschlechterungen der Mieterrechte durch CDU und FDP/DVP – beantragt von der Fraktion der SPD
Es gelten die üblichen Redezeiten: jeweils fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und jeweils fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie sollten sich wirklich setzen, denn es könnte sonst sein, dass Sie umfallen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Win- fried Mack CDU: Witzle gemacht! – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Bundesratsinitiative der Landesregierung zur Verschlechterung der Rechte der Mieter ist unanständig, sie ist scheinheilig, und sie ist dumm.
Die Bundesratsinitiative hat das erklärte Ziel, die Mieten in Baden-Württemberg in die Höhe zu treiben,
und durch die Verkürzung der Schonfrist für die Begleichung ausstehender Mietzahlungen von zwei Monaten auf einen Monat sollen die Voraussetzungen dafür verbessert werden, dass in Not geratene Mieter schneller auf der Straße landen.
Diese beiden Ziele sind unanständig und verwerflich. Sie treffen insbesondere auch Familien mit Kindern, und sie offenbaren einmal mehr das Gerede vom Kinderland BadenWürttemberg als verlogene Propaganda.
Die Behauptung in der Begründung der Initiative, mit der Verschlechterung der Rechte für die Mieter ließe sich der Wohnungsbau in Baden-Württemberg stimulieren, ist ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht.
In keinem Jahr der vergangenen Jahrzehnte gab es irgendeinen Zusammenhang zwischen dem Wohnungsbau und der Verschärfung der Mietrechte oder der Lockerung der Mietrechte. Deshalb ist es heuchlerisch, wenn Sie Ihre Initiative zur Verschlechterung der Rechte der Mieter damit begründen, dass es in Baden-Württemberg wachsende Wohnungsnot gibt. Und Ihre Initiative ist ausgesprochen dumm; denn sie hat in Berlin keinerlei Chance auf eine Mehrheit.
Meine Damen und Herren, die Bundesratsinitiative der Landesregierung liegt weitab jeglicher Realität. Nehmen wir die Mietpreise. In der Initiative wird bejammert, dass die Vermieter innerhalb von drei Jahren die Mieten nur um 20 % erhöhen könnten. Die Landesregierung will dies in die Höhe treiben. Natürlich stimmt es, dass beispielsweise in Stuttgart in den vergangenen zwölf Jahren die Mieten nominell in etwa gleich geblieben sind – nur mit dem Unterschied: Früher waren es D-Mark, heute sind es Euro. Das
heißt, die Mietpreise haben sich in Stuttgart in zwölf Jahren verdoppelt, und zwar bei stagnierenden Grundstückspreisen und bei stagnierenden Baupreisen.
Dies reicht Ihnen immer noch nicht aus. Die Mieten fressen schon heute den größten Teil des verfügbaren Einkommens der Arbeitnehmerfamilien auf. Sie wollen diesen Anteil noch weiter in die Höhe treiben. Sie wollen die Erhöhung der Mietpreise, indem Sie innerhalb von drei Jahren von 20 auf 30 % gehen, um 50 % erhöhen. Dies ist schlicht Wahnsinn!
Die Verkürzung der Schonfrist begründen Sie damit: „Das spielt in der Praxis keine Rolle. Innerhalb der Schonfrist von zwei Monaten werden ausstehende Mieten kaum beglichen.“ Tatsache ist, dass allein in Stuttgart beim Sozialamt jedes Jahr 750 Räumungsklagen eingehen. Das sind 60 % aller Räumungsklagen in der Stadt Stuttgart.
Das heißt, 40 % der Mieter können sich selbst helfen. Bei mindestens 60 % ist die Schonfrist relevant, innerhalb derer das Sozialamt noch erklären kann: „Wir treten für die Mieter ein“, damit diejenigen, die in Not geraten sind, nicht auf der Straße landen. Deshalb wehrt sich auch die Fachstelle zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit in der Stadt Stuttgart vehement gegen diese Verkürzung der Schonfrist.
Bleibt die Frage: Welche Chance auf Realisierung hat diese Bundesratsinitiative? Da ist die Frage relevant: Stimmt die Behauptung der Landesregierung, dass die Rechte der Mieter so viel umfangreicher seien als die Rechte der Vermieter? Hierzu möchte ich ausnahmsweise auch in einer Aktuellen Debatte einen kleinen Abschnitt wörtlich zitieren:
Das aktuelle Mietrecht trägt den unterschiedlichen Interessen Rechnung. Es hat zu einem besseren Verhältnis zwischen Mietern und Vermietern beigetragen. Ich sehe daher keinen Grund, an dem geltenden Gesetz etwas zu ändern.
(Heiterkeit bei der SPD – Abg. Reinhold Gall SPD: Unsere? – Beifall des Abg. Gustav-Adolf Haas SPD – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Da strahlt er ganz! Es gibt auch gute Frauen an der Spitze!)
Unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel von der CDU. Jetzt muss man sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen: Mit dem aktuellen Mietrecht meint sie das Mietrecht von Rot-Grün – 2001 novelliert. Unsere Bundeskanzlerin von der CDU
lobt das Mietrecht von Rot-Grün: „Es hat zu einem besseren Verhältnis zwischen Mietern und Vermietern beigetragen.“
Daran ist vieles bemerkenswert, aber vor allem eines: Sie kommen gar nicht vor, Sie werden gar nicht gebraucht!