Schauen wir einmal, worum es bei den Punkten im Einzelnen geht. Es ist ja mehr als erstaunlich, dass Sie deswegen so tief in die verbale Kiste greifen.
Nehmen wir die erste Möglichkeit, die einer Veränderung der Kündigungsfrist, die nach einer Reihe von Jahren – eine Wohnung mietet man in den meisten Fällen schließlich nicht nur für ein, zwei Jahre – relativ schnell neun Monate für den Vermieter beträgt. Diese Kündigungsfrist reiht sich ein in eine Reihe von Instrumenten des sozialen Schutzes: Der Vermieter darf überhaupt nur dann kündigen, wenn er einen Grund hat. Es gibt eine Menge Rechtsprechung dazu, wann das der Fall ist oder eben nicht. Wenn er gekündigt hat, gibt es noch Einspruchsmöglichkeiten aufgrund der Sozialklausel. Bis hin zum Vollstreckungsschutz gibt es ein ausgefeiltes System des sozialen Kündigungsschutzes, an dem wir gar nicht rütteln. Es geht nur darum, ob ich in diesem Fall noch eine neunmonatige Frist vorschalte, innerhalb der die Kündigung erst wirkt.
Nehmen Sie die vielen Fälle, in denen jemand eine Wohnung kauft, weil irgendwann ein Kind studiert oder weil er selber im Alter hinein will, weil sie vom Platzbedarf her passt. Bei allem, was potenzieller Eigenbedarf ist, würden Sie mit der neunmonatigen Frist dafür sorgen, dass diese Wohnungen nicht mehr vermietet werden, weil überhaupt nicht mehr kalkulierbar ist, wann man die Wohnung tatsächlich für den Eigenbedarf zur Verfügung hat. Da rechne ich ganz locker mindestens zwei Jahre hoch, wenn man Glück hat, bis man seine Wohnung selbst nutzen kann. Wir befürchten, dass solche Wohnungen künftig leer stehen.
Aber für uns stellt sich die Frage, ob die Grundlage des Kündigungsschutzes unzumutbar ist oder zumutbar für die Mieter, wenn man es bei symmetrischen Kündigungsfristen lässt. Ich glaube, die symmetrische Kündigungsfrist ist der bessere Anreiz, das bessere Signal, dass Wohnungen gebaut und vermietet werden. Nur darum geht es uns immer.
Das ist schwer zu erheben, aber wenn Sie mit wachen Augen und Ohren durch die Welt laufen, dann werden Sie feststellen, wie viele Leute Ihnen mittlerweile sagen: Ich vermiete meine Wohnung nicht mehr, weil ich gar nicht weiß, wann ich wieder über sie verfügen kann. Wer das nicht sieht, der ist ein bisschen weltfremd. Gezählt wird es von der Statistik nicht. Das ist eine Dunkelziffer, die nach unserer Befürchtung im Wachsen begriffen ist.
(Abg. Christine Rudolf SPD: Ich befürchte, dass Sie mit dieser Gesetzesinitiative genau dies errei- chen!)
Nehmen wir die jetzige Verkürzung der Zweimonatsfrist auf einen Monat. Im Klartext heißt das – man muss immer den Kontext sehen –: Jemand vermietet eine Wohnung und bekommt sein Geld nicht mehr. Er bekommt es einen Monat nicht, er bekommt es zwei Monate nicht. Dann kann er kündigen, aber anschließend passiert immer noch zwei Monate lang gar nichts. Denn die Gefahr ist natürlich riesengroß, dass die Gerichte sagen: Warten wir erst einmal die zwei Monate ab, bis wir überhaupt etwas machen. Dann sind im Minimum vier Monate vorbei, in denen es kein Geld gibt, nach denen das Räumungsverfahren erst richtig in Gang kommt. Ist das eigentlich in Ordnung? Ist das zumutbar? Oder ist es nicht vielmehr zumutbar, von einem Mieter zu verlangen, den Rückstand von zwei Monatsmieten in einem Monat auszugleichen? Das ist doch zumutbar. Da liegt doch auch in diesem Fall überhaupt nichts Unsoziales in der Wiederherstellung des Zustands von 2001.
Und der dritte Punkt: Mit Recht hat der Kollege Mack darauf hingewiesen: Es wird immer weggelassen, dass sich alles unter der ortsüblichen Vergleichsmiete abspielt. Deswegen drehe ich es jetzt einmal um und fange so an: Wir sagen heute einem Vermieter: „Du darfst nicht die ortsübliche Miete verlangen, zumindest nicht gleich.“ Warum eigentlich? Dann haben wir bis 2001 noch eine Bremse drin gehabt, die Mieterhöhungen begrenzt. Das ist doch schon ein Eingriff. Warum soll er eigentlich die ortsübliche Miete nicht verlangen können? Sicher, mit Rücksicht auf den Mieter soll es nicht so schnell gehen. Aber dass wir jetzt dieses Tempo von vor 2001 wieder einführen, mit dem der Vermieter an die ortsübliche Miete herankann, ist doch richtig und in Ordnung.
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Ortsübliche Miete ist die Summe der Mieten! Dann wird es ja immer höher!)
Man muss einmal überlegen: All diese Signale, dass er nur mit Mühe die ortsübliche Miete verlangen kann, den Mietpreis nur mit Mühe an die ortsübliche Miete anpassen kann, werden dazu führen, dass die Vermieter säuberlich darauf achten, dass sie die Miete schnell genug anpassen.
In der Summe – davon bin ich überzeugt – ist das für die Betroffenen am Ende schlechter, als wenn man dem Vermieter die Möglichkeit lässt, in einem Fall mit Rücksicht auf die Mieter die Miete konstant zu lassen und dann ir
gendwann einmal den Sprung nach oben zu machen, wenn es nach seinen eigenen Dispositionen nicht anders geht. Also in der Summe werden Sie damit, dass Sie die Vermieterrechte hier einschränken, sicher nichts Positives zugunsten der Mieter erreichen.
Deswegen geht es um die Korrektur eines schlechten Gesetzes, eines Gesetzes mit schädlichen Folgen für beide, für den Mieter wie den Vermieter. Was wir wollen, ist die Rückkehr zum Zustand vor 2001. Was wir wollen, ist ein bewusstes Signal an diejenigen, die darüber nachdenken, eine Wohnung zu bauen oder zu kaufen, die sie vermieten wollen. Denn solche Wohnungen brauchen wir in einer viel größeren Zahl als bisher.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Justizminister, all das, was Sie an Vorwürfen wohl an meine Adresse gerichtet haben, heftig beklatscht von der Union,
Denn Frau Merkel hat im Februar 2006 als Reaktion, nehme ich an, auf die Bestrebungen der FDP/DVP in BadenWürttemberg, die schon seit 2004 laufen, wörtlich gesagt – ich zitiere den entscheidenden Satz –: „Ich sehe keinen Grund, am geltenden Mietrecht etwas zu ändern.“ Das ist doch eine klare Aussage. Herr Mack, wenn Sie meinen, dass sich da alles zum Besseren wendet, dann sollten Sie sich einmal mit Ihrer Bundeskanzlerin auseinander setzen, die das offensichtlich anders sieht als die CDU in BadenWürttemberg.
wenn Sie Fälle konstruieren und sagen: Man muss mit wachen Augen durch die Lande gehen, und dann beobachtet man und sieht man.
Ich nehme einmal den Grundstücksmarktbericht 2006. Diesen erstellt der Gutachterausschuss für die Ermittlung der Werte in der Stadt Stuttgart. Er stammt vom Juni 2006. Daraus geht hervor, dass laut Statistischem Landesamt in den letzten zwölf Jahren die Bodenpreise und die Baupreise nicht angestiegen sind, aber die Mieten, insbesondere im unteren Segment, sich fast verdoppelt haben.
Bezahlte der Mieter einer Dreizimmerwohnung mittlerer Ausstattung in einfacher Lage vor zwölf Jahren noch 685 DM, so kostet die gleiche Wohnung jetzt laut Mietspie
gel 6,10 € pro Quadratmeter. Das ist die Lage. Und da kommen Sie her und jammern herum, dass man die Mieten nicht entsprechend anpassen könnte, obwohl die Mieten sich innerhalb von zwölf Jahren verdoppelt haben! Was Sie machen, ist eine falsche Propaganda mit falschen Adressaten. Sie verbreiten laufend die Gerüchte, Wohnungsbau würde sich nicht lohnen, und sorgen durch Ihre falsche Beschreibung der Realität möglicherweise dafür, dass jemand vom Wohnungsbau abgehalten wird.
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Na ja, also! So dumm sind Investoren nicht, dass sie das nicht selbst merken!)
Jetzt bin ich nicht blauäugig und gebe zu, dass insbesondere in Großstädten die finanziellen Rahmenbedingungen Investitionen erschweren. Deshalb muss man an der richtigen Stelle ansetzen, wie es beispielsweise die Stadt Stuttgart macht, die mit großem Erfolg heruntersubventionierten Grund und Boden für die Investition in Mietwohnungen zur Verfügung stellt. Überall dort, wo das in der Stadt Stuttgart geschehen ist, haben sich die Investoren einen Dreck darum gekümmert, welche Erfordernisse das Mietrecht hinterher mit sich bringt, sondern sie haben mit spitzem Bleistift gerechnet, ob sich die Investition rechnet oder nicht.
Dann zu dem Thema Schonfrist: Es ist richtig, dass die rotgrüne Bundesregierung die Schonfrist 2001 eingeführt hat. Sie war aber keine Erfindung von Rot-Grün. Vorausgegangen ist vielmehr ein Auftrag der Regierungskommission „Obdachlosigkeit, Suchtfolgen etc.“ – kurz „Notlagenkommission“ genannt – der CDU-FDP-Koalition.
Diese Koalition hat den Auftrag erteilt, ein Gutachten zu erstellen, das aufzeigt, wie die schon damals ansteigende Obdachlosigkeit eingedämmt werden kann. Dieses Gutachten ist dann erstellt und der Regierung im Jahr 1995 übergeben worden.
Die Gutachter schlagen vor, diese Frist zu verdoppeln. Die CDU-FDP-Koalition hat das nicht gemacht, aber die von uns getragene Koalition hat es dann beschlossen. Die Anhebung der Frist ist umso notwendiger, weil sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen geändert haben. Durch die Einführung des SGB II besteht jetzt für die Sozialämter ein viel höherer Abstimmungsbedarf als vorher, weil natürlich die Jobcenter mit beteiligt werden müssen. Nach Auskunft der Sozialbehörden – Sie sollten halt einmal mit den Leuten, die damit umgehen, reden und sie nicht beschimpfen – reichen diese zwei Monate gerade hin, um an den beteiligten Stellen zu klären, wie die finanzielle Lage ist, wie die Schuldensituation ist, wie die Arbeitsmarktsituation der betreffenden Person ist. Die in den Sozialämtern Beschäftigten sind keine faulen Hunde, sondern sie strengen sich an. Sie sehen, dass Ihre Maßnahmen, wenn sie denn Realität würden, die Obdachlosigkeit in den großen Städten massiv in die Höhe treiben würden.
Das liegt übrigens auch nicht im Interesse der Vermieter. Denn was machen die Sozialämter innerhalb dieser Schonfrist? Sie geben eine Erklärung ab, dass sie für die Mieten eintreten, und zwar nicht nur für die rückständigen, sondern auch für die zukünftigen Mieten,
weil sie wissen, dass es sehr viel teurer für das Sozialamt wird, wenn die Betroffenen auf der Straße landen.
Zum Schluss muss man natürlich noch fragen: Die Aussichtslosigkeit liegt auf der Hand. Sie haben außer Ihrem Koalitionspartner im Land eigentlich keinen Mitstreiter. Weshalb machen Sie das?
Unsere Einschätzung der Situation ist ganz einfach: Sie machen dies deshalb, weil Sie von der Tatenlosigkeit im Lande selbst ablenken wollen. Die Tatenlosigkeit in Ihrer Wohnungspolitik wird Ihnen sogar schon von den Maklern vorgehalten: „Makler warnen vor Wohnungsnot in den Städten.“ Sie sind doch eine Maklerpartei. Warum hören Sie denn nicht auf die Makler?