Protokoll der Sitzung vom 08.07.2009

Wir haben richtig gehandelt, indem wir die kommunale Seite voll einbezogen haben.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf darum bitten, dass man sich leiser verhält oder dass man den Saal verlässt, wenn man Gespräche führen will.

Zum Zweiten: Selbstverständlich hat Herr Abg. Herrmann recht. Er kann eine Frage stellen, die er mit vorangehenden Bemerkungen einleiten kann. Für die Frage einschließlich der Bemerkungen hat er bis zu drei Minuten Redezeit. Insofern braucht es hier gar keine Aufregung zu geben.

Bitte, Herr Abgeordneter.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Entscheidend ist, dass es gut ist, was er sagt!)

Ich war bei dem Punkt, dass die kommunale Seite in vollem Umfang einbezogen wurde. Das halten wir für richtig und sinnvoll. Es zeigt sich auch – der Herr Minister hat das ausgeführt –, dass die kommunale Seite deutlich mehr Komplementärmittel zur Verfügung gestellt hat, als ursprünglich vorgesehen waren.

Nun habe ich zwei Fragen. Sie haben angesprochen, Herr Minister, dass Vorhaben an 172 Privatschulen gefördert werden. Hier zahlt ja das Land den Komplementäranteil. Meine Frage: Gab es hier bei der Abwicklung Probleme? Sind dem Land vonseiten der privaten Schulträger Klagen bekannt geworden, dass die Kommunen ihre Mittel nicht pauschal an die Schulträger für bestimmte Maßnahmen weiterleiten, sondern dass die Mittel nur für kommunale Projekte verwandt worden sind? Insbesondere ging ja durch die Presse, dass die Stadt Stuttgart hier entgegen dem, wie es das Land ursprünglich vorgesehen hat, Private nicht einbezieht.

Die zweite Frage: Sie haben angesprochen, dass die „Zusätzlichkeit“ hie und da Probleme bereitet hat. Meine Frage: Ist bei der Prüfung der Verwendungsnachweise im Jahr 2013 im Rahmen der Prüfung und der Aufsicht auch sichergestellt, dass es nicht für manche ein böses Erwachen gibt? Trifft es zu, dass man die Frage der „Zusätzlichkeit“ sehr pragmatisch angeht und dass die Dinge, die von den Regierungspräsidien im Wege der Plausibilitätsprüfung bewilligt worden sind, von den Kommunen richtig umgesetzt wurden, sodass es da keine Rückforderungen gibt?

Bitte, Herr Minister.

Ich bedanke mich für die Frage und auch für die vorbereitenden, einleitenden Bemerkun gen.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Sehr gut! Hervor- ragend!)

Keine Frage: Es war der erklärte Wille des Bundes und gleichermaßen des Landes, dass die Finanzhilfen trägerneutral vergeben werden. Deswegen ist bei der Zuweisung an die einzelnen Kommunen im Wege der Pauschale die Gesamtschülerzahl berücksichtigt worden, also nicht nur die Schülerzahl der öffentlichen, sondern auch die der privaten Schulen. Die sind gemeinsam berücksichtigt worden. Deswegen erging auch die Maßgabe an die Kommunen, die Träger gleichermaßen aufzufordern, Anträge zu stellen, und über diese Anträge – so unser dringendes Petitum – ermessensfehlerfrei zu entscheiden.

Sehr optimistisch stimmt mich, dass 172 Vorhaben bereits bewilligt wurden. Das macht 4 % des Investitionsvolumens der Pauschale für den gesamten Förderbereich aus, liegt aber tatsächlich noch um zwei Prozentpunkte unter dem Anteil der Privatschüler an der Gesamtschülerzahl.

Jetzt zu Ihrer Frage, Kollege Herrmann: Es sind noch nicht alle Anmeldungen beschieden; das ist das eine. Möglicherweise gibt es da noch eine Aufstockung im Bereich der Privatschulträger. Die Regierungspräsidien haben mit Schreiben vom Juni mitgeteilt, dass sie bisher keine Ermessensfehler haben feststellen können. Wir haben allerdings – ich glaube, seit wenigen Tagen – in einem Fall eine erste Anfechtungsklage seitens einer Schulstiftung gegenüber dem Verhalten einer Gemeinde. Es ist sicherlich berechtigt, diesen Weg zu wählen – ich kann den Einzelfall nicht beurteilen –, wenn man das Gefühl hat, dass man nicht in dem Sinne, wie wir es vorgegeben haben, berücksichtigt wird. Dann sollte man remonstrieren; gar keine Frage.

Wir haben allerdings – das hat ein bisschen Schlagzeilen gemacht – die erklärte Aussage der Stadt Stuttgart und, ich glaube, auch anderer Kommunen, die sagen: Das Geld ist budgetiert, aber wir behalten uns vor, innerhalb dieses Budgetrahmens Vorrangiges von Nachrangigem unabhängig davon zu unterscheiden, ob es private Schulträger oder andere Träger sind. Wir werden da in Einzelfällen sicherlich noch den einen oder anderen Disput lösen müssen.

Bevor der eine Träger gegenüber einem anderen, dessen Schule wirklich im marodesten Zustand ist, bevorzugt wird, ist es vom normalen Menschenverstand her grundsätzlich richtig, diese Priorisierung ungeachtet der Schulträger so vorzunehmen. Aber wir müssen doch Sorge dafür tragen, dass nicht irgendwo auch nur ein Hauch von Ungerechtigkeit entsteht und unsere privaten Schulträger das Gefühl haben, sie würden untergebuttert. Ich will dazusagen: Gerade eine Stadt wie Stuttgart ist immer wieder bereit, die Privatschulträger zu fördern. Es darf jetzt nicht der Eindruck entstehen, aufseiten der Landeshauptstadt Stuttgart bestünde eine Schräglage. Ich habe mir die Zahlen geben lassen. Immerhin gibt man auf freiwilliger Basis jährlich schon 2,5 Millionen € in diese Förderung hinein.

Wie gesagt, das sind Einzelfälle. Ich bin überzeugt, dass die 172 Fälle problemlos durch sind. Jetzt gibt es da und dort sicher noch Schrammen, an die wir heranmüssen und die wir beurteilen müssen.

Zur zweiten Frage, Herr Kollege Herrmann: Wir haben ja um die Frage der „Zusätzlichkeit“ gefochten. Ich möchte schon jetzt prophezeien, auch wenn ich mich derzeit eines vorausgesagten Rechtsbruchs schuldig mache, dass diese Geschichte auf den Prüfstand muss. Wir halten das nicht durch. Wir haben schon damals bezweifelt, dass man so verfahren kann. Wir haben dann erreicht, dass man bei dem Zeitraum, für den der Durchschnitt des Investitionsvolumens als Vergleichswert berechnet wird, bis auf 2005 zurückgeht. Das war ein Erfolg. Aber was sich in den letzten sechs Monaten abgespielt hat, zeigt eindeutig, dass das Ganze korrigiert werden muss. Darüber sollte man sich über die Parteien und Fraktionen hinweg einig sein. Das heißt, wir können nicht anschließend, wenn es nicht ein grobes oder vorsätzliches Fehlverhalten ist – – Ich will nicht dazu ermuntern, jetzt nach Gutdünken vorzugehen. Dann kann man nicht ausschließen, dass da korrigiert werden muss.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, uns liegt zu diesem Konjunkturpaket seit einigen Tagen eine Umfrage von Ernst & Young auf dem Tisch. Danach ist klar, dass 60 % der Kommunen bedauern, dass die Förderrichtlinien zu eingeschränkt abgefasst sind. Obwohl wir beim Anteil energetischer Maßnahmen einiges über die Verfassungsänderung korrigieren konnten, wird das nach wie vor bedauert. Man bedauert ganz besonders, dass man den kommunalen Straßenbau nicht mit aufnehmen konnte,

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

aber das war eine eindeutige Priorisierung in Richtung Bildungseinrichtungen. In die Bildungseinrichtungen in Deutschland gehen im Wege dieses Pakets fast 7 Milliarden € an zusätzlichen Mitteln. Das muss man sehen. Ich hoffe, dass man das anerkennt als einen Teil, der von Bund und Ländern zusätzlich in die Bildung investiert wird.

Übrigens eine zweite Feststellung, die uns allen vielleicht guttut: Im Bereich des Programms liegt Baden-Württemberg nicht schlecht. Es hat auch mich überrascht, dass wir vorn liegen.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Unser Gesamtprogramm hat ein Volumen von 2,1 Milliarden €. In Bayern liegt es bei 1,9 Milliarden €, Rheinland-Pfalz kommt gerade einmal auf 625 Millionen € und NordrheinWestfalen auf 2,8 Milliarden €. Die müssten ja fast das Doppelte haben. Wir sind hier also gut positioniert. Wir haben umgesetzt und ergänzt. Entscheidend war, dass wir mit unserem Landesinfrastrukturprogramm noch einmal deutlich ergänzen konnten. Das war hier in Baden-Württemberg der Vorteil einer soliden Haushaltspolitik.

(Beifall bei der CDU)

Zu einer weiteren Frage hat Frau Abg. Berroth für die Fraktion der FDP/DVP das Wort.

Herr Minister, ich möchte an die erste Frage vom Kollegen Herrmann anschließen. Dazu haben Sie etwas vage gesagt, da werde es noch Dinge geben, mit denen man sich auseinandersetzt. Was werden denn konkret die Konsequenzen sein, wenn eine Kommune nicht

den Anteil an die freien Träger weitergegeben hat, der diesen aus der Zuwendung heraus zustünde? Es war auch uns sehr wichtig, dass die freien Träger gleichermaßen berücksichtigt werden. Das Land hat ja sogar im Nachtragshaushalt extra noch Mittel dafür bereitgestellt. Eigentlich sind die Kommunen, die darauf verzichten, nicht gerade schlau, wenn sie Investitionen vor Ort bekommen könnten, die sie nicht einmal selbst kofinanzieren müssten. Aber das ist ein anderes Thema.

Ich wüsste wirklich gern, was dann passiert. Wird dann anteilmäßig Geld zurückgefordert, oder was ist sonst vorgesehen?

Zweitens bitte ich, wenn das Verfahren abgeschlossen ist, dem Landtag auch anhand von Zahlen genau zu berichten, wie die freien Träger von den Kommunen berücksichtigt wurden.

Bitte, Herr Minister.

Vielen Dank. Wir werden sicherlich in einer der nächsten Regierungsbefragungen dieses Thema wieder aufgreifen, weil wir wissen, dass Sie sehr interessiert sind.

(Heiterkeit)

Frau Berroth, das ist bei der ganzen Abwicklung ein Punkt, den wir besonders ins Auge fassen. Es wird so sein, dass man in jedem Einzelfall zunächst eine konsensuale Lösung anstrebt, bevor man den Knüppel der Aufsicht schwingt. Wir haben aber ganz neu die konkrete Situation der Gemeinde S., wo bereits eine Anfechtungsklage ins Haus steht. Mittel einsparen, das geht nicht. Die würde man zurückfordern. Eine Schwierigkeit könnte dort auftauchen, wo zwei Schulen vorhanden sind, von denen die eine, die öffentliche Schule vielleicht schon 60 Jahre alt und in einem Zustand kurz vor der Schließung ist und die andere die Schule eines privaten Trägers ist. Da muss man dann schauen, dass man tatsächlich im Sinne eines kommunalpolitischen Konsenses eine Lösung findet.

Wir haben ja unsererseits als Land bereits die Bereitschaft gezeigt, einen Komplementäranteil zu übernehmen. Ich denke, dabei muss die ganz konkrete Situation des Einzelfalls beurteilt werden.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Bekommen wir einen Bericht?)

Sie bekommen einen Bericht, möglicherweise in der nächs ten oder in der übernächsten Regierungsbefragung.

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. – Vielen Dank, Herr Minister.

Die nächste Fragestellung erfolgt durch die SPD-Fraktion. Deswegen darf ich Frau Abg. Altpeter bitten, die Frage an die Regierung zu stellen.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Als Konsequenz des schrecklichen Amoklaufs von Winnenden und Wendlingen und der damit verbundenen Morde hat der Bundestag am 18. Juni dieses Jahres über Änderungen des Waffenrechts entschieden. Am Freitag dieser

Woche, am 10. Juli, stimmt der Bundesrat über das neue Waffenrecht ab. Baden-Württemberg wird den Änderungen dort zustimmen.

Auf der Tagesordnung steht aber auch noch die Abstimmung über einen Entschließungsantrag aus dem Innenausschuss des Bundesrats, mitinitiiert vom baden-württembergischen Innenminister Rech. Ausgerechnet diesem Entschließungsantrag des eigenen Innenministers verweigert die Landesregierung am Freitag durch Stimmenthaltung die Zustimmung.

(Abg. Stephan Braun SPD: Unglaublich! – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Daraus ergeben sich mehrere Fragen.

Erstens: Weshalb beabsichtigt die Landesregierung, übermorgen, am 10. Juli, im Bundesrat dem Entschließungsantrag zur Prüfung – wohlgemerkt zur Prüfung – weiterer Verschärfungen des Waffenrechts die Zustimmung zu verweigern, obwohl diese Entschließung vom baden-württembergischen Innenminister, wie er uns im Sonderausschuss selbst berichtet hat, mit eingebracht wurde?

Zweitens: Welche Verschärfungen hält die Landesregierung beim Waffenrecht über die im Bundestag bereits beschlossenen Änderungen hinaus für erforderlich? Ich denke, das Land Baden-Württemberg steht nach diesen Ereignissen in einer besonderen Verantwortung. Wir als Fraktion halten es für einen unmöglichen Vorgang, wenn sich Baden-Württemberg in der Frage Entschließungsantrag am Freitag wohl offenbar auf Druck der FDP/DVP der Stimme enthält.

Ich bitte um Aufklärung dieses Sachverhalts.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf von der CDU: Das steht doch in der Zeitung!)

Das Wort für die Landesregierung erhält Herr Minister Dr. Reinhart.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Bitte? – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Da ist doch der Innenminis ter!)