Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 14/2762. Der Antrag beinhaltet ein reines Handlungsersuchen. Darüber muss abgestimmt werden.
Wer für den Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Das Zweite war die Mehrheit. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums – Sozial und ökologisch gerechte Stromtarife – Drucksache 14/2866
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung des Antrags fünf Minuten, in der Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! „Sozial und ökologisch gerechte Stromtarife“ – ich glaube, das ist genau das, was wir in Zukunft brauchen werden. Ich möchte die zwei Aspekte kurz erläutern:
Sozial gerecht müssen Stromtarife auch deshalb sein, weil wir wissen, dass draußen in der Bevölkerung diejenigen, die sozial nicht im oberen Feld sind, natürlich auch nicht so viele Elektrogeräte betreiben, nicht so viel Komfort haben und daher auch weniger Strom brauchen, und ökologisch gerecht müssen sie sein, weil sich immer dort, wo eingespart wird, dieser Effekt auch deutlich bemerkbar machen muss.
Derzeit haben wir die Situation, dass fast alle Stromunternehmen eine Grundgebühr erheben und sich der Strompreis dann je nach Verbrauch staffelt, was sich in entsprechenden Kilowattstundenpreisen niederschlägt.
Jetzt passiert Folgendes – das will ich an einem Beispiel deutlich machen –: Ein Ein- bis Zweipersonenhaushalt, der elektronisch nicht gerade toll ausgestattet ist und einen Verbrauch von etwa 1 500 Kilowattstunden pro Jahr hat, zahlt ca. 23 bis 24 Cent pro Kilowattstunde. Ein Vier- bis Fünfpersonenhaushalt dagegen, der gut ausgestattet ist und vielleicht sogar noch manche Komfortanlagen hat, verbraucht vielleicht 7 500 bis 10 000 Kilowattstunden pro Jahr. Mit einem Verbrauch von 7 500 Kilowattstunden jährlich zahlt er 18 Cent.
Es gibt also zwei Aspekte. Derjenige, der weniger braucht, der sozial nicht so hoch steht und nicht so viele Geräte hat, der zahlt pro Kilowattstunde 5 Cent oder umgerechnet etwa 30 % mehr als derjenige, der viele Geräte hat, hoch komfortabel lebt, viel Strom braucht und nur knapp 18 Cent bezahlt.
Wir halten dies für eine völlig verfehlte Politik, auch deshalb, weil das Einsparen von Strom dadurch nicht gefördert wird. Die Zukunft geht ja zum Einsparen. Wenn wir über die Energiekonzeption reden, dann reden wir immer über den Ausbau der erneuerbaren Energien, aber wir reden auch über Einsparung. Wir müssen dafür sorgen, dass der Verbrauch reduziert wird. Wenn Sie heute als Stromnutzer Ihren Verbrauch reduzieren, dann haben Sie automatisch höhere Preise pro Kilowattstunde. Dies darf auf Dauer nicht so bestehen bleiben.
(Beifall bei der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Beim Ölpreis auch! 10 000 Liter sind relativ billiger als 5 Liter!)
Da gebe ich Ihnen recht. Aber es gibt viele Gegenbeispiele. So gibt es für das Handy auch Prepaid-Karten: Telefonieren Sie, zahlen Sie etwas; telefonieren Sie nicht, zahlen Sie nicht. Genau das ist der richtige Ansatz: Nur dann, wenn man einen Verbrauch hat, zahlt man auch. Dieser Ansatz muss gleich sein.
Wir wollen darauf hinwirken, dass das Wirtschaftsministerium zusammen mit den Stromanbietern dafür sorgt, dass solche Tarife zumindest angeboten werden. Dass es solche Tarife gibt, das wissen wir. Die sind aber im Moment noch zu
wenig im Wettbewerb. Im Moment kommt dabei zwar teilweise zum Tragen, dass dort grundsätzlich von wenig Verbrauch ausgegangen wird. Aber diese Tarife haben zumindest einen positiven Ansatz: Wenn Sie weniger verbrauchen, zahlen Sie auch weniger. Dorthin geht die Richtung. Dort ist die Zukunft der Energieversorgung. Dorthin müssen wir kommen. Da muss das Wirtschaftsministerium zusammen mit den Strom versorgern dafür sorgen, dass man solche Tarife im Wettbewerb angeboten bekommt.
(Beifall bei der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Wie wollen Sie aber ausschließen, dass die Mehrver- bräuche teurer werden?)
Wir können heute, Kollege Zimmermann, nicht über Strompreise diskutieren, ohne gleichzeitig zu sagen, wo der Strom eigentlich herkommt.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wenn er von der Fo- tovoltaik kommt, kann ich ihn nicht mehr bezah- len!)
Wenn wir fragen, wo es in Zukunft hingehen muss, und sehen, was in den letzten fünf oder sechs Tagen passiert ist, stellen wir fest: Wir haben das Kernkraftwerk Krümmel – das übrigens vom Sozialministerium in Schleswig-Holstein kontrolliert wird; dort hat man offenbar erkannt, dass Strom auch etwas mit sozialen Fragen zu tun hat –, das nun – es ist tatsächlich ein Katastrophenkraftwerk – in die Schnellabschaltung gegangen ist.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Es ging um den Transformator! Der hätte auch bei einem Windräd- chen stehen bleiben können!)
Dann kommt unser Ministerpräsident, Herr Oettinger – das muss man sich überlegen, meine Damen und Herren –, und sagt in dieser Situation, in der Krümmel vom Netz muss, weil es einen Störfall hat, er wolle längere Laufzeiten.
Das ist eine völlig irrationale Diskussion. Dann sagt er noch, die Laufzeit solle unbegrenzt sein. Er will nicht etwa die Laufzeit um zehn Jahre verlängern, wie sonst von der CDU und der FDP gefordert wird, sondern mittlerweile will er es unbegrenzt. Dann setzt er noch einen obendrauf: Er könne sich vorstellen, dass man jetzt sogar über den Neubau von Kernkraftwerken nachdenkt. Da muss ich sagen: Das passt nicht mehr in die Welt. Das geht doch einfach nicht. Wenn er dann noch hinzusetzt, die Sicherheitsthematik solle von der Politik abgekoppelt werden, und nur noch der TÜV – oder die Dekra? – solle kontrollieren, was in Kernkraftwerken läuft, ist zu fragen: Sollen Kernkraftwerke künftig nur noch alle zwei Jahre, wie eine Gasheizung oder eine Ölheizung, überprüft werden? Sollen sie vielleicht sogar nur noch alle drei Jahre überprüft werden, wie die Pkws? Das ist doch eine völlig irreale Diskussion, die man da führen kann.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt die Aussage, durch eine allgemeine Laufzeitenverlän
gerung werde der Ausbau der erneuerbaren Energien verlangsamt. Das ist etwas, was wir auch schon lange sagen.
Langsam! – Das überholte Konzept zentraler Kraftwerke, bei denen die Abwärme bei der Stromerzeugung nicht genügend genutzt wird, dürfe nicht durch das längere Laufenlassen dieser Kraftwerke zementiert werden. Jetzt könnten Sie sagen, Herr Kollege Rülke, das seien alles Dinge, die von uns kommen könnten. Die kommen aber nicht von uns, sondern vom Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, von Josef Göppel.
Beide Aussagen stammen von Josef Göppel, der auch gesagt hat: Solche Forderungen werden die Wahlchancen der CDU/ CSU beeinträchtigen.
Meine Damen und Herren, das sind Aussagen, die von uns kommen könnten. Da merkt man, dass die intern bei Ihnen noch nicht angekommen sind. Dies darf einfach nicht so weiterlaufen. Das ist eine völlig verfehlte Politik. Wir werden sehen, dass das noch Ihre Probleme werden.
(Beifall bei der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Aber wenn Sie die Fotovoltaik und Windräder ein- setzen, werden die Stromtarife noch höher, das sage ich Ihnen!)
(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jetzt kommt wie- der Sachlichkeit in die Diskussion! – Abg. Karl Zim- mermann CDU: Herr Nemeth, jetzt geben Sie ihm et- was!)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist doch völlig eindeutig, dass wir alle sozial gerechte und ökologische Strompreise wollen. Was Sie im ersten Teil Ihrer Rede gesagt haben, Herr Knapp, ist, glaube ich, in Ordnung. Wir haben allerdings erst vor einiger Zeit, übrigens unter der Verantwortung der SPD, den Strommarkt liberalisiert. Jetzt muss man sehen, wie sich Angebot und Nachfrage regeln lassen und wie die Verbraucher auf die verschiedenen Strompreise reagieren.
Wir, die CDU-Landtagsfraktion, sind sehr dafür, dass die Verbraucher ihre Preise untersuchen und auch einmal den Anbieter wechseln. Aber wenn Sie für soziale Strompreise sind, müssen Sie doch sehen, dass in allererster Linie die SPD ein
Glaubwürdigkeitsproblem in dieser Debatte hat. Sie haben den Emissionshandel eingeführt – eigentlich eine gute Idee, aber ungeschickt oder, wie manche auch sagen, dumm ausgeführt – mit dem Ergebnis: 5 Milliarden € pro Jahr für die Energieversorger; Geld, das der Staat nicht bekommt, das der Bürger zahlen muss, das aber dem Energieversorger zugute kommt.
Zweitens: Unter der rot-grünen Regierung wurde die Energiesteuer erhöht, sodass das Aufkommen von 6,5 Milliarden € auf 14 Milliarden € jährlich stieg. Das haben die Verbraucher heute zu zahlen.
Die Studie des RWI sagt ja auch, dass wir über 100 Milliarden € Mehrkosten jährlich allein für die Fotovoltaik zu tragen haben. Auch das ist zu sagen.
Das ist einer der Gründe, weshalb wir doppelt so hohe Strompreise haben wie z. B. unser Nachbarland Frankreich.