Protokoll der Sitzung vom 29.07.2009

Im Land Baden-Württemberg werden 4,2 % des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Glauben Sie im Ernst, vor dem Hintergrund einer solchen Leis tungsbilanz muss man einen Wissenschaftsminister schassen? Das hat damit zu tun, dass in Baden-Württemberg Forschung, Hochschulwesen und Wirtschaft in idealer Weise verzahnt sind. Und das hat mit der Wissenschaftspolitik des Landes zu tun, aber ganz sicher nicht mit Ihrer Oppositionspolitik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Es stehen wichtige Aufgaben an. Die Exzellenzinitiative ist fortzusetzen, das KIT ist umzusetzen, der Hochschulreformprozess ist fortzusetzen. Meine Damen und Herren, ich kenne niemanden, der für diese Aufgaben qualifizierter wäre als Peter Frankenberg. Deshalb, meine Damen und Herren: Seien

Sie vernünftig, ziehen Sie diesen Antrag zurück. Peter Frankenberg muss im Amt bleiben.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Karl Zimmermann CDU: Der Dienstwagen ist wieder da, aber die Vernunft kehrt bei der SPD nicht mehr zurück!)

Ich erteile dem Herrn Ministerpräsidenten das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn eine große Landtagsfraktion

(Abg. Thomas Blenke CDU: So groß ist die nicht!)

einen ihr nach der Verfassung zustehenden Antrag auf Entlassung eines Ministers einreicht, dann nehme ich dies ernst. Und wenn eine kleinere Landtagsfraktion den Antrag halbherzig unterstützt und zugleich konterkariert, ist es ebenfalls meine Pflicht, aufmerksam zuzuhören.

Ich meine aber, lieber Herr Kollege Schmiedel, Sie haben ein Horrorgemälde gezeichnet, das schon allein Ihren Antrag unglaubwürdig macht. Ich bin in meiner Arbeit und in der Arbeit der Landesregierung nicht fehlerfrei, habe mir aber, glaube ich, die Objektivität zur Selbstkritik bewahrt. Wenn man aber in der Kritik derart über ein Ziel hinausschießt und Fakten verfälscht und im Grunde genommen eine einseitige und falsche Betrachtung vornimmt, dann fällt der Antrag in sich zusammen. Ihre Begründung hat das Gegenteil Ihres Ziels erreicht.

Ich glaube, dass Baden-Württemberg mit seinen Kultusminis tern und später Wissenschaftsministern Glück gehabt hat. Das gilt für die Herren Storz und Simpfendörfer, das gilt für Wilhelm Hahn, es gilt für Helmut Engler, es gilt für Klaus von Trotha, und es gilt in besonderem Maße in den letzten acht Jahren für unseren Minister Peter Frankenberg.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Er hat als erfahrener Wissenschaftler und Rektor, der er sieben Jahre lang an der Universität in Mannheim war, mit Sachverstand, mit Fleiß, mit Offenheit, mit Geradlinigkeit enorm viel für die Wissenschaft, die Lehre und die Forschung, für die Lehrenden und für die Studierenden in Baden-Württemberg getan. Dies war erfolgreich und gilt im Ländervergleich heute mehr denn je.

Natürlich kann man mit noch mehr Geld manches noch besser machen: neue Gebäude, mehr Dozenten und anderes mehr. Aber die Wahrheit ist doch – das wissen Sie, Frau Kollegin Bauer, als Heidelberger Abgeordnete nur zu gut –: Die Heidelberger Universität ist nicht nur die älteste in Deutschland, sie ist in der Bandbreite die beste aller deutschen Länder überhaupt. Deswegen wäre es angebracht, dass Sie auch etwas Lobendes zur Wissenschaftspolitik und zur Wissenschaft vor Ort sagen. Wer unsere Hochschulen aus einer durchschaubaren Absicht, nämlich um dem Minister zu schaden, schlechtmacht, schadet dem Land Baden-Württemberg insgesamt und seiner Hochschullandschaft. Dies lassen wir nicht zu.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Verräterisch ist dann, wenn man nach dem Motto „Nur ehemalige Minister sind gute Minister“ seine Leistungen dem Vorgänger zugutehält, ihm jedoch bestimmte andere Entwicklungen, die seine Vorgänger zu verantworten hatten, anlasten will. Die beiden Privatunis, deren Fortführung nicht möglich ist – SIMT und Bruchsal – oder bei denen in den letzten Jahren zumindest keine überragenden Erfolge sichtbar gewesen sind, stammen aus den Amtszeiten seiner Vorgänger, aus der Zeit, bevor Peter Frankenberg Minister geworden ist.

Die Universität Karlsruhe als erste Eliteuniversität in BadenWürttemberg hat ein Konzept, das mit dem Kürzel KIT benannt werden kann. Die Gründung des KIT wiederum ist der entscheidende Erfolg der Verhandlungen, die Peter Frankenberg mit der Helmholtz-Gemeinschaft und mit dem Bund geführt hat. Sie haben also Ihre Begründung sogar auf der Basis von Unwahrheiten zu führen versucht.

Schauen wir uns die Betroffenen an. Zum einen geht es darum, ob die Studierenden in Baden-Württemberg glücklich sind. Noch immer stelle ich fest, dass es viele Mitbürger auf Zeit und auf Dauer gibt, die extra wegen eines Studienplatzes aus dem Norden, dem Osten oder dem Westen Deutschlands nach Baden-Württemberg gekommen sind.

(Abg. Johannes Stober SPD: Aber mehr noch gehen aus Baden-Württemberg weg! – Abg. Theresia Bau- er GRÜNE: Mehr gehen fort!)

Unverändert gilt, dass ein Ruf an eine Hochschule in BadenWürttemberg eine Auszeichnung ist. Unsere Hochschulen stehen bei Studierenden und Lehrenden hervorragend da.

Wenn die Betroffenen nun dieser Tage Ihre Rücktrittsforderung, Ihren Antrag auf Entlassung lesen, dann sind die Reaktionen deutlich. Ich darf zunächst die Stellungnahme der Landesrektorenkonferenz wiedergeben:

Unverständnis zu Rücktrittsforderungen an Wissenschaftsminister Frankenberg äußerte der Vorsitzende der Rektorenkonferenz der baden-württembergischen Universitäten, der Hohenheimer Rektor Hans-Peter Liebig.

Für die Berufsakademien, die Duale Hochschule BadenWürttemberg, schreiben der Gründungspräsident, der Vorsitzende der Direktorenkonferenz sowie der Vizegründungspräsident, die Herren Wolff, Träger und Geilsdörfer, wörtlich:

Mit großer Verwunderung haben wir die Presseberichte über Ihre Amtsführung zur Kenntnis genommen.

Sie weisen den Antrag der SPD umfassend zurück.

Dasselbe gilt für die Fachhochschulen in Baden-Württemberg. Der Vorstand der Rektorenkonferenz der Fachhochschulen in Baden-Württemberg sieht keinen Grund für Rücktrittsforderungen, die in dieser Woche im Landtag von SPD und Grünen erhoben worden sind. Der Vorstand der Rektorenkonferenz der Fachhochschulen des Landes unterstützt Minister Frankenberg vorbehaltlos und mit Nachdruck.

Dies sollte Ihnen zu denken geben. Wer ein – legitimes – Schwert zum falschen Zeitpunkt und am falschen Manne zieht und dann gefährlich damit wedelt und es überzeichnet, der

schadet sich selbst. Das könnte mir eigentlich egal sein. Aber wir lassen nicht zu, dass die Hochschulen einen Schaden davontragen.

Kollege Frankenberg hat in den letzten acht Jahren Erfolge in großer Zahl und hoher Qualität gehabt. Deswegen hat er unser Vertrauen in seinem Amt.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP)

Nach § 82 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Vorsitzenden der SPD-Fraktion, Herrn Abg. Schmiedel, das Wort.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Jetzt zieht er den Antrag zurück! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jetzt zieht er zurück! – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Zurück- ziehen!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, Sie haben natürlich recht,

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe von der CDU: Jawohl!)

wenn Sie auf die zeitliche Abfolge hinweisen

(Zurufe, u. a. Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Nicht nur bei der zeitlichen Abfolge! – Abg. Klaus Herrmann CDU: Inhaltlich hat er auch recht! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung! – Unruhe)

und deutlich machen, dass die Gründungen der beiden Privat unis vor der Amtszeit von Minister Frankenberg lagen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Sie jetzt erstmals einräumen, dass das ein Fehler war.

(Beifall bei der SPD)

Wenn es nicht der Minister Frankenberg war, der das zu verantworten hatte, dann lag die Verantwortung doch zumindest auch bei Ihnen; denn Sie saßen damals hier im Parlament und haben dafür votiert und auch die Millionenbeträge mit beschlossen.

Was wir Minister Frankenberg trotzdem zurechnen, ist, dass er bis in die jüngste Vergangenheit diese beiden Pleiteunis als Modell für die staatlichen Unis propagiert hat.

(Beifall bei der SPD)

Er forderte, diese sollten so wendig und flexibel werden wie die Privatunis. Diese beiden Privatunis sind jedoch gescheitert.

Frau Bauer hat bereits darauf hingewiesen: Ihr Ansatz der Kommerzialisierung der Universitäten und Hochschulen geht komplett in die falsche Richtung.

Es ist typisch: Wenn man die Wissenschaftspolitik, die Hochschulpolitik, die Kunstpolitik kritisiert, redet man in Ihren Augen die Universitäten schlecht. Übrigens: Ihr Empfang von Ergebenheitsadressen von Rektoren ist völlig unglaubwürdig;

denn Rektoren, die sich kritisch zu Ihrer Politik äußern, werden abgeschmiert.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

400 Hauptschulrektoren haben sich zu Wort gemeldet. Fragen Sie einmal Herrn Rau und den Ministerpräsidenten, was sie mit dem Brief der 400 Rektoren zur Schulpolitik machen.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Und deswegen muss der Wissenschaftsminister gehen? – Zurufe von der CDU, u. a.: Thema verfehlt! – Unruhe)

Sie nehmen nur Ergebenheitsadressen entgegen, kritische Stellungnahmen ignorieren Sie.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)