Um das durch Wachstum gegenzufinanzieren, brauchte man ein Wachstum von 10 %. Wer glaubt denn an so etwas? Außer Ihnen niemand! Selbst wenn man annimmt, dass ein Wachstum von 5 % oder 7 % ausreichen würde, wäre auch ein solches Wachstum realistischerweise nicht zu erwarten.
Ich möchte jetzt einmal wissen, Herr Ministerpräsident, was für große Überraschungen in dieser November-Steuerschätzung auf uns zukommen sollen.
Die Deckungslücken und die Ausfälle in Milliardenhöhe bei den Steuereinnahmen werden auf jeden Fall kommen. Wenn sie geringer ausfallen, als wir heute annehmen, bedeutet das nur, dass wir etwas weniger neue Schulden aufnehmen müssen. Aber bei einem Ausfall von 10 Milliarden € bis zum Jahr 2012 kann doch kein Zweifel mehr daran bestehen, dass wir neue Schulden machen müssen. Es wird wohl niemand von Ihnen ernsthaft behaupten, dass das irgendwie anders zu machen ist.
Nun ist es nicht so, dass mit der schwarz-gelben Bundesregierung irgendetwas auf uns herunterfällt, worauf Sie keinen Einfluss hätten. Sie sitzen doch mit in der Verhandlungskommission, und zwar in einer sehr entscheidenden Position – und das bei der Haushaltslage, die wir jetzt haben. Klar ist, dass die Deckungslücken, die wir haben, durch Steuersenkungen noch größer werden. Um das zu erkennen, braucht man kein Volkswirtschaftsstudium.
Die Öffentlichkeit erwartet von Ihnen, dass Sie sich positionieren und nicht so tun, als bräche da ein unsagbares, nicht identifizierbares schwarzes Unheil über uns herab.
Also hätte jetzt in dieser Situation die Öffentlichkeit ein Recht darauf, von Ihnen als Ministerpräsident, der Sie in der Föderalismuskommission die Arbeit mit der Ansage „Schuldenabbau geht vor Steuersenkung“ eingeleitet haben, zu erfahren, wie Sie das beurteilen und wie Sie dazu stehen. Wie Sie bei den Koalitionsverhandlungen intervenieren werden, ist etwas, was wir zu Recht wissen dürfen, denn dann können wir viel besser planen als jetzt. Wir wollen wissen, was Sie vorhaben, ob sich die Vernunft durchsetzt.
Angesichts zusammenbrechender Haushalte, angesichts von Haushalten, die überall aus dem Ruder laufen, auch in Bundesländern, die kleiner sind als Baden-Württemberg, die ein geringeres Steueraufkommen und ein geringeres Bruttosozialprodukt haben – Sie haben gerade angeführt, mit welcher Verschuldung diese Länder rechnen; beim Bund sieht es nicht anders aus: er wird im nächsten Haushaltsjahr 90 Milliarden € neue Schulden machen; das alles ist uns bekannt –, müssen wir im Land Baden-Württemberg wissen, wie Sie sich mit Ihrer Richtlinienkompetenz positionieren und wie die Landesregierung in die Verhandlungen im Bundesrat hineingehen wird. Wir und die Bevölkerung haben ein Recht darauf, das zu erfahren.
Das erfahren wir aber nicht und müssen uns hier vertrösten lassen. Die von Ihnen angesprochenen Laffer-Effekte halte ich für Lacher-Effekte. Denn jeder weiß: Selbst dann, wenn diese Steuersenkung irgendetwas anschiebt, wird sich das niemals in den Dimensionen bewegen, um die es hier geht. Das weiß jeder. In einer solchen Situation wollen wir wissen, was los ist.
Wir haben im Finanzausschuss den Antrag gestellt, die mittelfristige Finanzplanung nachzubessern. Das haben Sie nicht gemacht, und das Gesetz stand auf Ihrer Seite. Sie müssen es nicht zwischendurch machen, aber niemand würde es Ihnen verbieten. Nun machen Sie es beim Nachtragshaushalt auch
nicht; Sie wollen das Ganze verschieben. Diese Verschiebung um eine Woche – aber dafür tragen nicht Sie die Verantwortung, sondern die beiden Fraktionschefs der Regierungskoalition – hat den höchst unangenehmen Nebeneffekt, dass das Parlament erst im neuen Jahr über den eingebrachten Haushalt debattiert. Ich frage die Koalitionsfraktionen: Stärkt es das Parlament, wenn die Regierung hier einen Haushalt einbringt, über den dann erst im nächsten Jahr vom Parlament diskutiert wird?
Dann führen alle möglichen Leute Debatten über den Haushalt, nur nicht das Haus, das dafür zuständig ist, nämlich der Landtag von Baden-Württemberg.
Das kann es nicht sein. Darum waren wir gegen diese Verschiebung. Nachschiebelisten, die erforderlich wären, obwohl sie an den Größenordnungen gar nichts ändern, hätten wir damit gern in Kauf genommen, vor allem dann, wenn sie positiv gewesen wären und wir die harten Ansagen, die wir in einer solchen Situation machen müssen, etwas hätten herunterfahren können.
In einer solchen Situation, in der alle Leute wissen, dass sie das Gewohnte nicht mehr erwarten können, müssen wir, um die Nachhaltigkeit des Haushalts zu sichern, um auch in zehn Jahren noch handlungsfähig zu sein, um auch in zehn Jahren noch unsere Kernaufgaben – insbesondere in der Bildungspolitik – erledigen zu können, zu einer Verstetigung in den Einsparungen kommen, und zwar so, dass wir die Erledigung der Kernaufgaben des Landes nachhaltig – in zehn Jahren noch – gewährleisten können. Viele Leute haben berechtigte Ängste, dass wir das nicht können. Da können wir nicht monatelang so tun, als hätten wir zu dieser Sache nichts zu sagen. Das geht einfach nicht. Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr, und gehen Sie von dem Kurs des Wegschauens auf Monate hin ab.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 14/5110.
Abstimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, Drucksache 14/5151. Der Finanzausschuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf mit einer Ergänzung in § 2 zuzustimmen.
Wer § 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist § 1 einstimmig so beschlossen.
und dazu die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, Drucksache 14/5151. Wer § 2 mit der Ergänzung zustimmt, dass nach dem Wort „MINT-Fächer“ der Klammerzusatz „(Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik)“ eingefügt wird, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Somit ist dem ergänzten § 2 einstimmig zugestimmt.
Wer § 3 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist § 3 einstimmig so zugestimmt.
Wer § 4 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Somit ist § 4 einstimmig zugestimmt.
Wir kommen in der Dritten Beratung zur A b s t i m m u n g. Abstimmungsgrundlage sind die soeben in Zweiter Beratung gefassten Beschlüsse.