Das ist die Aufstellung. Also läuft diese Spargeschichte völlig losgelöst von der Steuerschätzung im November;
sie läuft völlig losgelöst von den Steuerbeschlüssen der Koalition in Berlin. Wenn das aber so ist, dann ist die einzige Variable, die durch die Steuerschätzung oder durch Steuersenkungen der neuen Bundesregierung auftritt, eine höhere Schuldenaufnahme im Haushalt.
Was ist der eigentliche Grund, weshalb Sie das Thema vor sich herschieben? In der Zeitung wird heute spekuliert – Sie haben eine Andeutung gemacht, indem Sie darauf verweisen, wie hoch andere Länder in die Verschuldung gehen –, dass Ihre neue Schuldenaufnahme relativiert wird nach dem Motto: Die anderen sind noch schlimmer, also sind wir besser als die anderen.
(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Zuhören! – Abg. Stefan Mappus CDU: Nur weil Sie den Wowereit nicht mögen, ist er noch lange nicht bei der CDU!)
Jetzt wollen wir mit dieser Mär aufräumen, Sie seien der Ministerpräsident der Nettonull. Herr Stächele hat gerade wieder behauptet, er hätte zwei Nettonull-Haushalte vorgelegt.
Sie haben 2007 – Ihr Vorgänger; da waren Sie noch gar nicht Finanzminister – völlig unnötig 1 Milliarde € Schulden aufgenommen. Andere Länder haben 2007 schon ausgeglichene Haushalte gehabt. Sie haben völlig unnötig 1 Milliarde € Schulden aufgenommen und 1 Milliarde € in eine Rücklage gestellt. Heute tun Sie so, als sei diese Rücklage das Ergebnis von Einsparungen, von Anstrengungen.
Wenn wir schon über Haushaltswahrheit und -klarheit sprechen, dann reden wir noch über einen zweiten Posten. Sie haben künftige Einnahmen des Landes versilbert.
Sie haben die Einnahmen aus der stillen Einlage bei der LBBW verkauft. Diese Einnahmen stehen uns nicht mehr zu, die stehen jemand anderem zu. Kolleginnen und Kollegen, jetzt kommen die Einnahmen aus der LBBW gar nicht mehr. Jetzt wird diese stille Einlage voraussichtlich in den nächsten Jahren gar nicht bedient.
Sie haben Einnahmen, die Sie in der mittelfristigen Finanzplanung als Einnahmen gebucht haben, „verkauft“, um durch diesen Trick Ihre Nettonull rechnerisch darzustellen.
Dann müssen Sie diese Mittel in den nächsten Jahren zusätzlich zur Verkraftung der Mindereinnahmen aufbringen.
Da zeigt sich, dass Ihre Nettonull ein Ergebnis von Buchungstricks ist, aber nicht von Haushaltsanstrengungen, die wir von Ihnen eigentlich erwartet hätten.
Jetzt haben Sie, Herr Ministerpräsident, gesagt: Der Haushalt wird nur eine Woche später eingebracht. Das stimmt. Zunächst möchte ich noch einmal in Erinnerung rufen, was der Kollege Ingo Rust vorhin vorgelesen hat. Danach hätten Sie bis zum 30. September den Haushalt in kompletter Form vorlegen müssen. Wenn Sie immer auf die nächste Steuerschätzung warten, dann bekommen Sie nie einen ganz vollständigen Haushalt hin. Die Variablen – das habe ich gesagt – liegen nur
Schlimm ist, dass es keine Eckpunkte gibt. Nicht nur wir Parlamentarier stochern im Nebel. Heute wird ein Abgeordneter aus Ihrer Fraktion in der Presse zitiert. Er sagt: „Bisher ist alles Kaffeesatzleserei.“ Es sind auch andere beteiligt. Es sind auch Kommunen, es sind Verbände, es sind Unternehmen beteiligt. Alle wollen wissen, woran sie sind.
Nur: Mit dieser Richtung „Wir sparen nicht dort, wo es konjunkturell einschneidet“ fängt man doch nichts an. Denn Sie sprechen ja beispielsweise schon davon, Straßenbaumaßnahmen zurückzuführen.
Ihre zögerliche Haltung, Ihre Verzögerungstaktik belastet das parlamentarische Verfahren hier; das wird selbst in Ihrer Fraktion so gesehen.
Sie belastet aber auch die Planung von allen anderen im Land, die auf die Haushaltsaussage angewiesen sind und die auch ihre eigenen Planungen machen müssen. Sie können doch nicht bis Februar oder März warten, sondern sie gehen schon mit den Eckpunkten um. Sie wollen auch mit uns diskutieren. Sie wollen wissen: Das kommt auf uns zu. Das bedeutet dies und jenes.
Sie bringen den Haushalt am 17. Dezember ein, und dann kommt die Weihnachtspause. Dann erst geht es mit den Beratungen los. Dies nimmt ziemlich viel von dem politischen Spielraum, der erforderlich ist – natürlich für die Koalition, aber auch für uns –, um mit Beteiligten und Betroffenen zu sprechen.
Wir lehnen das ab. Wir halten es für unnötig. Alle anderen Länder sind in der Haushaltsberatung. Alle anderen Länder sind weiter als wir. Sie nehmen eine reine Versteckposition ein, weil Sie das Eingeständnis, dass Sie jetzt deutlich die Nettonull verpassen, dass Sie jetzt deutlich neue Schulden aufnehmen müssen, so weit wie möglich hinausschieben wollen.
(Beifall bei der SPD und des Abg. Franz Untersteller GRÜNE – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Ach komm!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, die Steuerschätzung vom Mai hat auch eine mittelfristige Aussage.
Die mittelfristige Aussage heißt: Es gibt Ausfälle in Höhe von 6 Milliarden € bis 2012. Schon vor der Finanzkrise gab es in der mittelfristigen Finanzplanung eine Deckungslücke von 4 Milliarden €. Dafür sind Sie originär verantwortlich. Diese Lücke von 4 Milliarden € haben wir schon lange vor der Krise gehabt. Von unserer Fraktion sind Sie in jeder Rede zu diesem Thema aufgefordert worden, nicht nur Deckungslücken festzustellen, sondern auch einmal etwas dazu zu sagen, wie Sie diese stopfen wollen.
Die Standardantwort ihres Finanzministers darauf lautet: „Wir fahren auf Sicht.“ Die Standardantwort der Fraktionsvorsitzenden der Regierungskoalition lautet: „Das machen wir dann, wenn es ansteht.“ Das waren Ihre Antworten.
Jetzt sagt Ihr Finanzminister, sein Briefkasten sei noch immer leer, was Sparvorschläge betreffe. Erstens einmal ist festzustellen, dass Sie regieren. Erst einmal müssen Sie selbst etwas in den Briefkasten einwerfen. Wir haben von Ihnen bisher nichts dazu gehört, außer dass Sie Ihren Ministerien pauschal Minderausgaben vorgeben. Wir haben keinen einzigen strukturellen Vorschlag gehört, wie Sie die Deckungslücken stopfen wollen. Diese Deckungslücken können durch nichts aufgehoben werden, durch gar nichts – es sei denn, man hält an solch illusionären Wachstumszahlen fest wie die FDP in ihrem Steuersenkungsprogramm im Umfang von 50 Milliarden €.
Um das durch Wachstum gegenzufinanzieren, brauchte man ein Wachstum von 10 %. Wer glaubt denn an so etwas? Außer Ihnen niemand! Selbst wenn man annimmt, dass ein Wachstum von 5 % oder 7 % ausreichen würde, wäre auch ein solches Wachstum realistischerweise nicht zu erwarten.