Protokoll der Sitzung vom 07.10.2009

Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Feuerwehrgesetzes – Drucksache 14/5103

Das Präsidium hat eine Aussprache mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten. Die Begründung des Gesetzentwurfs erfolgt durch die Regierung.

Das Wort erteile ich Herrn Staatssekretär Köberle.

Liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Wir in Baden-Württemberg sind stolz auf unsere Feuerwehr, und wir haben allen Grund zu diesem Stolz.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Nach über 20 Jahren legt die Landesregierung heute erstmals wieder einen Entwurf zu einer umfangreichen Änderung des Landesfeuerwehrgesetzes vor. Seit der letzten großen Novelle im Jahr 1986 wurden in sechs Änderungen lediglich einzelne Bestimmungen des Gesetzes angepasst.

Was sind nun die Ziele dieser Novelle? Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir das Gesetz an die veränderten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen anpassen. Wir wollen die rechtliche Basis dafür schaffen, dass die Gemeinden und die Feuerwehren ihre Aufgaben, für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger zu sorgen, auch künftig effizient erfüllen können.

Zu Beginn der parlamentarischen Beratungen will ich feststellen, dass sich das baden-württembergische Feuerwehrgesetz und das darin verankerte System unseres Feuerwehrwesens

bewährt haben. Die Feuerwehr ist eine Einrichtung der Gemeinde. Sie gehört dorthin, wo sie gebraucht wird, nämlich in die Gemeinden.

Unser Feuerwehrgesetz und unser Feuerwehrsystem haben inzwischen in mehr als 50 Jahren hervorragend funktioniert. Folgerichtig überrascht der Gesetzentwurf nicht mit spektakulären strukturellen Änderungen. Die haben wir nicht nötig. Wir haben jedoch bewusst an vielen Stellschrauben gedreht, um den Herausforderungen, die sich aus der demografischen und wirtschaftlichen Entwicklung ergeben haben, erfolgreich begegnen zu können. Wir haben zahlreiche, über Jahrzehnte entstandene Ecken und Kanten begradigt oder beseitigt.

Unsere Hauptsorge gilt heute der dauerhaften Sicherung des Personalbestands unserer Feuerwehren. Diesen fällt es zunehmend schwerer, Bürgerinnen und Bürger für den ehrenamtlichen Dienst zu gewinnen. Neben einer Überalterung unserer Bevölkerung sind gesellschaftliche Veränderungen hierfür verantwortlich: wachsende berufliche Anforderungen und der damit verbundene Zwang zu mehr Mobilität, die Bildung kleinerer Lebensgemeinschaften, das veränderte Freizeitverhalten oder die fehlende Identifizierung mit der Gemeinde.

Der Gesetzentwurf soll daher die Attraktivität des ehrenamtlichen Feuerwehrdienstes steigern. Wir wollen u. a. die Ein- und Ausstiegsregelungen flexibler gestalten, um die Hemmschwellen zum Eintritt zu senken. Mit der Herabsetzung des Mindestalters für den Eintritt in die Einsatzabteilung von 18 auf 17 Jahre wollen wir den Übertritt von der Jugendfeuerwehr in die Einsatzabteilung erleichtern und damit der Abwanderungswelle der Jugendfeuerwehrangehörigen in dieser Lebensphase entgegenwirken.

Aus Fürsorge- und Sicherheitsgründen wollen wir die Mitwirkung am Einsatzdienst nach wie vor an der Volljährigkeitsgrenze festmachen. Auch wenn die jungen Feuerwehrangehörigen erst ab dem vollendeten 18. Lebensjahr an Einsätzen teilnehmen dürfen, kann ein frühzeitiger Wechsel in die Einsatzabteilung Motivation und Ansporn für den Feuerwehrdienst sein.

Immer häufiger können Feuerwehrangehörige für eine gewisse Zeit keinen regulären Feuerwehrdienst mehr leisten, weil sie beispielsweise ihre Kinder betreuen oder Angehörige pflegen müssen. Auch ein Studium oder berufliche Gründe machen die Mitwirkung am Feuerwehrdienst zeitweise unmöglich. Anstatt wie bisher aus der Feuerwehr auszuscheiden, erlaubt das Gesetz in solchen Fällen künftig eine zeitlich befristete Beurlaubung. Dies alles eröffnet den Feuerwehren vor Ort Möglichkeiten, um sie zukunftsfähig zu machen und den Personalbestand zu sichern.

Mit den Regelungen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Feuerwehren greifen wir eine Forderung des Rechnungshofs in seiner Denkschrift 2005 und einen daraufhin ergangenen Beschluss des Landtags vom 2. Februar 2006 auf. Zwei Punkte darf ich hierzu nennen:

Erstens: Die Gemeinden sollen mehr als schon bisher zusammenarbeiten und durch Synergieeffekte Kosten einsparen. Das Feuerwehrgesetz bietet dafür ergänzend zu den Instrumenten der kommunalen Zusammenarbeit die notwendigen Möglichkeiten.

Zweitens: Einsätze infolge von Verkehrsunfällen sollen in Gänze kostenpflichtig sein. Bisher sind bei derartigen Einsätzen die Maßnahmen der Menschenrettung und der Brandbekämpfung kostenfrei, die der technischen Hilfeleistung kos tenpflichtig. Künftig soll alles kostenpflichtig sein.

Diese geplante Änderung hat in den letzten Wochen leider zu Kritik und Irritationen geführt. Ich möchte deshalb zu diesem Thema ausdrücklich Folgendes feststellen: Der Einsatz der Feuerwehr bei Bränden, bei öffentlichen Notständen sowie zur Rettung von Menschen und Tieren ist und bleibt grundsätzlich kostenfrei. Hierfür zahlen die Bürgerinnen und Bürger ihre Steuern an die Gemeinde bzw. über die Versicherungsprämien die Feuerschutzsteuer an das Land. Die Gemeinden und das Land finanzieren damit die Gemeindefeuerwehren und garantieren den Bürgerinnen und Bürgern kostenfreie Sicherheit in Form des Feuerwehreinsatzes.

Wenn die Feuerwehr darüber hinausgehend Tätigkeiten zur Abwehr von Gefahren für Menschen und Tiere bei anderen Notlagen ausführt, so sind diese Tätigkeiten heute wie schon in der Vergangenheit kostenpflichtig. Auch daran ändert sich nichts.

Beispiele für solche Aufgaben sind das Befreien eines unverletzten, in einem Baum festhängenden Gleitschirmspringers oder die technische Hilfeleistung bei einem Verkehrsunfall. Hierfür zahlte schon immer der Verursacher oder dessen Versicherung. Neu ist nun, dass bei einem Verkehrsunfall der Kos tenanteil für die Brandbekämpfung oder für die Menschenrettung nicht mehr von der Allgemeinheit, sondern von dem Verursacher bzw. von dessen Versicherung beglichen wird.

Wir gleichen uns damit der Regelung an, wie sie in vielen anderen deutschen Ländern schon seit Langem besteht. Wir gleichen uns dieser Regelung vor allem auch deshalb an, weil wir sie als sachgerecht und als gerecht empfinden.

Bei Feuerwehreinsätzen, die nicht in Verbindung mit dem Betrieb von Kraftfahrzeugen stehen, sind in der überwiegenden Zahl der Fälle Bürgerinnen und Bürger aus der Gemeinde betroffen, deren Feuerwehr die Hilfe leistet. Hier gilt das Prinzip, dass derjenige, der mit seinen Steuern die Gemeindefeuerwehr mitfinanziert, diese Hilfe kostenfrei erhält.

Bei Verkehrsunfällen liegt die Sachlage anders. In aller Regel leistet die Gemeindefeuerwehr dort Menschen aus anderen Gemeinden, ja sogar aus anderen Ländern oder Staaten Hilfe. Da die Häufigkeit solcher Einsätze von der Zahl der zu betreuenden Autobahnen oder Außerortsstraßen abhängt, ist zudem die Kostenbelastung zwischen den einzelnen Gemeinden sehr unterschiedlich. Auch dies ist eine Ungleichbehandlung. In der überwiegenden Zahl der Gemeinden gibt es glücklicherweise kaum Einsätze infolge von Verkehrsunfällen, in wenigen, gerade an den Autobahnen liegenden Gemeinden dagegen sehr viele. Weshalb deren Bürgerinnen und Bürger für die Kosten hierfür aufkommen sollen, ist nicht nachvollziehbar. Das wollen wir deshalb korrigieren.

Wichtig ist mir in dieser Diskussion die Botschaft, dass niemand in unserem Land bei einem Brand oder einer anderen Gefahrensituation aus Angst vor entstehenden Kosten zögern müsste, die Feuerwehr zu alarmieren. Daher nochmals die Feststellung: Die Feuerwehr hilft grundsätzlich kostenfrei, sie hilft schnell und professionell.

Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf in zahlreichen weiteren Punkten praxisgerechte Anpassungen vor. Bei allen vorgesehenen Regelungen galt für uns das Primat, dass die Entscheidungen dort zu treffen sind, wo die Feuerwehren verankert sind, nämlich in den Gemeinden. Bewusst haben wir daher auf eine Verpflichtung zur Aufstellung von Feuerwehrbedarfsplänen oder auf die Festlegung von Hilfsfristen verzichtet.

Wir alle wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen, was wir an unseren Feuerwehren haben. Sie sind ein wesentlicher Faktor für die Sicherheit unserer Bevölkerung. Dafür haben wir ihnen sehr herzlich zu danken.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schaffen wir die Voraussetzungen dafür, dass die Feuerwehren ihre Aufgaben auch künftig zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger sowie der Lebensqualität in unserem Land werden wahrnehmen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hitzler für die Fraktion der CDU.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Der ist schon da, wie die Feuerwehr!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, werte Feuerwehrkommandanten auf der Tribüne!

(Abg. Fritz Buschle SPD: Kreisbrandmeister!)

Kreisbrandmeister; sehr gut.

Feuerwehrleute sind Lebensretter und sind bereit, sich jederzeit für andere einzusetzen. In Baden-Württemberg gibt es ein gut aufgestelltes Feuerwehrwesen mit dezentralen Strukturen, die es ermöglichen, dass auch in kleinen Gemeinden schlagkräftige Wehren vor Ort sind. Unsere Aufgabe als Landesgesetzgeber ist es, dafür zu sorgen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen stimmen und erfolgreich gearbeitet werden kann.

Durch die jetzige Novellierung des Feuerwehrgesetzes wird die Wirtschaftlichkeit der Wehren verbessert und der Verwaltungsaufwand verringert. Zu Recht hat der Rechnungshof gefordert, dass Feuerwehreinsätze bei Fahrzeugbränden und Verkehrsunfällen kostenpflichtig sind. Diese Kosten müssen vom Verursacher und dessen Versicherung und nicht vom Steuerzahler getragen werden. Ferner muss der Personalbestand der Wehren gesichert werden. Deshalb soll z. B. das Eintrittsalter für den Übergang von der Jugendfeuerwehr in die Einsatzabteilung von 18 auf 17 Jahre gesenkt werden.

Das Innenministerium und besonders auch die CDU-Fraktion legen auf einen größtmöglichen Konsens Wert. Deshalb wurden auch sehr viele Anregungen der Praktiker, die im Anhörungsverfahren vorgebracht wurden, in das Gesetz aufgenommen.

Die wichtigsten Neuerungen sind folgende:

Aufgenommen wird eine Ermächtigung für die Landesregierung zum Erlass von Rechtsverordnungen über Mindestanfor

derungen an die Leistungsfähigkeit und an die Funktionsträger der Gemeindefeuerwehr.

Private und öffentliche Arbeitgeber werden hinsichtlich der Freistellung für den Feuerwehrdienst gleichgestellt.

Die Werkfeuerwehren sollen auch künftig grundsätzlich aus Werksangehörigen bestehen. Allerdings sollen auf Antrag beim Regierungspräsidium auch Ausnahmen zugelassen werden.

Kreisbrandmeister müssen künftig ausnahmslos im Hauptamt bestellt sein. Dies war sicherlich eine sehr interessante Fragestellung, auch bei uns in der Fraktion. Eine Übergangsregelung stellt sicher, dass bereits bestellte Kreisbrandmeister weiterhin als Ehrenbeamte auf jeweils fünf Jahre bestellt werden können.

Auf eine Neuregelung des Kostenersatzes bei Überlandhilfe wird verzichtet. Die Hilfe leistende Gemeinde behält ihren Anspruch auf vollen Kostenersatz. Ein Verzicht auf Kostenersatz bei der sogenannten Überlandhilfe wird nicht eingeführt.

Wichtig ist auch eine europaweit einheitliche Notrufnummer, sodass alle Leitstellen langfristig als Integrierte Leitstellen zu betreiben sind.

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion stimmt dem Gesetzentwurf zu und dankt allen, die am Verfahren beteiligt waren, für ihren konstruktiven Beitrag. Besonders bedanken wir uns aber bei den 144 000 – diese Zahl muss man einmal hören – Feuerwehrkameradinnen und -kameraden, die tagtäglich ihren Dienst für die Allgemeinheit tun.

Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Gall für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen, werte Kollegen! Dem Dank, der den Feuerwehren unseres Landes schon entgegengebracht wurde, will ich mich für die SPD-Fraktion vollumfänglich anschließen – schon allein deshalb, weil auch ich davon betroffen bin und zumindest ein kleines Stück auch bei mir ankommt.