Protokoll der Sitzung vom 07.10.2009

(Beifall bei der SPD)

Wir sind alles andere als pessimistisch. Vielen Unternehmen droht aber sogar im Aufschwung noch die Gefahr, in eine Überschuldung zu geraten, weil sie dann aus Geldern, die sie nicht haben, auch noch Aufträge vorfinanzieren müssen. Deshalb ist diese zusätzliche Eigenkapitalstütze das Zukunftsprogramm schlechthin.

Jetzt sagen Sie und auch der Minister: Basel II aussetzen. Entschuldigung, ich möchte nicht polemisch werden, aber das ist so, als wenn man von hier aus den Mond anbellt. Wir sind uns doch völlig einig: Frau Merkel und Herr Bundesfinanzminis ter Steinbrück waren in Brüssel und haben das probiert. Sie konnten sich nicht durchsetzen. Es ging nicht; die anderen haben nicht mitgemacht. Das muss man aber auf europäischer Ebene lösen. Jetzt gab es die G-20-Beschlüsse. Die sehen aber keine Erleichterung für Basel II vor, sondern es wird eine Verschärfung der Eigenkapitalbestimmungen verlangt. Der Internationale Währungsfonds fordert jetzt das Gleiche.

Das heißt, die ganze internationale Politik geht in die gegenläufige Richtung. Deshalb sagen wir: Wir müssen selbst etwas machen. Das ist unser Thema im Land Baden-Württemberg.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es ist unser Mittelstand, es sind unsere Arbeitsplätze.

(Beifall bei der SPD)

Es waren, glaube ich, Sie, die gesagt haben: Man hört uns nicht zu bei unseren Vorschlägen.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Umgekehrt!)

Das Gegenteil ist der Fall. Fragen Sie Herrn Brand, laden Sie ihn einmal ein, wenn wir bei diesem Thema zusammenarbeiten sollen. Diskutieren Sie einmal mit Herrn Brand, dem man ja nun nicht vorwerfen kann, das Sprachrohr der SPD-Fraktion zu sein. Laden Sie Herrn Hundt ein, der nicht nur vorgeschlagen hat, 15 % zu garantieren, sondern der dabei 30 % vorgeschlagen hat.

Jetzt lese ich Ihnen zur Entspannung der Situation einmal vor, was der Bund der Selbständigen in seiner Pressemitteilung vom 24. August 2009 geschrieben hat. Die Überschrift lautet:

BDS begrüßt Einrichtung einer Mittelstandsanleihe

Weiter heißt es dort:

der Vorsitzende –

Kreditklemme ernst nehmen.

Dann heißt es im Text:

Die Einrichtung einer Mittelstandsanleihe, wie sie SPDFraktionschef Claus Schmiedel heute vorgeschlagen hat, ist eine kreative Idee, um den Schwierigkeiten der kleinen und mittleren Betriebe bei der Kreditvergabe entgegenzuwirken.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie genauso sachlich mit unseren Vorschlägen umgehen, die jetzt behandelt werden, dann bin ich sicher, Herr Wolf, dass wir gemeinsam zu einem Ergebnis kommen. Es geht hier nicht um Parteitaktik, sondern wirklich um die Zukunft unseres Landes und um den Mittelstand, auf den wir angewiesen sind.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Wolf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Schmiedel, ich bleibe dabei: Manches von dem, was gesagt wurde, ist es wert, dass man es gemeinsam angeht. Ich meine, auch der Wirtschaftsminister hat Signale ausgesandt, die in solchen Fragen durchaus einen Schulterschluss nahelegen. Ein Eindruck drängt sich bei Ihren Ausführungen aber doch immer wieder auf: Es sind und bleiben eben doch die Ausführungen eines Oppositionspolitikers. Gelegentlich stellt man sich nämlich schon die Frage: Wer soll das alles bezahlen?

(Widerspruch bei der SPD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das hat er doch erklärt! Der hört nicht zu! Un- glaublich! Landrat ohne Ohren!)

Natürlich können wir entsprechende Hoffnungen nähren. Realistische und seriöse Politik muss aber immer auch aufzeigen, wie das Ganze finanziell machbar sein soll.

Ein Zweites: Lieber Herr Schmiedel, Sie haben vorhin kritisiert, mit der Forderung, Basel II auszusetzen, würde man nach Zielen greifen, die in weiter Ferne liegen, die ohnehin nicht erreichbar seien; man möge bitte einmal im unmittelbaren Umfeld seinen Beitrag leisten. Ich wage die Prognose, dass bei Basel II das letzte Wort nicht gesprochen ist. Es gibt aber auch noch etwas anderes: Viele von uns hier in diesem Saal tragen Verantwortung in Verwaltungsräten von Kreissparkassen, in Aufsichtsräten von Volksbanken, Genossenschaftsbanken und Raiffeisenbanken. Meine Erfahrung ist, dass man dort manchmal auch etwas mehr Mut an den Tag legen könnte.

(Beifall des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr schön!)

Es gibt Ermessensspielräume, die es auszunutzen gilt.

(Zuruf von der SPD)

Deshalb gilt es nicht nur, an die Politik zu appellieren. Es gilt auch, an jene Verantwortungsträger in den Aufsichtsgremien unserer lokal verankerten Hausbanken zu appellieren,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr gut!)

mit Mut und etwas Risikobereitschaft gerade in der jetzigen wirtschaftlich schwierigen Situation

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist doch Un- sinn!)

den Mittelständlern Geld zur Verfügung zu stellen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Minister Willi Stächele: Sehr gut! Ein kluger Kopf!)

Ein Letztes, meine Damen und Herren: Es überrascht dann doch, lieber Herr Schmiedel, dass Sie eine solche Aktuelle Debatte lostreten, ohne ein einziges Wort darüber zu verlieren, wer sich eigentlich in diesem Land in wirtschaftlich schwieriger Zeit unter Hinnahme eigener Einschränkungen als Stabilitätsfaktor für Arbeitsplätze erweist. Das sind die Mittelständler, die in der jetzigen Situation durchhalten,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das hat er doch dauernd gesagt!)

die eben nicht entlassen. Das sind die Mittelständler, die darauf setzen, dass es wieder aufwärtsgeht. Ich möchte diese Debatte zum Anlass nehmen, unseren vielen erfolgreichen Mittelständlern im Land dafür zu danken, dass sie Arbeitsplätze sichern und Ausbildungsplätze anbieten, auch und gerade in wirtschaftlich schwieriger Zeit.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Wolf- gang Drexler SPD: Tolle Sprüche, aber nichts ma- chen! „Mehr Mut in der Kreissparkasse“, hat er ge- sagt! Dann wünsche ich viel Spaß!)

Das Wort erhält Frau Abg. Sitzmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich einige Punkte der Debatte aufgreifen. Herr Kollege Schmiedel, Ihr Vorschlag einer Mittelstandsanleihe hat mich nicht überzeugt. Sie wissen so gut wie ich, dass die LBBW in einer extrem schwierigen Situation ist. Es geht darum, ob weitere 2 Milliarden € Verlust anstehen. Die Risikotragfähigkeit ist gering.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die macht jede Menge Anleihen für Konzerne! Das ist doch absurd!)

Vor diesem Hintergrund halten wir weitere Sonderrisiken für nicht vertretbar.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Risiken! – Unruhe bei der SPD)

Ein zweiter Punkt: Über Basel II entspinnt sich hier eine Debatte. „Das lockern wir jetzt einmal; das setzen wir aus“, wurde von Herrn Minister Pfister gesagt. Ich halte diese Debatte für leichtsinnig. Man kann durchaus über den einen oder anderen Punkt diskutieren, was die Bewertungsfaktoren betrifft. Jetzt aber von einer Aussetzung von Basel II zu sprechen halte ich für leichtsinnig. Das könnte das Vertrauen in die Finanzmärkte zerstören. Andersherum ist es doch so: Hätte es Basel II in den USA gegeben, wären wir wahrscheinlich gar nicht in die Finanzmarktkrise gekommen, in der wir uns jetzt bedauerlicherweise befinden.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Heiderose Ber- roth FDP/DVP)

Ein dritter Punkt: Der Herr Minister hat das Thema „Erneuerbare Energien“ angesprochen und behauptet, das Ziel eines Anteils der erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung in Baden-Württemberg von 20 % sei ehrgeizig. Ich möchte Sie an eine Anhörung erinnern, die wir hier im Landtag hatten, bei der fast alle der anwesenden Experten davon gesprochen haben, dass bei dieser Zielvorgabe nicht von Ehrgeiz gesprochen werden kann. Man braucht fast gar nichts zu tun, um dieses Ziel zu erreichen. Damit werden auch die Arbeitsplatzpotenziale, die in diesem Bereich vorhanden sind, in keiner Weise ausgeschöpft. Man sieht, wie niedrig der Anteil der Arbeitsplätze im Bereich der Windkraft im Land ist. Das ist ein Beispiel dafür, dass Sie, Herr Minister, diese Potenziale nach wie vor links liegen lassen und sie nicht zum Vorteil von Baden-Württemberg ausschöpfen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Da in der Überschrift der Aktuellen Debatte der Arbeitsmarkt angesprochen ist, lassen Sie mich an dieser Stelle noch sagen, dass die Entwicklungen tatsächlich besorgniserregend sind und dass wir – das gilt insbesondere auch für die Landesregierung – sehenden Auges auf die Katastrophe zulaufen. 220 000 Beschäftigte in Baden-Württemberg befinden sich in Kurzarbeit. Das sind so viele Menschen, wie im öffentlichen Dienst des Landes beschäftigt sind. Das ist eine gigantische Zahl von Menschen.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Sehr richtig!)