Ärzte, Lehrer und andere – das alles gibt es längst. Die Anstaltsleiter haben übrigens selbst schon deutlich gemacht – z. B. der Leiter der JVA Freiburg –, dass ein großer Teil der nicht hoheitlichen Aufgaben schon jetzt von Dritten erledigt wird, mit denen die Vollzugsanstalten zusammenarbeiten. Das ist doch völlig richtig. Wir wollen doch keinen hermetisch abgeriegelten staatlichen Betrieb.
Es ist übrigens leider bezeichnend, dass Sie, lieber Herr Sakellariou, nicht in der Lage sind, den Namen des dritten Partners im Fall Offenburg richtig zu nennen.
Bei der JVA Hünfeld war es genau dasselbe. Dort kamen auch alle sofort gerannt und haben gesagt: Das und das kann nicht funktionieren. Ist Ihnen aufgefallen, dass Sie da gar nichts mehr hören? Die Anstalt läuft. Sie läuft nach demselben Modell wie 20 französische Anstalten und mittlerweile drei in der Bundesrepublik Deutschland. Die erste war in Hünfeld, die zweite sind wir, die dritte hat jetzt in Sachsen-Anhalt aufgemacht. Dort ist übrigens meine Kollegin Kolb von der SPD zuständig. Die hält das aber offensichtlich auch nicht für ein Schreckgespenst.
Es wird da etwas an die Wand gemalt, und das ist natürlich – Verzeihung – auch ein bisschen verbandsgetrieben. Ich verste he es auch. Für manche Menschen und für manche Verbände ist eine Aufgabe nur dann gut erledigt, wenn sie beim Staat liegt. Aber das ist ein gefährlicher Ansatz, gerade bei verschiedenen Aufgaben des Strafvollzugs, die wirklich von Dritten genauso gut erledigt werden können.
Auf einen sehr guten Punkt hat Herr Kollege Wetzel hingewiesen. Die eigentlich von allen zu Recht gelobten Projekte wie das Seehaus in Leonberg oder das „Projekt Chance“ in Creglingen wickeln wir komplett privatisiert ab. Aber ich nenne es nicht privatisiert, denn wenn das CJD bei uns etwas durchführt, was es sicher noch besser durchführen kann als der Staat, dann ist das für mich keine Privatisierung.
Herr Minister, stimmen Sie mir zu, wenn ich sage, dass die SPD-Fraktion Projekte wie das Seehaus immer unterstützt hat?
Zweitens: Stimmen Sie mir zu, dass diese Projekte für den Jugendstrafvollzug nicht repräsentativ sind, sondern dass in die se Projekte allenfalls etwa 5 % der infrage kommenden Jugendlichen, nach ganz bestimmten Kriterien ausgewählt, überhaupt Eingang finden?
(Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es! – Abg. Ni- kolaos Sakellariou SPD: Uneingeschränkt ja! – Abg. Katrin Altpeter SPD: Ja!)
Ich glaube, dem kann ich uneingeschränkt zustimmen. Aber es bestätigt natürlich – Verzeihung – das, was ich gesagt habe. Was dort stattfindet, ist Strafvollzug in freien Formen. Früher war es im Strafvollzugsgesetz so verankert, und jetzt ist es in dem Gesetzbuch veran
kert – das Sie übrigens gleich ablehnen werden. Darin ist die Grundlage verankert. Es ist Strafvollzug. Aber er wird in diesem Fall sogar komplett jeweils durch einen freien Träger durchgeführt, und zwar deswegen, weil dort die erzieherischen Leistungen stark im Vordergrund stehen.
Jetzt ziehe ich aber die nächste Schlussfolgerung: Warum soll ich denn in allen herkömmlichen Anstalten alle erzieherischen Leistungen für staatlich erklären? Das kann mir doch kein Mensch klarmachen, warum das zwingend sein sollte.
Wir können doch nichts anderes tun, als deutlich zu machen, dass alle hoheitlichen Aufgaben beim Staat bleiben, dass aber bei allen nicht hoheitlichen Aufgaben gefragt werden darf, ob dritte Partner sie besser erfüllen können. Das ist eine schiere Selbstverständlichkeit.
Zum Schluss bedanke ich mich ganz herzlich bei allen, die aus der Praxis und aus dem Parlament an diesem Gesetz mitgewirkt haben. Ich bedanke mich durchaus auch bei allen Beteiligten für die Diskussionen im Ausschuss. Es ist eigentlich schade, dass Sie am Schluss nicht über Ihren Schatten springen können
(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Springen? Wenn sie nicht springen können, dann können sie ja herüber- laufen!)
und dem Gesetz die Zustimmung teilweise versagen. Aber ich bin zuversichtlich, dass das Gesetz in diesem Hohen Haus eine Mehrheit bekommen wird. Dafür möchte ich mich bedanken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Allgemeinen Aussprache liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen in der Zweiten Be ratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 14/5012.
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Da die Beschlussempfehlung des Ständigen Ausschusses eine Änderung des § 9 vorsieht, lasse ich zuerst über die §§ 1 bis 8 abstimmen. Wer den §§ 1 bis 8 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. –
und dazu Abschnitt I Ziffer 1 der Beschlussempfehlung des Ständigen Ausschusses, Drucksache 14/5274. Wer § 9 mit der darin vorgesehenen Änderung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. –
Durch die Änderung in § 9 ist die Inhaltsübersicht in Artikel 1 entsprechend anzupassen. Ich rufe deshalb Abschnitt I Ziffer 2 der Beschlussempfehlung Drucksache 14/5274 auf. Wer dieser Anpassung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Bei einigen, bei wenigen Enthaltungen ist das so beschlossen.