Protokoll der Sitzung vom 04.11.2009

Es gibt ein Abkommen zwischen der Hochschule Karlsruhe und der früheren Universität Karlsruhe, dem jetzigen KIT. Das funktioniert auch ganz gut.

Ich habe jüngst Gespräche mit dem Rektor der Hochschule Ulm geführt. Er wird mit seinen Partnerhochschulen ähnliche Wege gehen.

Ähnliches werden wir in dem Bereich der grünen Lebenswissenschaften in dem agrarwissenschaftlichen Verbund zwischen Nürtingen und Hohenheim erleben.

Insofern sind wir, glaube ich, auf dem richtigen Weg, indem wir einerseits sagen: „Das Promotionsrecht ist ein Privileg der Universitäten und soll dies auch bleiben“, und andererseits die se Promotionsmöglichkeiten wirklich für Fachhochschulabsolventen öffnen. Denn es ist immer wichtig, dass diejenigen, die eine Hochschule besuchen, wissen, dass sie in dieser Hoch schulart nicht in einer Einbahnstraße enden, sondern weiterhin alle Qualifikationsmöglichkeiten haben.

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

Darüber können wir noch einmal diskutieren.

Vielen Dank, Herr Minister. – Bitte, Herr Abg. Locherer.

Herr Minister, herzlichen Dank für die Vorstellung dieses sehr innovativen Projekts im Hinblick auf die technische Entwicklung, aber auch im Hinblick auf die Zusammenarbeit zwischen Fachhochschulen und Universitäten in unserem Land.

Ich frage Sie deshalb, wie das Wissenschaftsministerium die politische Bedeutung dieses Projekts einschätzt.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Ja, sag einmal! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Habt ihr das vorher abge- sprochen? – Abg. Martin Rivoir SPD: Woher ist denn der Zettel?)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter.

Ich glaube, dies ist in mehrfacher Hinsicht politisch relevant.

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Peter Hofelich SPD: Gute Antwort! Lassen Sie es einmal dabei!)

Das Erste ist: Ich glaube, wir machen uns gar nicht klar, was auch viele Wirtschaftsexperten derzeit sagen: Wir hatten wegen der starken Exportabhängigkeit der Automobilindustrie und des Maschinenbaus zwar stärkere Einbußen in der Wirtschaftsentwicklung als andere Länder. Genau diese Branchen werden aber entscheidend sein, um uns wieder Wachstum zu bescheren. Deshalb ist die Innovation in der Automobilindus trie und im Maschinenbau eigentlich die entscheidende Weichenstellung für die Zukunft der Wirtschaft und gerade der produzierenden Wirtschaft unseres Landes. Es gibt kein Land, das so stark von der produzierenden Wirtschaft abhängt wie Baden-Württemberg. Deshalb ist die gesamte Fokussierung auf Innovation in der Automobilindustrie – das betrifft aber neben der Materialwissenschaft, der Lasertechnologie und Ähnlichem genauso auch den Maschinenbau – Zukunftsvorsorge für das Land.

Dazu gehört übrigens auch, eine genügende Zahl junger Menschen in den Bereichen der Ingenieurwissenschaften auszubilden. Deshalb sind an das Forschungszentrum zwei Masterstudiengänge und ein zusätzlicher Bachelorstudiengang angebunden, sodass wir nicht nur die Forschungsseite, sondern auch die Bildungs- und Ausbildungsseite abdecken.

Das Zweite, was man, glaube ich, nicht hoch genug einschätzen kann, ist die Frage: Wie stellen sich eigentlich unsere Unternehmen im internationalen Wettbewerb auf? Es ist wichtig, dass die Unternehmen Produktionsstandorte in anderen Märkten haben, in denen Automobile gebaut werden, z. B. Bosch in Japan, Bosch in China und Bosch in Indien. Aber für mich ist das Wichtigste – das habe ich gestern auch betont –, dass Forschung und Entwicklung am Standort Baden-Würt temberg bleiben. Denn solange wir hier sozusagen die Headquarters haben und solange wir Forschung und Entwicklung hier haben, solange die FuE der Unternehmen mit starken Hochschulen verbunden ist und wir die Ingenieurinnen und Ingenieure bereitstellen können, so lange werden die Firmen baden-württembergische und deutsche Unternehmen sein.

Wenn wir dies verpassen sollten und FuE auswandert, etwa weil es hier nicht mehr genügend Fachkräfte gibt, dann haben wir im Grunde genommen im Wettbewerb verloren. Produk

tion kann man leichter verlagern als das Know-how sowie Forschung und Entwicklung. Deshalb ist es für uns ein strategisch überaus wichtiges Bekenntnis der Firma Bosch, so viele Mittel an diesem Standort Baden-Württemberg in eine Schlüsseltechnologie zu investieren.

Wir müssen eines wissen: Gerade in den hochsensiblen innovativen Bereichen ist es wichtig, dass in Ländern mit hinreichendem Patentschutz geforscht wird. Diese Karte müssen wir sorgfältig ausreizen, damit die Unternehmen hierbleiben, wo sie sicher sein können, dass die sogenannte Intellectual Property geschützt wird und die Produkte nicht morgen nachgemacht werden. Insofern ist es – ich glaube, das kann man ganz einfach sagen – ein sehr gutes Signal in der Wirtschaftskrise, ein Signal nach vorn in das Vertrauen auf den Standort Baden-Württemberg und in die Zukunft der hiesigen Automobilindustrie.

Vielen Dank, Herr Minister. – Keine weiteren Nachfragen.

Damit ist der erste Teil der Regierungsbefragung erledigt.

Wir kommen jetzt zur Anfrage der Fraktion GRÜNE an die Regierung. Ich darf Herrn Abg. Walter das Wort geben.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zum zweiten Mal innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums ist die Daimler AG im Zusammenhang mit Verstößen gegen den Datenschutz ins Gerede gekommen. Wenn Presseberichte zutreffen, gab es seit vielen Jahren – diese Praxis soll schon seit 30 Jahren gang und gäbe gewesen sein – bei Einstellungen von Bewerberinnen und Bewerbern Untersuchungen auf Krankheiten auf der Basis von Bluttests. Die Daten wurden gespeichert.

Einmal mehr zeigt sich in diesem Zusammenhang, dass es offensichtlich aufgrund der personellen Ausstattung des Datenschutzes in Baden-Württemberg nicht möglich ist, dass die Landesregierung hier schon prophylaktisch eingreift, dass stichprobenartig untersucht wird, welche Unternehmen in Baden-Württemberg diese Praxis ausüben. Ist es nur die Daimler AG, oder sind es auch noch andere Unternehmen?

Wir begrüßen in diesem Zusammenhang zwar, dass die Datenschutzaufsichtsbehörden für den privaten und den öffentlichen Bereich jetzt zusammengelegt werden.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist höchste Zeit!)

Das ist höchste Zeit. Das fordern wir seit Jahrzehnten, kann man fast sagen. Aber das allein löst ja das Problem nicht, dass die Datenschutzaufsicht mit zu wenig Personal ausgestattet ist. Das müssen wir sicherlich bei den Haushaltsberatungen in den nächsten Jahren untersuchen.

Ich habe jetzt ganz konkret folgende Fragen an die Landesregierung:

Erstens: Sind der Landesregierung solche Blutuntersuchungen im Rahmen der Einstellung von Personal auch von anderen Unternehmen in Baden-Württemberg bekannt?

Zweitens: Können Sie hier Rede und Antwort stehen, Herr Minister: Mit welcher personellen Kapazität werden in Ba

den-Württemberg gegenwärtig Kontrollen und Überprüfungen der Einhaltung von Arbeitnehmerdatenschutzrechten durchgeführt? Können Sie darlegen, wie lange aufgrund der personellen Situation in der Datenschutzbehörde die Aufarbeitung des ersten Falls, der von Daimler bekannt wurde, gedauert hat und wie lange nach Ihrer Einschätzung der jetzige Fall dauern wird?

Drittens würde uns Folgendes interessieren, Herr Minister: Es ist ja, wie gesagt, schon zum zweiten Mal der Fall, dass die Daimler AG aufgrund von Verstößen gegen den Datenschutz ins Gerede kommt. Hat dies Auswirkungen auf die Höhe der Strafe oder auf die Bußgelder, die in diesem Zusammenhang verhängt werden müssen?

(Abg. Walter Heiler SPD: Und wer bekommt das Geld?)

Vielen Dank. – Für die Regierung darf ich Herrn Innenminister Rech das Wort erteilen. Ich darf wieder darauf aufmerksam machen, dass für die Beantwortung eine Redezeit von bis zu fünf Minuten vorgesehen ist.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Wenn es länger wird, wird ein Bußgeld verhängt!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Die fünf Minuten werde ich nicht ganz brauchen, zumal der angesprochene Fall Daimler noch nicht abgeschlossen werden kann. Ich kann auch noch nicht sagen, wie lange das dauern wird.

Eines kann ich aber sagen.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Laufende Ermitt- lungen!)

Ja, genau. Das könnte man schon sagen. Zunächst ist eine Stellungnahme von Daimler gefordert, und danach erfolgt die rechtliche Bewertung.

Was die Verfahrensdauern generell anbelangt, Herr Kollege Walter, so erhoffe ich mir auch da durch die beabsichtigte Zusammenlegung gewisse Synergieeffekte. Denn eines ist klar: Die personelle Ausstattung ist nicht so, als dass man solche großen Fälle – zumal dann, wenn sie sich häufen – von heute auf morgen abarbeiten könnte. Da geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Die Zusammenlegung wird aber sicherlich Synergien bringen.

Die Rechtslage im konkreten Fall ist nach meiner Bewertung – Stand heute – noch unklar. Es geht um die Abwägung des Interesses des Arbeitgebers, einen gesunden Arbeitnehmer einzustellen, gegen das auf der anderen Seite bestehende Interesse des Arbeitnehmers an einer Anstellung, die er erhalten möchte, ohne dass er viel von seiner Privatsphäre preisgeben müsste. Das sind die beiden Dinge, die gegeneinander abgewogen werden müssen. Dieser Konflikt ist vom Arbeitsgericht noch nicht entschieden worden.

Im Hinblick darauf, dass die Aufsichtsbehörde die datenschutzrechtliche Rechtmäßigkeit der Einstellungsuntersuchungspraxis der Daimler AG erst dann abschließend bewerten kann, wenn – ich habe es eben schon gesagt – die erbe

tene Stellungnahme vorliegt, kann ich zum Ausgang des Verfahrens gegenwärtig noch nichts sagen, und ich kann auch noch nicht sagen, wie lange das Verfahren noch dauern wird.

Die Firma Daimler AG wurde um eine Stellungnahme gebeten. Zwischenzeitlich liegt eine Stellungnahme vor. Allerdings haben sich auch nach dieser Stellungnahme noch Fragen ergeben, sodass weitere Ermittlungen erforderlich sind, um den Sachverhalt wirklich gründlich und abschließend aufarbeiten und bewerten zu können. Im Zuge dessen hat die Aufsichtsbehörde am 2. November ein Gespräch mit den Verantwortlichen der Daimler AG geführt. Die Daimler AG wurde darüber hinaus gebeten, Herr Kollege Walter, ihre Verfahrensweise bei Einstellungsuntersuchungen noch einmal schriftlich darzulegen. Nach Möglichkeit soll bis zum Freitag das Vorgehen des Unternehmens konkret bewertet und gegebenenfalls beanstandet werden.

Ich habe Ihnen jetzt die Daten genannt. Das ist unser Zeitraster, und dieses Vorgehen beabsichtigen wir. Sie dürfen mich aber nicht darauf festnageln, dass es nun tatsächlich am Freitag abschließend geschehen kann. Denn ich weiß ja nicht, was als Antwort kommt, ob dies ausreicht oder ob weitere Nachfragen notwendig sind. Sie ersehen daraus aber – deshalb habe ich Ihnen dieses Zeitfenster genannt –, dass wir uns schon mit Nachdruck bemühen, die Geschichte schnell aufzuarbeiten.

Für die SPD-Fraktion erteile ich nun Herrn Abg. Stoch das Wort für eine weitere Frage.

Herr Minister Rech, das Problem, das Kollege Walter gerade angesprochen hat, stellt sich, meine ich, in einem etwas anderen Licht dar, wenn man sich das Schreiben der Daimler AG vom heutigen Tag anschaut. Darin wird schon ein Stück weit erklärt, warum es die Überprüfungen in dieser Form gab. Am Anfang kann man das noch nachvollziehen, wenn von einer Fürsorgepflicht bei bestimm ten Tätigkeiten die Rede ist, also etwa, wenn es um Tätigkeiten geht, bei denen die Mitarbeiter mit Lösungsmitteln in Berührung kommen. Den Mitarbeiter dann auf seine Allergieanfälligkeit oder Ähnliches hin zu testen, mag ja noch nachvollziehbar sein.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das ist ja okay!)

Auf der zweiten Seite dieses Schreibens steht aber der folgende Satz:

Vor allem bei Angestellten, für die keine potenziellen Gefährdungen im Arbeitsumfeld zu erwarten sind,

das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen; die Daimler AG sagt sogar selbst, dass es nicht anlassbezogen sein muss –