in Reutlingen machen, aber auch in jeder anderen Gemeinde. Aber um ein Gewerbe anzumelden, müssen Sie künftig entweder zur Kammer oder aufs Landratsamt gehen.
Dabei sollten wir hier die Subsidiarität gelten lassen. Die Kommunen sind dafür prädestiniert. Außerdem bietet es die Chance eines Wettbewerbs zwischen den Kommunen und auch einen Wettbewerb zwischen den Kommunen und den Kammern, wenn man es so macht, wie wir es vorschlagen. Aber das ist das, was den Kammern nicht besonders ge schmeckt hat. Deswegen haben sie sich eine Zeit lang dagegen gewehrt.
Wir sollten nach der Devise handeln: Eigentlich soll es kein Bundesland den Existenzgründern und Gewerbetreibenden, die etwas anmelden wollen, leichter machen als unser Bundesland Baden-Württemberg.
Aber dazu sind wir nicht in der Lage. Die Bürokratie hat zwar in Richtung Kommunen etwas nachgeben müssen, hat am Ende aber doch noch einen schönen „Bremserfolg“ eingeheimst. Das müssen wir sehen. Wir haben damit wieder einmal eine Chance für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg vergeigt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetz über Einheitliche Ansprechpartner für das Land Baden-Württemberg wird die Ansiedlungspolitik hier im Land modernisiert. Das ist eine Förderung für kleine und mittlere Unternehmen, die fast nichts kostet.
Im Kern geht es darum, dass Gründerinnen und Gründer und ansiedlungswillige Unternehmen – im Gesetz heißt es „Dienstleistungserbringer“ – alle notwendigen Formalitäten bei einer einzigen Stelle erledigen können. Der bisherige zeitaufwendige und schwierige Behördenparcours über acht bis zwölf Stellen – der Kollege Schwehr hat die einzelnen Stellen schon aufgelistet, zu denen man bisher gehen musste – soll ein Ende haben. In Zukunft soll es eben möglich sein, alle diese Formalitäten bei einer einzigen Stelle zu erledigen.
Deswegen finde ich eigentlich den Begriff „One-Stop-Agencies“ wesentlich besser; er beschreibt zwar auf Englisch, aber trotzdem besser, was mit dem Einheitlichen Ansprechpartner gemeint ist. Hinzu kommt noch – wir haben es gerade vom Wirtschaftsminister gehört –, dass es in der Bundesrepublik zukünftig 16 uneinheitliche Einheitliche Ansprechpartner geben wird.
Die One-Stop-Agencies – ich bleibe jetzt einmal bei diesem Begriff – sollen nicht nur Anlaufstellen für ausländische Un
ternehmensgründer und -gründerinnen sein, sondern auch für Inländer soll der Service angeboten werden. Das finden wir richtig. Auch insgesamt finden wir, dass diese Initiative der EU richtig und unterstützenswert ist.
Dennoch ist bedauerlich, Herr Minister, dass es so lange gedauert hat. Diese EU-Richtlinie stammt aus dem Jahr 2006.
Wir haben uns seit 2006 damit beschäftigt. – Das Motto „Gut Ding braucht Weile“ trifft bei dieser Landesregierung leider bei vielen Gesetzesvorhaben zu. Ich erinnere daran: Bei der Landesdisziplinarordnung waren es sieben Jahre, bis Sie diese auf den Weg gebracht haben.
(Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: Das macht die große Qualität unserer Gesetze aus! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Ein Trauerspiel! – Weitere Zurufe)
Ich finde, mehr Tempo würde Ihnen guttun, auch wenn Sie darauf verweisen, dass es noch Bundesländer gibt, die die betreffende EU-Richtlinie bislang nicht umgesetzt haben. Aber Tatsache ist, dass sich die Kommunen und die Kammern schon jetzt in der Umsetzungsphase befinden, obwohl wir das Gesetz noch gar nicht beschlossen haben. Aber es geht nicht anders. Es muss zum Jahresanfang in Kraft treten. Das ist schon eine absurde Situation: Die Vorbereitungen laufen, bevor das Gesetz verabschiedet worden ist.
(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Absurde Situati- onen haben wir öfter bei dieser Landesregierung! – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Herr Sckerl, halten Sie sich zurück! Sie verstehen davon nichts! – Heiterkeit)
Nachdem Sie jetzt jahrelang hin und her diskutiert haben, kriegen Sie es auf den letzten Drücker noch hin. Das Gesetz ist ja übersichtlich; es hat nur neun Paragrafen. Insofern hätten Sie es doch wohl schneller hinbekommen können.
(Minister Ernst Pfister: Ja, genau! Wir sind sehr dank- bar! – Heiterkeit – Gegenruf des Abg. Dr. Rainer Pre- wo SPD: Er hat es durch die Blume zugegeben!)
Die SPD und die Grünen, Herr Minister Pfister, haben in zwei Anträgen und in vielen Gesprächen das Anliegen eingebracht, dass die Kommunen mit im Boot sein müssen. Herr Kollege Prewo hat seine weiter gehenden Vorstellungen dazu gerade ausgeführt. Auf jeden Fall sind wir froh, dass die Kommunen mit im Boot sind. Das ist richtig und wichtig.
Falsch wäre es gewesen, wenn es nach Ihren Vorstellungen, Herr Minister, gegangen wäre, ausschließlich die Kammern als Einheitliche Ansprechpartner vorzusehen und die Kommunen außen vor zu lassen. Sie halten das vielleicht für wirt
schaftsnah. Aber es geht auch um die Wünsche und Bedürfnisse der Dienstleistungserbringer. Es geht darum, was für die Dienstleistungserbringer am besten ist und wie sie sich möglichst schnell, kundennah und mit möglichst wenig Bürokratie hier ansiedeln oder ihr Unternehmen hier gründen können.
Auch aus Sicht der Unternehmen sind die Kommunen als Einheitliche Ansprechpartner zentral. Viele Entscheidungen werden bei den Kommunen getroffen. Ich erinnere z. B. an das Baurecht. Aber auch für die kommunale Verwaltung ist dies wichtig. Sie kann dadurch zum einen Ansiedlungsentscheidungen mitsteuern. Zum anderen bringen die Einheitlichen Ansprechpartner wichtige Impulse für eine bürger- und unternehmensnahe Verwaltung.
Bedauerlich ist allerdings, dass dies, auch wenn die Kommunen jetzt mit im Boot sind, nicht auf gleicher Augenhöhe passiert. Die Kammern sind Einheitliche Ansprechpartner, die Kommunen können es sein. Aber, wie gesagt: Das ist noch deutlich besser als das reine Allkammernmodell. Insofern sind wir einverstanden.
Wir finden es auch positiv, dass die Nutzung des Dienstleis tungsportals des Landes nicht mehr verpflichtend, sondern freiwillig ist. Da gab es Schnittstellenprobleme, die den Kammern schwer im Magen lagen. Das scheint jetzt ausgeräumt zu sein.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mich im Namen der FDP/DVP-Fraktion beim Wirtschaftsminister und seinen Mitarbeitern dafür bedanken,
dass dieses Gesetz jetzt auf dem Tisch liegt. Im Unterschied zur Kollegin Sitzmann bin ich nicht der Meinung, dass es endlos lange gedauert hätte und spät käme.
Dass erst fünf von 16 Bundesländern so weit sind, zeigt schon, dass es nicht ganz einfach ist, dieses Gesetz zu machen. Na
türlich sind neun Paragrafen schnell geschrieben; das ist überhaupt keine Frage. Aber der entscheidende Punkt ist doch, alle Beteiligten so ins Boot zu bringen, dass sie damit zufrieden sind und dass es keine Auseinandersetzungen gibt, und darüber hinaus Schnittstellen abzubauen. Sie haben am Ende Ihrer Rede angesprochen, Frau Kollegin Sitzmann, dass es eine Reihe von Komplikationen, von Schnittstellen gegeben hat, die beseitigt wurden.
Wenn man bedenkt, dass die Europäische Union eine Frist bis Ende 2009 gesetzt hat und dass vermutlich die meisten Bundesländer diese Frist nicht einhalten können, dann haben wir im Land Baden-Württemberg doch einigermaßen rasch gearbeitet und offensichtlich – das hat das Votum der GrünenFraktion deutlich gemacht – eine konsensfähige Lösung auf den Tisch gebracht.
Für die FDP/DVP-Fraktion will ich gar nicht verhehlen, dass uns das reine Allkammernmodell lieber gewesen wäre. Wir sind Vertreter des Subsidiaritätsprinzips. Wir sind der Meinung, dass dort, wo es nicht unbedingt notwendig ist, die öffentliche Hand nicht ins Spiel kommen muss. Wir sind der Meinung, dass die Kammern das allein hätten schultern können.
Es gab auf der anderen Seite einen gewissen Druck von den Kommunen, mit ins Boot zu kommen. Anfangs wurde über die Frage diskutiert: Können dann vielleicht über 1 100 Kommunen Einheitliche Ansprechpartner sein? Das wurde dann relativ schnell verworfen. Das wäre zu unübersichtlich geworden. Muss man vielleicht die Großen Kreisstädte ins Boot holen? Das wäre auch zu unübersichtlich geworden.
Das ist eine Regelung, mit der wir leben können, bei der wir allerdings noch immer gewisse Schnittstellen, noch immer ein gewisses Maß an Bürokratie befürchten, das auf uns zukommen könnte. Deshalb ist es gut, Herr Minister, dass wir diese Evaluation vorsehen und uns nach drei Jahren anschauen wollen, ob es wirklich optimal ist, das so zu machen, oder ob vielleicht nicht doch ein reines Allkammernmodell fungibler wäre. Das werden wir dann sehen.