Protokoll der Sitzung vom 25.11.2009

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Warum springt ihr erst jetzt darauf?)

Deswegen, glauben wir, ist es gut, was die Landesregierung hier initiiert hat. Es ist für Baden-Württemberg von überragender Bedeutung.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Der Fortschritt ist eine Schnecke!)

Die dahinter stehende Frage ist im Grunde: Was ist die Primärenergie des Automobils in der Zukunft?

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Sie halten ein Kore- ferat!)

Wir wissen: Der Verbrennungsmotor wird sich noch immer weiter entwickeln; er wird noch 20 bis 30 % an zusätzlichen Effizienzen erbringen können. Wir werden den Verbrennungsmotor sicherlich noch zehn, 20 oder sogar 30 Jahre lang erleben. Aber dann muss es einen Sprung geben, und es wird auch einen Technologiesprung geben. Die Elektromobilität kann eine Lösung sein.

China hat das erkannt, Indien hat es erkannt, und auch die Vereinigten Staaten von Amerika wollen sich hier profilieren. Für China ist diese Thematik wahrscheinlich auch deshalb interessant, weil dieses Land in diesem Bereich einen kompletten

Technologiesprung machen kann. Denn sie werden uns beim Verbrennungsmotor mit Sicherheit technologisch nicht mehr einholen können.

Nun ist es aber natürlich so, dass die Elektromobilität noch viele Risiken und Schwächen aufweist. Ich glaube, darüber muss man in einer solchen Fragerunde auch einmal sprechen. Die Batterien haben ein zu hohes Gewicht und bringen zu wenig Leistung. Das gilt übrigens auch für viele Politiker.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Mein Bauch gehört mir! – Abg. Reinhold Gall SPD: „Zu wenig Leistung“, hat er gesagt! Das ist ein persönlicher An- griff!)

Viele kämpfen mit ihrem Gewicht, und so ist das auch bei den Batterien.

Wir haben einen zweiten Problembereich, nämlich die Infrastruktur. Die benötigte Infrastruktur ist noch nicht vorhanden, und ich meine, es ist in erster Linie eine herausragende Chance für die Politik, hier etwas zu leisten und einen neuen Clus ter zu bilden, der ein Bindeglied zwischen Energiewirtschaft, Autozulieferern und Automobilindustrie darstellt.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Sie reden schon län- ger als drei Minuten! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Ein Koreferat!)

Zum Dritten muss man natürlich sagen: Die Preise für Elektroautos sind sowohl hinsichtlich der Anschaffung als auch hinsichtlich des Unterhalts noch sehr hoch. Auch hier gibt es also ein Problemfeld, das man sicherlich politisch betrachten muss.

Deswegen ist diese Initiative, glaube ich, gut. Der Bund tut das ja im Übrigen auch, indem er Projekte in Berlin, in Bremen, in Hamburg – –

Herr Kollege, drei Minuten!

Ja, sind die schon um?

(Heiterkeit)

(Heiterkeit – Abg. Thomas Knapp SPD: Batterie leer!)

Batterie leer. – Stellen Sie bitte eine Frage.

Ja, das ist eine Frage der Leistungsfähigkeit. – Darf ich jetzt meine Frage noch formulieren?

Ja, natürlich, klar.

(Heiterkeit)

Herr Minister, unter diesem Szenario, vor dem Hintergrund,

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

dass auch die Wirtschaft investiert – Daimler investiert jedes Jahr 5 Milliarden € in Entwicklung und Forschung –, und

wenn man sieht, was sich in China tut, frage ich: Wie wird die baden-württembergische Landesregierung diese Entscheidung „Elektromobilität oder Verbrennungsmotor oder Brennstoffzelle oder eine vierte Initiative?“ in Zukunft angehen, und wie sehen Sie die Chancen für Baden-Württemberg?

Bitte, Herr Minister.

Sie haben natürlich völlig recht, Herr Abg. Nemeth. Wenn kluge Leute schätzen, dass wir im Jahr 2020 eine Situation haben, in der von den etwa 44 Millionen Autos, die es in Deutschland gibt, 1 Million Autos mit Elektroantrieb fahren, wird deutlich, dass es über 40 Jahre hinweg einen Weg geben wird, auf dem auch eine Doppelstrategie gefahren werden muss. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir die nächsten zehn, 20, 30 Jahre nach wie vor auch damit beschäftigt sein werden, die bestehenden klassischen Motoren zu optimieren, dafür zu sorgen, dass sie weniger verbrauchen, dass sie weniger schadstoffträchtig sind. Das ist der eine Weg; der muss gegangen werden; der wird auch gegangen werden.

Man darf nicht der Illusion anhängen, dass wir in wenigen Jahren in Baden-Württemberg und in ganz Deutschland die Elektromobilität hätten. Das wird dauern. Deshalb muss eine Strategie der beiden Wege erarbeitet und umgesetzt werden. Aber das darf uns natürlich nicht daran hindern, dass wir schon jetzt damit beginnen, die Vorbereitungen auf diesen Technologiewandel, der kommen wird, zu treffen.

Sie haben natürlich auch recht, wenn Sie sagen, wir fangen ja nicht bei null an. Es gibt eine ganze Fülle von Aktivitäten. Die werden von der Automobilwirtschaft, der Forschungsland schaft, die in Baden-Württemberg nachgewiesenermaßen besonders stark ausgeprägt ist, und vielen anderen mehr durchgeführt.

Das, worauf es der Landesregierung ankommt, ist eben, dass all diese Aktivitäten, die hier und dort entstanden sind und weiterhin entstehen, gewissermaßen unter ein Dach gebracht werden, dass sie gebündelt werden, sodass deshalb auch die Möglichkeit besteht, neue Strategien zu entwickeln, die erfolgreich sein werden.

Ich mache Ihnen das am Beispiel von BIOPRO klar. BIOPRO ist auch eine Landesagentur, die damals entstanden ist, weil die Ansätze, die wir im Land Baden-Württemberg im Bereich der Biotechnologie hatten, gebündelt werden mussten. Wir hatten bei der Biotechnologie unglaublich viele Ansätze in allen Teilen des Landes. Wir hatten aber den Nachteil, dass die im Grunde nebeneinander her gearbeitet haben. Wir haben sie gebündelt, und zwar mit dem Ergebnis, dass wir heute ohne Übertreibung sagen können, dass wir im Bereich der Biotechnologie spitze sind.

Genau diesen Prozess, genau dieses Verfahren wollen wir auch bei der Elektromobilität einführen. Das Wichtigste ist insofern diese Bündelungsfunktion für diese Initiative in der Landesagentur, die dazu führen wird, dass all die Strategien, die wir brauchen, erfolgreich gestaltet werden können. Ich glaube, dass damit die Voraussetzungen dafür geschaffen sind, dass dieser Marsch in die Elektromobilität gut gelingen kann.

Weitere Frage, Herr Abg. Hofelich von der SPD.

Herr Minister Pfister, zweifelsohne ist Baden-Württemberg bereits seit vielen Jahrzehnten eine Leitregion für Mobilität. Wir feiern 125 Jahre Automobil. Die Frage ist, ob es auch eine Leitregion für E-Mobilität und für alternative Antriebe sein wird. Wenn der Startschuss dafür seitens der Landesregierung gestern gefallen ist, war es zu spät. Richtig ist aber, dass Gott sei Dank andere schon tätig waren – Sie haben es selbst erwähnt –: die Industrie, Wirtschaftsfördergesellschaften, wer auch immer, in diesem Fall auch ohne die Landesregierung.

Der entscheidende Beitrag der Landesregierung wird sein, ob sie in der Lage ist, die Analyse richtig zu machen und die Bündelung der Kräfte …

Richtig.

… dort, wo Sie öffentlich tätig sind, hinzubekommen.

Dazu habe ich drei Fragen.

Ich habe eine Frage zur Analyse. Es gibt eine Kontroverse zwischen dem Hauptgeschäftsführer der IHK Region Stuttgart und dem Ministerpräsidenten, in der der Hauptgeschäftsführer dem Ministerpräsidenten vorhält, dass dieser im Grunde genommen nur Panikreaktionen erzeuge, indem er sage, was alles wegfalle, und damit der Sache nicht diene. Der Ministerpräsident hält dem entgegen, dass er aufrütteln wolle.

Wie sieht Ihre persönliche Einschätzung aus? Wird das, was im Zulieferbereich an herkömmlichen Antriebsarten wegfällt, durch das substituiert werden, was an neuen Chancen in Baden-Württemberg vorhanden ist? Wie sieht Ihre persönliche Prognose aus? Mir ist klar: Das ist nur eine Prognose ohne Gewissheit.

Glauben Sie, dass wir beim Thema E-Mobilität, bei dem wir als hoch entwickelter Automobilstandort zunächst einmal eher verlieren könnten, den Wegfall im Zulieferbereich vollständig kompensieren können? Was sind Ihre Maßnahmen dafür?

Der zweite Bereich ist die Frage nach den 15 Millionen €, von denen Sie gestern angekündigt haben, dass Sie sie einsetzen wollen. Was von den 15 Millionen €, Herr Minister, ist denn originäres Geld des Landes? Das heißt: Was ist unter Abzug von Mitteln des Bundes, von Mitteln Europas oder von Mitteln Privater von diesen 15 Millionen € wirklich Geld des Landes?

Zu dem Betrag, den Sie mir dann nennen werden, möchte ich wissen: Was davon sind Personalmittel, und was davon fließt wirklich in Sachinvestitionen ein? Sehen Sie etwas vor, was neben der Einrichtung von Personalstellen dann tatsächlich auch in die Sache selbst hineingeht?

Meine dritte Frage bezieht sich auf die Landesagentur selbst, die Sie aufbauen wollen. Wird diese Landesagentur mit Personal aus den Ministerien aufgebaut sein? Wird sie durch Menschen aufgebaut werden, die Sie von woanders herholen?

Wie hoch wird der Anteil der Sachmittelausstattung dieser Agentur sein? Wie hoch wird der Personalmittelanteil sein?

Diese ersten drei Fragen habe ich gestellt, um abzutasten, ob die Regierung in dieser Sache jetzt von operativer Hektik getrieben ist, weil sie zu spät dran war, oder ob sie eine eigene Strategie hat. Ich kann nur hoffen, dass dafür eine Strategie vorhanden ist. Wir möchten dazu auch noch mehr wissen, Herr Minister.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grü- nen)

Bitte, Herr Minister.