Protokoll der Sitzung vom 25.11.2009

Dennoch wollen wir den Datenschutz beim Landesbeauftragten bündeln und damit organisatorische Synergien heben. Wir wollen eine unabhängige, effektive und schlagkräftige Behörde für die Kontrolle des Datenschutzes im Land installieren. Wir warten nun auf die demnächst erfolgende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in Sachen Unabhängigkeit des Datenschutzes und wollen daraus dann die notwendigen Schlüsse für eine Umorganisation ziehen.

Für heute bedanke ich mich beim Innenministerium für den sehr guten Bericht und bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Stoch das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich darf für die SPD-Landtagsfraktion eine Stellungnahme zum Fünften Tätigkeitsbericht des Innenminis teriums zum Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich abgeben.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Schön, dass du das für die SPD-Landtagsfraktion machst!)

Ich darf an dieser Stelle auf das hinweisen, was auch schon im Ständigen Ausschuss thematisiert wurde. Wir haben dort schon über verschiedene Aspekte des Themas „Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich“ diskutiert. Es ist eigentlich al

len Fraktionen des Landtags klar, wo hier Defizite bestehen und wo vor allem auch die Gefahren liegen.

Ich habe diesen Tätigkeitsbericht einmal in ausgedruckter Version mitgebracht.

(Der Redner hält ein Exemplar des Tätigkeitsberichts hoch.)

Sie sehen bereits an der Dicke dieses Werks, dass das Innenministerium mit seinen durchaus begrenzten Mitteln in diesem Bereich Erhebliches geleistet hat. Wir haben uns schon im Ständigen Ausschuss für diesen Bericht bedankt. Sie können an seiner Dicke sehen, wie wichtig dieses Themengebiet ist und wie wichtig es auch in Zukunft sein wird. Sie können aber, wenn Sie sich mit diesem Tätigkeitsbericht beschäftigen, auch feststellen, dass dieses viele Papier, das da vollgeschrieben ist, in ganz wesentlichem Umfang eher einer Nacherzählung gleicht.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das ist ein guter Ver- gleich!)

Eine Nacherzählung – erinnern wir uns an den Deutschunterricht zurück – ist ja etwas, bei dem man anfängt, sich einmal ein bisschen schriftlich zu äußern. Wir würden uns eigentlich nicht nur eine Nacherzählung der Probleme wünschen, die wir kennen, sondern viel eher ein Unterbreiten von Lösungsvorschlägen durch das Innenministerium für die Problemfelder, die immer größer werden. Vor allem wären uns Lösungsvorschläge recht, wie wir dem gesetzgeberisch begegnen können. Da sehen wir ganz erhebliche Defizite.

Wir haben hier in dieser Sammlung verschiedene Aspekte gestreift. Ein wesentliches Thema – der Kollege Bopp hat es angesprochen – ist der Arbeitnehmerdatenschutz. Wir erinnern uns an das, was in den vergangenen Wochen und Monaten in der Presse zu lesen war. Das muss einem eigentlich schon Angst machen.

Ein Beispiel: eine Landbäckerei, die 137 Filialen betreibt. Ein Einbrecher wagt es, eine Verkleidung von einer Wand zu reißen, und dummerweise kommt eine Kamera zum Vorschein. Es stellt sich heraus, dass sämtliche dieser 137 Filialen verkabelt und mit Kameras ausgestattet sind. Das zeigt die Dimension, die wir inzwischen erreicht haben. Wir haben außerdem Fälle bei Lidl, wir haben Fälle bei der Deutschen Bahn, wir haben Fälle bei der Telekom, bei denen wir Probleme im Bereich des Datenschutzes haben.

Wenn wir uns das von der Struktur her anschauen – der Datenschutzbeauftragte, der bisher für den Datenschutz im öffentlichen Bereich zuständig ist, und der Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich –, dann sehen wir, dass wir hier immer auch unmittelbar Betroffene haben. Beim Arbeitnehmerdatenschutz ist unmittelbar das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer betroffen. Es reicht uns nicht aus, wenn im Koalitionsvertrag steht, dazu werde ein eigenes Kapitel im Bundesdatenschutzgesetz eingeführt.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Was habt ihr denn bisher gemacht?)

Frau Leutheusser-Schnarrenberger, Herr Kollege – sie ist ja, glaube ich, eine Parteifreundin von Ihnen –, hat dies auch er

kannt und hat gesagt, man brauche eigentlich mehr, nämlich ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Dann wird sie es auch machen! Sie ist erst drei Wochen im Amt! – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Die hat erst angefan- gen! Elf Jahre haben Sie die Chance gehabt und nichts gemacht!)

Wir würden uns sehr freuen, wenn sich Frau LeutheusserSchnarrenberger gegen mögliche Widerstände bei der CDU oder auch bei der FDP/DVP-Landtagsfraktion in BadenWürttemberg durchsetzen könnte und diesen Weg auch gehen würde.

Zahlreiche Arbeitsrechtler sagen: „Wir brauchen hier etwas, bei dem es auch einen Kläger oder einen Beklagten geben kann.“ Wir haben die Struktur der Arbeitsgerichte. Wenn es im Bundesdatenschutzgesetz steht, dann ist das womöglich nicht als Rechtsanspruch formuliert. Das ist ein Thema, das für mich zwingend darauf hinführt, ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz einzuführen. Denn dann haben wir tatsächlich Rechtsschutzmöglichkeiten für die Betroffenen.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: So steht es im Koalitionsvertrag! – Gegenrufe der Abg. Ursula Haußmann und Claus Schmiedel SPD: Da steht viel drin!)

Das wäre wunderschön, Herr Wetzel.

Was nicht passieren darf – der Kollege Bopp hat es auch angesprochen –, ist, dass diese Zusammenlegung, auf die jetzt endlich auch die CDU gekommen ist,

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Die FDP ist schon lange dort!)

nämlich zur Effektivierung den Datenschutz im öffentlichen und den im nicht öffentlichen Bereich zusammenzufassen, zum Sparen missbraucht wird. Wir fordern diese Zusammenlegung, seit es den Datenschutzbeauftragten gibt.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist es! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Die CDU hat lange gebraucht. Sie braucht bei anderen Themen vielleicht ebenfalls noch ein bisschen. Aber es wird klappen, sie wird zur Einsicht kommen. Hier ist sie zur Einsicht gelangt. Es darf aber nicht dazu kommen, dass die Mittel, die bisher für den Datenschutz im öffentlichen und den im nicht öffentlichen Bereich eingesetzt wurden – und zwar unwirtschaftlich in zwei verschiedenen Bereichen –, gekürzt werden. Denn die Aufgaben, die auf uns zukommen, vor allem beim Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich, sind derart groß und vielfältig, dass wir tatsächlich eine schlagkräftige Behörde, einen schlagkräftigen Datenschutzbeauftragten brauchen, der mit den notwendigen Personal- und Sachmitteln ausgestattet ist.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Stoch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Kluck?

Aber ganz selbstverständlich.

Bitte, Herr Kollege Kluck.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Aber eine ernsthafte!)

Herr Kollege Stoch, halten Sie Otto Schily für einen Menschen, dem man den Datenschutz gern anvertraute?

Herr Kollege Kluck, ich kenne Otto Schily nicht persönlich. Aber ich glaube, er hätte sich, wenn er heute hier säße, meinen Argumenten angeschlossen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Gute Antwort!)

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, ich darf zum Schluss kommen. Wie gesagt – das ist der wichtige Punkt –, diese Zusammenlegung, die die CDU jetzt ebenfalls befürwortet, darf nicht dazu führen, dass wir dieses wichtige Rechtsgebiet, den Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich, schwächen. Wir müssen ihn vielmehr stärken. Wir müssen dem Datenschutzbeauftragten, der heute auch hier ist, die notwendigen Mittel an die Hand geben, damit er seiner Aufgabe gerecht werden kann.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Abg. Walter das Wort.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Herr Kollege Kluck, das war ein Eigentor!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der heutige Tagesordnungspunkt ist auch ein Punkt, an dem man die Fähigkeit eines Ministers, hinzuzulernen, erkennen kann. – Er ist auch stolz darauf; deshalb freuen wir uns auch.

(Heiterkeit – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Wir auch!)

Wenn man sich die Debatte und die Argumente der letzten Jahre vor Augen geführt hat, dachte man, das wird eine unendliche Geschichte. Beispielsweise wurden verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Zusammenlegung ins Feld geführt. Immer wieder wurden die unterschiedlichsten Argumente angeführt, nur um das Ganze hinauszuzögern. Jetzt ist man bei dem angelangt, was die Opposition seit vielen Jahren vertritt, dass nämlich diese Zusammenlegung richtig und wichtig ist. Ich zitiere den Minister aus der Plenarsitzung vom 4. November 2009:

Die Zusammenlegung wird aber sicherlich Synergien bringen.

Herr Minister, willkommen im Klub! Wir freuen uns, dass dies jetzt endlich auch in Ihrem Ministerium angekommen ist. Es hätte schneller gehen können. Vielleicht wäre manches verhindert worden, wenn wir das früher gemacht hätten.

Das Nächste ist allerdings: Es reicht nicht, diese beiden Behörden zusammenzulegen, Herr Minister. Die Haushaltsbera

tungen stehen an. Bei dieser Gelegenheit erwarten wir von den Regierungsfraktionen, vom Innenministerium und vom Finanzministerium, dass die erforderlichen Stellen ausgewiesen werden. Denn die von Ihnen angesprochenen Synergieeffekte werden nur dann Realität werden, wenn die Behörde mit den entsprechenden Stellen ausgestattet ist.

Dann stellt sich natürlich die Frage: Wo wird die Datenschutzaufsicht angesiedelt sein? Wir halten das Modell von Schleswig-Holstein mit einem unabhängigen Datenschutzzentrum noch immer für das große Vorbild in Deutschland. Wenn wir hier schon eine neue Behörde schaffen, sollten wir uns an den Besten orientieren und nicht wieder halbherzige Dinge machen.