Protokoll der Sitzung vom 26.11.2009

Für Bürger, für Verbände, für die Wirtschaft und für Behörden wird es dann möglich sein, über dieses Geoportal schnell und einfach an Umwelt- und Geodaten zu gelangen. Einige Fragen lassen sich dann durch ein paar Mausklicks klären, z. B.: Wo ist das nächste Biotop? Wer produziert den meisten Lärm im Ort? Wo genau liegen die potenziellen Überschwemmungsgebiete in Baden-Württemberg? Außerdem wird es dadurch möglich, schnell und unkompliziert auf das Altlastenkataster zuzugreifen, in ein paar Minuten die eigene Flurstücksnummer ausfindig zu machen oder Verstöße gegen Baurichtlinien aufzudecken. Sogar eine zentimetergenaue Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen wird durch die Nutzung von Geodaten zukünftig möglich sein. Ferner wird damit die Verhinderung von Subventionsbetrug in der Landwirtschaft vereinfacht. Allerdings wurde hierbei bereits in der Vergangenheit auf satellitengestützt erhobene Geodaten zurückgegriffen.

Die Umsetzung der Richtlinie ermöglicht also Wirtschaft, Verbrauchern und Behörden die Nutzung neuester Anwendungen und bringt dadurch viele Vorteile mit sich.

Damit gehen natürlich auch Fragen des Datenschutzes einher. Sie wurden bereits angesprochen. Diese sind aber zugegebenermaßen schon heute im Zusammenhang mit dem Umweltinformationsgesetz zu berücksichtigen. Der einzige Unterschied besteht darin, dass im Augenblick, wenn ein Bürger auf der Grundlage des Umweltinformationsgesetzes von seinem Recht Gebrauch machen will, entsprechende Informationen zu bekommen, einzelfallbezogen über einen Zugang entschieden wird, während in Zukunft bereits dann, wenn Daten in das Altlastenkataster eingestellt werden sollen, geprüft werden muss, ob die Vorgaben des Datenschutzes eingehalten worden sind.

Vor diesem Hintergrund ist es von der rechtlichen Seite aus gesehen keine grundsätzliche Änderung. Uns muss aber bewusst sein, dass wir, wenn diese Datenbasis aufgebaut worden ist und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden soll, eine Reihe von Fragen zu beantworten haben. Dies wird im Einzelfall sicherlich nicht ganz einfach sein.

Geplant ist daher, über die Artikel 2 bis 4 dieses Gesetzentwurfs das Landes-Bodenschutz- und Altlastengesetz, das Wassergesetz und das Landesabfallgesetz so zu novellieren, dass diese Daten öffentlich zugänglich gemacht werden können. Die wirklich sensiblen Fragen des Umgangs mit dem Datenschutz werden dabei im Rahmen von Verordnungen zu regeln sein. Zum Erlass entsprechender Verordnungen werden Sie durch dieses Gesetz legitimiert. Diese Verordnungen müssen Sie auf den Weg bringen, damit diese Datenbasis letztlich öffentlich verfügbar gemacht werden kann.

Es wird sicherlich viele praktische Streitfragen geben, z. B. wenn es um Altlasten geht, die nach der Auffassung einer betroffenen Firma unter ihr Betriebsgeheimnis fallen könnten. Dies sind jedoch andererseits Informationen, an denen Men

schen, die in der Nähe wohnen oder in Zukunft dort wohnen wollen, ein sehr großes und berechtigtes Interesse haben.

Daher wird mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zu vermeiden sein, dass über solche Fragen auch gerichtlich entschieden wird; denn der in diesem Gesetzentwurf immer wieder verwendete Begriff des öffentlichen Interesses ist sehr vage. Dessen Auslegung wird näher präzisiert werden müssen, entweder – soweit möglich – im Gesetz selbst oder in den nachgeschalteten Verordnungen, zu denen die Landesregierung ermächtigt wird.

Ziel muss es sein, so viel Klarheit wie möglich zu schaffen, um die Zahl der Gerichtsverfahren, die im Zusammenhang mit der Veröffentlichung dieser Daten auf uns zukommen, möglichst gering zu halten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines ist für uns auch klar: Unter dem Mantel des Datenschutzes darf es nicht dazu kommen, dass große Umweltsünden als Betriebsgeheimnisse deklariert werden mit der Folge, dass die Bevölkerung nichts davon weiß und dadurch möglicherweise Gefahren ausgesetzt ist.

In diesem Sinn wünsche ich viel Erfolg bei der Beratung des Gesetzentwurfs im Ausschuss und in der zweiten Lesung im Landtag.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Abg. Dr. Murschel das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beraten heute in erster Lesung über das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2007/2/EG, der INSPIRE-Richtlinie. Eingedeutscht geht es in dieser Richtlinie um den Aufbau einer „Infrastruktur für räumliche Informationen in Europa“. Es geht um den Aufbau einer Geodateninfrastruktur für umweltrelevante Geodaten.

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Das ist an sich ein sehr positiver Ansatz. Es geht nicht darum, neue Daten zu erfassen. Es geht vielmehr um die Optimierung vorhandener Daten. Dazu habe ich noch eine kleine Seitenbemerkung: Dem Land Baden-Württemberg würde es sicher gut anstehen, wenn es im Bereich der Geodaten, also der Digitalisierung und der Vektorisierung von Daten, einen Schritt vorankommen würde. Ich denke dabei z. B. an flächendeckende Bodenschutzkarten, die nicht mehr vollständig im Maßstab von 1 : 25 000, sondern nur in einem gröberen Raster flächendeckend erfasst werden.

Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie werden in Baden-Württemberg bodenschutzrechtliche, wasserrechtliche und abfallrechtliche Vorschriften umgesetzt. Sie sagten es vorhin.

Im Zusammenhang mit den bodenschutzrechtlichen Fragen begrüße ich es sehr, dass in der Begründung des Gesetzentwurfs steht, der Bodenschutz mache an den nationalen Grenzen nicht halt und deshalb müsse durch eine Änderung des

Bodenschutzrechts eine Öffnung für diese Daten erfolgen. Mit genau der gegenteiligen Begründung hat man die europäische Bodenschutzrichtlinie hier im Land bisher immer abgelehnt. Wenn jetzt eine Kehrtwende stattfindet, indem man der Bodenschutzrichtlinie künftig zustimmt, würde ich das sehr begrüßen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Im Kern geht es um drei unterschiedliche Bereiche. Es geht zum Ersten um Geodaten. Das sind georeferenzierte, in ein Koordinatensystem eingepasste raumbezogene Informationen.

Es geht zum Zweiten um Metadaten, also um Daten zu den eigentlichen Daten. Darum rankt sich schließlich die ganze Frage des Datenschutzes.

Zum Dritten geht es um Geodatendienste, um eine ganze Palette von Möglichkeiten, wie man die Daten visualisiert und verfügbar macht. Es geht um Suchdienste, um die Fragen, welche PC-Plattform man schafft und welche Möglichkeiten geschaffen werden, damit ein Nutzer die Daten auch herunterladen kann. Vor allem geht es auch um die Frage, wie die unterschiedlichen Transformationssysteme, die es in einzelnen Bundesländern, aber auch in Nationalstaaten gibt, über Softwarelösungen so praktikabel gemacht werden können, dass der Nutzer eine einheitliche Transformationsebene hat.

Wir unterstützen die Bereitstellung von Geodaten mit Umweltbezug „für alle“. Wir sehen aber die diesbezüglichen Regelungen zum Datenschutz noch sehr kritisch. Bisher gibt es keine Kriterien für die Abgrenzung personenbezogener Daten und Sachdaten. Jeder könnte über das Liegenschaftskataster und den Flurstücksbezug im Prinzip sofort einen Personenbezug herstellen.

Auf europäischer und auf Bundesebene wurde über die sogenannte Ampelstudie des Landeszentrums für Datenschutz in Schleswig-Holstein diskutiert. Man hat versucht, die Daten nach einem Ampelsystem zu klassifizieren. Eine grüne Ampel steht für den freien Zugang für alle. Eine gelbe und eine orangefarbene Ampel verweisen auf Beschränkungen. Dabei muss man in jedem Einzelfall prüfen, ob personenbezogene Daten geschützt werden sollen. Schließlich hat man gesagt: Bei Rot gibt es keinen freien Zugang.

Wir kritisieren, dass diese Ampel mit den beschriebenen Abstufungen nicht in diese Gesetzgebung eingeflossen ist. Dies wäre richtig gewesen. Gegenwärtig gibt es nur Rot oder Grün: kein Zugang oder freier Zugang. Alles Weitere soll im Rahmen der jetzt ablaufenden Diskussionen konkretisiert werden. Das reicht uns nicht aus.

Auch ist die Frage nicht geklärt, in welchen Maßstäben – z. B. 1 : 10 000 oder noch detaillierter – die Darstellungen später zur Verfügung stehen. Im Gesetz ist sinngemäß von „flurstückscharf“ die Rede. Das hätte im Vorfeld konkretisiert werden müssen. Dann wäre man auch dem Datenschutz eher gerecht geworden. Wir werden uns dazu bei der Zweiten Beratung noch konkreter äußern.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Für die FDP/DVP-Fraktion erteile ich Frau Abg. Chef das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als moderne Bürgermeisterin einer kleinen ländlichen Gemeinde kann ich den praktischen Nutzen des Geoinformationssystems, den die Frau Staatssekretärin vorhin genannt hat, bereits heute bestätigen.

Das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2007/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, das sogenannte INSPIRE, besser bekannt als Landesgeodatenzugangsgesetz, stellt die Umsetzung europäischer Gesetzgebung dar.

Die FDP/DVP-Landtagsfraktion unterstützt den Gesetzentwurf der Landesregierung ausdrücklich. Der Gesetzentwurf schafft den rechtlichen Rahmen für den Zugang zu den Geodaten des Landes Baden-Württemberg, indem er die entsprechenden europäischen Regeln der INSPIRE-Richtlinie verbindlich macht. Für die FDP/DVP-Fraktion im Landtag ist es von Bedeutung, dass die Richtlinie weder den Aufbau einer selbstständigen europäischen Geodateninfrastruktur noch die Sammlung neuer Geodaten vorschreibt.

Wir gehen deshalb davon aus, dass – anders als bei vielen anderen Umsetzungen von EU-Recht – sowohl auf Landesebene als auch auf kommunaler Ebene keine gravierenden Haushaltsbelastungen zu erwarten sind. Im Gegenteil: Wir versprechen uns eine vereinfachte Erfüllung der Berichtspflichten aus verschiedenen Umweltrichtlinien gegenüber der Europäischen Kommission, eine Aktivierung des Wertschöpfungspotenzials amtlicher Geodaten und eine wirtschaftlichere Nutzung von Geodaten durch geringere Kosten und einen höheren Nutzen, ferner einen vereinfachten Datenaustausch mit anderen öffentlichen Verwaltungen und damit eine höhere Transparenz von Entscheidungsgrundlagen der öffentlichen Hand.

Meine Damen und Herren, insbesondere im Umweltbereich sind Geodaten von ganz besonderer Bedeutung. Eine seriöse Datengrundlage ist Voraussetzung für die Bestimmung des ökologischen Istzustands und dient letztlich auch – z. B. beim Hochwasserschutz – der Gefahrenabwehr.

Wir versprechen uns von dem vorliegenden Gesetzentwurf die Möglichkeit, eine einheitliche und nutzerfreundliche Geo datenstruktur in Baden-Württemberg aufzubauen und sie mit der Geodateninfrastruktur des Bundes und der anderen Bundesländer zu vernetzen. Wir würdigen ausdrücklich, dass die Landesregierung über den Bundesrat, den Ständigen Ausschuss Umweltinformationssysteme, die Umweltministerkonferenz und insbesondere über die Bund-Länder-Vereinbarung zur Schaffung einer einheitlichen Geodatenstruktur für Deutschland in den Entstehungsprozess der INSPIRE-Richtlinie stets eingebunden und daran beteiligt war. Eng eingebunden waren ebenso die Kommunen und die Wirtschaft, was sich auch darin gezeigt hat, dass im Anhörungsverfahren zu dem Gesetzentwurf keine wesentlichen Änderungswünsche vorgetragen wurden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Umsetzung der INSPIRERichtlinie auf breiter europäischer Ebene verbinden wir mit dem Ziel, die Formulierung, Umsetzung und Überwachung von umweltpolitischen Maßnahmen zu erleichtern. Information und Kommunikation bleiben aber entscheidende Faktoren

für die Akzeptanz und den Erfolg der INSPIRE-Richtlinie. Wichtig sind für uns die Klärung der Frage, welche datenhaltenden Behörden auf allen Verwaltungsebenen betroffen sind, sowie die Darstellung von Nutzen und Chancen von INSPIRE. Wir werden diesem Gesetzentwurf zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Der Vorschlag hierzu lautet: Überweisung zur weiteren Beratung an den Landwirtschaftsausschuss. – Sie stimmen dem zu.

Punkt 4 der Tagesordnung ist erledigt.

Die Sitzung wird um 13:45 Uhr fortgesetzt.

(Unterbrechung der Sitzung: 12:39 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 13:45 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Fragestunde – Drucksache 14/5465

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 1 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. N o r b e r t Z e l l e r S P D – D e n G r u n d s c h u l n e u b a u i n A u l e n d o r f s i c h e r n