Der zweite bedenkliche Punkt ist, dass Haushaltsberatungen und die Verabschiedung von Haushalten bei der Landesregierung offensichtlich einen relativ geringen Stellenwert haben, da man das Parlament über solche Beschlüsse wie dem der Erwirtschaftung einer globalen Minderausgabe eigentlich ausschaltet und keinen Beschluss des Parlaments, nach dem die Gelder zur Verfügung gestellt werden, herbeiführt. Das geht jetzt auch an Sie, die Abgeordneten der Koalition von CDU und FDP/DVP. Sie müssten eigentlich hier auftreten und sagen: Wir wollen als Parlament die Entscheidung, in welchen Bereichen gespart wird, natürlich selbst treffen.
Der dritte Punkt, der meines Erachtens auch problematisch ist: Hier werden wieder fehlende Verlässlichkeit und fehlende Verantwortung des Landes gegenüber den Kommunen und im Besonderen auch gegenüber den Trägern der Weiterbildung offenkundig.
Es wurde vorhin schon angeführt, was in der Koalitionsvereinbarung von CDU und FDP/DVP steht. Das ist kaum zu glauben. Ich möchte zitieren:
Angesichts des dynamischen Wandels unserer Gesellschaft und der Veränderung traditioneller Berufsfelder gewinnt die Weiterbildung zunehmend an Bedeutung. Deshalb wollen wir zukunftweisende Projekte in diesem Bereich unterstützen und die vorhandenen Weiterbildungsstrukturen – auch in Kooperation mit den Einrichtungen freier Träger – weiterentwickeln.
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen! Diese Äußerung ist nur wenige Wochen alt. Als die Tinte unter Ihrer Koalitionsvereinbarung noch nicht einmal trocken
war, haben Sie parallel dazu im Kabinett gesagt: „Wir machen eine globale Minderausgabe und hauen das Zeug weg.“ Ich muss Ihnen sagen: Diese Koalitionsvereinbarung ist offensichtlich das Papier nicht wert, auf dem sie steht.
Ein erstes Opfer dieser Sparpolitik, die von der Regierung hier am Parlament vorbei angeordnet wurde, ist die Weiterbildung. Wir befinden uns schon im Vorfeld der Haushaltsberatungen, und das gibt bereits einen kleinen Vorgeschmack auf das, was wir in den nächsten Wochen und Monaten wahrscheinlich zu erwarten haben.
Frau Kurtz, Ihr Wortbeitrag spricht meines Erachtens Bände. Auf der einen Seite sagen Sie: „Wir sind ja dafür“, aber andererseits erklären Sie: Die Haushaltseinsparungen müssen nun einmal vorgenommen werden, und deswegen müssen wir quasi mit dem Rasenmäher über alles hinweggehen und kürzen und kürzen.
An dieser ganzen Angelegenheit ist besonders dramatisch, dass Sie mit einem Kalkül spielen, mit dem Sie in den vergangenen Jahren schon öfter gespielt haben. Es wurde vorhin gesagt, dass seit 1996 60 % an Landeszuschüssen eingespart worden sind. Es ist ja nicht so – und das wissen wir auch alle –, dass Volkshochschulen und andere Weiterbildungsträger nicht nach wie vor arbeiten würden. Aber was ist passiert? Die Kommunen haben die Kürzungen wie in anderen Fällen auch ausgeglichen. Das Land kürzt, und die Kommunen nehmen weitere Schulden auf. Dem Bericht der Gemeindeprüfungsanstalt war dieser Tage zu entnehmen, dass sich die Kommunen in Baden-Württemberg im vergangenen Jahr zusätzlich um 6,2 % auf insgesamt 16 Milliarden € verschuldet haben. Die GPA sagt ganz klar, dass wir an einer Grenze angelangt sind, was die Belastung der Kommunen angeht.
Offensichtlich wird diese Situation hier im Parlament falsch eingeschätzt. Es wird immer angenommen, die Kommunen würden das auch in Zukunft einfach schultern. Ich glaube, wir werden relativ rasch einen Bereich finden, in dem die Kommunen sagen: „Wir werden das nicht einfach schultern, sondern wir müssen Einschnitte vornehmen.“ Ich denke, da hat das Land doch eine große Verantwortung.
(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Wo wollen Sie denn sparen? – Gegenruf der Abg. Ute Vogt SPD: Zwei Ministerien weniger!)
Ich habe Ihnen in meinem ersten Redebeitrag, den ich hier gehalten habe, gesagt, wo wir sparen können.
Wir können sparen, indem wir die Warteschleifen, die wir in der beruflichen Bildung eingezogen haben – daher kommt nämlich die relativ geringe Jugendarbeitslosigkeit in Baden-Württemberg –, abbauen, indem wir das Berufsbildungsgesetz wirklich ernst nehmen und die schulischen
Aber der inhaltlichen Diskussion über die Frage „Wie können wir bei gleichem Geld mehr Qualität im Land erreichen?“ stellen Sie sich gar nicht, sondern Sie gehen mit dem Rasenmäher darüber hinweg und kürzen einfach überall.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Die- ter Hillebrand CDU: Konkret: wo? – Glocke der Präsidentin)
Letzter Satz: Sie sollten, statt über 4 Millionen €, wie ich jetzt gelesen habe, in eine Neuauflage der Imagekampagne für Baden-Württemberg einzustellen,
dieses Geld lieber für die Qualifizierung junger Menschen und der Menschen in der Erwachsenenbildung in BadenWürttemberg einstellen. Ansonsten hätte ich schon einen Vorschlag, wie Ihre Kampagne heißen sollte: „Wir können alles. Außer Weiterbildung.“
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte gleich zu Herrn Lehmann sagen – Punkt 1 –, wenn er die kommunale Verschuldung anspricht, da die Kommunen mehr für die Weiterbildung leisten müssten: Nach wie vor ist unser Nachbarland Bayern unser größtes Vergleichsland, völlig unverdächtig für die Grünen oder die SPD.
Dort sind die Kommunen weit mehr verschuldet als in Baden-Württemberg, während der Freistaat Bayern weniger verschuldet ist als das Land Baden-Württemberg.
Das Zweite ist: Herr Kollege Lehmann, wir können gern darüber streiten, ob globale Minderausgaben eine sinnvolle Form der Finanzierung sind.
weil bei globalen Minderausgaben, Herr Kollege Kretschmann, das Parlament im Grunde nichts zu sagen hat und das Ganze letztlich vom Ministerium festgelegt wird. Globale
Minderausgaben kann ein Ministerium auch nur dort erwirtschaften, wo es sich um nicht zwangsläufige Ausgaben handelt.
Meine Damen und Herren, im Januar 2006 hat das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung unter dem Titel „Weiterbildungsstatistik im Verbund 2004“ wesentliche Daten zur Situation der Weiterbildung im Bundesgebiet insgesamt und in den einzelnen Bundesländern vorgelegt. Die Untersuchung erfolgte in Zusammenarbeit mit den bundesweit arbeitenden Weiterbildungsorganisationen. Ausweislich dieser Erhebung finden sich in Baden-Württemberg 14 % der Weiterbildungseinrichtungen, in Bayern 19 % und in Nordrhein-Westfalen 20 %. Dabei sind in Nordrhein-Westfalen anders als in Baden-Württemberg beispielsweise Einrichtungen der Friedrich-Naumann-Stiftung, der FriedrichEbert-Stiftung und der Konrad-Adenauer-Stiftung mitgezählt, ebenso zahlreiche Einrichtungen, deren Zielgruppen überwiegend oder ausschließlich Schüler und Schulen sind.
Greift man die Volkshochschulen heraus – ein ganz wichtiger Bereich –, so stellt man fest, dass Baden-Württemberg 18 % dieser Einrichtungen stellt, Bayern wiederum 19 % und Nordrhein-Westfalen 14 %.
Ich gehe davon aus, dass Ihnen die Größenverhältnisse der Länder geläufig sind, und runde meine Skizze zur Situation der Weiterbildung ab durch einen Blick auf die Quote der Teilnehmer an der Weiterbildung. Sie beträgt in BadenWürttemberg 36 %, in Bayern 30 %, im Bundesgebiet insgesamt 26 %, und zwar in den alten Bundesländern ein Prozentpunkt mehr, 27 %.
Meine Damen und Herren, ich will nicht vom Thema ablenken, aber wenn wir über Weiterbildungsförderung in Baden-Württemberg sprechen, sollten wir wissen, was wir mit dieser Förderung in der Realität erreichen. Die vorgetragenen Daten belegen, dass wir in dieser Hinsicht auch und gerade im Vergleich zu anderen Bundesländern nun wahrlich gut dastehen.
Natürlich ist auch mir eine Quote von über 50 % Teilnehmerfinanzierung ein Dorn im Auge und jede weitere Kürzung der Landesförderung nicht minder.
Ich kenne den Weiterbildungsauftrag der Volkshochschulen und der weiteren Einrichtungen, die ein Angebot für alle – wohlgemerkt: alle – Bevölkerungsgruppen machen sollen. Aber ich bekenne mich auch zur Unabweisbarkeit der Konsolidierung unseres Landeshaushalts und weiß ebenso wie letztlich Sie alle, dass die hierbei auf das Kultusministerium entfallenden Einsparauflagen – ich habe es schon einmal gesagt – nur im Bereich nicht zwangsläufiger Ausgaben erbracht werden können.
Zur Erinnerung: Gerade gestern haben Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, weitere zusätzliche Lehrerstellen gefordert,