Protokoll der Sitzung vom 27.07.2006

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut!)

Keine weiteren Fragen.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 3 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. D r. F r i e d r i c h B u l l i n g e r F D P / D V P – F o r t b e s t a n d d e r T a u b e r t a l b a h n v o n C r a i l s h e i m n a c h W e r t h e i m

Bitte, Herr Abg. Dr. Bullinger, zur Verlesung Ihrer Anfrage.

Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung:

a) Welche Bedeutung misst die Landesregierung dem Fortbestand der Taubertalbahn von Crailsheim nach Wertheim allgemein für den Personenverkehr, aber auch speziell im Hinblick auf die Bedeutung als Gütertransportstrecke für Verkehre mit Überbreite und Schwerlast bei?

b) Welche Kriterien wird sie für die in der Presse („Hohen- loher Tagblatt“ vom 24. Juli 2006, Seite 15) angekündigten „genauen Prüfungen“ von Einsparmöglichkeiten unter Beachtung des Staatsziels, für gleichwertige Lebensverhältnisse zu sorgen, heranziehen und bei der Abwägung berücksichtigen?

Bitte, Herr Staatssekretär.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Namens der Landesregierung beantworte ich Ihre Mündliche Anfrage, lieber Kollege Bullinger, wie folgt:

Natürlich messen wir der Taubertalbahn von Crailsheim nach Wertheim eine hohe Bedeutung bei, und zwar sowohl für den Personenverkehr auf dieser Strecke als auch als Güterverkehrsstrecke. Sie ist aufgrund des ausreichend großen Lichtraumprofils von Güterzügen mit so genannten Lastenmaßüberschreitungen nutzbar. Das sind nicht alle Strecken; diese Strecke ist es. Deshalb hat sie eben diese hohe Bedeutung für den Güterverkehr, weil hier große Lasten transportiert werden können.

Die Landesregierung hat über die Höhe der Kürzungen der Regionalisierungsmittel in den einzelnen Bereichen, die hiervon betroffen sind, noch nicht entschieden. Aber eines ist wichtig und Grundlage für die Landespolitik in Baden-Württemberg – das gilt auch für die Verkehrspolitik –: dass wir alle Räume in diesem Land Baden-Württemberg, ob nun Ballungsräume, städtische Räume oder ländliche Räume, in gleicher Weise im Auge haben und ihnen in gleicher Weise Entwicklungschancen geben wollen. Deshalb kann die Kürzung bei den Regionalisierungsmitteln nicht nur aufgrund von betriebswirtschaftlichen Daten und von Personenzahlen entschieden werden, sondern hat auch eine hohe strukturpolitische Bedeutung.

Sie können davon ausgehen, dass wir bei all unseren Gesprächen mit den Zuwendungsempfängern, vor allem bei den Gesprächen mit der Deutschen Bahn AG, sehr konsequent darauf drängen, dass wir zu so wenig Streckenstilllegungen wie nur möglich kommen, weil diese fast ausschließlich im ländlichen Raum anstehen würden, sondern dass wir ausgeglichen Reduktionen in den Fahrplänen, sowohl im städtischen Bereich als auch im ländlichen Bereich, vornehmen. Das alles ist momentan Gegenstand von Verhandlungen und Gesprächen.

Zusatzfrage.

Welche Bedeutung messen Sie der Taubertalbahn nicht nur in dieser Raumschaft – so, wie Sie gesagt haben – bei, sondern vor allem auch im Hinblick auf den Tourismus in der Region Hohenlohe/Franken/Main-Tauber?

In Ihrer Frage liegt ja auch schon die Antwort. Das ist eine Tourismusregion, und der Tourismus braucht natürlich als Rückgrat, als Grundlage auch attraktive Verkehrsverbindungen. Ich muss aber deutlich sagen: Wenn wir jetzt zu der Entscheidung kommen müssen, in den Fahrplänen zu reduzieren, dann wird eher zu beachten sein, welche Verkehre dringend notwendig sind.

Dringend notwendig sind zunächst einmal die Schülerverkehre und die Arbeitsverkehre. Diese haben Priorität.

Ich sage das nur allgemein. Das ist dann im Einzelfall zu prüfen. Natürlich spielt dann auch das Thema Tourismus eine Rolle – aber schon in einer bestimmten Prioritätenfolge. Die Schüler müssen zur Schule, die arbeitende Bevölkerung muss zum Arbeitsplatz, und deshalb gilt diesem Bereich der Vorrang vor den Bereichen Einkauf, Freizeit und Tourismus.

Zweite Zusatzfrage, Herr Abg. Dr. Bullinger.

Ist die Landesregierung bereit, uns als Volksvertreter vor den Entscheidungen hierüber einzubinden und dies gegebenenfalls auch zuvor mit uns im Innenausschuss zu erörtern?

Zunächst einmal ist die Frage, wie wir mit der Kürzung der Regionalisierungsmittel umgehen, ein Thema der Landesregierung und kein Thema des Landtags. Wir waren aber bisher und bleiben auch in Zukunft jederzeit zu Gesprächen mit jedem einzelnen Abgeordneten, aber auch mit Fraktionen, Arbeitskreisen und Ausschüssen bereit. Das ist völlig selbstverständlich.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Vielen Dank!)

Es liegen keine weiteren Fragen vor.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Damit ist die Fragestunde beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Umweltministeriums – Rücknahme des Entwurfs einer Verordnung (Bundesratsdrucksache 280/06) zur Änderung der Verordnung über die Lärmkartierung – Drucksache 14/29

Das Präsidium hat als Redezeiten für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Wem darf ich das Wort erteilen? – Bitte schön, Frau Kollegin Dr. Splett.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns sicher einig, dass Lärm ein großes Problem und Lärmschutz eine wichtige Aufgabe ist. Das sieht ja auch die Landesregierung so. Frau Ministerin Gönner, Sie haben beim Lärmkongress vorletzte Woche selbst darauf hingewiesen, dass Lärm gravierende gesundheitliche Schäden verursachen kann und dass es deshalb wichtig sei, den stetig zunehmenden Lärm auf Basis der entsprechenden EU-Richtlinie systematisch zu bekämpfen.

Umso erstaunter waren wir, als wir den Verordnungsentwurf zur Lärmaktionsplanung, den Baden-Württemberg in den Bundesrat eingebracht hat, gesehen haben. Knackpunk

te dieses Entwurfs sind zum einen die Auslösewerte, bei deren Überschreitung Lärmaktionspläne erstellt werden sollen, und zum anderen die Fixierung des Entwurfs auf Gebäude. Sie schlagen vor, erst ab einem Ganztagspegel von 70 dB(A) und einem Nachtpegel von 60 dB(A) überhaupt Lärmaktionspläne zu erstellen, obwohl auch Lärm unterhalb dieses Schwellenwerts ganz klar gesundheitsschädlich ist. Damit verfehlt der Verordnungsentwurf die Intention der EU-Umgebungslärmrichtlinie, deren Ziel es ist, einen hohen Gesundheits- und Umweltschutzstandard zu erreichen.

Ihr Grenzwertvorschlag, sehr geehrte Frau Ministerin Gönner, entspricht den Sanierungswerten des Verkehrslärmschutzgesetzentwurfs von 1981. Damit bewegen wir uns ganz klar in Richtung Vergangenheit. Bei allen gängigen Regelungen hingegen werden als Grenzwerte 65 dB(A) tagsüber und 55 dB(A) nachts zugrunde gelegt. Nur der vorliegende Verordnungsentwurf reißt nach oben hin aus, und zwar um fünf Dezibel. Das klingt vielleicht nach wenig, ist aber erheblich. Denn dem liegt eine logarithmische Skala zugrunde. Ein um fünf Dezibel höherer Wert entspricht zum Beispiel einer Verdreifachung des Verkehrsaufkommens.

Sie widersprechen damit auch der Zielsetzung Ihres eigenen Umweltplans; denn dieser besagt, dass die Bevölkerung tagsüber keinem Lärmpegel ausgesetzt sein soll, der höher als 65 dB(A) ist. Sie widersprechen damit auch den Zielsetzungen der Weltgesundheitsorganisation und den Zielsetzungen der EU.

Ein Wert von 70 dB(A) ist eigentlich nur in einem Industriegebiet zulässig. In der Rechtsprechung wird Lärm in dieser Höhe in Wohngebieten zum Teil als enteignungsgleicher Eingriff gewertet.

Trotzdem wählen Sie diesen hohen Schwellenwert. In der Berichterstattung über den Lärmkongress hieß es so nett, ein Schwellenwert in dieser Höhe entspreche dem Lärm, dem man neben einem laufenden Staubsauger ausgesetzt ist. Hier geht es aber nicht darum, ob da einmal kurz ein Staubsauger läuft. Hier geht es vielmehr um die Frage, ob man den ganzen Tag neben einem laufenden Staubsauger verbringen will.

Wir wollen, dass die Bevölkerung wirkungsvoll vor Lärm geschützt wird. Da greift der Verordnungsentwurf viel zu kurz; er geht sogar in die falsche Richtung. Wir fordern außerdem, dass der Schutz ruhiger Bereiche in Siedlungsgebieten auch die Außenbereiche umfasst, also auch Gärten und Balkone. Das ist auch in der entsprechenden EU-Richtlinie so vorgesehen.

Warum, so fragt man sich, haben Sie dann den anderen Weg, den Weg mit den hohen Schwellenwerten gewählt? Da liegt der Gedanke nahe, dass dies nur aus finanziellen Überlegungen geschehen sein kann. Unserer Ansicht nach ist es aber ein Fehler, den Gesundheitsschutz in dieser Weise zu reduzieren und nur am Finanziellen festzumachen, zumal Prävention ja in der Regel billiger ist als die Behebung der zu erwartenden Gesundheitsschäden.

Außerdem – und auch das halten wir für falsch – gehen Sie dabei davon aus, dass Lärmschutz immer teuer ist. Das ist aber gar nicht so. Es gibt Lärmschutzmaßnahmen, die

nichts kosten, zum Beispiel ein Nachtfahrverbot. Es gibt auch Maßnahmen, die sich innerhalb kürzester Zeit amortisieren. Deswegen machen auch Kosten-Nutzen-Analysen Sinn, aber natürlich nur dann, wenn man sich etwas intensiver mit der Planung auseinander setzt und niedrigere Schwellenwerte heranzieht.

Selbst dann, wenn wir der Argumentation folgen, dass zunächst die entlastet werden sollen, die am stärksten belastet sind, springt der Entwurf zu kurz; denn er sagt nicht, wann die nächste Stufe kommen soll, wann also der Schwellenwert abgesenkt wird, sondern Sie sagen lediglich, ab 2018 könne man darüber nachdenken. Das ist eindeutig zu wenig.

Zweitens ist mir unklar, wie Sie verhindern wollen, dass diejenigen, die mit Pegeln oberhalb von 70 dB(A) belastet sind, nicht zulasten derer entlastet werden, deren Belastung knapp unter diesem Schwellenwert liegt. Die fallen im Zweifel hinten herunter, weil sie ja gar nicht in der Planung drin sind.

In Ihrer Stellungnahme erläutern Sie uns nun, dass trotz des hohen Auslösewerts immer noch 600 000 Personen in Baden-Württemberg von den zu erstellenden Plänen betroffen wären. Uns würden schon die Grundlagendaten interessieren; denn für uns sind die Zahlen so einfach nicht zu verstehen. Denn dann wäre die Lärmproblematik noch viel gravierender, als wir es in unserem Antrag angenommen haben.

Ich möchte noch einmal kurz zusammenfassen: Wir Grünen halten den Verordnungsantrag, den Baden-Württemberg im Bundesrat eingebracht hat, für falsch, und wir halten ihn auch rechtlich für bedenklich. Wir sind hingegen jederzeit gern bereit, beim Zustandekommen einer der EU-Intention entsprechenden Lärmschutzverordnung aktiv mitzuwirken.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Lusche das Wort.

Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kollegin Splett, zunächst – nicht, weil ich heute eine grüne Krawatte anhabe – Zustimmung zum Befund.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Bei dem Wetter gar nicht gesund!)