Protokoll der Sitzung vom 10.12.2009

(Beifall bei der SPD)

Sie sind aber schon ein Jahr in der Krise, und deswegen müssen wir diesen Opfern der Weltwirtschaftskrise helfen.

Jetzt bin ich bei dem eigenständigen Beitrag und bei dem, was Sie „Schmiedel-Fonds“ nennen. Ich habe überhaupt nichts gegen diesen Titel, denn das ist ein ehrenwertes Projekt. Im Gegensatz zu dem, was Sie als Schuldenpolitik vorhaben, die nicht hilft, ist es ein ehrenwertes Projekt.

Damit will ich Ihre Frage beantworten: Sie verstehen nicht, weshalb die Kreditanstalt viele Milliarden Euro Liquidität in die Bankenwelt gibt und diese bei den Unternehmen nicht ankommt. Ich kann es ganz einfach erklären, Herr Wirtschaftsminister: Kredite ersetzen kein Eigenkapital.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Ach!)

Das Eigenkapital ist die Sicherheit der Unternehmen. Wenn das Eigenkapital durch diese Krise weitgehend aufgezehrt ist, dann fehlt die Sicherheit, um nach Basel II noch in den Genuss von Krediten zu kommen.

Deshalb müssen wir nicht die Frage beantworten: Haben sie Liquidität? Jede Volksbank, jede Kreissparkasse hat Liquidität über Einlagen. Auch die Landesbanken haben inzwischen wieder Liquidität. Das ist gar nicht die Frage, sondern die Frage ist: Haben die Unternehmen noch die Bonität, um über Kre

dite ihre Liquidität sicherzustellen? Deshalb müssen wir ihnen beim Eigenkapital helfen. Das ist die ganz einfache Antwort.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie sich fürchten, mir recht geben zu müssen, dann sollten Sie wenigstens einer Organisation mehr Vertrauen entgegenbringen als der SPD, einer Organisation, die Ihnen vielleicht auch nähersteht, nämlich dem Bund der Selbständigen, der diesen Vorschlag ausdrücklich begrüßt hat. Dann sollten Sie Herrn Hundt Vertrauen entgegenbringen, der bei jeder Gelegenheit genau dieses Thema anspricht.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Beim Landesverband der Industrie war diese Frage nach der Eigenkapitalausstattung wieder das zentrale Thema. Es ist das Thema des nächsten Jahres. Wenn wir warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist, dann ist es zu spät, um mit Programmen dagegenzuhalten. Jetzt ist es an der Zeit, sich auf eine Entwicklung vorzubereiten,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

die wir brauchen. Wir dürfen nicht nur über Maßnahmen diskutieren, sondern müssen sie beschließen und auf den Weg bringen, damit die Perlen unserer Wirtschaft in Baden-Würt temberg gestärkt aus der Krise herauskommen und nicht in die Insolvenz oder in die Überschuldung getrieben werden.

Wir lassen nicht locker. Wir sind uns sicher: Wir haben in dieser Frage die Gewerkschafter und die Betriebsräte auf unserer Seite,

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das wundert uns jetzt aber!)

und wir haben die Unternehmer in dieser Frage auf unserer Seite.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dieter Hillebrand CDU: Wir haben alle auf unserer Seite!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Nemeth.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Frage, über die wir auch diskutieren müssen, ist: War die Entscheidung von Daimler, die Produktion der C-Klasse zu verlegen, eine Eintagsfliege oder nicht? Das ist schon eine wichtige Frage.

Es ist ganz klar, dass Baden-Württemberg ein Exportland bleiben muss, wenn wir hier unseren Wohlstand und die Arbeitsplätze sichern wollen. Es bereitet Sorge und ist eine Gefahr, wenn ein C-Klasse-Fahrzeug hier in Baden-Württemberg 2 000 € teurer ist als in den USA. Das ist bei einem Kurs von 1,25 Dollar je Euro gerechnet.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Im Augenblick haben wir eher einen Kurs von 1,50 Dollar je Euro. Wegen dieser Gefahr und dieser Sorge muss über das Thema politisch diskutiert werden, und es muss auch wirtschaftspolitisch etwas geschehen. Ich glaube, das ist unumstritten.

Wir haben hier ein weltweites Cluster, das, glaube ich, in dieser Tiefe und Breite einmalig ist. Wie ist dieses Cluster eigentlich entstanden?

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Vor 100 Jahren hat es mit Erfindern und Unternehmern

(Zuruf des Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE)

wie Daimler, Bosch, Maybach, Benz und vielen anderen begonnen. Dieses Erbe jetzt zu sichern ist die Diskussion der Stunde.

(Unruhe)

Der Wirtschaftsminister hat es ein Stück weit angesprochen. Wir haben doch hier in Baden-Württemberg die einmalige Situation, dass wir nicht nur die Automobilbranche, sondern auch eine sehr starke IT-Branche haben. In Baden-Württemberg sind – ich möchte fast sagen: Gott sei Dank – nur zwei DAX-Unternehmen angesiedelt: Daimler und SAP, Automobil und IT. Hinzu kommen die Hauptverwaltungen und große Niederlassungen von Hewlett-Packard und IBM. Eigentlich haben wir Lösungen für die Themen des modernen Autos, nämlich Telematik, verbesserte Sicherheit und mehr Umweltfreundlichkeit beim Auto, in der Hand.

(Unruhe)

Herr Schmiedel, wenn Sie sagen, dass sich Daimler verabschiede und alles falsch mache, ist das auch nicht ganz richtig.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nein! – Abg. Ingo Rust und Abg. Rainer Stickelberger SPD: Das hat er doch gar nicht gesagt! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Das hat er doch gar nicht gesagt! Sie sollten einmal or- dentlich zuhören! Ojemine!)

Daimler investiert im Augenblick über 500 Millionen €, um die weltweite Entwicklung und Forschung in Sindelfingen zusammenzuziehen. Warum wird dies getan? Es wird getan, weil es wichtig ist, eine große Nähe zwischen Entwicklung und Produktion zu haben. Das ist der Transmissionsriemen, der benötigt wird.

Meine Damen und Herren, darin liegt auch unsere Chance. Wir werden immer besser sein müssen als die anderen, und dafür haben wir die Voraussetzungen. Deswegen, glaube ich, ist es falsch, mit Angst zu arbeiten. Wir arbeiten mit Mut und Zuversicht.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Augen zu und durch! Das ist das Einzige, was ihr könnt!)

Wir glauben, dass wir so die Zukunft besser gestalten können, als Sie es hier vorgeschlagen haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Sitzmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mut und Zuversicht sind sicher richtig, Herr Kollege Nemeth. Aber es bedarf auch des Weitblicks und der Weitsicht. Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, müssen Sie annehmen. Sie dürfen sich nicht nur hier hinstellen, Herr Rülke oder Herr Minister Pfister, und versuchen, die Situation schönzureden.

Lassen Sie mich das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung zitieren; das ist ein sehr renommiertes Institut in dieser Republik. Die wichtigsten Themen für die Bundesregierung und die Empfehlung des DIW sind:

In der Klimapolitik beginnt sich das Zeitfenster zu schließen, in dem der Klimawandel in einem noch vertretbaren Rahmen zu halten ist. Es fehlt in Deutschland eine tragfähige Energiestrategie, mit der ein Übergang zu umweltverträglicher Technik ohne ökonomische Verwerfungen erreicht werden kann.

Meine Damen und Herren, das ist die Herausforderung, die wir auch in Baden-Württemberg bewältigen müssen.

(Beifall bei den Grünen)

Da reicht es nicht, Herr Kollege Rülke, jetzt eine Landesinitiative Elektromobilität vorzustellen. Diese hätte vor Jahren kommen müssen. Denn klar ist: Die entscheidenden Modellversuche finden nicht in Baden-Württemberg statt. Sie finden mit Daimler jetzt in Berlin statt.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Und in Baden-Württem- berg! Das stimmt nicht! – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Hamburg, überall, nur nicht hier!)

Da müssen bei Ihnen doch alle Alarmglocken schrillen, weil Sie eine wichtige Entwicklung in Baden-Württemberg einfach verschlafen haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen)

Die Landesinitiative Elektromobilität kommt eindeutig zu spät. Wir sind längst von der Entwicklung abgehängt. Damit Baden-Württemberg noch Anschluss bekommt, muss diese Initiative jetzt zügig Fahrt aufnehmen. Sonst bekommen wir in Bezug auf die weltweiten Entwicklungen Probleme – der Export ist wichtig; das haben alle gesagt – und verlieren wichtige Absatzmärkte.

Stattdessen findet im Landtag von Baden-Württemberg ein Schönreden statt. Die Finanzierungsprobleme der Unternehmen, Herr Minister Pfister, werden von Ihnen seit Monaten verharmlost. Erst Anfang Dezember haben Sie endlich verstanden, dass die Kreditversorgung für die Unternehmen schwierig ist, und erst jetzt sagen Sie: Die sinkende Kreditdynamik ist ein eindeutiges Alarmzeichen. Sie haben sehr lange gebraucht, um zu diesem Fazit zu kommen, meine Damen und Herren. Auch da wurde vieles verschlafen.