Protokoll der Sitzung vom 03.02.2010

Da setzen Sie wieder eine Schimäre in die Landschaft und sagen, das diene der Finanzierung. Am Ende jedoch haben wir gar nichts. Das Ergebnis ist nur ein weiterer Abbau der Verkehrsinfrastruktur auf der Schiene und der Straße. Das ist Ihre Sackgassenpolitik, die auch das Land in die Sackgasse führt. Dagegen wollen wir Zeichen setzen:

(Beifall bei der SPD)

Forderungen an den Bund, aber auch Durchsetzungsfähigkeit gegenüber dem Bund.

Nun zur zweiten Ebene, zum Land. Natürlich haben wir im letzten Jahr dank der Konjunkturprogramme etwas mehr Finanzmittel gehabt. Aber hier hat die Regierung in den vergangenen 50 Jahren – man darf nicht immer nur vorausschauen, sondern muss auch schauen, was geleistet wurde – auch dafür gesorgt, dass das Landesstraßennetz verkommen ist und viel schlechtere Parameter als Bundesstraßen und Kreisstraßen aufweist, weil sie nicht genügend Geld für den Unterhalt, geschweige denn für den Erhalt ausgibt. Da nützt ein bisschen Aufstockung oder eine abgemilderte Kürzung gar nichts. Ich fordere Sie auf: Stimmen Sie den Anträgen der SPD zu!

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Noi!)

Das ginge ohne eine Erhöhung der Gesamtverschuldung. Das ist unser Konzept: mehr Geld für den Landesstraßenbau. Der

ländliche Raum hat das verdient, und die Unternehmen, die im ländlichen Raum angesiedelt sind, die in einer schwierigen Zeit Arbeitsplätze sichern, haben dies auch verdient.

(Beifall bei der SPD)

Wir bekennen uns – da gibt es eine gewisse Differenzierung – dazu, dass auch noch die eine oder andere Ortsumgehung gebaut werden muss. Um Ortskerne zu sanieren, um Dörfer wieder verstärkt lebenswert zu erhalten, muss das sein; nicht in großem Stil, aber, wie gesagt, das eine oder andere ist neu zu trassieren.

Kollege Gall hat sich um die Innenpolitik sehr verdient gemacht, wenn auch zulasten der Verkehrspolitik, wenn ich meine Redezeit betrachte. Aber sei’s drum.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die CDU hat auch län- ger gesprochen! Da gibt es einen Bonus! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Seit wann seid ihr für Boni?)

Es bliebe vieles zu sagen, natürlich auch zum Regionalverkehr. Beim Landesstraßenbau mussten Sie von ursprünglich 60 Maßnahmen 21 stornieren.

(Zuruf von der CDU: Das stimmt doch nicht!)

Sie haben sie in dieses Jahr übertragen, natürlich, und damit finanzieren Sie es quasi indirekt weiter.

Nahverkehr: Wir fordern Sie auf: Kommen Sie bei den Ausschreibungen endlich in die Gänge! Das ist doch Ihr Dilemma: Sie sind Spezialisten für Ankündigungen und nicht Spezialisten für Vollzug. Auf diesen Tag warten wir. Wir würden uns freuen, Sie von der Regierung – Herr Minister, Herr Staatssekretär – nicht als Ankündigungsspezialisten, sondern endlich einmal als Macher in Sachen Verkehr kennzeichnen und charakterisieren zu dürfen. Auf diesen Tag würden wir uns freuen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion GRÜNE erhält Herr Abg. Wölfle das Wort.

Sehr geehrte Damen und Her ren! Ich muss zugeben: Ich bin angenehm überrascht, dass Sie nach dem anstrengenden Tag gestern doch so zahlreich erschienen sind. Wie geht es denn Ihrem Muskelkater?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das war doch nicht an- strengend! Das war doch schön!)

Ein solcher Prellbock ist doch ganz schön schwer.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Den haben doch die Schaffer gelupft!)

Wie geht es dem schlechten Gewissen, das auf Ihre Schultern drückt?

(Oh-Rufe von der CDU – Weitere Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Dr. Klaus Schüle: Psychonummer! – Zuruf: Das muss man die Grünen fragen!)

Oder schmerzen die Schultern vor lauter Sich-selbst-auf-dieSchultern-Klopfen, wenn es die Bürger schon nicht machen?

(Abg. Werner Raab CDU: Herr, schmeiß Hirn ra!)

Das größte Projekt Stuttgarts wird außer von den geladenen Gästen von niemandem gewollt; die Bürger werden Ihnen das Leben noch ganz schön schwer machen, und je mehr sie von den vielen Öffentlichkeitsarbeitern beschimpft werden, desto lieber werden sie Ihnen den Marsch blasen.

Wussten Sie übrigens, dass das Land fast 1 Million € jähr- lich für das „Stuttgart-21-Lautsprecher“-Büro zahlt – jedes Jahr! –

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Keine Beleidigung des Präsidenten!)

und dass in diesem Büro neun Menschen Öffentlichkeitsarbeit machen plus, sozusagen als Subwoofer, unser Herr Landtagsvizepräsident?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Keine Kritik am amtie- renden Präsidenten!)

Meine Damen und Herren, das merkt man. Das ist überzeugende Arbeit, die da geleistet wird. Überzeugende Arbeit! Nehmen wir nur einmal die Schlagzeilen der letzten drei Werktage: „Designierter Ministerpräsident widerspricht amtierendem Finanzminister“ beim Thema „Ausbau und Mittel für die Rheintalbahn“. Oder: „Lärmschutz legt Großprojekte lahm“ – das führt zu hohen Mehrkosten bei wichtigen Streckenvorhaben. Oder: „Nach der Distanzierung Stächeles vom Konzept Baden 21 sind alle bürgerfreundlichen Varianten offensichtlich vom Tisch“, „Lärmschutz gibt es nicht für alle“, „Tauziehen um angrenzende Ortschaften“, „Planung für ICETrasse in Verzug“, „Kostenexplosion bei Rheintalbahn“, „Ausbau: Die Gütertrasse könnte 1,4 Milliarden € teurer werden“.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Halten Sie eine Re- de oder eine Presseschau?)

Ich lese Ihnen das vor, was Sie offensichtlich nicht wahrhaben wollen. Das behaupte auch nicht ich, sondern das sagen Experten aus diesem Land, die unverdächtig sind, den Grünen anzugehören.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Dann sind sie wirklich Experten!)

Weiter: „Das Land gibt mehr Geld für die Südbahn“, verspricht Herr Staatssekretär Köberle.

(Abg. Rudolf Köberle CDU: Das fordern die Grünen auch!)

Für Wendlingen–Ulm hat der Bund das Geld nicht. Die zusätzlichen Kostenexplosionen, von denen Sie wissen, aber alle anderen Experten auch, werden dazu führen, dass das Geld für diese Trasse, die wir begrüßen – –

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ja, was jetzt? Seit wann das? – Abg. Reinhold Gall SPD: Nun doch?)

Ich sage das nur, damit Sie das nicht vergessen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist ja ein Zickzack, ein Hin und Her! – Abg. Reinhold Gall SPD: Eini- ge!)

Ihr Problem ist, dass Sie bei Stuttgart 21 leider keinen „Zack-Kurs“ machen.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Kein was?)

Kein Zickzack; es bleibt immer bei Zick, und Sie merken nicht, dass Sie sich da verrannt haben. Das ist der Punkt.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Machen wir weiter. Das Problem, das auch Sie sehen: Die Bauzeiten dieser Schnellbahntrasse werden sich erheblich verlängern. Um sich nicht völlig zu blamieren,

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Wäre es gut, wenn Sie aufhören! – Abg. Nicole Razavi CDU: Herr Wölfle, was ist das Thema?)

werden die Bauzeiten – wenn Sie davon ausgehen, dass tatsächlich gebaut wird – gestreckt und gedehnt.

Herr Staatssekretär Köberle sagt in entwaffnender Ehrlichkeit: Das Bahnprojekt Stuttgart–Ulm hilft auch dem Ausbau der Südbahn.

(Abg. Rudolf Köberle CDU: Ja!)

Zumindest was das schlechte Gewissen und die Angst vor dem Rest des Landes betrifft, stimmt das. Er verspricht mehr Geld. Das Dumme ist nur: Das Land hat dieses Geld nicht, weder für die Südbahn noch für die notwendigen Verbesserungen für die Rheintalbahntrasse. Es wird immer gesagt, wir würden behaupten, Stuttgart 21 und die Schnellbahntrasse würden das Geld für andere Schienenprojekte auffressen. Dem ist eben so. Die Mittel fehlen dann nicht in der Uckermark, sondern in unserem Ländle.