Protokoll der Sitzung vom 04.02.2010

(Abg. Paul Nemeth CDU: Wären Sie bereit, mit uns neue zu bauen? Das ist unglaublich! Er widerspricht sich selbst! – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

dass wir mehr Effizienz in die Energieerzeugung hineinbringen. Das, was Sie tatsächlich machen, widerspricht dem diametral.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Das ist doch nicht ernst zu nehmen! Und das bei einer Haushaltsrede! Also wirk- lich! Peinlich!)

Kommen wir einmal zu einem anderen Punkt. Wenn Sie mir schon das, was Ihre energiepolitischen Ansätze betrifft, nicht glauben,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Da können Sie sicher sein!)

empfehle ich Ihnen: Lesen Sie einmal das Positionspapier, das Ihnen zu dieser Frage in der vorletzten Woche vom Verband kommunaler Unternehmen vorgelegt wurde. Ich zitiere daraus einen Satz:

Der VKU Baden-Württemberg steht einer Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken angesichts der nach wie vor ungeklärten Endlagerung von Atommüll skeptisch gegenüber und hält aus energiepolitischen Erwägungen eine Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken für nicht erforderlich.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Wer hat denn dafür ge- sorgt, dass das ungeklärt bleibt? – Zuruf des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU)

Geschrieben wurde diese Presseerklärung von einem gewissen Dr. Tobias Bringmann. Er war bis letztes Jahr Pressesprecher der Landes-CDU. Ich kann nur sagen:

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Wes Brot ich ess’, des Lied ich sing’!)

Sobald die Leute die CDU-Führungsebene verlassen, fangen sie an, selbstständig zu denken. Das kommt doch da zum Ausdruck.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rül- ke FDP/DVP: Die meisten Grünen sind bei der EnBW gelandet! – Zuruf des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU)

Herr Kollege Löffler, betrachten wir noch einen anderen Maßstab, nämlich den der erneuerbaren Energien in Baden-Würt temberg. Im vergangenen Jahr, im Jahr 2009, wurden laut offiziell vorliegenden Zahlen in Deutschland 952 Windkraftanlagen mit einer Leistung von insgesamt 1 916 MW gebaut.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Wo? Im Norden, wo es den meisten Wind gibt!)

Von diesen 952 Anlagen wurden in Baden-Württemberg 16 gebaut; das entspricht 1,7 %.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Super!)

Die Leistung dieser 16 Anlagen beträgt 29 MW. Das entspricht 1,5 % der bundesweiten Leistung. So viel zum Maßstab.

(Heiterkeit der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Schauen wir einmal in unser Nachbarland Rheinland-Pfalz. Es ist etwas mehr als halb so groß wie Baden-Württemberg.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ein bisschen weniger!)

Die Küstenregionen von Rheinland-Pfalz halten sich meines Wissens in engen Grenzen.

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Es liegt näher am Atlantik! – Weitere Zurufe)

In Rheinland-Pfalz wurden im vergangenen Jahr 50 Windkraftanlagen mit einer Leistung von 94 MW neu gebaut. 94 MW sind ein Viertel dessen, was wir in Baden-Württemberg über die Jahre hinweg überhaupt installiert haben. Das heißt, Rheinland-Pfalz baut in einem Jahr das, was wir über zwei Jahrzehnte

(Abg. Paul Nemeth CDU: Herr Untersteller, das al- les ist doch nicht neu! Dafür haben wir mehr Wasser- kraft, mehr Bioenergie und, und, und!)

hier mit Ach und Krach durchgesetzt bekommen. Das sind Ihre Maßstäbe, die Sie in der Energiepolitik setzen. Ich kann Sie nur auffordern: Wenn Sie den Klimawandel ernst nehmen, wenn Sie die Modernisierung des Energieerzeugungsstandorts ernst nehmen, dann werfen Sie dieses Energiekonzept 2020 in die Ecke, und denken Sie noch einmal neu darüber nach. Ideen und Konzepte gibt es wirklich genug.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Reden von Ihnen auch!)

Es liegt an Ihnen, ob Sie bereit sind, diese Konzepte auch einmal in die Hand zu nehmen und wenigstens Teile davon ernsthaft umzusetzen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Genau! – Zuruf des Abg. Dr. Reinhard Löff- ler CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke für die Fraktion der FDP/DVP.

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Uli, jetzt sag ein- mal, was Sache ist!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir gestalten diesen Haushalt in der Tat aus einer Wirtschaftskrise heraus, die einigermaßen beispiellos ist. Der Kollege Löffler hat den Vergleich zur Weltwirtschaftskrise der späten Zwanziger-, der frühen Dreißigerjahre gezogen und kam richtigerweise zu dem Ergebnis: Die gegenwärtige Krise ist in ihrer Dramatik mit der damaligen Krise vergleichbar, aber ihre Auswirkungen sind glücklicherweise weniger dramatisch.

Die Zahlen wurden heute auch vom Ministerpräsidenten schon mehrfach zitiert: In der Tat ist das Bruttoinlandsprodukt bei uns um 8 % eingebrochen, während es im Vergleich dazu im Bund „nur“ um knapp 5 % zurückging. Gigantische Umsatzausfälle baden-württembergischer Unternehmen vor allem im Umfeld der Automobilwirtschaft und des Maschinenbaus von teilweise um die 40 %, 50 % sind zu verzeichnen. Allerdings liegt die Arbeitslosenquote in Baden-Württemberg momentan glücklicherweise nur bei etwas über 5 %, und in Baden-Würt temberg konnten viele Unternehmenszusammenbrüche vermieden werden. Nach allen Daten, die jetzt wieder bei uns eintrudeln, hat es glücklicherweise den Anschein, als würden die meisten Branchen Licht am Ende des Tunnels sehen.

Nun muss man sich die Frage stellen: Wie kommt das? Herr Kollege Prewo, Frau Kollegin Sitzmann, wir sind uns in diesem Haus wahrscheinlich schnell einig: Das Hauptverdienst liegt bei den Unternehmerinnen und Unternehmern in BadenWürttemberg und ihren fleißigen Mitarbeitern.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Paul Lo- cherer CDU)

Etwas anderes wurde von diesen Regierungsfraktionen nie gesagt. Denn im Unterschied zu manchen anderen sind wir immer der Überzeugung gewesen, dass Wirtschaft hauptsächlich in der Wirtschaft gemacht wird und nicht vom Staat.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Sehr wahr!)

Allerdings gibt es die Verpflichtungen der Wirtschaftspolitik, den Unternehmen und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Seite zu stehen und ihnen dabei zu helfen, möglichst gut aus dieser Krise herauszukommen. Da müssen Bundes- und Landeswirtschaftspolitik miteinander abgestimmt sein.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Eigentlich schon!)

Die Kurzarbeiterregelung war sicherlich richtig. Es war sicherlich auch richtig, die Banken zu retten und Investitions- bzw. Konjunkturprogramme aufzulegen. Das haben Sie immer unterstützt, obwohl es schon vorher Schulden gab. Das waren dann die „guten“, die „positiven“ Schulden, die man aufgenommen hat, weil man eine aktive Wirtschaftspolitik haben wollte.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Das waren histo- rische Schulden!)

Wenn nun die neue Bundesregierung ein Wachstumsbeschleunigungsgesetz macht,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Bürokratiebeschleuni- gungsgesetz!)

dann sind das – das war auch heute wieder zu hören – in Ihren Augen die „bösen“ Schulden. Wenn man die Mitte der Gesellschaft entlastet, wenn man den Mittelstand entlastet, wenn man Familien entlastet, entstehen aus Ihrer Sicht daraus „böse“ Schulden, während die Investitions- und Konjunkturprogramme „gute“ Schulden auslösen.

Wenn Sie, Herr Schmiedel, jetzt wieder von Bürokratie reden,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das hat Ihr Kollege aus Nordrhein-Westfalen gesagt!)

dann wollen Sie wahrscheinlich wieder die Mehrwertsteuerentlastung für das Hotelgewerbe geißeln, die beispielsweise Ihre Parteifreunde in Bayern auch vorgeschlagen haben, die alle Parteien in irgendwelchen Bundesländern vorgeschlagen haben, in denen der Tourismus eine Rolle spielt.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Erzählen Sie das doch Herrn Pinkwart! – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Herrn Sellering!)

Und warum? Weil dort Landesinteressen wahrgenommen werden. – Herr Untersteller, ich habe das Herrn Pinkwart laut und vernehmlich gesagt und ins Stammbuch geschrieben.

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Nur: In Nordrhein-Westfalen haben wir eben keinen bedeutenden Standortfaktor Tourismus, anders als das in BadenWürttemberg der Fall ist.