Die Schlussfolgerung heißt daher für mich: Auch die LBBW soll sich künftig an die bewährte Orientierung der Sparkassen halten.
Die Schlussfolgerung ist nicht, die LBBW zu privatisieren, sondern dieses Und zwischen dem öffentlichen Auftrag und der Marktorientierung zu stärken und zu unterstützen.
Meine Damen und Herren, Sie erinnern sich: Im vergangenen Sommer haben wir einen Gesetzentwurf zur Novellierung des Landesbankgesetzes eingebracht. Einiges von dem, was wir wollten, hat inzwischen die Europäische Kommission durch Neelie Kroes eingefordert. Mit etwas Weitsicht und mit etwas Klugheit beim Umgang mit unserem Gesetzesvorschlag hätten wir uns diese Auflagen erspart. Das heißt, zukünftig sollten wir bei solchen Vorgängen mehr nachdenken.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Diese Auflagen sind ganz wichtig und richtig!)
Frau Berroth, kommen wir nun einmal zu Frau Homburger. Wenn Frau Homburger meint, sie könne das Problem der Landesbank Baden-Württemberg durch eine Privatisierung lösen, bei der sie das Mittelstandsgeschäft der L-Bank überlässt, weil
sie sich als mittelstandsfreundlich darstellen möchte, dann muss ich sagen: Frau Homburger will offensichtlich das Auto ohne die Reifen verkaufen.
Was ist die Landesbank Baden-Württemberg noch wert, wenn sie das Mittelstandsgeschäft abgibt? Das ist für mich ein Ansatz von Wirklichkeitsverweigerung.
Frau Kollegin Berroth, vielleicht machen Sie Frau Homburger einmal klar, wie es um den Ertragswert der Landesbank Baden-Württemberg ohne das Mittelstandsgeschäft stünde. Klären Sie sie doch bitte einmal darüber auf.
Ich erinnere daran – ich habe den Vorgang aus der Distanz begleitet –: Als die öffentlich-rechtliche Bankenlandschaft neu aufgestellt wurde – das ist einige Zeit her –, wurde ganz bewusst das Fördergeschäft mit der L-Bank aus dem Konzern LBBW herausgehalten, um Markteingriffe durch das Fördergeschäft zu vermeiden.
Nun sagt Frau Homburger, die L-Bank als Förderinstitut solle in das Mittelstandsgeschäft einsteigen, sie solle in den Markt eingreifen.
Was Sie in Person von Frau Homburger vortragen, ist so etwas wie Finanzmarktsozialismus. Mit Marktwirtschaft hat das aber nichts zu tun.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rül- ke FDP/DVP: Davon verstehen gerade Sie etwas! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Ziehen Sie sich warm an! Ich sage ihr, was Sie gesagt haben!)
Ich möchte auf ein weiteres Und eingehen, das uns in diesen Tagen beschäftigt und eine Rolle spielt. Es geht um das Thema „Freiheit und Gerechtigkeit“. Die Zahl derer, die die Freiheit und die Freizügigkeit von Kapital in Euro dazu nutzen, in großem Umfang Steuern zu hinterziehen, nimmt zu. Viele verstehen nicht mehr, dass sich Freiheit von der Verantwortung nährt, und suchen ihren Vorteil jenseits der bestehenden Steuergesetze.
Niemand – auch wir nicht – will zu einer Welt der Kapitalverkehrskontrollen oder einer Welt abgeschotteter Geldmärkte zurück. Das heißt auf der anderen Seite nicht, dass wir jeden Missbrauch durchgehen lassen können. Gerade in der freien Welt muss das Und der Gerechtigkeit zu einer gleichmäßigen und fairen Besteuerung führen. Derjenige, der mehr schultern kann, darf auch gern mehr zahlen. Das verstehen wir unter Freiheit und Freizügigkeit. Dazu gehört auch die Gerechtigkeit.
Ganz konkret zur aktuellen Debatte: Ich bin der Auffassung, dass nach erfolgter rechtlicher Prüfung – der Finanzminister sagt ja, er habe geprüft – die Datenträger, die offenbar relevante Informationen enthalten, erworben werden sollen und müssen. Alles andere wäre aus meiner Sicht vorsätzliches Wegsehen, und es wäre nahe am Tatbestand der Steuerhinterziehung oder der Beihilfe hierzu. Da wollen wir nicht mitmachen.
Wer nun wie Sie, Herr Minister Goll, in diesem Zusammenhang von Denunziantentum spricht, der diffamiert entweder jeden, der in diesem Land eine Straftat anzeigt, oder er hält Steuerhinterziehung für ein Kavaliersdelikt. Beides ist, wie ich finde, für einen Justizminister bemerkenswert.
Als nun die SPD und wir in den Haushaltsdebatten der letzten Wochen von „schwarz-gelben Steuergeschenken“ sprachen, haben Sie, Herr Mappus, die Meinung vertreten, das seien keine Geschenke, denn das Geld gehöre nicht dem Staat, sondern dem Steuerzahler.
Angesichts dieser Denkweise, Steuern seien so etwas wie Diebstahl, wird sofort verständlich und erscheint logisch, warum Sie am letzten Freitag den Antrag der Kollegen von der SPD, die Steuerdaten-CD zu kaufen, abgelehnt haben. Denn den „Steuerdieben“ in Berlin wollten Sie hier nicht Vorschub leisten. Aber, werter Herr Ministerpräsident, Sie sollten das alles jetzt nochmals überdenken. Unser Antrag liegt Ihnen vor. Meine Empfehlung und meine Bitte lauten: Stimmen Sie diesem Antrag zu.
(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Genau! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Da steht noch etwas anderes auf dem Blatt!)
Wir müssen noch weitere Verbindungen mit diesem Und in dieser Welt wahrnehmen. Ich empfehle Ihnen und der Landesregierung, etwas wahrzunehmen, was uns ebenfalls wichtig ist, nämlich die Verbindung von Wirtschaft und Ökologie, Wirtschaft und Umwelt. Auch hier ist unübersehbar, dass es ein Entweder-oder nicht mehr gibt. Ein Industrieland wie Baden-Württemberg können wir nur mit Wirtschaft u n d Ökologie voranbringen.
Wir haben hier jetzt einige Tage Haushaltsberatungen hinter uns. Eines ist dabei auffallend – ich habe es erst heute vom Kollegen Herrmann wieder gehört –: Es wird immer wieder argumentiert, die Situation sei einmalig schlecht und einmalig schwierig, aber wir stünden noch immer besser da als alle anderen Bundesländer, die sich noch viel höher verschulden müssten als Baden-Württemberg. Auch die Regierungsvertreter argumentieren entsprechend, wenn sie ans Rednerpult gehen. Ich muss Ihnen aber leider sagen: Diese Analyse teile ich grundsätzlich nicht.
(Abg. Klaus Herrmann CDU: Das ist doch wahr! – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist aber falsch!)
Es stimmt, sie ist falsch, Herr Kollege Schmiedel. Das sehe ich auch so. Das hört sich gut an; es hört sich wunderbar an, hilft aber nicht, Herr Kollege Herrmann. Denn ob Sie mit 180 km/h oder mit 150 km/h gegen die Mauer fahren – am Ende steht ein Totalschaden. Und einen Totalschaden wollen wir nicht.
(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: An der Mauer oder am Auto? – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)
Wir wollen eine Politik des „vorausschauenden Bremswegs“ und keine Beschönigung der viel zu hohen Verschuldungsgeschwindigkeit. Sie beschönigen dies mit diesen, wie ich finde, abstrusen Vergleichen.
Für mich stellt sich die Frage: Greifen Sie auf, was wir jetzt an Wahrheiten sagen müssen? Sagen Sie den Beamten, dass wir uns Besoldungserhöhungen wie in den letzten Jahren nicht mehr leisten können?
Sagen Sie den Pensionären, dass es nicht mehr geht, die Pensionen um 3 % oder höher anzuheben? Sind Sie bereit, die unangenehmen Wahrheiten zu sagen, oder verstecken Sie sich dahinter, indem Sie sagen: „Das geht halt nicht“? Wir sagen es den Pensionären; wir haben einen entsprechenden Antrag eingebracht. Wir wollen zugunsten eines Pensionsfonds, zugunsten der Nachhaltigkeit und auch zugunsten der jüngeren Beamtinnen und Beamten umschichten.
Meine Damen und Herren, zur Klarstellung: Wir von den Grünen werfen der Landesregierung nicht vor, dass es nicht gelungen ist, für 2010/2011 einen verschuldungsfreien Haushalt aufzustellen. Das hätten wir sicher auch nicht geschafft. Aber wir werfen Ihnen vor, dass Sie noch bis in den vergangenen Herbst hinein immer davon geträumt und schwadroniert haben, dies könne gelingen, obwohl schon in der Mai-Steuerschätzung klar war, dass die Nullnettoneuverschuldung nicht zu schaffen sein würde.
Wir werfen Ihnen zweitens vor, dass Sie, obwohl Sie schon lange wissen – die Fakten liegen auf dem Tisch –, dass wir mit einer Sanierung an den Haushalt herangehen müssen, damit uns der Crash der Schuldenbremse im Jahr 2020 nicht zu hart trifft, keinerlei Maßnahmen ergreifen. Es wird zwar wolkig von „schmerzhaften Einschnitten“ getönt, aber Maßnahmen werden nicht benannt, auch nicht vom neuen Ministerpräsidenten, Herrn Mappus. Ich muss Ihnen sagen: Dieses Herumschwadronieren reicht vielleicht für eine schlechte Opposition, aber für eine Regierung ist so etwas definitiv zu wenig.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rül- ke FDP/DVP: Mit „schlechter Opposition“ meinen Sie sich!)
Woran müssen wir uns nun mittelfristig orientieren, wenn wir realistisch bleiben wollen? Herr Ministerpräsident a. D. Oettinger
hat sehr genau analysiert, wo es eigentlich fehlt, nannte aber wie der große Rest – wie auch Sie, Herr Dr. Rülke – keine Maßnahmen. Sie sagen nur, was nicht geht. Die Aufgabe der Politik ist aber, Maßnahmen zu nennen und sich am mittelfris tigen Pfad der Ausgaben und Einnahmen zu orientieren. Nicht weniger und nicht mehr bedeutet strukturelle Nullneuverschuldung.
Der mittelfristige Einnahmepfad muss dabei mit Vorsicht angesetzt werden, und er muss realistisch angesetzt werden. Er muss auch die aktuelle Wirtschaftsstruktur berücksichtigen. Bei den Ausgaben muss man z. B. auch einmal an eine Dienstrechtsreform heran. Man muss sich überlegen: Ist die Landesverwaltung modern ausgerüstet? Muss man nicht vielleicht auch eine Verwaltungsebene streichen? Ist vielleicht das eine oder andere zu viel, was wir da verwalten?