Protokoll der Sitzung vom 10.03.2010

Deswegen meine ich: Auch hier ist es notwendig, dass wir politisch vorangehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Abg. Sckerl das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind uns in der Einschätzung einig, dass diesem Staatsvertrag für die weitere Entwicklung der Kooperation bei den Informationstechnologien zwischen Bund und Ländern, aber auch mit den Kommunen und im europäischen Rahmen eine große Bedeutung zukommt. Das ist keine Frage. Herr Kollege Wolf, darin sind wir uns einig.

Wir wollen, genau wie Sie, diesen Datenaustausch optimieren. Dies geschieht vor allem durch die Schaffung einer gemeinsamen Infrastruktur der technischen Systeme. Das bringt natürlich – das ist in diesem Zusammenhang auch ganz aktuell sehr wichtig – eine besondere Verantwortung mit sich.

Eines muss uns immer klar sein: Diese informationstechnische Kooperation führt zunehmend zu einer Ländergrenzen übergreifenden Verarbeitung personenbezogener Daten in ganz großem Stil. Dies geschieht auch immer schneller und immer umfangreicher. Kern aller Überlegungen in diesem Zusammenhang muss sein, diese Daten durch technische und organisatorische Maßnahmen vor Missbrauch zu schützen. Hochwertigste Verschlüsselungsverfahren sind absolut notwendig.

Wir haben in diesem Land in den letzten Jahren große Debatten zum Datenschutz und zu den ebenso großen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts gehabt. Bezüge oder wenigstens Hinweise auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, auf die Vertraulichkeit und die Integrität informationstechnischer Systeme haben jedoch überhaupt keinen Eingang in diesen Staatsvertrag gefunden. Man regelt darin technische Fragen, man regelt wirtschaftliche Fragen, aber

bezüglich der Grundrechtsfragen von großer Bedeutung herrscht Fehlanzeige. Dies ist uns – wie gesagt: im Licht der Rechtsprechung, gerade auch aktuell von letzter Woche – nicht verständlich.

Klar ist aber – das ist auch allen Beteiligten klar; da gibt es überhaupt keinen Zweifel –, dass der Staatsvertrag unabhängig von den technischen Festlegungen der Datenverarbeitung natürlich den Grundrechten Rechnung tragen muss und auch Rechnung tragen wird.

Ein entscheidendes Instrument wird der IT-Planungsrat auf der Grundlage dessen sein, was er sich als innere Verfassung gibt. Deren Ausgestaltung ist deshalb so wichtig, weil wir es natürlich nicht mehr schaffen, im Ratifizierungsprozess des Staatsvertrags eine ausdrückliche Fixierung auf das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung in den Staatsvertrag selbst hineinzunehmen. In diesem Zusammenhang begrüßen wir ausdrücklich die Bereitschaft der Landesregierung, im Vorfeld von einzelnen Beratungen und Festlegungen in diesem IT-Planungsrat auf Landesebene die Kooperation mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz ebenso herbeizuführen wie mit den kommunalen Landesverbänden.

Dass der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit regelmäßig an den Sitzungen des IT-Planungsrats teilnehmen wird, halten wir für selbstverständlich. Dass Landesbeauftragte für den Datenschutz immer dann dazukommen müssen, wenn Landesangelegenheiten behandelt werden, halten wir für notwendig. Das war einer der Gründe, warum wir unseren Entschließungsantrag eingebracht haben, Herr Kollege Wolf.

Jetzt liegen zwei Entschließungsanträge vor, einer von der Fraktion GRÜNE und einer von der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP. In Zeitschriften gibt es mitunter Rätsel mit der Aufgabe: Finde fünf Unterschiede. Dabei werden zwei Bilder nebeneinander gezeigt. So könnte man dies auch mit den beiden Anträgen machen: Sie sind quasi identisch. Wir haben unseren Antrag eingebracht, weil Sie im Innenausschuss noch nicht die Bereitschaft hatten erkennen lassen, wenigstens die verbliebenen Möglichkeiten, die wir noch haben, zu nutzen, um auf das Thema Datenschutz im Bereich des IT-Planungsrats tatsächlich Einfluss zu nehmen.

Damals haben Sie noch gesagt, das sei nicht notwendig, alles Notwendige sei bereits getan. Das war das Motiv für uns, diesen Antrag einzubringen. Jetzt haben Sie mit einem eigenen Antrag nachgezogen. Das ist okay. Mein Vorschlag lautet, dass wir, damit es nachher keine komische Abstimmung gibt, einen gemeinsamen Entschließungsantrag aller vier Fraktionen auf der Basis Ihres Antrags formulieren und zur Abstimmung stellen.

(Abg. Guido Wolf CDU: Das ist gut!)

Er ist identisch mit dem, was im Landtag von Sachsen und auch in anderen Landtagen beschlossen worden ist. Alles andere wäre, glaube ich, Kinderei.

(Abg. Guido Wolf CDU: Wenn Sie das wollen, ma- chen wir das! – Beifall der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Lassen Sie uns diesen gemeinsamen Entschließungsantrag verabschieden. Wir stimmen dem Gesetzentwurf hiermit zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Rainer Stickel- berger SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kluck für die Fraktion der FDP/DVP.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die FDP/DVP-Fraktion begrüßt es, wenn über den künftigen IT-Planungsrat die Zusammenarbeit im Bereich der öffentlichen Informationstechnik institutionalisiert wird. Dadurch wird eine Basis für sinnvolle, fachunabhängige und fachübergreifende Sicherheitsstandards geschaffen. Das Ganze wird einfacher und leichter handhabbar, sodass sich auch Behörden dem raschen technischen Fortschritt schneller anpassen können.

Wir Liberalen bedauern allerdings – das habe ich schon in der ersten Lesung zum Ausdruck gebracht –, dass der Datenschutz in diesem Staatsvertrag nicht ausdrücklich aufgeführt wird. Dabei ist er doch gerade bei der Bewertung von Sicherheitsstandards sehr wichtig. Zwar kann der Bundesbeauftragte für den Datenschutz an den Sitzungen des IT-Planungsrats teilnehmen – ohne Stimmrecht –, aber die Datenschutzbeauftragten der Länder sind überhaupt nicht vertreten. Das halten wir nicht für sachgerecht; denn diese Entscheidungen des IT-Planungsrats werden große Auswirkungen auf die Landes- und auf die Kommunalverwaltung haben.

Vielleicht kann man dieses Manko bzw. diesen Konstruktionsfehler in der Geschäftsordnung des Gremiums noch irgendwie heilen. Wir hoffen, dass sich die Landesregierung darum bemüht. Es wäre peinlich, wenn abermals per Gerichtsentscheid auf die besondere Bedeutung der informationellen Selbstbestimmung und auf die Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme zum Schutz der Persönlichkeitsrechte hingewiesen werden müss te.

Gerade die im Staatsvertrag vorgesehene vorrangige Verwendung bestehender Marktstandards darf nicht dazu führen, dass Verfahren ohne angemessenen Datenschutz beschlossen werden.

Herr Kollege Sckerl, vielen Dank für den Vorschlag, unseren Antrag als gemeinsamen Entschließungsantrag aller vier Fraktionen zu verabschieden. Darüber unterschiedlich abzustimmen, wäre unsinnig gewesen. Wir beide haben unsere Anträge bei unseren sächsischen Kolleginnen und Kollegen abgeschrieben. Ihr habt ihn hundertprozentig abgeschrieben.

(Abg. Guido Wolf CDU: Die Vernunft hat gesiegt! – Abg. Theresia Bauer GRÜNE: 95!)

Wir haben uns noch bemüht, etwas zu variieren, weil wir ja kreativ sind.

(Zuruf von der CDU: Das unterscheidet uns vonei- nander!)

Dieser Entschließungsantrag unterstreicht die Notwendigkeit, durch technische und organisatorische Maßnahmen Miss

brauch bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zu verhindern. Er fordert gleichzeitig eine Beteiligung der Landesbeauftragten. Nicht jeder Landesbeauftragte, sondern einer der Landesbeauftragten soll an den Sitzungen des IT-Planungsrats teilnehmen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen dem Datenschutz endlich den Stellenwert einräumen, der ihm nach höchstrichterlichen Entscheidungen zusteht. Erst gestern hat der Europäische Gerichtshof die FDP in dieser Haltung bestätigt. Die Datenschutzstellen der Länder müssen in völliger Unabhängigkeit arbeiten. Sie dürfen deshalb keiner staatlichen Aufsicht unterstellt sein. Deshalb bleibt es unser Ziel, alle Datenschutzkompetenzen – unser Fraktionsvorsitzender hat dies heute Morgen schon in der Aussprache zur Regierungserklärung gesagt – beim Landesbeauftragten zusammenzuführen und den Landesbeauftragten für den Datenschutz beim Landtag anzusiedeln.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die meisten Bürgerinnen und Bürger ist der Einsatz moderner Informationstechnologien seit Langem eine Selbstverständlichkeit. Der Ausbau des sogenannten E-Governments ist zu begrüßen. Herr Kollege Hofelich hat schon gesagt, dass der Staat dabei der Entwicklung ein bisschen hinterherhinkt, vor allem in Bezug auf seine Kundschaft aus der Wirtschaft. Es bleibt noch immer viel zu viel Zeit und Kraft beim Ausfüllen von Formularen per Hand auf der Strecke. Auch ich weiß, dass das papierlose Büro wohl ebenso eine Illusion bleibt wie das papierlose Klo.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Trotzdem sollten wir versuchen, zwischen Kundschaft und Behörden möglichst viel auf elektronischem Weg zu regeln. Dazu muss man den Lebensälteren und Grauhaarigen auf beiden Seiten die Sorge nehmen, dass sie im Internet verschwinden könnten, wenn sie gleichzeitig auf die Tasten „Alt“ und „Entfernen“ drücken.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Rech.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen! Ich versuche einmal, das Ergebnis vorwegzunehmen. Erstens bitte ich Sie, dem Gesetzentwurf der Landesregierung auf der Grundlage des Entschließungsantrags der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/ DVP zuzustimmen. Gleichzeitig sichere ich zu, dass das Anliegen des Antrags der Fraktion GRÜNE, soweit es berechtigt ist –

(Abg. Guido Wolf CDU: Soweit es mit unserem über- einstimmt! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

es unterscheidet sich nur unwesentlich von dem Entschließungsantrag der CDU und der FDP/DVP –, selbstverständlich bei den weiteren Beratungen Berücksichtigung finden wird. Darum würde ich bitten. Wir sind uns ja in allen Punkten einig.

Herr Kollege Kluck, nur eine Klarstellung von meiner Warte aus: Das Urteil des EuGH würde uns, glaube ich, nicht verpflichten, den öffentlichen und den nicht öffentlichen Datenschutz unter einem Dach zusammenzulegen. Wir tun dies gleichwohl, weil wir in der Sache vorankommen und uns nicht über Formalismen streiten wollen. Aber das ist schon ein wesentlicher Schritt nach vorn. Über alles andere werden wir dann reden.

Meine Damen und Herren, wir befassen uns jetzt zum zweiten Mal mit dem Entwurf des Gesetzes zu dem Staatsvertrag zur Ausführung von Artikel 91 c des Grundgesetzes. Herr Kollege Wolf hat zutreffend, umfassend und richtig

(Abg. Guido Wolf CDU: So ist es!)

die wesentlichen Essenzialien des Gesetzes dargelegt. Wir hatten schon am 10. Dezember 2009 wesentliche Eckpunkte miteinander erörtert. Ich will deshalb heute nicht mehr auf viele inhaltliche Einzelheiten eingehen. Ich will nur sagen: Stand heute werden es wohl alle Länder und auch der Bund schaffen, die Ratifikationsurkunde rechtzeitig, also bis Ende des Monats, in der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz – wieso dies gerade dort geschehen soll, weiß ich auch nicht so recht, aber gut –

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Beck ist internetfest!)

vorzulegen, sodass der Vertrag am 1. April 2010 in Kraft treten kann.

Das ist erfreulich. Denn – kurz zusammengefasst – die Informations- und Kommunikationstechnik ist schon längst zum Rückgrat unserer Verwaltung geworden, einer Verwaltung, die sich immer weiter wachsenden Aufgaben gegenübersieht, die sie mit hoher Qualität – jedenfalls ohne Qualitätsverlust – und überwiegend mit sinkendem Personaleinsatz bewältigen muss. Zielgerichtet eingesetzt wird die IuK auch einer der wesentlichen Treiber für den Bürokratieabbau und die Modernisierung unserer Verwaltung auf allen Ebenen sein.

Die Länder, der Bund und die Kommunen arbeiten bei der Abstimmung allgemeiner Sicherheits- und Technikstandards bisher nur auf freiwilliger Basis zusammen. Künftig – das ist der Unterschied – können hier verbindliche Standards vereinbart werden, wenn dies notwendig ist. Der IT-Planungsrat löst die bisherigen Abstimmungsgremien, die sehr vielfältig waren, ab.

Entscheidungen über gemeinsame Projekte und Standards sowie über möglicherweise auftretende Probleme und deren Lösungen werden nach wie vor eine ausreichende Vorbereitung und die Beteiligung von mehreren Stellen erfordern.

Nicht zuletzt gibt es natürlich einen wachsenden Kostendruck. Der fordert alle Beteiligten gleichermaßen, optimale Lösungen herbeizuführen, die auch noch finanzierbar sind.