Protokoll der Sitzung vom 14.04.2010

Dieser Betrag steigt jährlich, weil immer neue Anlagen hin zukommen. Wir in Baden-Württemberg haben daran einen Anteil von 5,6 Milliarden €. Im Bund gehen 5,8 Milliarden € in die Windenergie; in Baden-Württemberg beträgt dieser An teil nur etwas über 1 % bzw. 77 Millionen €. Wenn man weiß,

dass der Anteil Baden-Württembergs – ich hoffe, Sie wissen es – am deutschen Aufkommen 12 bis 13 % beträgt, dann – das muss man sagen – ist dieses eine Prozent nahezu lächer lich. Es macht klar, welch geringe Rolle Windenergie in Ba den-Württemberg spielt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Wir reden hier über den Wirtschaftsstandort Baden-Würt temberg, Herr Minister. Ende 2008 waren deutschlandweit 280 000 Beschäftigte im Bereich der erneuerbaren Energien tätig, davon ungefähr 85 000 allein im Bereich der Windener gie. An dieser Stelle zeigt sich das Drama für den Wirtschafts standort Baden-Württemberg, dass wir bei diesen 280 000 Be schäftigten im gesamten Bereich mit knapp 20 000 Beschäf tigten unterrepräsentiert sind. Obwohl es viele gute Firmen im Bereich der Windenergie in Baden-Württemberg gibt, sind wir dort mit 4 200 Beschäftigten deutlich unterrepräsentiert. Wir müssen mindestens einen Anteil von 10 000 Beschäftig ten im Bereich der Windenergie haben.

Wenn wir nicht so gute Lager-, Getriebe- und Flügelherstel ler hätten, die einen großen Teil dieser 4 200 Beschäftigten stellen, weil unser Maschinenbau stark ist, dann wäre BadenWürttemberg im Windenergiebereich im Hinblick auf die Be schäftigung und die Investitionen von der Entwicklung in der Bundesrepublik vollkommen abgekoppelt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Herr Minister, Sie haben ein Energiekonzept 2020 vorgelegt. Sie lassen es evaluieren und überprüfen. Bei dem Thema, über das wir heute reden, erreichen Sie eine rote Ampel.

Ich möchte einmal aufzeigen, was in der Übersicht zur Wind energie steht. Dort steht, dass selbst die moderaten Ziele, die Sie sich selbst gesetzt haben, nicht erreicht werden. Ich lese das einmal stichwortartig vor: Ausbaugrad aufgrund der Ent wicklung in den Jahren 2006 und 2007 noch oberhalb des Aus baupfads, Stagnation des Ausbaus seit dem Jahr 2007. In den Jahren 2008 und 2009 zeigten sich kaum Ausbau- und Pla nungsaktivitäten.

Herr Wirtschaftsminister, das ist ein Gutachten, das Sie in Auf trag gegeben haben. Das ist kein Gutachten von uns. Die Zah len sind auch nicht von uns. Das, was Sie aufgrund eines selbst in Auftrag gegebenen Gutachtens bekommen, ist aber mehr als eine Klatsche. Was Sie hier machen, ist wirklich eine Blo ckade des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Heute reden wir über einen Gesetzentwurf und fragen, war um es zu dieser Blockade kommt. Wenn man sofort mit der Blockade aufhören würde, wobei ich das noch nicht erkenne, weil Sie nur Phrasen von sich geben – – Auch in Ihrer gestri gen Pressekonferenz haben Sie immer nur Phrasen – „ich wünsche“, „ich hätte gern“ – von sich gegeben, aber keine konkrete Handlungsanleitung und keine konkreten Handlun gen der Landesregierung genannt.

Baden-Württemberg hat als einziges Bundesland diese fatale Schwarz-Weiß-Regelung. Alles, was nicht Vorranggebiet ist

Vorranggebiete machen maximal 1 % der Landesfläche aus –, ist Ausschlussgebiet. Das kann auf Dauer nicht sein. Ba den-Württemberg spricht sich als einziges von 16 Bundeslän dern für den Erhalt dieser Regelung aus. Das haben Sie auch gestern wieder erklärt. Damit werden Sie den Ausbau der Windkraft weiterhin blockieren.

In dem Gutachten steht außerdem, dass für die Überarbeitung der Standorte ein Zeitraum von mindestens zwei Jahren erfor derlich ist. Sie schieben das jetzt wieder auf die Regionalver bände ab. Die Regionalverbände machen aber doch nur das, was sie im Rahmen des Gesetzes machen können. Wir brau chen mindestens zwei Jahre Zeit, bis das alles wieder sauber überarbeitet ist und die Vorranggebiete wirklich sauber aus gewiesen sind.

Hinzu kommt, dass für eine Investitionsentscheidung in der Regel ein Vorlauf von drei Jahren benötigt wird. Wenn also im Jahr 2010 begonnen wird, dann ist der weitere Ausbau der Windkraft für die Jahre 2011 bis 2013 im Grunde bereits ab gehakt. Das ist für Baden-Württemberg wirtschaftspolitisch nicht durchzuhalten und im Übrigen fatal.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Außerdem haben wir Sie aufgefordert, endlich Klarheit dar über zu schaffen, wo im Land Windhöffigkeit vorhanden ist. Sie nehmen zur Kenntnis, dass etwa ein Viertel von 105 Vor ranggebieten nicht sinnvoll ausgewiesen ist – an Stellen, an denen es keinen Wind gibt – und dass es dort keine Investo ren gibt. Das nehmen Sie zur Kenntnis, sorgen aber nicht da für, dass klare Daten vorhanden sind, sodass man endlich ein mal weiß, wo im Land Wind weht und wo es vorangeht. Die se Informationen brauchen die Regionalverbände.

Vielleicht können Sie nachher noch einmal etwas dazu sagen, ob das Gutachten, das Sie angekündigt haben, endlich in Auf trag gegeben worden ist. Vielleicht können Sie auch etwas da zu sagen, ob das bloß ein Gutachten ist, nach dem schließlich die Regionalverbände wieder Geld in die Hand nehmen müs sen, oder ob das endlich ein Gutachten ist, mit dem über das ganze Land hinweg geplant wird und berechnet wird, wo es starke Windkraftstandorte gibt, sodass die Regionalverbände diese auch ausweisen können.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Knapp, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Zimmer mann?

Gern. Herr Präsident, da müsste ich aber normalerweise das Windradmodell wieder auf das Rednerpult stellen.

Auf das eine Rädle kommt es nicht an. Herr Kollege Knapp, nach Ihren ersten Ausfüh rungen, wenn Sie sagen, dass die Vorranggebiete allein nicht ausreichten, will ich von Ihnen schon noch eines wissen. Nach Ihrer Einschätzung hat Baden-Württemberg derzeit 356 Wind räder. Wie viele Windräder würden Sie in Baden-Württem berg noch errichten wollen, damit Sie zufrieden wären? Wür den Sie die Zahl der Windräder verzehnfachen oder verhun dertfachen wollen?

Vor eineinhalb Stunden, um 11:10 Uhr, hat Baden-Württem berg knapp 9 800 MW benötigt. Bundesweit haben die 21 000 Rädchen

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: „Rädchen“!)

mit einer installierten Leistung von 25 600 MW um 11:10 Uhr – ich habe mir die Zahlen geben lassen –

(Abg. Katrin Altpeter SPD: Jetzt schnell auf den Zet tel schauen!)

eine Leistung von 2 650 MW bereitgestellt. Davon entfielen nach dem betreffenden Schlüssel 364 MW auf Baden-Würt temberg. In Baden-Württemberg benötigen wir aktuell 9 800 MW. Von der auf die baden-württembergischen Wind räder rechnerisch entfallenden Leistung von 364 MW waren zwischen 10:00 Uhr und 11:10 Uhr 18 MW bzw. 19 MW be reitgestellt worden. Nach meiner Berechnung müssten Sie, um auf 2 % zu kommen, eine Verhundertfachung der Zahl der Windräder in Baden-Württemberg fordern.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Ich weiß nicht, was er da macht!)

Deshalb nochmals meine Frage: Wie viele Windräder wollen Sie in Baden-Württemberg unabhängig von Vorranggebieten tatsächlich zusätzlich installieren?

Herr Kollege Knapp.

Herr Kollege Zimmermann, was Sie gerade vorgelesen haben, ist vollkommener Nonsens.

(Beifall des Abg. Claus Schmiedel SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut!)

Die Zahlen mögen zwar stimmen,

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ach so!)

Herr Kollege Zimmermann, aber wir wissen, dass die Wind energie genauso wie die Fotovoltaikenergie nicht zu jeder Zeit zur Verfügung steht. Deshalb weiß jeder Experte, dass man neben dem Ausbau der Windkraft auch den Ausbau der Spei cherung benötigt – nur um Ihnen dies einmal zu sagen.

Nun sage ich Ihnen einmal konkret, wo wir hinwollen. Wir wollen dort hin, dass wir bis 2020 das Potenzial in BadenWürttemberg ausschöpfen. Wenn Rheinland-Pfalz schon heu te 6 bis 7 % seiner Energie aus Windenergie darstellen kann

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das trifft nicht zu!)

und dieser Anteil im Jahr 2020 sicherlich weit über 10 % liegt,

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: „Oh du schöner Wes terwald“!)

dann muss Baden-Württemberg doch auch das Potenzial he ben können, um bis zum Jahr 2020 auf 6, 8 oder 10 % der Energiedarbietung aus Windenergie zu kommen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Lassen Sie sich die Zahlen der letzten Jahre geben!)

Lieber Kollege Zimmermann, Sie können sagen, was Sie wollen.

Ich habe gerade versucht, aufzuzeigen, dass es eine riesige Chance ist, die Energieversorgung umzustellen. Es ist eine riesige Chance für Beschäftigung, und es ist eine riesige Chan ce für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg. Das soll ten Sie endlich einmal zur Kenntnis nehmen.

Jetzt zu unseren Initiativen. Herr Wirtschaftsminister, ich ge he davon aus, dass Sie darauf zu sprechen kommen, wie es mit der Untersuchung der Windhöffigkeit steht. Vielleicht kön nen Sie etwas dazu sagen – dieses Thema steht in der nächs ten Woche im Wirtschaftsausschuss auf der Tagesordnung –, was die Kriterien angeht, weil Sie in Baden-Württemberg nach wie vor eine Verhinderungspolitik betreiben. Sie haben jetzt zwar einmal gesagt, Sie wollten, dass Windkraft sichtbar ist – das habe ich vorhin aufgezeigt –, und wollten das auch drau ßen vorantreiben. Aber wir sagen: Dann müssen Sie auch han deln. Lassen Sie deshalb unseren Gesetzentwurf durch.

(Minister Ernst Pfister: Das macht das Parlament!)

Schaffen Sie endlich diese unsägliche Schwarz-Weiß-Rege lung ab.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Nemeth das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Ein Windrad, Herr Knapp, habe ich auch zu Hause. Meine Kinder spielen ab und zu damit. Das haben wir von der Windkraftlobby Baden-Württembergs ge schenkt bekommen. Es weist nur ein Problem auf: Es dreht sich nie. Das ist eben das Problem, das wir in Baden-Würt temberg ganz häufig haben.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Man muss die Räder dort aufstellen, wo sie sich richtig drehen können!)