Bei diesen inhaltlichen Fragen erheben wir keinen Absolut heitsanspruch, und auch Sie sollten keinen Absolutheitsan spruch erheben.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Es geht ums Schulamt, nicht ums Wohlfühlen! – Zuruf des Abg. Norbert Zel ler SPD)
Bei dieser Frage kann auch keine Hauptschulrektorin und kein Hauptschulrektor oder keine Lehrkraft sagen, sie allein wüss ten, wie es geht. Vielmehr geht es darum, Argumente, Diskus sionsbeiträge abzuwägen und in der Verantwortung für das Schulsystem, für die Schulen in unserem Land – wie auch auf anderen politischen Feldern – zu den richtigen Entscheidun gen zu kommen. Wir setzen uns mit diesen Argumenten aus einander. Ich habe das gestern Abend gemacht. Lassen Sie uns deshalb dazu zurückkommen.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Haar scharf am Thema vorbei! – Abg. Walter Heiler SPD: Herr Schebesta, das war jetzt zu einem anderen Ta gesordnungspunkt!)
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Herr Kollege Zeller hat hier ganz kon krete Vorgänge genannt, die sich vor gut einem Jahr in Ra vensburg ereignet haben. Ich möchte ganz allgemein zum The ma „Umgang mit kritischen Schulleitern“ sprechen.
Die Aufgabe von Schulleitern ist in den letzten Jahren immer anspruchsvoller geworden. „Zwischen allen Stühlen: Schul leitung im (Hoch)Spannungsfeld vielfältiger Erwartungen“ hieß vor zwei, drei Wochen eine Tagung der GEW, die von rund 500 Schulleitern und Schulleiterinnen besucht wurde. Auch hier haben sich Fragen gestellt wie: Wie wird mit Schul leitungen in Baden-Württemberg umgegangen? Wie wird ih re Rolle definiert? Welche Möglichkeiten haben Schulleiter und Schulleiterinnen, ihre Meinung zu sagen, Kritik zu üben?
Wir brauchen in Baden-Württemberg wirklich starke Persön lichkeiten als Schulleiter und Schulleiterinnen. Sie brauchen hohe Kompetenzen auf den Gebieten Pädagogik, pädagogi sche Führung, Management
und Personalführung sowie bei der Vermittlung zwischen zum Teil auch divergierenden Interessen von Eltern, Lehrerkolle gien und Schulleitung sowie Schülern und Schülerinnen. Sie brauchen außerdem die Fähigkeit, zu begeistern, mitzuneh men, Schulentwicklungsprozesse in Gang zu setzen und in der Schule bestmögliche Bildungschancen und bestmöglichen Bil dungserfolg für Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten.
Gerade solche Schulleiter und Schulleiterinnen sind diejeni gen, die auch die Schwachpunkte aufdecken, die ein Gespür dafür entwickeln, worin die Probleme liegen. Es sind diejeni gen, die auch in dieser Hinsicht mit ihren Erkenntnissen so wohl mit der Schulverwaltung
als auch mit der Politik und mit der Öffentlichkeit in einen Di alog treten müssen. Deshalb sagen wir: Solche kritischen Schulleiterinnen und Schulleiter, die aus einem berechtigten Interesse für eine bessere Förderung der Schüler und Schüle rinnen auch in den Dialog gehen und Kritik äußern,
dürfen nicht mundtot gemacht werden. Das ist unsere zentra le Forderung: Sie dürfen nicht mundtot gemacht werden.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Die sind alle kritisch! – Abg. Volker Schebesta CDU: Haben Sie den Ein druck, dass Herr Bosch mundtot ist? – Weitere Zuru fe – Unruhe – Glocke der Präsidentin)
Deshalb kritisieren wir auch, dass es solche Einschüchterungs versuche gibt. Diese hat es gegeben. Da gibt es tatsächlich Fälle.
Kollege Zeller hat deutlich gesagt, dass der Rektor einer ober schwäbischen Hauptschule angerufen und zur Mäßigung auf gerufen wurde, aber nicht der Lehrer vom Philologenverband, von dem man weiß, dass er zu 100 % ohne jeden Funken Kri tik genau die Position des Landes vorträgt.
Für uns ist es ganz wichtig, dass man, statt disziplinarische Maßnahmen zu ergreifen, in einen Dialog mit diesen kriti schen Schulleitern tritt.
(Abg. Volker Schebesta CDU: Den gibt es doch! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Es gibt aber eine Loyalitätspflicht für Beamte! – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Aber nicht gegenüber dem CDU-Programm!)
Jetzt komme ich zu Ihnen, Frau Kultusministerin Schick. Sie sind neu im Amt. Sie haben bei der Tagung der GEW-Schul leiter in der Tat einen neuen Ton angeschlagen. Sie haben zwar zu Recht betont, Schulleiter und Schulleiterinnen seien keine freischaffenden Künstler und Künstlerinnen, sondern Füh rungskräfte.
sie könnten ihre Meinung auch offen und öffentlich äußern, allerdings mit der Einschränkung – da müssten Sie erklären, was Sie damit meinen –:
Insoweit würde ich Sie bitten, einmal zu erläutern: Wo ist die Grenze des Rechts auf freie Meinungsäußerung,
Wir sagen: Wenn es einen solchen offenen Brief von 100 ober schwäbischen Schulleitern und Schulleiterinnen gibt, der bin nen weniger Tage die Unterstützung von weiteren 400 Schul leitern und Schulleiterinnen findet, dann gibt es hier ein Pro blem, das man nicht einfach durch Einschüchterungsversuche vom Tisch wischen kann. Denn gerade diese Hauptschulrek toren und Hauptschulrektorinnen haben sich über Jahrzehnte hinweg zum Wohl gerade dieser Jugendlichen, die sich an den Hauptschulen befinden, am meisten engagiert. Sie haben alle Stärkungsprogramme des Landes mit großem Engagement umgesetzt und sind nun zu der Erkenntnis gekommen, dass es für diese Schulform mittlerweile keine Zukunft mehr gibt.
Ich möchte erst noch den Appell an die Frau Kultusministerin loswerden. Dann lasse ich die Frage gern zu.
Deshalb ist mein dringen der Appell an Sie, Frau Kultusministerin Schick, im Gegen satz zu Ihrem Vorgänger, der diese Schulleiter sozusagen beim RP vortanzen ließ, wo sie sich dann einen Rüffel abholen mussten, zeitnah das Gesprächsangebot dieser oberschwäbi schen Schulleiter anzunehmen und ernsthaft und seriös mit ihnen zu reden.