Protokoll der Sitzung vom 05.05.2010

Die Maßnahmen der Arbeitsagenturen zur Förderung der Qua lifizierungsmaßnahmen bei Kurzarbeit in der Krise greifen gut und sind momentan hinreichend. In der Stellungnahme zum Antrag wurde bereits darauf hingewiesen, dass eine Installa tion parallel laufender und konkurrierender Förderstrukturen nicht zielführend ist. Die CDU-Fraktion schließt sich dieser Einschätzung an.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Abg. Werner Pfisterer CDU: Sehr gut!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Sitzmann für die Fraktion GRÜNE.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Wir alle sind uns hier einig, dass die Kurzarbeit in der derzeitigen Kri se ein wichtiges und richtiges Instrument war und ist, um Ar beitslosigkeit abzufedern und um Fachkräfte in den Betrieben zu halten. Diese Einigkeit gibt es nicht nur hier im Landtag, sondern auch im Bundestag, und es gibt sie darüber hinaus bei Arbeitgebern, bei Gewerkschaften und in der Wissenschaft.

Mein Vorredner und meine Vorrednerin haben bereits gesagt, dass es ganz entscheidend ist, dass man die Kurzarbeit auch für Qualifizierung und für Weiterbildung nutzen muss. Wir al le wissen, dass eine unablässige Weiterqualifizierung ganz ent scheidend für die zukünftige Beschäftigungsfähigkeit ist. Da hätte – Sie haben es beide gesagt – die Krise als Chance ge nutzt werden müssen. Das ist aber leider nicht in ausreichen dem Maß geschehen.

Unseres Erachtens liegen die Probleme hierbei eindeutig auf Bundesebene. Sie bestehen zum einen darin, dass die ehema lige schwarz-rote Bundesregierung die Anreize für Weiterbil dung während der Kurzarbeit abgeschafft hat, und zum ande ren darin, dass die Förderprogramme der Bundesagentur für Arbeit sehr kompliziert waren und es große Anlaufschwierig keiten gab, sodass die Chance auf Weiterbildung nicht ausrei chend genutzt werden konnte.

Ganz allgemein – der Kollege Hausmann hat es bereits ange sprochen –: Das Instrument der Kurzarbeit ist in der aktuel len Krise in einem Ausmaß angenommen worden, wie wir es bisher nicht kannten. Es gab seit Oktober 2008 einen rasan ten Anstieg der Zahl derjenigen, die sich in Kurzarbeit befan den. Der Höhepunkt war dann im zweiten Quartal 2009, als 1,5 Millionen Beschäftigte in Kurzarbeit waren. Baden-Würt temberg hatte Mitte des Jahres 2009 rund 240 000 Beschäf

tigte in Kurzarbeit, also so viele Beschäftigte, wie es im ge samten öffentlichen Dienst des Landes gibt. Stuttgart hatte den zweifelhaften Ruf, Hauptstadt der Kurzarbeit zu sein.

(Zuruf des Abg. Albrecht Fischer CDU)

Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass dies für die Menschen, die es betrifft, zum einen eine finanzielle Einbuße, zum ande ren und vor allem aber auch eine psychische Belastung be deutet, weil mit der Kurzarbeit die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes einhergeht.

Wir haben jetzt für Ende April von der Regionaldirektion der Arbeitsagentur gehört, dass die Zahl der Eintritte in Kurzar beit seit dem 1. Januar 2010 bei 32 000 Beschäftigten lag. Ein Jahr zuvor waren es noch 320 000. Es gibt also eine leichte Entspannung, aber bei Weitem noch keine Entwarnung.

Passend zur heutigen Debatte hat das DIW vor einer Woche einen umfangreichen Bericht zum Thema Kurzarbeit vorge legt. Das DIW ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Ar beitslosigkeit ohne Kurzarbeit deutlich höher wäre und dass der Schwerpunkt der Kurzarbeit im verarbeitenden Gewerbe liegt. Vier Fünftel aller kurzarbeitenden Menschen waren in dieser Branche beschäftigt, die sehr exportorientiert ist. Das erklärt auch, warum es in Baden-Württemberg besonders vie le Beschäftigte in Kurzarbeit gibt.

Das Problem ist, dass die Kurzarbeit nur unzureichend für Weiterbildungen genutzt worden ist. Es gibt eine Stellungnah me des DGB zur Weiterentwicklung der Kurzarbeit auf Bun desebene. In dieser Stellungnahme kann man lesen, dass es bundesweit 110 000 Förderungen von Weiterbildungen gab. Das heißt, weniger als 10 % der Kurzarbeiter haben an einer Qualifizierungsmaßnahme teilgenommen. Das ist keine posi tive Bilanz, meine Damen und Herren. Dies hat dazu geführt, dass die Fördermittel nicht ausgeschöpft wurden.

Ursächlich hierfür sind zwei Probleme. Zum einen wurde un ter der schwarz-roten Bundesregierung die Bedingung abge schafft, dass ab dem siebten Monat in Kurzarbeit – dies war die ursprüngliche Regelung – Weiterbildung stattfinden muss, um als Arbeitgeber 100 % der Sozialversicherungsbeiträge er setzt zu bekommen. Unseres Erachtens war diese Änderung ein gravierender Fehler. In der Anhörung zu den Reformen auf Bundesebene wurde eindeutig nachgewiesen, dass es da mit einen Dämpfer in der Nachfrage nach Weiterbildungsan geboten gegeben hat.

Deshalb lautet für uns eine wichtige Forderung: Wenn es jetzt um Gesetzesanpassungen geht, muss dieser Anreiz für Wei terbildung wieder aufgenommen werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen)

Wichtig ist, dass die Förderprogramme weniger kompliziert werden. Hierzu gibt es einen Vorschlag des DGB, den es zu prüfen gilt.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, bitte kommen Sie zum Ende.

Ich komme zum Ende.

Insgesamt ist die Kurzarbeit in Anbetracht der Krise ein rich tiges Instrument. Es ist aber eben auch ein Instrument, das nicht zu einer Dauereinrichtung werden sollte. Wir müssen uns also überlegen, wie man schrittweise einen solidarischen Ausstieg aus der Kurzarbeit hinbekommen kann.

Für uns ist aber auch klar, dass es, selbst wenn die Landesre gierung jetzt nicht für die Weiterbildung während der Kurz arbeit zuständig ist, trotzdem genügend Aufgabenfelder im Rahmen der Weiterbildung gibt. Baden-Württemberg ist das Land mit dem größten Anteil an An- und Ungelernten. Wir haben einen steigenden Anteil von Arbeitslosen gemäß SGB II. Mittlerweile sind dies 54 % aller Arbeitslosen. Hier gibt es al so Handlungsbedarf. Wir brauchen eine Qualifizierungsoffen sive der Landesregierung, und das schnell.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Fauser für die Fraktion der FDP/DVP.

Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Zu Beginn möchte ich etwas Positives sa gen. Erstens hat die Politik wirklich hervorragend reagiert; das Thema Kurzarbeit wurde frühzeitig und umfassend auf gegriffen. Auf dem Arbeitsmarkt wurde wirklich Schlimmes verhindert; das ist großartig. Das Wirtschaftsministerium hat die Frage der Fort- und Weiterbildung sofort kommuniziert, als diese Mittel bewilligt wurden. Das war sehr gut; denn da durch haben natürlich auch die Agentur für Arbeit und alle an deren relevanten Institutionen die Thematik frühzeitig begrif fen und sie auch umgesetzt.

Meine Damen und Herren, gerade wurde kritisiert, dass zu wenig Fort- und Weiterbildung stattgefunden habe. Man muss natürlich betonen: Es ist nicht so, dass die qualifizierten Fort- und Weiterbildungsanbieter dasitzen, dass sie nichts zu tun haben und warten, bis die Krise kommt. Wichtig ist einfach, dass diese Angebote passgenau sind und dass die Unterneh men diese Angebote für die Fort- und Weiterbildung in ihren Werken und in ihren Firmen gebrauchen können. Wie wir al le wissen, muss diese Krise als Chance genutzt werden, zu künftig innovative und noch modernere, bessere Produkte her zustellen und auf den Markt zu bringen. Es ist ein Glück, dass wir heute flächendeckend wirklich eine Besserung sehen.

Unlängst war ich bei den Agenturen für Arbeit in Calw und in Freudenstadt. Die Arbeitslosenquote ist dort auf 4,6 % gesun ken, was sehr erfreulich ist, und die Kurzarbeit ist um zwei Drittel gesunken. Ich kann nur hoffen, dass diese Entwicklung anhält. Alle Auguren sagen deutlich: „Im Grunde genommen sind wir auf dem Weg zum Aufschwung.“ Das ist für uns und für unsere Kurzarbeiter sehr wichtig.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir haben aber in dieser Krise wieder ganz deutlich gesehen, dass uns das Handwerk gerettet hat.

(Beifall des Abg. Thomas Blenke CDU – Abg. Tho mas Blenke CDU: Jawohl! Sehr gut!)

Das Handwerk und der Mittelstand haben die Arbeitsplätze erhalten. Sie waren sehr aktiv am Arbeitsmarkt tätig. Es gab keine Entlassungen; das war hervorragend. Dass die Regie rung und das Wirtschaftsministerium beim Thema Fort- und Weiterbildung selbstverständlich aktiv sind, sieht man an der Enquetekommission, die im Moment läuft und die ganz deut lich macht, wo man ansetzen kann. Man muss die Maßnah men aber wirklich zielgenau und passgerecht weiterentwi ckeln.

Ich fand es ausgezeichnet, dass die Agenturen für Arbeit ge meinsam mit dem Wirtschaftsministerium sinnvolle Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen ergriffen haben wie die Fortbil dung im kaufmännischen Bereich, Lehrgänge im Bereich Steuerungs- und Automatisierungstechnik sowie bei der Pro duktionstechnik und in der CNC-Technik. Zudem wurde eine EDV-Basisqualifikation angeboten. Das waren Fort- und Wei terbildungsmaßnahmen, die man natürlich auch in Zukunft braucht.

Wir müssen aber den Unternehmen und den Arbeitnehmern, die ja diese Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen abrufen sol len und müssen, Freiheit geben. Sie wissen selbst genau, was sie jeweils brauchen. Es ist keineswegs so, dass die Arbeit nehmerinnen und Arbeitnehmer dumm wären. Auch die Un ternehmer sind es nicht. Vielmehr wissen sie, dass sie, wenn sie in Zukunft bestehen wollen, die entsprechenden Mitarbei ter benötigen. Sie brauchen nicht nur große Theorien, sondern Teambildung und ein wirklich qualifiziertes Miteinander in den Betrieben.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, wir werden für die Zukunft ent sprechende Maßnahmen anbieten, und ich hoffe, dass Herr Hausmann, wie immer, auch diesmal nicht recht behält. Ich darf Ihnen sagen: Wir haben in Baden-Württemberg den höchs ten Anteil von Arbeitnehmern im Hightechbereich. Wir haben nicht nur die meisten Exzellenzuniversitäten und die besten Forschungsinstitute, sondern wir sind rundum auf allen Ebe nen im Einsatz, um unseren modernen Wirtschaftsstandort mit den Bürgerinnen und Bürgern voranzutreiben, und das wird uns mit unserer Regierung hier auch gelingen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Thomas Blenke CDU: Jawohl! Das muss immer wieder einmal ge sagt werden!)

Ich werde in Zukunft weiter für passgenaue Fort- und Weiter bildung eintreten. Herr Hausmann, seien Sie nicht so skep tisch. Der Dienstleistungsbereich allein wird uns nicht retten.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hausmann für die Fraktion der SPD.

Ich darf geschwind am Schluss satz der Kollegin Fauser anknüpfen,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Lieber nicht!)

ich solle nicht so skeptisch sein. Ich will Ihnen einmal sagen, was mich skeptisch macht: Skeptisch macht mich nicht die aktuelle Situation in Baden-Württemberg, einem starken Land mit guten Forschungseinrichtungen und guten Hochschulen.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Gute Arbeitnehmer!)

Aufpassen. – Es gibt aber eine Regierung, die zu wenig tut, um den guten Stand zu halten.

(Beifall bei der SPD – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Falsch! Völlig falsch! Es gibt keinen Wechsel in der Regierung, außer die FDP/DVP hätte die absolute Mehrheit! – Unruhe)

Alles Geschrei nützt nichts. – Ich nenne Ihnen Beispiele.

(Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Arbeitslosenquote: Wir stehen bei der absoluten Arbeitslosen zahl – die Quote liegt bei 5,2 % – an der Spitze, auf Platz 2. Das ist für Deutschland insgesamt betrachtet ein richtig guter Wert. Jetzt nehme ich die aktuellsten mir vorliegenden Zah len von der Agentur für Arbeit. Ich habe vorhin gesagt: Bei der Entwicklung der Arbeitslosenquote sind wir das Schluss licht. Das heißt: null Bewegung. Alle anderen Bundesländer haben einen stärkeren Rückgang ihrer Arbeitslosenquote.