Protokoll der Sitzung vom 09.06.2010

Jetzt nicht.

(Lebhafte Unruhe bei der SPD und den Grünen – Abg. Reinhold Gall SPD: Erst so reden, und dann kein Argument vertragen können!)

Keine Sorge, Sie bekommen noch mehr als genug Argumen te.

(Unruhe)

Ich sage Ihnen ausdrücklich, damit Sie mit diesem falschen Argument nicht noch weiter hausieren gehen: Ich bleibe da bei, dass wir, sobald es finanzpolitisch möglich ist, untere und mittlere Einkommensgruppen in Deutschland entlasten müs sen, gerade so, wie es im Koalitionsvertrag steht.

(Beifall bei der CDU – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aber jetzt machen Sie das Gegenteil! Sie belasten sie eher!)

Aber ich weiß auch, dass das im Moment und vermutlich auch in den nächsten beiden Jahren nicht gehen wird. Das, Herr Kretschmann, hat nichts mit einem Zickzackkurs zu tun, son dern es hat etwas damit zu tun, dass man eine Überzeugung nicht deshalb aufgibt, weil man sie nicht sofort umsetzen kann. Ich bleibe dabei: Wer morgens aufsteht, arbeiten geht, wer dem Staat nicht auf der Tasche liegt, muss abends mehr im Geldbeutel haben als derjenige, der liegen bleibt. Dieser Satz bleibt auch in Zukunft richtig, meine Damen und Her ren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP: Bravo! Das ist die Wahrheit! – Zuruf von der SPD: Wer bestreitet denn das?)

Wenn Sie das Sparpaket von gestern anschauen – –

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist grässlich! Furchtbar!)

Lieber Herr Kretschmann, ich will Sie jetzt nicht unbegrenzt mit der Vergangenheit konfrontieren;

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Ihr lebt doch nur in der Vergangenheit!)

denn Sie sind genauso wie wir Zwängen unterlegen und konn ten nicht immer so entscheiden, wie Sie es gern gemacht hät ten. Aber, mit Verlaub: Wer war denn an der Regierung, als die Agenda 2010 beschlossen wurde und der Sozialbereich kurz und klein gehauen wurde? War das die CDU, oder war das Rot-Grün?

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es! – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Das war doch auch schon davor!)

Wer war denn an der Regierung, als im Jahr 2002 Griechen land in die Eurozone hineingehievt wurde, obwohl das Land die Voraussetzungen dafür gar nicht erfüllte? War das RotGrün, oder war das die CDU?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es! – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Ich habe einfach etwas dagegen, wenn Sie vergessen, was Sie vor einigen Jahren selbst beschlossen haben, und uns darauf hin die Folgewirkungen vorwerfen. Es gehört sich nicht, dass sich die Brandstifter in Deutschland darüber beklagen, dass die Feuerwehr zu langsam arbeitet, meine Damen und Her ren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP: So ist es! – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Die CDU sollte einmal ihre Wortwahl überdenken!)

Deshalb halte ich es für richtig – genau diesen Kurs werden wir in Baden-Württemberg auch fahren –,

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: In der Sache lügen und dann auch noch diese Wortwahl! Das ist unglaub lich!)

dass bei Bildung, Forschung und Kindern nicht gespart wird. Das ist das Credo des Sparkonzepts der Bundesregierung, und das wird auch immer mein Kurs bleiben. Solange ich in der Landespolitik von Baden-Württemberg etwas zu sagen habe, wird im Bildungsbereich und bei Kindern nicht gespart, mei ne Damen und Herren – um das auch heute noch einmal klipp und klar zu sagen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Aber im Bund machen Sie es! – Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Der laufende Doppelhaushalt gilt bis zum 31. Dezember 2011; das wissen Sie. Der Nachtragshaushalt, in dem neue Maßnah men enthalten sind, schließt mit einer niedrigeren Nettoneu verschuldung ab, als ursprünglich geplant war. Gleichwohl ist diese noch immer zu hoch; das ist keine Frage. Deshalb wird es unmittelbar nach der Krise auch die Aufgabe sein, den Haushalt zu restrukturieren. Weil ich mich nicht dem Vorwurf aussetzen werde, wir würden vor der Wahl nicht sagen, wo rum es geht, werden wir gegen Ende dieses Jahres ganz kon krete Sparvorschläge machen.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Da bin ich gespannt!)

Aber, meine Damen und Herren, dann erwarte ich von Ihnen, dass außer großem Gebrüll auch einmal etwas auf den Tisch des Hauses kommt und es nicht nur irgendwelche faulen Vor schläge in diesem Bereich gibt.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP: Genau! – Zurufe von der SPD)

Jetzt zu Ihrem Lieblingsthema, Herr Kretschmann, dem Be reich der Umwelt- und Energiepolitik. Ich möchte zu Beginn nur einmal darauf hinweisen, dass 24 % aller Unternehmen in der gesamten Bundesrepublik Deutschland, die im Bereich der erneuerbaren Energien tätig sind, ihren Sitz in BadenWürttemberg haben.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es! – Abg. Martin Rivoir SPD: Jetzt schlagt ihr sie kaputt!)

So schlecht kann die Politik also nicht gewesen sein.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Seien Sie doch einmal ehrlich: Genau genommen haben Sie es doch bis zum heutigen Tag nicht verdaut, dass wir das ers te und bisher einzige Bundesland sind, das ein Wärmegesetz initiiert hat,

(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Das haben wir doch mitbeschlossen!)

welches in diesem Bereich europaweit konkurrenzlos ist und das wir jetzt weiter ausbauen werden. Sie grämt doch nur, dass wir eine Idee umgesetzt haben, die Sie gern gehabt hätten, aber leider nie gehabt haben. Das ist doch Ihr Problem.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP: Jawohl!)

Jetzt kommen wir einfach zu der Frage: Was zeichnet eigent lich eine Energiepolitik der Zukunft aus? Bei der Darstellung der Faktenlage werden wir uns wahrscheinlich noch in der Analyse einig sein. Ich bitte aber darum, dass man den logi schen Weg danach einfach weitergeht, und zwar ohne Ideolo gie.

Sie hatten – ich weiß jetzt nicht mehr, wer es war, Sie oder Ihr Nachredner – den Begriff der Brückentechnologie etwas ins Lächerliche gezogen. Ich kann nur sagen: Ich glaube, dass die ser Begriff genau richtig ist.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Na ja!)

Ich kann mich übrigens noch daran erinnern, dass die heuti ge Umwelt- und Verkehrsministerin vor etwas mehr als einem Jahr von Kreisen der deutschen Politik dafür kritisiert wurde, dass sie ausdrücklich gesagt hat: Wir wollen keine neuen Atomkraftwerke.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Bundespar teitagsbeschluss! – Abg. Norbert Zeller SPD: Sagt der Oberideologe!)

Wenn sie jetzt sagt: „Wir brauchen aber für eine Übergangs zeit noch ein gewisses Maß an Kernkraft“, wird sie plötzlich quasi als Kernkraftfetischistin hingestellt, oder ich werde mit meinen Aussagen als Kernkraftfetischist hingestellt.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Zeigt euch!)

Ich verspreche Ihnen: Ich werde dieses Thema bis zum 27. März beibehalten, und zwar auf der Basis von Zahlen und auf der Basis von Sachargumenten. Wie sieht denn die Lage im Moment aus?

(Lachen bei der SPD und den Grünen – Abg. Ursula Haußmann SPD: Wo haben Sie Sachargumente? – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP zur SPD: Fragt doch einmal Capezzuto!)

Kollege Schmiedel, wenn meine Partei bei 20 % läge, wür de ich nicht mehr so arrogant lachen – das muss ich bei die ser Gelegenheit auch einmal sagen –, sondern in dieser Ange legenheit einfach einmal auf die Fakten hören.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Wie sieht die Situation aus? Wir haben in Baden-Württem berg derzeit 50 % der Bruttostromerzeugung aus der Kern kraft.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Das kann man jetzt gut oder schlecht finden, aber es ist Fak tum.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Und es ist so teuer wie in keinem anderen Land!)

Wir importieren heute schon 17 % des benötigten Stroms.

(Zuruf der Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE)